AW: ich komm nich drauf...
In aller Regel erblasse ich vor der staunenswerten Gelehrsamkeit der Wikipedia. Aber in diesem Fall nicht. Als Grundmuster eines Pardoxons hatte Epiminedes seine Geschichte nämlich gemeint. Und selbstverständlich hatte er schon bemerkt, dass das nur hinhaut, wenn zur Bedingung gehört, dass alle Kreter immer lügen.
Nun gut, corsario. Ich beginne mit dem Bekenntnis, dass ich nicht Philosophie studiert habe, mich aber mein Leben lang für diese “Grundlagenforschung” interessierte.
Du bist studierter Philosoph ( Profilbeschau macht dieses Aussage empirisch wahr, wenn sie der Wahrheit entspricht) und mir deshalb in der Argumentation einerseits und in der Kenntnislage andrerseits weit überlegen. Das ist die Ausgangsposition unserer Diskussion.
Habe gestern also meinen “Metzler” studiert, alles dabei im Hirn zusammengesammelt, was ich aus meinen Fächern über den Begriff Paradoxon weiß.
Das ist nicht sehr viel und das will ich hier auch ausbreiten:
- Paradoxie, paradox heißt zunächst nichts anderes als PARA = gegen DOXA = Meinung. Allerdings benutzen die Sprecher auch im Alltag diesen Begriff zur Kennzeichnung von Sachverhalten, die ihnen alogisch, widersprüchlich usw. erscheinen.
Wie oft hören wir im Alltag folgende Beurteilung: Das ist ja paradox -
zum Beispiel, wenn ein Pfarrer stockbesoffen von der Kanzel gegen die Unmäßigkeit predigt.
Paradox ist es auch, dass Bush sich als Verfechter der Menschenrechte präsentiert und gleichzeitig - für alle überprüfbar - an Guantanamo festhält.
Also: Jeder denkende Mensch erkennt Widersprüche und indem er sie erkennt, kann er für sich Erkenntnis über größere Zusammenhänge gewinnen. In meinen beiden Beispielen über Scheinmoral, Zwecklügen , Machtmissbrauch usw. usw....
Siehst Du zwischen semantischer Antinomie und Paradoxon so wie ich nur den Unterschied, dass der begriff Paradoxon weiter gefasst ist?
Da Du ja dem Wikipediawissen nicht traust ( ob zu Recht oder Unrecht, kann ich in den meisten Fällen nicht beurteilen), habe ich bei Uwe Widemann / PhilLex nachgeschaut.
http://www.phillex.de/luegner.htm
Daraus:
“Die Lügner-Antinomie, eine semantische Antinomie wird seit der Antike diskutiert.
Eine Variante lässt den Kreter Epimenides behaupten, dass alle Leute von Kreta lügen, wobei hinzuzufügen ist, dass die Kreter in der Antike als notorische Lügner galten. Wenn die Behauptung wahr ist, lügt er, die Behauptung muss also falsch sein. Dagegen folgt die Wahrheit der Behauptung nicht aus der Annahme ihrer Falschheit, weshalb es sich in dieser Formulierung nicht um eine eigentliche Antinomie handelt.
Wie A. N. Prior gezeigt hat, ist die Behauptung jedoch falsch, ungeachtet dessen, ob man sie für wahr oder falsch hält, was ein Paradoxon ist.“
Nun hilf mir bitte weiter:
Diese Argumentation kann doch nur nachvollziehbar sein, wenn wir so interpretieren:
Alle Kreter lügen (IMMER).
Sogar eine zweite Annahme scheint in diesem Satz zu stecken, dass der Sprecher die volle Wahrheit kennt. Er weiß, dass alle Kreter lügen .... Deshalb lügt er 1.auch lügen. Und 2. Ist diese Lüge dann aber der Beweis für die Wahrheit der Aussage.
Bei Deiner Antwort an mich bedenke bitte, dass ich nie Logikunterricht genossen habe und deshalb mit den Formeln nichts anfangen kann.
Danke
Marianne