Bernd schrieb:
Wenn ihr den Begriff von Tugend und Bildung nicht ablegen könnt, werdet ihr immer nur unter sekundärem Blick Herzens...-wärme, -angelegenheit oder -wunsch betrachten. Ihr werdet nie bis dahin vordringen, was eure Natur ist/war. Was ist unsere Natur?
Hallo Bernd!
Du beschreibst das, was geschehen kann, wenn Herzensbildung nicht stattgefunden hat. "Bildung" im Zusammenhang mit dem Bereich der Seele und der Gefühle (dieser Bereich ist ja wohl mit dem Begriff "Herz" hier gemeint), ist für mich nicht so gemeint, dass wir lernen müssen, was z.B. die christiliche Nächstenliebe verlangt, oder dass wir immer lieb und nett zu anderen sein und die Gebote Gottes befolgen sollen .
Herzensbildung bedeutet für mich, hinhören lernen auf die leisen Töne, in uns selbst und bei den anderen, auch das ernst nehmen, was auf den ersten Blick nicht vernünftig ist. Herzenswärme ist das Ergebnis. Wenn ich erlebt habe, wie gut ich mich fühle, wenn mir nicht Kritik und Forderungen entgegengebracht werden, sondern Verständnis und Mitgefühl, dann lerne ich auch, dem anderen so zu begegnen.
Herzensbildung sehe ich als notwendige Ergänzung zur Schulung des Verstandes.
Schön wäre es, wenn Kinder schon von Geburt an erleben würden, dass sie so wie sie sind eine Lebensberechtigung haben, dass Eltern sie in ihrer Entwicklung begleiten aber nicht beschränken. Vielleicht kommt das ja auch vor, aber jene Menschen, die nicht so groß geworden sind, brauchen keinen, der ihnen sagt, wie sie Herzenswärme entwickeln können, solange sie nicht jemandem begegnen, der ihnen diese Wärme erst einmal gibt.
Herzensbildung (und als Ergebnis Herzenswärme) ermöglicht es, seinen Mitmenschen offen zu begegnen, ohne Angst, nicht angenommen zu werden.
Die Falle heißt - wie so oft -
so tun, als ob. Wenn ich nur einem Tugendkodex folge, dann bin ich nicht wirklich so, wie ich sein will. Dann wird Tugend zur Forderung und vom Geforderten zur Verpflichtung. Damit wird das, was der Mensch von sich aus ist, verleugnet, als falsch und verbesserungsbedürftig eingestuft und entwürdigt.
Klugheit, Verstand und Wissen werden in unseren Breiten als besonders wichtig förderungswürdig angeschaut, aber die fehlende Herzensbildung ist es, die das Miteinander oft so kalt und schwierig macht.
Das Verordnen funktioniert allerdings nicht. Wem es ein Anliegen ist, der muss bei sich selber anfangen. Da gibts dann genug zu üben, denn in dem Moment wo er meint, er müsse es den anderen auch beibringen, hat er das Ziel schon verfehlt.
lilith