Hallo Scilla,
ich möchte mich konkret auf deine Fragestellungen beziehen:
1) was ist ein Herrenmensch?
2) wie denkt ein Herrenmensch?
3) sind Herrenmenschen und begabte Menschen dasselbe?
4) wie verhindert man, daß es Herrenmenschen gibt?
zu 1)
Ich denke ein sog. "Herrenmensch" ist ein Mensch, der sich selbst als Führer anderer Menschen betrachtet.
zu 2)
Ich vermute ein Herrenmensch denkt, dass er, als führende Person, anderen Menschen höhergestellt ist und somit ein natürliches Recht zur Bevormundung anderer Menschen insich trägt. Dieses Führungsrecht wird sicherlich nicht zufälligerweise in vielen Diktaturen direkt von einer Gottheit abgeleitet, welche dann als höchste und nicht greifbare Instanz das Grundrecht und die Ideologie bietet, welche es einem Alleinherrscher z.B. ermöglicht, das Recht zur Bestimmung und Führung anderer Menschen als nicht kritisier- und angreifbare Instanz zu halten.
Doch dies sind im Grunde nur die Arten, wie sich Herrenmenschen darbieten und ihre Macht konservieren sowie absichern. Desweiteren denke ich, dass ausnahmslos jeder Mensch Machtgedanken hegt und danach strebt, in irgendeiner Weise die Mündigkeit über andere Menschen zu erlangen und auszuüben, auch wenn dieser Machtanspruch, mangels eigener Möglichkeiten, letztlich bis auf den Familienhund reduziert werden muss. Ich sehe das Rollenverhalten der Menschen als prägend für das Machtempfinden an. Wenn z.B. ein Mensch als Sohn/Tochter eines Mächtigen geboren wird, dann stehen diesem Nachkommen ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung als z.B. einem Bauernjungen. Der Sohn des Mächtigen lernt schon früh das Ausüben der Macht über andere Menschen und erfährt, das diese ihm selbstverständlich gehorchen und nimmt dann in der Folge die seinige Macht als Selbstverständlichkeit hin. Er sieht sich somit in der Rolle des Mächtigen, der Bauernsohn hingegen erfährt, dass er vielmehr zu gehorchen hat und das es mächtige Menschen gibt, denen er selbstverständlich zu folgen hat. In der Folge tragen sich diese Rollen später selbst und werden meist nicht hinterfragt. Sie werden erst dann ernsthaft hinterfragt, wenn die eigene Existenz bedroht ist und ein Machtsystem Ungerechtigkeiten offenbart, erst dann wird ein bestehendes Machtkonstrukt kritisiert und gegebenenfalls bekämpft. Da Hierarchien jedoch für das Funktionieren unserer Gesellschaften von jeher notwendig waren, bleiben sie immer solange unhinterfragt, bis sie evident nicht mehr funktionieren, dann werden sie durch andere Machtsysteme, die dann ebenso selbstverständlich hingenommen werden, ersetzt.
Das obige Beispiel ist natürlich nur ein möglicher Erklärungsversuch.
Ich halte fest: Jeder Mensch strebt nach Macht, das Machtstreben richtet sich an die tatsächlich präsenten Möglichkeiten eines Menschen in Bezug zu seinem jeweiligen Lebensumfeld. Hierbei ist die Erziehung in ein Rollenselbstverständnis ein entscheidender Gesichtspunkt. Ein Arbeitersohn/tochter wird daher i.d.R. anders nach Macht streben als z.B. der Sohn/Tochter eines reichen Industriellen. Die Kinder des Arbeiters sehen sich in einer anderen Rolle und ihr Machtstreben wird enstsprechend geprägt, was mitunter darin mündet, dass das Machtstreben sich in Unterordnung und Gehorsam verkehrt, um somit hierdurch widerum Macht durch Machtakzeptanz zu erreichen.
zu 3)
Es ist sicherlich gerade in unserer Zeit klar zu ersehen, dass Menschen in Machtpositionen vielerlei Begabungen aufweisen, die dann dazu führten, dass sie in solche Positionen überhaupt gelangen konnten. Sei es eine ausgeprägte demagogische Begabung (z.B. Politiker) oder aber andere Fähigkeiten, die sie z.B. bei demokratischen Wahlen derart von der Masse abhebten, dass sie auf Grund der jeweiligen Überbegabung in Amt und Würden berufen wurden. Daher ist Macht gerade in einer Demokratie auch sehr oft mit Begabung verbunden, aber auch hier muss ein entsprechendes Rollenselbstverständnis gegeben sein, denn ein Mensch, der keinen gezielten Machtanspruch verfolgt und dessen Selbstbewusstsein eine solche Machtstellung nicht zu tragen vermag, da - wie oben erwähnt - das hierfür nötige Selbstverständnis fehlt, wird, wie ich vermute, keine Machtstellung längerfristig tragen/verkraften können.
zu 4)
Die Beantwortung dieser Frage erübrigt sicht somit.
Viele Grüße,
Philipp