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gott ist tot.oder?!

Ok, ich beginne zu verstehen.

(Der Grund, warum ich so sehr auf dieser Einzelheit herumreite, ist der, dass ich glaube, dass hier, also bezüglich der "Personenhaftigkeit Gottes", einer der zentralen Unterschiede zwischen den "östlichen" Religionen wie Buddhismus oder Hinduismus und den westlichen Religionen wie Islam, Judentum und Christentum liegt.)

Ich stelle mal ein Modell auf:

M(ensch) <-- B(eziehung) --> G(ott)

Das Modell kennt 3 konstitutive Elemente, nämlich zwei Parteien, also den Menschen M und Gott G, und es besagt, dass zwischen beiden eine Beziehung B besteht.
Wir können jetzt das Modell auf drei Seiten hin untersuchen. Wir können Betrachtungen anstellen bezüglich der Wesensnatur des Menschen, der Wesensnatur Gottes und der Wesensnatur der Beziehung zwischen beiden. Ausserdem könnten wir betrachten, wie sich jedes der Elemente des Modells über die Zeit hinweg verändert hat.
Wir müssen allerdings schon zu Beginn festhalten, dass was wir hier versuchen letztlich immer eine Annäherung darstellt. Wir dürfen beispielsweise nicht dem Irrtum verfallen, der von uns soeben beschriebene Gott hätte tatsächlich und wahrhaftig die ihm zugeschriebenen Eigenschaften und wäre mit unserer Beschreibung identisch, sondern es geht hier um eine blosse Annäherung, um eine gedankliche Hilfe. Natürlich gilt dasselbe auch für M und B.

Ok. Wenn ich dich jetzt richtig verstehe, dann betonst du vor allem B. Du sagst, du verstündest die Beziehung zwischen Mensch und Gott wie eine zwischen zwei Personen, wo also beispielsweise gegenseitiges Vertrauen herrscht, wo man Absprachen treffen kann usw. Damit haben wir mal was über die Wesensnatur von B ausgesagt, aber strenggenommen noch nichts über M und G. M lassen wir mal beiseite und gehen einfach davon aus, dass sich der Mensch selbst ein zutreffendes Bild von sich macht.

Jetzt bleibt uns noch, die Wesensnatur von G festzustellen. Ist G dem Wesen nach durch die Vorstellung einer Person hinreichend zutreffend beschrieben? Ich fasse deine Aussage so auf, dass du hierüber, also über G selbst nur wenig Worte verlierst, einfach aufgrund der Erkenntnis, dass sich das Wesen Gottes unserem Verständnis entzieht. Hier ist auch die Aufforderung anzusiedeln, man solle sich kein Bildnis von Gott machen.
Das heisst aber nun noch nicht, dass wir nichts über B aussagen können, oder umgekehrt, dass wir auf dem zuvor festgehaltenen Charakter von B zwingend schliessen müssen, dass G unbedingt ein personaler Gott sein muss. Vereinfacht gesagt: Obwohl wir Aussagen über M und B treffen können (oder zumindest mehr oder minder fruchtbare Versuche anstellen können), können wir dennoch nichts daraus schliessen, wie die Wesensnatur von G sei.

Trotzdem existieren Vorstellungen über G, nämlich eben die früher angesprochenen anthropomorphen Gottesbilder - welche sich denn auch prompt über die Zeit zusammen mit dem Selbstverständnis des Menschen und dem Verständnis für B ändern: Im frühen AT spaziert Gott persönlich durch das Paradies. Später zeigt er sich nur noch indirekt vorwiegend in Naturerscheinungen (Feuersäule, brennender Dornbusch) spricht aber immer noch direkt mit dem Menschen. Irgendwann zeigt sich Gottes Handeln im AT nur noch indirekt, indem Menschen durch das Handeln den Willen Gottes (bewusst oder unbewusst) verwirklichen. Eben weil Gott hier nur noch sehr indirekt dem Menschen fern ist, haben nur noch spezielle Menschen, namentlich die Priesterschaft, direkten Zugang zu Gott. Damit scheint mir die Vorstellung G einem Wandel unterworfen zu sein.

Mit dem NT ergibt sich aber gewissermassen ein Qualitätssprung und jetzt wird's erst richtig kompliziert. Jesus als Gott und Mensch zugleich bestärkt die Beziehung B und fordert die Menschen offen dazu auf, diese Beziehung als eine persönliche Beziehung zu leben, ganz ähnlich einer vertrauensvollen Kind-Vater-Beziehung. Jesus legt grossen Wert auf B und sagt über G, dass einerseits gleichzeitig der Mensch sich kein Bild machen soll, indem er aber als tatsächlich physisch greifbarer Gott-Mensch durch die Welt wandelt, betont er dennoch den Willen Gottes, mitten unter den Menschen zu sein und seinen Wunsch, mit dem Menschen eine - eben persönliche! - Beziehung B aufzubauen. Hier wird eigentlich die Priesterschaft als Kaste von Mediatoren, von "Verkupplern" zwischen M und G, obsolet.
 
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Fckw,

ich hoffe, den Gesprächsfaden richtig aufzunehmen, wenn ich dir folgendes antworte. Völlig zutreffend ist es, dass man aus B nicht auf W schließen kann. Aber genauso wenig kann man aus B auf M schließen und schon gar nicht von M bzw. von G auf B, weil das ganze nur insofern mathematisch oder schematisch dargestellt einen Sinn macht, wenn auch das Wissen um die beteiligten Größen wenigstens im Wesentlichen vorhanden ist. Es ist so ähnlich wie bei einer ganz einfachen Relation zweier unterschiedlicher Größen. Die Aussage 5 > 2 kann ich wissend nur nachvollziehen, wenn ich weiß, was die Zeichen 5, >, 2 jeweils bedeuten, d.h. wofür sie stehen, bzw. worauf sie verweisen. Kenne ich die Sachen, auf die sie verweisen nicht, dann kann ich nicht beurteilen, nicht wissen, ob diese Aussage stimmt und habe auch keine Möglichkeit ohne die Kenntnis der Sachen selbst nur an Hand der mathematischen Aussage, diese kennen zu lernen. Erst durch das Kennenlernen der Sache selbst, kann ich mit dieser schematischen Aussage entsprechendes Wissen erwerben.

Das bedeutet, dass letztlich deine Fragen nach der Personalität Gottes ganz befriedigend nur durch das Suchen und vor allem durch das Finden beantwortet werden kann. Denn da stimme ich dir zu, es gibt keinen zwingenden Schluss, der auf Grund des Gesagten, die Personalität Gottes gleichsam als Ergebnis zur Folge hätte. Wie übrigens nichts, was wir wirklich wissen, durch zwingende Schlüsse gewusst werden kann. Es ist eine spezifische Form einer spezifischen abendländischen Verkopfung zu glauben, man könne auch nur irgendetwas zwingend beweisen. Der Mensch ist frei und daher wäre die Weisheit schlecht beraten, diese Freiheit durch zwingende Beweise aufheben zu wollen.

Allerdings gibt es Hinweise, denen man nachgehen kann oder auch nicht. Solche Hinweise auf das Wesen Gottes gibt es in der Bibel unterschiedlichster Art, das hast du dankenswerter Weise erwähnt. Die Schilderungen von Gottesbegegnungen verwenden unterschiedliche Bilder, um das Unfassliche, d.h. den Unfasslichen dem Menschen irgendwie erfassbar zu machen und sei es in einem so widersprüchlichen Bild wie dem des brennenden Dornbusches, der nicht verbrennt.

Durchgängig aber ist, dass Gott zu den Menschen spricht. Und eine der grundlegenden alttestamentlichen Aussagen, wer denn Gott sei, findet sich, glaube ich, in der Moseserzählung. Moses fragt, als er die Stimme aus dem Dornbusch hört: „Wer bist du?“ und die Stimme aus dem Dornbusch antwortet: „Ich bin der ich bin!“ Eine bessere Umschreibung für das, was ich unter Personalität Gottes verstehe, habe ich bisher nicht in der Bibel finden können. Sie stammt übrigens aus einer Zeit, als wenigstens im Abendland und auch im Orient von dem Vorhandsein eines menschlichen Personenbegriffes noch weit und breit keine Spur war. Dies könnte vielleicht der Grund gewesen sein, dass nur einige wenige dies verstanden haben, weshalb im Judentum dann die Exklusivität der Gottesbegegnung für Propheten, Priester, Könige sich entwickelte.

Also ich meine, bei aller Verschiedenheit der verwendeten Bilder ist auch im AT die Personalität Gottes ein kontinuierliches Merkmal des Gottesbildes. In der Gestalt Jesus Christus wird dies noch einmal unterstrichen und weitergeführt mit der Aufforderung zur Nachfolge. Eigentlich ist Christus das lebendige Vorbild eines Menschen einerseits, der zum Gottvater eine direkte Beziehung hat und gleichzeitig das Bild Gottes, der sich auf ganz und gar menschliche Weise den Menschen zu erkennen gibt. Zugewandt, hilfsbereit, mitleidend, schützend und fordernd – alles Begriffe die Personalität kennzeichnen.

grüße
manni
 
Ok, ich glaub, ich hab's erfasst. Ich hatte sehr lange Zeit grössere Mühe, mir unter dieser Personenhaftigkeit irgendwas vorstellen zu können, und persönlich ziehe ich nach wie vor die Vorstellung eines unpersönlichen Gottes vor. Das "passt" für mich einfach besser, andere mögen die Idee von Personenhaftigeit vorziehen. Wahrscheinlich eine Frage des Charakters oder von mir aus auch eine Frage der persönlichen Reife.

Ich bin der ich bin.
Interessant, gerade ebendiesen Satz habe ich gerade nicht so aufgefasst, dass daraus die Personenhaftigkeit Gottes zu entnehmen wäre. Meine Interpretation war bisher, dass Gott den Menschen dazu auffordert, jegliche Vorstellungen schlichterwegs aufzugeben und einfach zu akzeptieren, dass er sich nie eine passende Vorstellungen machen kann.
Eine zweite Interpretation, die mir durch den Kopf ging, war, dass die Aussage folgendermassen zu verstehen wäre: "Ich bin die Existenz selbst. Ihr seht mich durch meine Schöpfung." Gott würde sozusagen dem Menschen sich in seiner eigenen Schöpfung offenbaren statt in sein "Ur-Gesicht" dem Menschen direkt zu zeigen, ein Anblick, den dieser wohl entweder nicht begreifen würde, verrückt werden würde oder etwas in der Art. Ich weiss aber nicht, was die heutigen Theologen dazu meinen.

Sie stammt übrigens aus einer Zeit, als wenigstens im Abendland und auch im Orient von dem Vorhandsein eines menschlichen Personenbegriffes noch weit und breit keine Spur war. Dies könnte vielleicht der Grund gewesen sein, dass nur einige wenige dies verstanden haben, weshalb im Judentum dann die Exklusivität der Gottesbegegnung für Propheten, Priester, Könige sich entwickelte.
Das wusste ich nicht. Wie haben die Menschen denn zu dieser Zeit andere "Personen" aufgefasst, wenn nicht mittels eines Personenbegriffs? Mir scheint, dass grundsätzlich jede Unterscheidung von Ich und Du logisch den Personenbegriff zur Folge haben muss.
 
Jesus von Nazareth ... der Schreiner ...

... ist tot.

Gott ist eine Erfindung der Menschen, die mit der Tatsache das mit der Geburt der Tod beginnt, nicht klar kommen.
 
windtalker schrieb:
... ist tot.

Gott ist eine Erfindung der Menschen, die mit der Tatsache das mit der Geburt der Tod beginnt, nicht klar kommen.
Jou. Und dass Gott das Füllhorn des ewigen Lebens ausschüttet oder nicht, das ist eine Erfindung, der die Atheisten auch nicht in den Arm fallen. Mit dem Nicht-Glauben an Gott schütten sie auch gleich das ewige Leben aus ihrem Bewusstsein weg.
Man kann auch - will ich damit sagen - die Auffassung vertreten, dass es ewiges Leben gibt, aber nicht Gott. :)

Gysi
 
Das "göttliche Prinzip" (Gott ist keine Person, sondern Institution)
ist wirksam in einer der innersten Dimensionen in uns Menschen.

Der "Dialog mit G.O.T.T." findet auf geistiger Ebene statt
und kann in keiner irdischen Sprache geführt werden. Die "Kommunikation"
erfolgt durch die Intuition und mit dem Gefühl, welches die Seele hervorbringt.
Eine synchrone Übersetzung aus dieser Transzendenz
in das "irdisch-menschliche" ist vermutlich nur schwer möglich.
 
Man kann auch - will ich damit sagen - die Auffassung vertreten, dass es ewiges Leben gibt, aber nicht Gott. :)

Gysi[/QUOTE]


Religion ist " Opium " für das Volk !
Zitat
Karl Marx


Die die glauben wollen - sollen glauben.
Den Weg " Gautama Siddhartha`s zu gehen, halte ich für " sinnvoller " !!!
Jeder so wie er kann.
 
windtalker schrieb:
Religion ist " Opium " für das Volk !
Zitat
Karl Marx
Ich widerspreche dieser, rhetorisch exzellent dargestellten, Auffassung dieses großen Denkers nicht! :)
Ich glaube ja auch alle Nase lang. Wer nicht bescheid weiß über ein Gebiet, das ihn aber interessiert, der muss halt glauben. Ich glaube, dass mit der sinnlichen Wahrnehmung des Lebens mit seinen äußeren Zeitgrenzen Geburt und Tod das Wesen des Lebens noch nicht erfasst ist. Gibt es überhaupt irgend eine sinnliche Wahrnehmung, die die wesentliche (über die Forschung, den Geist) voll abdeckt? Wieso scheuen wir uns, die sinnliche Wahrnehmung des Lebens mit einer wesentlichen zu komplettieren?
Ich als aktiver Atheist sehe eine Chance, den Religionen dem attraktivsten Zugpferdchen, das sie haben, ein besseres entgegen zu stellen. Analysen und logische Ableitungen anstatt unbegründeter, unglaubwürdiger Erlösungsversprechen. C.G. Jung und Frank Tipler anstatt dem Neuen Testament!
Wenn wir den Religionen das Monopolangebot für ewiges Leben weiterhin lassen, werden wir noch lange Zeit mit ihnen zu tun haben.
Den Weg " Gautama Siddhartha`s zu gehen, halte ich für " sinnvoller " !!!
Den Weg aus der Geburtenkette, den Weg des Lebens in das Nirwana, in die "erloschene Flamme" - also den Tod? Danke, nein!

Gysi
 
Zuletzt bearbeitet:
Gisbert Zalich schrieb:
Den Weg aus der Geburtenkette, den Weg des Lebens in das Nirwana, in die "erloschene Flamme" - also den Tod?
So weit ich den Buddhismus verstanden habe, meint er etwas anderes als den Tod mit dem Erreichen Nirvanas. Man bedenke: Wird Nirvana in diesem Leben nicht vollständig realisiert, so spielen weiterhin die karmischen Kräfte und man wird im Zyklus von Reinkarnation halt nach dem Tod und dem Durchlauf durch die Bardo-Welten wiedergeboren. Das ist definitiv nicht dasselbe wie das Erreichen von Nirvana.

Das nur so als kleine Klugscheisserei meinerseits nebenbei. Danke für's Zuhören. :jump1:
 
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fckw schrieb:
So weit ich den Buddhismus verstanden habe, meint er etwas anderes als den Tod mit dem Erreichen Nirvanas.
Nirwana heißt exakt übersetzt: "die erloschene Flamme". Das Erreichen des Nirwana ist das Heraustreten aus der Geburtenkette. Was heißt das anderes als: der Tod? :dontknow:

Gysi
 
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