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Der Da Vinci Code – Sakrileg

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Mal grundsätzlich zur Geschichtswissenschaft:

"Tatsächlich gibt es auch bis zum heutigen Tage kein einziges Geschichtswerk, das in dem geforderten Sinne objektiv wäre. Sollte aber einmal ein Sterblicher die Kraft finden, etwas so Unparteiisches zu schreiben, so würde die Konstatierung dieser Tatsache immer noch große Schwierigkeiten machen: denn dazu gehörte ein zweiter Sterblicher, der die Kraft fände, etwas so Langweiliges zu lesen."
Egon Friedell, 1878-1938, österreichischer Kulturphilosoph

Die Geschichtswissenschaft blickt auf die Geschichte immer aus dem Blickwinkel ihrer jeweiligen Zeit zurück. Und oft genug aus der Einfärbung der Probleme ihrer Zeit.

Ein Beispiel, stark vereinfacht - bitte jetzt nicht an diesem Beispiel aufhängen, es dient nur zur Illustration:

1. Klassisches Geschichtsverständnis: Christoph Kolumbus entdeckte 1492 Amerika, beauftragt von Ferdinand II. von Aragon und Isabella I. von Kastilien.
2. Linkes Geschichtsverständnis ab den 60ern: Ökonomische Zwänge veranlassten Ferdinand II. von Aragon und Isabella I. von Kastilien, die Expedition von Christoph Kolumbus 1492 zu finanzieren und machten ihn als historische Person überhaupt erst möglich.
3. Heutiges Geschichtsverständnis: Die Klimaveränderungen der Kleinen Eiszeit ab dem frühen 15. Jh. veränderten die Ökonomie ... (weiter mit 2.).

Dann bleibt da noch die Frage des Verständnisses historischer Texte.
Schrieb jemand um 1800 über ein "gemeines, niederträchtiges Frauenzimmer", so war damals eine Frau (aus besseren Kreisen) gemeint, die sich fürsorglich um arme Menschen kümmert. Nach nur gut 200 Jahren hat sich das Verständnis dieser Aussage so ziemlich in ihr Gegenteil verkehrt. Denn wir würden darunter wohl eine Zicke, wenn nicht Übleres verstehen.
Wie sollen wir da also erst Texte verstehen, die 2.000 Jahre alt und mehr sind - und noch dazu aus einem anderen Kulturkreis stammen, der weit von uns entfernt lag? Wie sind Begriffe, jenseits aller Übersetzungsprobleme, wie "Sklave", "Herr", "Gefährtin" oder "Ehebrecherin" zu verstehen?
Werden modernere Übersetzungen, die Begriffe wie "Sünderin" oder "Ehebrecherin" mit "Prostituierte" übersetzen, der gewünschten Wirkung des Inhalts besser gerecht? Und falls ja, was bedeutete Prostitution im 1. Jh. in Palästina, in wiefern war sie mit dem vergleichbar, was wir heute als Prostitution bezeichnen?
 
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