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Astrologie

Nach dem Zivildienst hatte ich fast ein Jahr lang einen Job, bei dem andere mir ihren Pass zeigen mussten. So erfuhr ich täglich von vielen Leuten, wann sie Geburtstag haben und dadurch auch, in welchem Sonnenzeichen sie geboren sind.
 
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Ich übte ein wenig bewusst, versuchte herauszufinden, ob ich ein Gefühl dafür entwickeln kann. Nach vier Monaten hatte ich eine Trefferquote von über 50%, ohne dass ich hätte sagen können, wie ich drauf kam. 8% wäre der statistische Schnitt gewesen.
 
Ich fing mit dem Studium an, lernte meine Frau kennen. Mein Vater gab mir die Nummer einer Frau aus meinem Nachbardorf, die zufällig an der gleichen Uni wie ich BWL studierte. Sie erzählte mir eines Tages, dass sie durch ein Gespräch mit einer Freundin neugierig auf eine Hellseherin der Gegend wurde und mal aus Neugier ihre Dienste in Anspruch nahm, meinte, dass sie erstaunlich viel über ihr bisheriges Schicksal wusste. Sie würde auch Horoskope deuten. Ich machte einen Termin bei ihr und brachte alle Daten mit, auch die von meiner Partnerin. Ein paar Tage später rief sie mich an und sagte mir ab, mit der Begründung, dass sie hellsichtig sei und das, was sie beim ersten Termin an mir gesehen habe, nicht zu meinem Horoskop passe.
 
Was ich von Horoskopen halte: Na ja, das tägliche Horoskop aus der Zeitung kann man vergessen. Das ist nur Zeitvertreib - mehr nicht! Anders sieht es da mit generellen Aussagen zur Person aus. Die finde ich meist sehr korrekt. Natürlich muss man alles Mögliche mitberücksichtigen - die gesamte Stellung der Planeten - und nicht bloß das einzelne Geburtsdatum. Aber dann passt es meist sehr gut - mit ein paar unwesentlichen Variablen dazwischen.
 
Ich ging schließlich zum Standesamt meiner Geburtsstadt Nürnberg und ließ mir für ein paar Mark Gebühr eine Geburtsurkunde geben, auf der die Uhrzeit meiner Geburt stand, so wie sie die Geburtshelferin angegeben hatte. Es war nicht kurz nach halb eins in der Nacht, sondern kurz nach halb drei nachts.
 
Ich ging schließlich zum Standesamt meiner Geburtsstadt Nürnberg und ließ mir für ein paar Mark Gebühr eine Geburtsurkunde geben, auf der die Uhrzeit meiner Geburt stand, so wie sie die Geburtshelferin angegeben hatte. Es war nicht kurz nach halb eins in der Nacht, sondern kurz nach halb drei nachts.
Und was folgte nun daraus? Abgesehen von einer anderen Uhrzeit?
 
Ich kaufte mir 100 Jahres Ephemeriden und studierte ein wenig den Lauf der Gestirne. Außerdem brachte ich mir bei, Horoskope auszurechnen.



Pluto wurde damals noch als Planet eingestuft und war deshalb in den Standard Ephemeriden enthalten. Er hat eine Umlaufzeit um die Sonne von ca 248 Jahren, also drei Menschenleben.





Ich überlegte deshalb, ob es eine besondere Bedeutung hat, wenn Pluto am selben Grad ist, auf dem ein Gestirn zum Zeitpunkt meiner Geburt war, weil das ja nur ein paar mal im Leben vorkommen kann.



Ich blätterte die Ephemeriden durch und fand diese Situation nur einmal in meinem bisherigen Leben.



Pluto war im Transit bisher nur dort, wo der Mond während meiner Geburt war.



Ich suchte den Tag, an dem das war.



Es war der Todestag meiner Oma.
 
Ich erkundigte mich, welche astrologische Schulen es in Deutschland gibt, abseits des Banalen aus den Klatschspalten der Frauenzeitschriften.



Huber, Hamburger Schule, Michael Roscher, MRL. Ich entschied mich für die Münchner Rhythmenlehre MRL und kaufte mir erst einmal die 6 Lehrbücher und arbeitete sie zusammen mit meinem damals besten Freund durch.
 
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Ich erkundigte mich, welche astrologische Schulen es in Deutschland gibt,...
Das Bedürfnis der Menschen nach einer Zukunftsdeutung, nach einer Gewissheit, was auf sie zukommen mag, lässt sich vermutlich durch ein Verlangen nach Sicherheit erklären und ist wohl so alt wie die Menschheit selbst. Sicherheit ist ein menschliches Grundbedürfnis, sie drückt sich unter anderem im Bau von Häusern, im Anhäufen von materiellen Gegenständen, oder in der Hoffnung auf die Nähe eines Gegenübers aus. Und auch die Astrologie kann als Streben nach Sicherheit verstanden werden. Der Versuch des Menschen sein Schicksal zu beeinflussen, der Griff nach der Zukunft und ihrer Voraussagbarkeit, in der Hoffnung sein Leben in positive Bahnen lenken zu können. Doch was ist, wenn der Einfluss der Sterne so weit in den Alltag der Menschen dringt, dass sie sogar danach handeln? Wenn Astrologie Bestandteil der Kultur geworden ist?
 
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