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Van Gogh: Irrer oder Genie?

AW: Van Gogh: Irrer oder Genie?

Ach ja, dachte mir, das könnte noch einige interessieren zur van Gogh schau in wien - die haben jetzt erweiterte Öffnungszeiten von 9-21, echt schon ein wenig extrem, aber wer die warteschlagen an der Kassa gesehen hat, weiß was gemeint ist.
 
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"Wahnsinnig" interessant

bevor ich mich in die rege diskussion zum thema van gogh einklinke, muss ich mich erstmal entschuldigen. da starte ich einen thread und schau dann so lange nicht mehr rein :eek: das liegt aber nicht an fehlendem interesse, sondern vielmehr am alltagsstress... da freut es mich umso mehr, dass sich mittlerweile so viele dem thema angeschlossen haben. sind teils wirklich spannende ansichten und meinungen dabei, wobei ich mich besonders LaChatte alias barbara anschließen möchte. wahre kunst hat mit sicherheit etwas mit beständigkeit zu tun. um bei van gogh zu bleiben, war die gesellschaft zu seinen lebzeiten vielleicht einfach noch nicht "reif" genug, um seine art von kunst zu verstehen und akzeptieren zu wollen. vielen modernen künstlern ergeht es da heutzutage nicht anders. wenn man sich die derzeit laufende ausstellung "Nach 1970" anschaut, die ebenfalls gerade in der albertina läuft, muss ich gestehen, dass ich hinsichtlich der dort gezeigten künstler nur sehr wenige mit namen kenne, sie jedoch vielleicht in 20-30 jahren weltweit bekannt sind. das macht ihre kunst in zukunft nicht besser, als sie heute schon ist. viele künstler brauchen einfach nur eine passende plattform um mit ihrer - teils vielleicht eigenwilligen - art von kunst entdeckt und geschätzt zu werden. die subjektive beurteilung spielt hierbei vermutlich die wichtigste rolle. bestes beispiel: hermann nitsch, den die einen für ein genie halten, während ihn andere schlichtweg in eine psychiatrische anstalt stecken würden, wenn sie könnten. zu welcher gruppe ich allerdings gehöre, überlass ich eurer fantasie :heilig:
 
AW: Van Gogh: Irrer oder Genie?

Hallo!
Ich selbst stamme aus einer Künstlerfamilie, meine Kindheit, Jugend, das Leben als Erwachsener ist geprägt vom Handeln und Schaffen meiner künstlerischen Vorfahren. Alle waren Akademiker, haben studiert und viel geleistet und mir auch viel hinterlassen, ich bin dankbar dafür. Es waren durchwegs bescheidene, idealistische und arbeitsfreudige Menschen, diese Künstler. Das gesellschaftliche Leid als Kind eines Künstlers, angeblich lauter Irre, begleitete mich durch's ganze Leben. Wo ich hinkam bekam ich es zu spüren, wurde benachteiligt, denn dein Vater ist Künstler, ein Verrückter, bis heute hat sich diese nationalsozialistisch angehauchte Einstellung nicht gewandelt, schade. Am Schluss sind es Anwälte, Richter, Verlassenschuftsnotare aus nationalsozialistischen Familien, welche sich die Kunstwerke der "Irren" einverleiben und viel Geld damit verdienen. Diskeditieren von Künstlern und Kulturschaffenden lehne ich deshalb ab.
von Kultus Maximus
 
AW: Van Gogh: Irrer oder Genie?

Kultus Maximus: Das ist immer wieder traurig zu hören, denn solch ein Denken lebt leider noch zu oft in den heutigen Tagen, das bild des Kunstschaffenden, der nicht verstanden wird, der einfach abgelehnt wird.
Das spiegelt isch ja auch in anderer Sicht wieder, wenn man bedeknt wies mit unserer Kunstförderung in unserem Staate aussieht, da wird nicht vieles getan oder anerkannt, das sponsoring seitens der Regierung bleibt dürftig und keiner fühlt sich zuständig oder bemühseligt irgendwas zu unternehmen und eben auch die künstlerische Zukunft unseres Landes zu sichern. wir dürfen uns nicht immer nur auf alten Namen und Museen ausruhen, es sollte neues gefördert werden, museen die moderne zeitgenössische kunst und Schauen organisieren!
 
AW: Van Gogh: Irrer oder Genie?

Desperately: Stimmt, kann ich nur unterstreichen, kurios, dass ohne Kulturgüter keine Stadt der Welt einen einzigen Touristen als zahlungskräftigen Kunden hätte. Der Staat verdient, lebt letztendlich davon, man denke nur an Staatsbesuche aus dem Ausland, Abkommen, Verträge, sowie weitgehend politisches Handeln ist immer an einen kulturellen, künstlerischen Rahmen geknüpft, schwerverdienende Politiker protzen mit ihren Museen, mit Künstlern, welche zu Lebzeiten oftmals fast den Hungertod starben; eine verdrehte Welt, die Nachfahren von Van Gogh durften nicht ein einziges Bild behalten, vielleicht aus der Angst heraus, dass Bankdirektoren als Nachlassverwalter kein Brot sich leisten können. Leider bestimmt nur der Zugang zur Gewalt als Lobby (Polizei, Justiz, Finanz) und nicht das Tun, das Schaffen an sich den Rechtsanspruch und damit die Lebensgrundlage.
LG Kultus Maximus
 
AW: Van Gogh: Irrer oder Genie?

Das gesellschaftliche Leid als Kind eines Künstlers, angeblich lauter Irre, begleitete mich durch's ganze Leben. Wo ich hinkam bekam ich es zu spüren, wurde benachteiligt, denn dein Vater ist Künstler, ein Verrückter. Kultus Maximus

Mir kommen die Tränen und Du hast mein vollstes Mitleid.
Da ich selbst Künstler bin lege ich wert darauf als Verrückter zu gelten, als Irrer, könnte sonst meine schöpferische Arbeit nicht machen als freie Mensch mit den Freiheiten die nur ein Künstler hat. Wäre mir Normal sein lieber und eine berechnende und kalkulierte Arbeit, so wäre ich Banker oder Beamter geworden.
Leide darunter, dass mein Vater ein Abteilungsleiter im Finanzministerium war und kein verrückter Künstler, so leidet jeder an dem was er nicht hat.
Lebe mit dieser Einstellung des mittellosen verrückten Künstlers sehr gut und bin aus meiner Sicht auch erfolgreich im Gegensatz zu van Gogh der schwer psychisch Krank gewesen ist und sich nie davon erholt hat.
Mir fällt nur die Verlogenheit auf, damals war er als Irrer ein verachteter kranker Mann und heute kann man mit seiner Arbeit mehrfacher Millionär werden. Was für eine Heuchelei auf verrückt und irre sein.
Lerne daraus, verrückt und irre sein ja als Künstler aber schon zu Lebzeiten das Beste daraus machen und ein genussvolles und erfülltes Leben leben und nicht auf die Berühmtheit nach dem Tode hoffen.

gruß fluuu
 
AW: Van Gogh: Irrer oder Genie?

Van Goghs Malerei ist gegenüber der von Gustave Courbet und Camille Corot sicherlich überschätzt, sicherlich, nicht nur was Auktionspreise angeht.

Die Werke von Edouard Manet jedoch tauchen erst recht weder in Austellungskatalogen, noch bei Versteigerungen auf - man könnte schließen, daß Van Goghs Arbeiten markttauglich sind, weil grelle Einseitigkeit gekauft wird, aber dass wer einen Manet besitzt, diesen nicht aus den Händen geben wird.
 
AW: Van Gogh: Irrer oder Genie?

Fluuu:
Bin sehr gespannt wie Du die Sachlage einmal beurteilen wirst, wenn Du Kinder haben solltest, seien es Deine eigenen, adoptierte, oder einer offenen Partnerschaft. Ich habe vollstes Verständnis für Deinen Sturm und Drang aus der streng geordneten Familie heraus aus der Du kommst, aber wenn Du die Geldbörse öffnest, oder die Karte verwendest, wirst Du Deine Benachteiligung als Künstler immer bemerken. Nicht nur das, egal wie anständig Du auch sein magst und lebst, immer wird etwas verruchtes an Dir haften, nach dem Motto: "man weis nichts genaues, er ist ja Künstler, er hat ja auch noch Kinder". Du hast überhaupt keine Ahnung, welches Leid dahinter steckt, mit welcher Mühe Künstler einen bürgerlichen Rechtsanspruch sich errangen als Akademiker und Du willst das Feld fei machen für Polizei, Justiz und Psychiatrie, welche dann über Dich bestimmen? Mit Deiner Einstellung förderst Du den braunen Sumpf, den Mob mit Mauthausenmoral in Amt und Würde.
LG Kultus Maximus
p. s.: Deine Fotos sind eindrucksvoll
 
AW: Van Gogh: Irrer oder Genie?

Van Goghs Malerei ist gegenüber der von Gustave Courbet und Camille Corot sicherlich überschätzt, sicherlich, nicht nur was Auktionspreise angeht.

Die Werke von Edouard Manet jedoch tauchen erst recht weder in Austellungskatalogen, noch bei Versteigerungen auf - man könnte schließen, daß Van Goghs Arbeiten markttauglich sind, weil grelle Einseitigkeit gekauft wird, aber dass wer einen Manet besitzt, diesen nicht aus den Händen geben wird.


Das rührt einfach an die Grundfrage, was denn Kunst - jede im Grunde genommen, also auch Literatur oder Musik usw - eigentlich soll: Nachbildung der schon vorhandenen Wirklichkeit oder dieser doch eher etwas Neues entgegensetzen???
Ich finde Wertungen in dieser Frage wenig hilfreich. Sicher mag etwas daran sein, dass Van Goghs Werke uns heute eher ansprechen, weil vielleicht auch das "Schicksal des armen Künstlers" mitschwingt oder - auch das Banale mag Berechtigung haben - der Markt diesen Künstler hochgespült hat, aber das mindert m.E. weder die Leistungen des genannten Künstlers noch die der anderen, die auch erwähnt wurden.
 
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AW: Van Gogh: Irrer oder Genie?

van Gogh finde ich zwar interessant, allerdings finde ich persönlich die Überpräsenz in Drucke, die in den Kanzleien und Sprechstunden gegen Kandinsky und Miro ausgetauscht worden sind und jeder sich nun ein Van Gogh (Billig-China-Kopie für 35,- €) in Hause holen möchte, finde ich zum >>Sorry<< kotzen. Jawohl - für 35 € bekomme ich gerade mal eine Leinwand aufgekeilt 80 x 80 x 3,8 cm. Und Farbe ist noch teurer, jedenfalls die gute und von Pinsel, wo meine Lieblinge das Stück schnell mal 15 oder 18 € kosten zeigen, kauft Euch ruhig die Billig-China-Kopien und spart Euch das Geld für die Dinge, die wichtig sind.

Und da haben wirs: Kunst ist immer nur dann wichtig, wenn ein gesellschaftlicher Wechsel mit Sicherheiten und überschüssigen Kapital offenbart. Die Kunstblase ist trotz aller Negativvorherrsagen und Schwarzmalerei etwas geschrumpft, jedoch sind viele neue Künstler, z.B. Xenia Hauser, Daniel Richter oder Daniel Mohr und und und viel wichtiger für die heutige zeit, als van Gogh. Zu seiner Person gibt es nichts mehr hinzuzufügen, auch gibt es nichts neues zu bewundern. Es ist doch nur die aufgewärmte Suppe für jene, die ihn bisweilen immer noch nicht kennen wollen - sollen - können.

Die Verrücktheit halte ich im Übrigen für Normal und den Normalen für irre.
Sind wir nicht alle ein bisschen BLUNA?
Soweit ich weis - ist es aber nicht die Verrücktheit an sich, die die Größe eines Künstlers definiert, sondern die Einzigartigkeit, die Unverfehlbarkeit, die Gesamtheit des Schaffens, quasi das was man aus seiner Verrücktheit daraus macht. Die Idee an sich ist gar nichts wert, sie bleibt allein eine Vision, als Produkt seiner Phantasie. Nur durch die Umsetzung der Idee kann diese zur Verwirklichung geführt werden. Und dieser künstlerische Prozess ist doch bei jedem Künstler - aufgrund seiner Eigenarten und Individualität - ein eigenes System von Abfolgen, die das Kunstwerk an sich hervorbringt.
Kunst kommt von künstlich und nicht vom Können, wie man teils irrtümlicherweise uns weis machen will.
Alles über dem natürlichen Maß hinaus, ist Kunst. Große Kunst ist sehr weit über dem natürlichen Maße stehend. Keine Kunst sind Massenartikel, wie oben beschrieben. Sie sind zwar von Hand bemalt und nicht wirklich grottenschlecht, aber die Motive werden abgekupfert und die Produktion findet als Serienfertigung statt. Ich lehne diese Kunst ab.

Es macht auch keine Sinn - meiner Meinung nach sich die Schätzpreislisten und Aktionsergebnisse zu widmen, weil das Neue in der kleinen unbekannten Eckgalerie um die Ecke ist und nicht in den Aktionshäusern.
Wer jetzt Mio. € für ein Kunstwerk ausgibt, will sich doch nur mit dieser "Beute" schmücken. Diese Menschen haben meist gar kein umfassendes Kunstverständnis, ja selbst das Kunstinteresse hält sich in Grenzen.
Meine Lieblingskunst kostet nix und kann auch nicht gekauft werden. Da geht es nur um die Kunst an sich und die Ausdruckskraft, die sich ohne den Druck - des Verkaufen-müssens - viel freier und ungezwungener präsentiert.

Lieben Künstlergruß
Axl
 
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