• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Vertrauen, Nähe...oder doch Distanz?

Was war es diesmal, was mich zum Nachdenken gebracht hat? Ach ja...ein Beitrag in einem anderen Forum und ein kurzes ICQ-Gespräch darüber. Welch anstrengendes Thema...Nähe, Distanz, Vertrauen und Verletzbarkeit...


Vertrauen ist eine sehr heikle Sache. Schwer zu bekommen und schwer zu geben. Dabei erhielt ich gerade kürzlich eine PN, in der von Vertrauen mir gegenüber die Rede war. Wir kennen uns erst seit ungefähr 2 oder 3 Wochen...und dann gleich sowas? Das ist nicht das erste Mal, dass jemand so schnell viel von sich preis gibt. Im RL ist das völlig anders, aber wieso? Verleitet die Anonymität des Net zu schnellerer und grösserer Offenheit? Ist es leichter, schriftlich Dinge über sich zu erzählen, als miteinander zu reden?
Was auch immer es ist...manchmal bin ich sehr froh darüber, dass es diese Net-Kontakte gibt, weil sich daraus etwas sehr Schönes entwickeln kann...weil daraus auch Freundschaften im realen Leben entstehen können. Aber manchmal werden die Menschen auch sehr fordernd und egoistisch, was dann einfach nur noch anstrengend ist. Solche Kontakte braucht niemand.


Der Idealfall ist, wenn man irgendwann sicher ist, dass das Vertrauen gerechtfertigt ist und sich daraus Nähe, Verbundenheit und freundschaftliche Treue entwickeln. Das ist unheimlich viel wert, wie ich heute weiß.
Diese Erfahrung durfte ich bereits machen...und ich bin dafür sehr dankbar. Nie hätte ich gedacht, dass das aus einem virtuellen Kontakt entstehen kann. Nun, ich wurde eines Besseren belehrt.
So kann Nähe beispielsweise auch entstehen, wenn die räumliche Entfernung verdammt groß ist. Es spielt wohl keine so grosse Rolle, wieviele Kilometer dazwischen sind, entscheidend ist allein die mentale Nähe.


Je näher man sich steht, umso verletzbarer wird man scheinbar. Wer ist nicht schon mal durch einen guten Freund oder eine andere nahestehende Person verletzt worden? Es tut viel mehr weh, als wenn es sich nur um Bekannte handelt.
Aber wieso? Wirklich gute Freunde sollten sich nicht gegenseitig weh tun...und doch tun sie es immer wieder...manchmal sogar so sehr, dass einer oder beide bitterlich weinen. Warum tun Freunde sich das an? Mißverständnisse und Fehlinterpretationen sind quasi an der Tagesordnung. Erwarten wir zu viel? Freunde sind doch auch nur Menschen...mit all ihren Fehlern und Schwächen. Und trotzdem sind wir selbst manchmal so unvorsichtig und unsensibel, unseren Freunden wehzutun. Vielleicht müssen wir alle ein wenig mehr Feeling entwickeln.


Distanz kann uns vor solchen Verletzungen schützen, aber ist es richtig, sich zurückzuziehen und auf Abstand zu gehen?
Hin und wieder kann ich mittlerweile meinen Selbstschutz ignorieren und hoffe immer wieder, dass das kein Fehler ist. Auf weitere Enttäuschungen kann ich gern verzichten.
Auf Distanz zu gehen ist der einfachere Weg, aber er ist nicht immer der richtige. Vielleicht haben wir einfach nur verlernt, auf andere zuzugehen und miteinander offen und ehrlich umzugehen. Schade eigentlich...


Off...

Kommentare

Eigentlich möchte ich, dass meine Antwort sowohl Eule als auch Offside gilt, beide schreiben ja über die Offenheit oder das sich öffnen in der virtuellen Welt.

Nun, für mich war das ein langer Lernprozess – und den betrachte ich auch jetzt noch nicht als abgeschlossen.

Ich habe versucht ein wenig über die eigenen Gesetze der virtuellen Welt nachzudenken, ein solcher Ansatz ist zum Beispiel die Parallele zum Mythos von Orpheus.

Zwei Gedanken kommen mir jetzt noch dazu:
es fehlen uns sehr wesentliche Informationen zum wirklichen Kennen lernen, der Blick, die Stimme, die Mimik des Gegenübers gehören zu den wichtigen Merkmalen die Nähe oder Distanz schaffen. So geht es zumindest mir.

Und dann scheint mir genau so wichtig die Tatsache, dass man je nach der individuellen Struktur, manchmal keine Chance bekommt für ein offenes, klärendes Gespräch, falls Missverständliches stattgefunden hat.

Nun, auch im RL sind manche nicht so Aussprachefreudig, falsch Verstandenes bleibt ungeklärt, wobei man ja an so einem vorzeitig abgebrochenen Austausch viel mehr leidet als unter eventuell kritischen oder nachfragenden Worten.

Im virtuellen Raum wird der Rückzug viel leichter gemacht – die Beziehung aber leidet darunter erheblich, denn wie du Off... es nennst: Missverständnisse und Fehlinterpretationen bestehen dadurch weiter.

Vielleicht sind es diese Erfahrungen die mich dazu gebracht haben einen Teil von mir eher durch die Themen die mir sehr am Herzen liegen und wie ich zu denen stehe, preiszugeben.
Denn auch diese Vorlieben positionieren mich, auch wenn auf einer anderen Weise.

Das alles kann sich natürlich auch ändern, wie Eulchen sagt: "Sage nie, aus diesen Brunnen werde ich nicht trinken!"



 
Wirklich kennenlernen wird man jemanden virtuell wohl nie, aber ich denke, man kann eine gute Grundlage schaffen für eine Freundschaft. Voraussetzung ist natürlich eine gewisse Offenheit des Gegenübers. Oft ist es so, dass die Menschen im WWW weitaus mehr sie selbst sind (oder das, was sie gern wären), als das im realen Leben der Fall ist.

Allerdings beobachte ich auch bei mir, dass es auf die Community ankommt, wieviel ich von mir preisgebe und wie ehrlich ich dabei bin...
 
Danke lilith. Du bringst noch mal neue Aspekte rein, die ich bisher nicht so bedacht habe.

Bedrohung...da ist was dran. Die ist im VL wohl wesentlich geringer, als im realen Leben. Nähe ist in gewisser Weise IMMER eine Bedrohung. In dem man etwas von sich preisgibt, macht man sich verletzlich. Im Web kann ich mich dann einfach ausklinken, real geht das meist nicht so leicht.

Ich scheine noch sehr distanziert von mir selbst zu sein, weil ich immer noch eine große emotionale Distanz zu fast allen Menschen in meinem Umfeld brauche.

Eines allerdings erlebe ich selbst auch fast täglich: Nähe zu einem Menschen, der räumlich unheimlich weit weg ist...
 
Diese Beiträge also eure Gedanken, gehen mir sehr nahe. Auch im VL, erlebte ich für eine gewisse Zeit "Bedrohung" . Durch mein mich öffnen wurde ich bedroht und verletzt, weil ich mich nicht schützen konnte. Somit reichte ein "ausklinken" alleine nicht aus, um mich nicht zu verkriechen...Ich habe das mitgetragen, ich brauchte sehr lange, um zu erkennen oder besser gesagt um mich zu hinterfragen, warum das so ist...ich das so als Gefahr empfinde.

Ich glaube im RL, wenn mein Gegenüber meine Emotionen aus meinem Gesicht erkennen kann..(sofern er dazu in der Lage ist)...das er bemerkt, das er etwas auslöste. Im VL ist das wenn ich mich nicht wehren kann, nicht der Fall, und ich verkriech mich weiterhin. Oder noch mehr...

Ich brauchte beides, als VL und RL. Eines erleichterte mir das andere und umgekehrt, somit konnte ich lernen oder lerne ich gerade Grenzen zu ziehen und zu verteidigen. Was ja nicht bedeutet das ich Recht haben muss, um das geht es mir nicht. Wenn ich mich nicht abgränzen kann, werde ich angegriffen...so oder so.
 
Hallo jennyfer,

mich beschäftigt das Thema nach wie vor immer wieder mal.
Und immer wieder schwanke ich zwischen den Möglichkeiten, die man so hat, sowohl im RL als auch im VL.

Im Moment tendiere ich wiederholt zur Distanz. Warum eigentlich? Weil ich kürzlich sehr verletzt wurde. Nicht mit Absicht und bewusst, aber trotzdem...tut es deswegen weniger weh? Im Grunde ist es nichts anderes, als der Rückzug zum Wundenlecken und Auskurieren. Das braucht Zeit. Und so werde ich mich wohl nur ganz langsam wieder annähern können...
 

Blogeintragsinformationen

Autor
Offside
Aufrufe
6.130
Kommentare
10
Letztes Update

Weitere Einträge in Blog-Kategorie

Weitere Einträge von Offside

Diesen Eintrag teilen

Zurück
Oben