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Was ist eine „gerechte Strafe“?

Bernd schrieb:
Hallo Camajan,
bestimmte Verbrechen werden begangen, weil der Täter sich selbst nicht einschätzen kann, weil bestimmte Handlungen eine Art zwanghafte Wiederholung (Inszenierung) von altem Leid darstellen. Bei diesen Menschen zeigen Strafandrohungen nur insoweit Wirkung, wie äußere Schichten des ICHs des Betroffenen seine aus tieferen Schichten kommenden inneren Impulse zurückhalten können. Leider bedeutet das oftmals lediglich ein „vorübergehendes Deckeln“.
Wenn jemand jahrelang mit wissen und wollen und im vollen Bewusstsein der Konsequenzen Steuern hinterzieht, haben hohe Strafen eine ganz andere Abschreckungswirkung. Solche Unterschiede müssen wir irgendwann mal berücksichtigen.
Hallo Bernd,
ich dachte, dass tun wir durch Berücksichtigung verminderter Schuldfähigkeit.

Bernd schrieb:
Die Zusammenhänge und die Art der Inszenierung gibt beispielsweise „Profilern“ (v. Ermittlungsbehörden) die Möglichkeit Serientäter zu überführen, z.B. indem sie ihre Taten „voraussehen“.
OK, ich sehe, du kennst dich aus.
Doch bei solchen Tätern fällt mir eher Schutz der Allgemeinheit als Zweck des
Wegsperrens ein. Mit Sicherheitsverwahrung, falls erforderlich. Der Staat muss
seine Bürger vor gemeingefährlichen Psychopathen beschützen, oder nicht?

Gruss
Camajan
 
Zuletzt bearbeitet:
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Claus schrieb:
Es gibt aber zahlreiche Beispiele für auf verschiedene Arten aus dem Knast entsprungene Mörder und Vergewaltiger, die dann wieder gemordet und vergewaltigt haben.
Mörder und Vergewaltiger, die auf die Vollstreckung ihres Todesurteils
warten, könnten auch ausbrechen. Sie hätten dafür auch viel bessere
Gründe. Und jetzt sag bitte nicht, direkt nach der Urteilsverkündung sei zu
vollstrecken.

Zudem gibt es bei Todesstrafe den zusätzlichen Nachteil, dass Unschuldige
hingerichtet werden.

Claus schrieb:
Ein Kinderschänder gehört wenigstens kastriert bevor man ihn wieder auf die Menschheit losläßt, das wäre eine wirksame Prävention.
Man zwangskastriert Ochsen und Hengste, aber keine Menschen.
Desweiteren ist die Prävention keineswegs so wirksam:

Vergewaltigung trotz Kastration

Claus schrieb:
Erstaunlicherweise sind es gerade diejenigen, die immer nach mehr Demokratie rufen, die einen Volksentscheid zur Wiedereinführung der todesstrafe ablehnen.
Alle anständigen Menschen lehnen die Todesstrafe ab.

Claus schrieb:
Jüngste Umfragen haben ergeben, daß in den USA mehr alszwei drittel für die Todesstrafe für Mörder sind.
Früher waren es viel mehr, die Tendenz ist stark fallend.

Claus schrieb:
Eine Umfrage bei uns (in Europa) würde vermutlich ähnlich ausfallen.
Nein.

Claus schrieb:
Also: ist die Todesstrafe nicht mit der Demokratie zu vereinbaren?
Sie ist mit unverhandelbaren Menschenrechten und der unantastbaren Würde
des Menschen völlig unvereinbar. Zudem ist sie nutzlos und ist deshalb in fast
allen Staaten abgeschafft.

Tut mir leid für deine heissen Racheträume. Sie werden keine Wirklichkeit.

Gruss
Camajan
 
Ich lese in diesem Thread und frage mich, etwas parallel zu dem was Ihr in Mittelpunkt des Themas stellt - wo fängt Verbrechen eigentlich an?

Denn fast alle hier sprechen von extremen Fällen, bei denen, leider zu spät, das Verbrechen an Kindern sichtbar wird. Das Kind stirbt qualvoll - und erst dann wird der Fall aufgerollt. Mich weiter auf die meisten Beiträge beziehend: die Hauptfrage hier bleibt die, nach dem Strafmass.

Ich verstehe auch diese Fragestellung - doch geht es mir um noch einen anderen Aspekt: um die Kinder, die in einem sehr jungen Alter so vernachlässigt werden, dass sie fürs Leben schwerwiegende Schäden davontragen.
Unsere Familie kümmert sich zur Zeit um ein solches Kind. Und nur durch die persönliche Erfahrung, bekommt man einen Einblick in solch tragische Schicksale. Der kleine Junge über den ich hier berichte, ist noch nicht sechs Jahre alt. Er wurde mit knapp einem Jahr, halb verhungert und völlig wund, bei der schwer alkoholkranken Mutter entdeckt, nur weil sein 8 jahre alter Bruder es nichtmmehr schaffte, sich um das Kleinkind zu kümmern, und selber den Weg zur Polizei wagte.
Die Familie aber wohnte in einem Hochhaus mit unzähligen Nachbarn, die alle angäblich nichts mitbekommen haben... Nicht das vor Hunger schreiende Kind, nicht die ständig schwer trunkene Mutter. Das Kind muss so geschrien haben, dass er - unter anderem - völlig unübliche Stimmbandschädigungen vorweist.

Hochintelligent aber psychisch zum grossen Teil irreversibel geschädigt, kann das Kind leider nicht in eine Familie vermittelt werden. Aber meine Familie kümmert sich weiterhin um den kleinen Jungen - die Absicht war ursprünglich ihn zu adoptieren. Eine solche Möglichkeit haben letztendlich auch die Experten (Kinderpsychiater) ausgeschlossen.

Und nun meine Frage, nicht nach der Strafe der leiblichen Mutter, sondern nach der vorsorglichen Betreung einer solchen Familie, einerseits. Überhaupt aber die Frage, nach der Indifferenz der Umgebung.
Es sind die gleichen Leute, die dann nach den drakonischten Strafen rufen.
 
Hallo Miriam
das läuft mir eiskalt den Rücken runter nachdem ich Dein posting gelesen habe.
Der Junge hat Glück gehabt, aber die Vergangenheit kann er nicht so leicht abstreifen, armes Kerlchen. Er liebt wahrscheinlich auch seine Eltern. (Du sollst Vater und Mutter ehren:rolleyes: ... )
die Augen muß man offenhalten und wenn was ist etwas unternehmen, das ist klar. Aber bei den offenen Ohren ist es so eine Sache. Mir hat mal eine Mutter erzählt daß ihr Kind schreit wie am Spieß wenn sie ihm die Nägel schneidet und sie deswegen schon ganz verzweifelt ist. Niemand weiß warum das Kind schreit. Aber wenn es immer und immer wieder schreit könnt man mal nachschauen. Viele Nachbarn sind glaube ich auch geschockt wenn soetwas rauskommt und sagen sie hätten es nicht mitbekommen. Oder sie haben sich nicht getraut etwas zu unternhmen, das ist die Frage.
Wenn man versucht sich in die Täter hineinzuversetzen bekomme ich keine Antwort auf meine Fragen. Denn niemand muß ein Kind verwahrlosen lassen.
Ich glaube die beste Strafe für so eine Mutter ist, nachdem ihr das Kind weggenommen wird (wenn es das überlebt:rolleyes: ) daß sie sterilisiert wird, nie mehr Kinder bekommen kann. Ob die Strafe gerecht ist weiß ich nicht, aber lieber keine Kinder, als daß sie sich so schlimm quälen müssen. Oder jedes Kind gleich nach der Geburt zur Adoption freigeben per Gesetz.
 
Und jetzt sag bitte nicht, direkt nach der Urteilsverkündung sei zu vollstrecken.
Doch, sage ich.
nicht innerhalb der nächsten stunde, aber spätestens nach einer Woche ,wenn die Schuld eindeutig ist.

Zudem gibt es bei Todesstrafe den zusätzlichen Nachteil, dass Unschuldige hingerichtet werden.

warum weichen die Gegner der Todesstrafe immer solchen direkten Fällen aus?
Wer ist Schuld an den letzten 4 Opfern von Zurwehme, die zufällig seinen Weg kreuzten? Die Killermaschine selbst, oder nicht vielmehr diejenigen, die sie nicht rechtzeitig abgeschaltet haben?
Diejenigen, die Täterschutz betreiben, sind die intellektuellen Mörder!

Alle anständigen Menschen lehnen die Todesstrafe ab.

Dann bin ich also ein unanständiger Mensch? Und vermutlich von lauter unanständigen Menschen umgeben!

Sie ist mit unverhandelbaren Menschenrechten und der unantastbaren Würde des Menschen völlig unvereinbar.

Welche Menschenrechte und unantastbare Würde hat eine Killermaschine?
 
Hallo Muckel,

für mich stand erstam im Mittelpunkt bei meinem Beitrag die Frage, wo fängt Verbrechgen an - und ich wollte auch mehr dazu noch sagen. Aber es geschah dann etwas merkwürdiges: ich hatte das Bedürfnis endlich mal die Geschichte dieses Kindes zu erzählen, auch wenn ich sie in manchen zu persönlichen Details dann nicht wiedergebe.. Doch dieses Schicksal beschäftigt uns seit Monaten.
Es soll aber hier ein anderer Aspekt noch erwähnt werden: der enorme und sehr professionelle Aufwand, der um ein solches Kind betrieben wird.
Es sind meiner Familie dabei unzählige hochqualifizierte und sehr engagierte Mitarbeiter begegnet, die über ihre Funktion und Bezahlung hinaus sich einsetzen.

Damit im Zusammenhang, noch ein Aspekt, auch wenn das Leid des kleinen Jungens mich weiterhin sehr beschäftigt.
Dieser grosse Aufwand wird leider erst betrieben, wenn so ein Fall auffliegt. Dafür gibt es auch die notwendigen Mittel. Aber für das Vorbeugen, da gibt es viel zu wenig Personal und auch nicht genug Geld.
Eine Fehlkalkulation, vergleichbar mit dem Zuständen in der Medizin, wo viel zu wenig in die Prävention investiert wird .
 
Hallo Claus,

bitte entschuldige, dass ich dein eigentliches Thema bei meinen beiden Beiträgen etwas verlassen habe.

Ich bin gegen die Todesstrafe, aus zwei Gründen: wir haben kein Recht Leben auszulöschen. Auch nicht wenn wir damit Gleiches mit Gleichem erwidern. Wir dürfen, m.E. nur töten, wenn wir dadurch unser eigenes bedrohtes Leben verteidigen.

Der zweite Grund sind die vielen Fehlurteile, die in den USA bei den zum Tode verurteilten im nachhinein bewiesen wurden.
 
Hallo Miriam
das Verbrechen fängt meiner Meinung da an wo man anderen Unrecht antut. Also sich zum Beispiel nicht richtig um ein Kind kümmert, es verhungern läßt. Allerdings gibt es auch viele Menschen ohne oder mit kaum Liebe großgeworden. Sie sehen zwar äußerlich gesund aus, haben gutes Essen und Kleidung bekommen, aber sind innerlich verwahrlost. Das wäre dann ja auch ein Verbrechen, aber wohl nicht nachweisbar. Man wird erst aufmerksam wenn man es einem Menschen tatsächlich ansieht daß es ihm schlecht geht (verwahrlost, geschunden, fast verhungert), also nur das Körperliche. Und alle anderen an denen wurde eigentlich auch ein Verbrechen begannen, nur ist es nicht nachweisbar, also kann man die Eltern nicht bestrafen.
Für Hunde ist ein Hundeführerschein im Gerede, von mir aus dürfte es soetwas auch für Eltern geben. Jeder darf sich vermehren (oder soll es wohl auch: gehet hin und vermehret euch:rolleyes: ...) und was ist dann?
Ich glaube kaum daß man vorbeugen kann, es gibt Familien, sieht man ab und zu im TV, da stehen einem nur die Haare zu Berge, was bei denen los ist zu Hause. Was soll man da machen? Nichts kann man machen meine Vermutung. Und ist dann wenigstens gut daß es professionelle Hilfe gibt falls ein Kind aus einem Höllenhaushalt gerettet wird. Aber ich glaube nicht daß ein schon größeres Kind freiwillig Hilfe sucht, es ist schließlich abhängig von den Eltern.
 
wir haben kein Recht Leben auszulöschen. Auch nicht wenn wir damit Gleiches mit Gleichem erwidern. Wir dürfen, m.E. nur töten, wenn wir dadurch unser eigenes bedrohtes Leben verteidigen

Hallo Miriam,

auch Du weichst aus.
Reden wir doch nicht so abstrakt. bleiben wir bei dem konkreten fall, den ich erwähnt habe.
Bestreitest Du, daß die Opfer noch leben könnten, die Zurwehme nach seinem Ausbruch gemordet hat, wenn die Todestrafe angewendet worden wäre?

Ich will nicht weitermachen in der Aufzählung der Fälle aus meinem Gedächtnis, ich nehme sie auch nur so nebenher zur Kenntnis und habe keine Übersicht über die Häufigkeit, und ich frage mich immer, ob die Klugscheißer immer noch von der Menschenwürde des Täters reden würden, wäre ihr Kind vergewaltigt oder ihre Frau ermordet worden...

Aber weil wir vom Thema "gerechte Strafe" ausgegangen sind.
wenn ich daran denke, daß Z. jetzt in seiner geheizten Zelle sitzt, (vielleicht beim fernsehen), seine Menschenwürde pflegt und sich wollüstig seiner Untaten erinnert und von neuen träumt, sein unbesorgtes Leben im Hochsicherheitstrakt den Steuerzahler für die vermutlich nächsten 20 Jahre 500.000 Euro kostet,
dann ist das schon gruselig.
Angst macht mir aber, daß sich die Leute, die das richtig finden, dann noch
als Moralapostel aufspielen gegen diejenigen, denen das nicht als ausreichende strafe erscheint.

unverständliche Grüße von Claus
 
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Hallo Claus,

nein, ich weiche dir nicht aus - hatte mich aber in die Geschichte des kleinen Jungens wiedermal vertieft, und so mich tatsächlich auf ein Nebengleis begeben.

Du bringst natürlich einen ganz extremen Fall, den von Zurwehme. Und ich fragte mich dann, wie hätte ich mir gewünscht, dass dieser Fall gelöst wird? Schande, meine Antwort lautete: "auf der Flucht erschossen..."
Mit anderen Worten: im Gesetz nicht verankert ... aber doch die Todesstrafe.

Warum? Weil ich einerseits auch im Auge behalte, dass seine Opfer noch leben würden. Und andererseits auch weiss, wie viele Hinrichtungen stattgefünden haben, hauptsächlich in den USA, bei denen im nachhinein die Unschuld der Hingerichteten bewiesen wurde. Ich habe nun nicht genug nachgeforscht um dir alle Fakten zu nennen, aber es gab ja diesen Juraprofessor und seine Studenten, die ihre Recherchen diesbezüglich veröffentlichten und auch bewirkten, dass Todesstrafen ausgesetzt wurden.

Dazu ein Zitat aus einer Rede, dass im Jahr 2003 der scheidende Gouverneur von Illinois, Ryan, hielt:

"Es ist nur angemessen, daß wir heute hier an der Nordwest-Universität mit ihren Studenten, Lehrern, Anwälten und Ermittlern versammelt sind, die den bedauerlichen Zustand des Systems der Todesstrafe in Illinois als erste ans Licht gebracht haben... Zusammen haben sie das Leben von 17 Männern gerettet und ihnen die Freiheit gesichert - Männer, die zu Unrecht verurteilt waren und in den Todeszellen der Gefängnisse unseres Landes schmorten. Was Sie geleistet haben, gehört zu den größten Verdiensten! Ich danke Ihnen!"

Nun frage ich dich: gibt es so etwas wie ein Abwägen bezüglich Todesstrafe? Einen so genannten "Sicherheitstest für die Schuld"?
 
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