• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Unser Leben

AW: Unser Leben

Nein liebe Lilith, du hast mich nicht falsch verstanden, wir haben nur ganz unterschiedliche Arten an den Sachen ranzugehen. Aber das hatten wir, oder ich zumindest, schon des Öfteren festgestellt. Das macht auch oft meine Freude aus, mich mit dir auszutauschen.

Denkweisen, also sich den Dingen anzunähern, sie zu betrachten, sie zum Teil dann auch integrieren oder aber verwerfen, sind sehr unterschiedlich.
Mein persönliches Muster ist mir die Komplexität der Sachen, ihre Vielschichtigkeit, ihre Widersprüche anzusehen - und dann erst zu wissen wo ich eigentlich stehe.
Adorno ist dafür sehr geeignet, seine Denkmodelle sind tatsächlich nicht grad einfach, man sollte sie auch nur analysieren oder überhaupt lesen wenn man etwas damit anfangen kann - man muss es ja nicht.

Und du sagst das auch, riskierst keine Fehlinterpretationen, du hast einen ganz anderen Weg, dich interessiert eigentlich das was du das "wirkliche" Leben nennst. Mich aber interessieren die Ebenen, die nicht sichtbar, sich hinter den Schein verbergen. Und ich werde mir nie anmaßen zu sagen, dass ich dadurch das eigentliche Sein begreifen kann - na ja, da musste es ja kommen: wieder kommt mein viel geliebter Sisyphos ins Spiel, ich rolle einfach diesen Stein der mich etwas der Wahrheit hinter dem Schein näher bringt.

Adorno ist für mich der Philosoph der versucht hat unsere Gesellschaft vom so genannten Totalitätsanspruch zu befreien, ein Anspruch den wir überhaupt in der globalisierten Welt immer mehr wahrnehmen, den ich wirklich verstehen möchte - auch wenn ich ihn ablehne.
Ich weiß aber, dass dieser Stein, also die Globalisierung, nicht aufzuhalten ist.

Liebe Grüße

Miriam
 
Werbung:
Themenwechsel.

Ich denke, hier gilt es jetzt zwei verschiedene Veranstaltungen auseinanderzuhalten.

Die eine Veranstaltung wurde von Thorsten gestartet, indem er ein Adorno-Zitat
zur "Satz-für-Satz-Besprechung" hier hereingestellt hat.

Eine völlig andere Veranstaltung wurde von Miriam gestartet, die den ganzen Adorno,
beziehungsweise das, was Adorno-Claqueure ihrem Idol anzudichten pflegen,
als Diskussionsgrundlage gewählt hat.

Nimmt man als gegeben, dass der von Thorsten gebotene Text bereits ausgereizt wurde,
dann ist dieser Start einer neuen Veranstaltung durch Miriam auch gar nicht verkehrt.

Falls jedoch noch Zweifel daran bestehen sollten, dass das Adorno-Zitat bereits
ausgereizt ist, möchte ich diese Zweifel durch einen weiteren Kommentar ausräumen.

Auf mich wirkt dieser aus dem Zusammenhang gerissene Text wie die abschließende
Kurz-Zusammenfassung einer vorausgegangenen umfangreichen Abhandlung, in der (hoffentlich)
die Bedeutung der verwendeten Begriffe abgeklärt und die angesprochenen Materien aus
verschiedenen Blickwinkeln untersucht wurden.
In Verbindung mit dieser Abhandlung mag der zitierte Text eine durchaus sinnvolle
Rekapitulation der wichtigsten Punkte sein.

Jedoch auf sich allein gestellt, ohne vorausgegangene Begriffsklärung und Analyse,
wirkt die dargebotene Zeichenkette wie Nonstop-Nonsens, wie eine Jongliererei mit
schillernden Worthülsen, wie eine protzige Hohlphrasendrescherei.

Jetzt stellt sich nur noch die Frage, warum uns Thorsten diesen aus dem Zusammenhang
gerissenen Text als Diskussionsgrundlage präsentiert hat.

Wollte er abtesten ob wir uns dazu verleiten lassen, in diese Hohlphrasendrescherei
allerlei tiefschürfende Weisheiten hineinzugeheimnissen ???

Wenn das seine Absicht war, dann kann ich mit meinem Testergebnis
ja ganz zufrieden sein, ich habe mich jedenfalls nicht dazu verleiten lassen.

Falls jedoch Thorsten nun so tun sollte, als ob das garnicht seine Absicht gewesen wäre,
dann werde ich halt auch so tun, als ob ich ihm das glauben würde.

Weil er ja soooo ein netter Kerl ist, unser Thorsten.


Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden.
 
AW: Unser Leben

Lieber Thorsten ..
es ist völlig unmöglich, eine Text Wort für Wort hermeneutisch zu erfassen - auch nicht Satz für Satz.
Die Stringenz eines Textes ergibt sich aus der Gedankenführung des Autors - in diesem Falle anscheinend Adorno.Und jeder philosophische Text ist meist auch noch nur aus dem Konzept des Philosophen verständlich und in Kongruenz zu bringen. Erst dann kann ich z.B. kritisieren, indem ich meine Sicht des Textes darlege. Ich kann doch nicht sagen: Adorno meint das oder das , wenn ich das so meine, denn auch meine angenommenen Meinungen müssen mit dem strukturellen Konzept des Autors, der Autorin üereingestimmt werden.
Jeder Leser/ jede Leserin kann KANN erst einmal seine so erarbeitete Lesart zum Disput " frei schalten".

Da wir alle andere Zugänge - in diesem Falle zu Adorno - haben, würde schon die Einigung auf gewisse Hauptaussagen sehr schwierig werden.

kurz: ich halte das für unmöglich - und obendrein für fruchtlos
Ich passe...

Im übrigen: die MINIMA MORALIA liegen auf meinem Nachtkastl.
 
AW: Unser Leben

Jetzt stellt sich nur noch die Frage, warum uns Thorsten diesen aus dem Zusammenhang
gerissenen Text als Diskussionsgrundlage präsentiert hat.

Wollte er abtesten ob wir uns dazu verleiten lassen, in diese Hohlphrasendrescherei
allerlei tiefschürfende Weisheiten hineinzugeheimnissen ???

der Text ist nicht so schlimm,
wie der von Habermas

ich kannte von Adorno bisher nur Horkheimer/Adorno: Dialektik der Aufklärung

Im Alter von 40 bis 50 Jahren pflegen Menschen eine seltsame Erfahrung zu machen. Sie entdecken, daß die meisten derer, mit denen sie aufgewachsen sind und Kontakt behielten, Störungen der Gewohnheiten und des Bewußtseins zeigen ...

Es ist, als ob die Menschen zur Strafe dafür, daß sie die Hoffnungen ihrer Jugend verraten und sich in der Welt einleben, mit frühzeitigem Verfall geschlagen würden.
 
AW: Unser Leben

kurz: ich halte das für unmöglich - und obendrein für fruchtlos
Ich passe...

der scilla-Joker hilft Dir weiter!

'Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut'

wenn fünf Autoren fünf verschiedene Interpretationen abliefern
wird die nächste Generation
1) die Anzahl der Interpretationen eindampfen
2) neue Erkenntnisse verwenden (erhöht die Anzahl der Interpretationen)

als Folge entsteht eine Theorie über diesen Text
und diese Theorie schafft Wissen,
welches es ohne die Interpretationsvielfalt nie gegeben hätte
 
AW: Unser Leben

Neugier schrieb:
Beim Versuch einer ernsthaften Beschäftigung mit diesem aus dem Zusammenhang gerissenen Textausschnitt bereitet mir schon der erste Satz Probleme.
Der erste Satz bereitet Dir Probleme? Und bist nicht über das erste Wort gestolpert?
 
AW: Unser Leben

Unser Leben haben wir der Differenz zwischen dem ökonomischen Gerüst, dem späten Industrialismus, und der politischen Fassade zu verdanken.
Schwieriger Satz. Gemeint ist wohl, dass es eine Differenz gibt zwischen angeblichen politischen Zielen und den Zwängen der Ökonomie. Fassade verweist auf "Verlogenheit".


Der theoretischen Kritik ist der Unterschied geringfügig: allerorten läßt sich der Scheincharakter etwa der angeblichen öffentlichen Meinung, der Primat der Ökonomie in den eigentlichen Entscheidungen dartun.

"Scheincharakter". Man kann das auch umdrehen und behaupten, der Schein sei nicht die öffentliche Meinung, sondern die Fantasie, dass sich etwas ganz anderes verberge. Adorno doppelt hier und macht eine vernünftige Auseinandersetzung schwierig: Scheincharakter der angeblichen öffentlichen Meinung.
Die öffentliche Meinung hat einen Scheincharakter - aber gleichzeitig ist sie gar nicht die öffentliche Meinung. Eine doppelte Chimäre. M.E. muss man minestens eines von beiden als reale Beobachtung nehmen, damit man das andere als Differenz davon charakterisieren kann.
Also: Definition gefordert von: Was ist öffentliche Meinung?

Ferner: Es wird in vielen EInzelfällen schwierig, den Primat der Ökonomie zu beweisen. Es ist nachvollziehbar, das zu wollen, da a) postmarxistisch und b) macht es die Sache einfacher.
Ein Konzept der Systemtheorie dagegen: EIgenständige Subsysteme der Gesellschaft mit ihren Codes zu benennen. DIese sind interdependent, doch, so wird behauptet ohne Primat


Für ungezählte Einzelne aber ist die dünne und ephemere Hülle der Grund ihrer ganzen Existenz. Gerade die, von deren Denken und Handeln die Änderung, das einzig Wesentliche, abhängt, schulden ihr Dasein dem Unwesentlichen, dem Schein, ja dem, was nach dem Maß der großen historischen Entwicklungsgesetze als bloßer Zufall zutage kommen mag.
Die Frage ist: Wenn das der Schein ist, wo ist dann das Sein und wie können wir es zuverlässig erkennen? Ferner, wie können wir zuverlässig erkennen, dass die Dependenz des Theoretikers von hüllenhaften Wahrheiten geringer ist, als die des Politikers? Der Theoretiker hat mehr Tiefe, aber eventuell genauso wenig klare Sicht auf die Ursprünge des Seins und der Wahrheit. Konsequenz: Wahrheit und Sein müssen immer als Konstrukt gedacht werden, ein zirkuläres Unterfangen, da auch Theorie


Wird aber dadurch nicht die gesamte Konstruktion von Wesen und Erscheinung berührt?
Jau.

Gemessen am Begriff ist das Individuelle in der Tat ganz so nichtig geworden, wie die Hegelsche Philosophie es vorwegnahm;

Tot sind vielleicht die Erwartungen, die man an das Subjekt und das Individuelle geabt haben mag. Aber selbst wenn man als Individuum auf einem Meer treibt, von dem man nur die Oberfläche wahrnimmt und nur wenige einen kurzen Tauchgang unternehmen, kann man doch auf der Oberfläche einiges unternehmen.
Wichtig das Paradox: Das adornische Urteil entspringt ja einer Sehnsucht, die sich auf Schein aufbaute: Dem Schein des aufgeklärten individuums. Der Schein der Theorie wird der Wirklichkeit angelastet - als Schein.

sub specie individuationis aber ist die absolute Kontingenz, das geduldete, gleichsam abnorme Weiterleben selber das Essentielle.
Wieso abnorm? Wenn das Abnorme die Norm ist, woher dann das "ab"? Von einer anderen Norm, die sich als Schein erwies (s.o.).

Wie Welt ist das System des Grauens, aber darum tut ihr noch zuviel Ehre an, wer sie ganz als System denkt, denn ihr einigendes Prinzip ist die Entzweiung, und sie versöhnt, indem sie die Unversöhnlichkeit von Allgemeinem und Besonderem rein durchsetzt. Ihr Wesen ist das Unwesen ; ihr Schein aber, die Lüge, kraft deren sie fortbesteht, der Platzhalter der Wahrheit.
Wenn man die normativen Urteile wegnimmt, die sinnlos sind (denn es kann nur für den grauenhaft sein, der Gewissheit wollte - aber warum sollte das der einzige Weg sein?) und einen Weg fände, ein System zu definieren - aber anders, wäre man schon weiter. System nicht als Bedrohungsmaschine, als alchemistische Kontingenzerzeugerin. Sondern als allgemeines (und Besonderes!) Prinzip, das seine eigenen weißen Flecken erzeugt.
Dann bleibt Grauen das, was es immer ist: Etwas höchst Individuelles. Aber dann ist auch Glück möglich.
 
AW: Unser Leben

Könnte es nicht sein, dass wir einfach nur zu kompliziert denken?
Es gibt kein einfaches Leben im komplizierten...! :lachen:

Das was unser Leben begründet und unseren Alltag bestimmt, das ist das Sein, der Schein, das sind unsere Gedanken, die sich einen Zusammenhang konstruieren, der für das "wirkliche" Leben gar nicht nötig ist.

Und wenn es so wäre: Das Sein sind unsere Gedanken. Die Wirklichkeit ist das, was wir zwar zum Denken brauchen, aber nicht "wahr" machen müssen...
 
Werbung:
AW: Unser Leben

Das was unser Leben begründet und unseren Alltag bestimmt, das ist das Sein, der Schein, das sind unsere Gedanken, die sich einen Zusammenhang konstruieren, der für das "wirkliche" Leben gar nicht nötig ist.

was begründet mein Leben?
was bestimmt meinen Alltag?

... das geht mir zu sehr in Richtung Wirtschaftspolitik

Das Sein sind unsere Gedanken. Die Wirklichkeit ist das, was wir zwar zum Denken brauchen, aber nicht "wahr" machen müssen...

Parmenides: 'Denken' und Sein sind dasselbe

mit 'Denken' ist fühlen, denken, handeln (in dieser Reihenfolge) gemeint


wenn man auf das Handeln verzichtet,
bildet sich ein Gegensatz zwischen Theorie und Praxis aus
 
Zurück
Oben