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Suizid aus "Vernunftgründen"?

AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Hallo Bernd,

In einer Strafanstalt sogenannter zivilisierter Menschen achtet man auch darauf, dass der Strafgefangene keinen suizid wählt...weil er seiner Strafe nicht entgehen darf.

Du darfst der von den Menschen entwickelten Strafe...in ihrem System zu leben...

...nicht entgehen.

Sie verstellen dir diesen Ausweg. Beinahe als ein Symbol. Bleib hier, damit ich dich benutzen kann.

Oh ja, auch das fällt in die (meine) Kategorie "Vernunftgründe."

Man kann Leben etwas abgewinnen, was den Tod unnötig macht. Nur der Weg, sich das zu holen, ist anders als man uns beibrachte und zugesteht.

Bist du sicher, dass du das auf diesem Weg, in jeder Lage kannst?

Die Welt der ernsthaften suizidwünsche ist aus meinem Erleben eine ganz andere, nicht erreichbar in einem Diskussionsforum. Es ist mit „Denken als Hobby“ nicht zu erfassen. Vielleicht ist es eine Frage des Gefühls, der Verzweiflung und Kraftlosigkeit, wie mir eine mir unbekannte Frau in einem entsprechenden Forum schrieb.

Diesen Gedankengang kann ich nachvollziehen, nur mit dem "Denken als Hobby" bin ich nicht ganz einverstanden.

Die Anregung zu diesem Thread kam von der oben erwähnten Pflegefachfrau, als wir wieder einmal über das Thema sprachen. es ist ja nicht möglich, mit jederman über dieses Thema zu sprechen und mich/uns interessieren die Meinungen möglichst vieler Leute, da wir uns mit unseren Freunden manchmal im Kreise drehen.

Wir bemühen uns seit einigen Jahren ernsthaft, herauszufinden ob ein Mensch sich aus weniger nichtigen Gründen als üblich (aus der Sicht unbeteiligter) umbringen soll, kann - ob es überhaupt ernsthafte Gründe dafür gibt (auch wieder aus der Sicht der Unbeteiligten) und warum ein Mensch, wenn er von seinen Gründen überzeugt ist, sich nicht das Leben nehmen sollte. Denn für den Suizidwilligen sind seine Gründe ganz bestimmt ernsthafte Gründe!

Liebe Grüsse,
helia


 
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AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Wir bemühen uns seit einigen Jahren ernsthaft, herauszufinden ob ein Mensch sich aus weniger nichtigen Gründen als üblich (aus der Sicht unbeteiligter) umbringen soll, kann - ob es überhaupt ernsthafte Gründe dafür gibt (auch wieder aus der Sicht der Unbeteiligten) und warum ein Mensch, wenn er von seinen Gründen überzeugt ist, sich nicht das Leben nehmen sollte. Denn für den Suizidwilligen sind seine Gründe ganz bestimmt ernsthafte Gründe!

...grundsätzlich halte ich wenn es um die Bewältigung des Lebens geht und darum geht es, nicht wie man schnell zum Tode kommt, die Frage nach Sinn und Unsinn von Suizid, dem Freitod als theoretisches Gedankenspiel nicht für produktiv. Leben Retten ist eher eine Aufgabe als für den Freitod den Weg zu ebnen. Dazu gehören in gewissen Situationen (Krankheit) auch Zwangsmaßnahmen um denjenigen vor dem schnellen Ausweg Tod zu bewahren und einen Prozess durchzuhalten der letztlich zu einer neuen Lebensqualität führen kann. Ein Tal im Leben ist immer schmerzlich und grausam aber es zu Durchleben und nicht den Freitod wählen als Ausweg macht die Qualität aus.
Jeder kann sich jederzeit umbringen der nicht in einer Zwangslage steckt die ihn daran hindert. Was ist also die Hemmung?
Ansonsten höre ich den Umkehrschluss der Frage nach dem Sinn des Lebens heraus.

gruß fluuu
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Ich denke ja, dass jeder Mensch ein lebenswertes Leben führen möchte. Kommt ein Mensch zu der Auffassung, dass sein Leben nicht mehr lebenswert ist und möchte er darum seinem Leben ein Ende setzen, so kann ich das nur respektieren. Falls er ein Gespräch mit mir sucht, werde ich dabei sein. Doch ich werde es nicht besser wissen können, als er entschieden hat oder entscheiden wird.

manni
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Danke Manni,

ich empfinde genau wie du. Aber weshalb wird es den Menschen durch entsprechende Gesetze so schwer gemacht sich mit Anstand und Würde aus diesem Leben zu verabschieden?

Dass jemand mehrmals versucht Hand an sich zu legen, heisst doch für mich, dass dieser Mensch wirklich genug von seinem Leben hat. Dass man ihn dann reanimiert, weil auch das Pflegepersonal und die Ärzte sich nicht einig sind, finde ich für so einen Menschen entsetzlich.

helia
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Ich vermute dahinter die Auswirkungen einer 2000jährigen christlich-dogmatischen Sicht. Selbstmörder wurden jahrhunderlang außerhalb der geweihten Erde eines Kirchenfriedhofes ohne jedes Zeremoniell 'verscharrt'. Man hat damit gezeigt, dass Selbstmord ein 'verachtenswertes' Vergehen ist. Im Bewusstsein dogmatisch im 'Recht zu sein' ging man davon aus, es sei ausschließlich Gottes Sache über das Ende eines Lebens verfügen zu dürfen. Selbstmörder verstießen gegen diesen 'vermeintlichen' Willen Gottes und waren damit kein achtenswertes Mitglied einer Gemeinschaft mehr.

Da ich denke, dass alles, was über Gott gesagt wird, von Menschen gesagt wird, halte ich derartige 'Rechtsansprüche im Namen Gottes' für 'Machtansprüche von Menschen über Menschen', denen ich nicht zu folgen brauche.

manni :)
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Da ich denke, dass alles, was über Gott gesagt wird, von Menschen gesagt wird, halte ich derartige 'Rechtsansprüche im Namen Gottes' für 'Machtansprüche von Menschen über Menschen', denen ich nicht zu folgen brauche.

manni :)

Das gilt für dich und mich und eine immer grössere Zahl von Menschen.

Für die andern aber: Wie kommt es, dass man einerseits Gott bemüht um die Leute davon abzuhalten, aus ihrem ungeliebten/unerträglichen Leben zu scheiden, aber stillschweigend hinnimmt, dass immer neue lebenserhaltende, lebensverlängernde Medikamente und Apparate eingesetzt werden? Was sagt denn Gott dazu? Fällt das nicht unter: "Gott ins Handwerk pfuschen", genau so wie die Verhinderung von Suizid?


helia
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Ich meine auch hier sind menschliche Mächte, bzw. Machenschaften am Werk. Gott wird immer dann ins Spiel gebracht, wo man glaubt, sich seiner Autoriät bedienen zu müssen, um eigene Überzeugungen zu stützen. Es gibt ja durchaus evangelikale Sekten, wie z.b. die Neuapostolische Kirche, die "Medizin" grundsätzlich ablehnt und als einzige "Medizin' das Gebet akzeptiert. Vor 40 Jahren habe ich eine Schulfreundin verloren, die mit 18 Jahren an einem Hirntumor verstarb. Sie hatte seit dem 12. Lebensjahr Kopfschmerzen, die zunehmend heftiger wurden. Anstatt eine ärztliche Diagnose stellen zu lassen, hat der Vater sie bei jedem Schmerzanfall mit gemeinsamen Gebeten 'verarztet', weil - dogmatisch begründet - Gott bzw. der Herr Jesus als der einzige wirkliche Heiler galt. Solche Willkürlichkeiten illustrieren meine Auffassung, dass das Gottesbild nichts weiter als ein menschliches Mach[t]werk ist.

Ich denke, wer möchte und kann, sollte sein Leben verlängern, solange es geht. Auch hier bin ich gegen jeden Druck und gegen jede Erwartung. Die kleine 13jährige Engländerin, die jetzt gerade die richterliche Erlaubnis erhalten hat, eine weitere Operation abzulehnen, setzt hier - vermutlich mit Unterstützung ihrer Eltern - ein positives Zeichen. Man muss nicht alle medizinischen Möglichkeiten anwenden, bloß weil es sie gibt.

manni :)
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

in Spielfilmen gibt es eine besondere Art des Suizids

der Selbstmörder rettet die Welt
nicht durch seinen Selbstmord,
sondern durch die sichere Todesfolge,
weil nur so das gegnerische Raumschiff in die Luft fliegt (Independence Day)

Ärzte, die Patienten mit höchstansteckenden Krankheiten behandeln,
setzen ebenfalls ihr Leben aufs Spiel (Ebola)

und dann natürlich Soldaten, die sich freiwillig für ein Himmelfahrtskommando melden

dann fällt mir noch die Geschichte eines Pfarrers/Priesters (3. Reich, Name mir unbekannt) ein,
der sich freiwillig erschießen lassen hat,
nur um einen Mithäftling zu retten

zum Schluß
die Worte einer Neuen Deutschen Welle Gruppe

Komm, wir lassen uns erschießen,
an der Mauer Hand in Hand.
Komm, wir lassen uns erschießen,
mit dem Kopf an der Wand.
Komm, wir lassen uns erschießen,
Sonntag morgens 5 vor 10.
Ich kann den Sonntag nicht ertragen,
und ich will keinen Montag sehn.

Langeweile killt nur langsam,
du wirst sehn, es tut uns gut,
mir ist heute so gewaltsam,
mir ist nach Schüssen heut zumut.

Komm, wir lassen uns erschießen,
zwei Schüsse mitten ins Gehirn.
Komm, wir lassen uns erschießen,
ich hab nichts zu verlier´n.
Komm, wir lassen uns erschießen,
Sonntag morgens 5 vor 10.
Ich kann den Sonntag nicht ertragen,
und ich will keinen Montag sehn.

Langeweile killt nur langsam,
du wirst sehn, es tut uns gut,
mir ist heute so gewaltsam,
mir ist nach Schüssen heut zumut.

Nach Schüssen, nach Schüssen...
 
AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

So wird aus dem Ende eines Lebens
ein pathetischer Zweck,
der die Mittel heiligt
und so die 'verruchte' Tat
unmerklich erträglich zu machen scheint.

Dagegen steht autonome
und völlig unpathetische Einsicht,
meinem Leben dann ein Ende zu setzen,
wenn ich es nicht mehr für lebenswert halte,
anstatt den eigenen Tod bloß in Kauf zu nehmen.

manni :)
 
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AW: Suizid aus "Vernunftgründen"?

Danke für eure Antworten Manni und Scilla! :blume1:

@ Manni: Oh ja, auch Christian Science lehnt ärztliche Hilfe ab -
wobei ich das denn doch wieder zu extrem finde. Aber du hast recht, jeder so wie es ihn glücklich macht (wenn man ihn doch bloss liesse).

Die kleine 13jährige Engländerin, die jetzt gerade die richterliche Erlaubnis erhalten hat, eine weitere Operation abzulehnen, setzt hier - vermutlich mit Unterstützung ihrer Eltern - ein positives Zeichen. Man muss nicht alle medizinischen Möglichkeiten anwenden, bloß weil es sie gibt.
Nein, man muss nicht alle Möglichkeiten anwenden, aber auch dafür muss man oft noch kämpfen.

Die Hoffnung besteht, dass sich immer mehr Menschen Gedanken darüber machen ob es in jedem Fall sinnvoll ist, mit Medizin und modernster Technik bis zum äussersten zu gehen, oder eine Patientin in Frieden sterben zu lassen.

So wird aus dem Ende eines Lebens
ein pathetischer Zweck,
der die Mittel heiligt
und so die 'verruchte' Tat
unmerklich erträglich zu machen scheint.

Dagegen steht autonome
und völlig unpathetische Einsicht,
meinem Leben dann ein Ende zu setzen,
wenn ich es nicht mehr für lebenswert halte,
anstatt den eigenen Tod bloß in Kauf zu nehmen.

Das hast du sehr schön ausgedrückt, danke!


@ Scilla: Da hast du ja gleich drei "Vernunftgründe" geliefert. Denn
hinter solchen Entscheidungen steckt ja wohl eiskalte Logik!

Das Lied von Ideal kannte ich nicht - und hier muss ich nun sagen, dass ich nicht vergebens "Vernunftgründe" in Anführungszeichen gesetzt habe, aber ich könnte auch so einen Menschen verstehen. Wie Manni schon schrieb:

Kommt ein Mensch zu der Auffassung, dass sein Leben nicht mehr lebenswert ist und möchte er darum seinem Leben ein Ende setzen, so kann ich das nur respektieren.
Ich würde mir wünschen, dass sich immer mehr Menschen dazu entschliessen könnten so zu denken.


helia
 
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