Giacomo_S
Well-Known Member
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Da stimme ich euch voll und ganz zu. Der Verfall unserer Gesellschaft besteht ja im Wesentlichen daraus, dass eben gerade Selbstverständlichkeiten nicht mehr ausgeführt werden und andersherum eigentlich Undenkbares zum neuen Standard wird. Wenn ich dafür gelobt werde, wie pünktlich und zuverlässig ich doch bin, dann frage ich mich: Wie niedrig sind die Standards eigentlich heutzutage? Und wie ist es zu dieser Dekadenz gekommen?
Tja, schwer zu sagen.
Mein persönlicher Coach erzählt mir manchmal, wie unbeholfen junge Menschen heutzutage oft sind, die bekommen keinen einzigen geraden Satz mehr heraus. Von schriftlicher Kommunikation gar nicht erst zu reden.
Andererseits hält die Gesellschaft noch immer an veralteten Modellen fest. Sie verfällt einem Jugendlichkeitswahn, dabei entspricht dies nicht der gesellschaftlichen Realität.
Die Gesellschaft will, das wir bis 67 Jahre arbeiten und fordert es, aber wenn du einen Job suchst mit 57, dann will dich keiner haben. Also: Die Idee, dass der Ältere mal eine Art lose Position eines Mentors darstellt, das will dann keiner, aber mit den jungen Leuten, die führungs- und ideenlos sind, mit denen kann dann keiner etwas anfangen. So what, was wollt ihr denn?
Die Antwort lautet: Dauerhafter materieller Überfluss. Wenn eine Gesellschaft sich noch entwickelt, dann ist es einfach Ehrensache, dass man sich an gewisse Regeln hält, denn man weiß, dass auf diesen Regeln das Allgemeinwohl beruht. Wenn man aber irgendwann schnallt, dass es ganz egal ist, wie man sich verhält, man hat am Ende des Tages ja trotzdem sein Essen auf dem Teller, dann wird eine Gesellschaft dekadent. Und dann macht man eben nur noch das, was einem gerade in den Kram passt.
Zwiespältig, ich weiss es nicht. Als jemand, der für eine Armenspeisung gearbeitet hat, lange, stellte ich fest: Bei vielen habe ich die armseligen Verhältnisse mehr zementiert, als geändert.
Die Leute kommen, jeden Tag, Woche für Woche, Monat für Monat - und weil wir es tun, können sie so leben. Vllt. würden sie ihr Leben ändern, wenn sie es müssten.
Andererseits gibt es diese Menschen nun einmal, traurig genug, dass es so ist.
Es ist aber auch so, und das weiß ich aus eigener, täglicher Erfahrung: Die vorhandenen Systeme haben oft überhaupt kein Interesse daran, das Du wieder auf die Beine kommst. Denn sie profitieren dadurch, dass die Systeme so bleiben, wie sie sind. Oft genug blockieren sie es sogar, wenn du aus eigener Kraft versuchst, dich zu befreien.
Unlängst hat mich das schon völlig auf die Palme gebracht. Ich habe denen gesagt: Was wollt ihr denn eigentlich von mir, wollt ihr, dass ich das jetzt endlich mal schaffe oder nicht? Und dann blockiert ihr mich in lächerlichen Peanuts und Maßnahmen, aber vergleichsweise große Summen, die bezahlt ihr, Monat für Monat?
Deutschland ist da träge, es ist kein Schnellboot, sondern ein Riesentanker, der langsam dahin dümpelt. Andere europäische Länder sind da schon viel weiter und besser.