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Nietzsche als Wegbereiter des Nationalsozialismus?

Ob etwas als "gut" gewertet sei, ist vor und nach der "Umwertung aller Werte" wahrscheinlich je verschieden.
Und auch wahrscheinlich Diesseits und Jenseits von Gut und Böse je verschieden.
 
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Nietzsche unterschied streng zwischen Kultur und Zivilisation. Zivilisation, das was unsere heutige westliche Gesellschaft ausmacht, lehnt er strikt ab. Kultur hingegen, das was die alten Griechen einst hatten, befürwortet er, und möge für die Zukunft wieder hervorgebracht werden.

Ja, so verstehe ich das auch.
Unsere Kultur wird immer mehr zweckentfremdet.
In den Schulen gibt's statt Goethe und Schiller jetzt Genderaufklärung.
Und statt Anonymität werden überall Daten gesammelt und cams aufgehängt.
Erwünscht wäre wenn es dahin geht eine absolute Transparenz des Einzelnen und gleichzeitig
die soziale Hängematte für jeden.
Dass über China schlecht geredet wird versteh ich nicht. Die Überwachung ist zwar hoch
aber es gibt dort keinen Anreiz das Sozialsystem zu plündern. Es hat seine Werte
stets verteidigt und eine eigene Souveränität.
 
Da kann man m.E. nicht so sicher sein.
Doch, doch, da kann man absolut sicher sein. In der Kritischen Gesamtausgabe von Nietzsches Werken ist Ende letzten Jahres der letzte Band der IX. Abteilung herausgekommen. In der IX. Abteilung (insgesamt 14 Bände) sind Nietzsches Notizbücher in differenzierter Transkription der Jahre 1885-88 dargestellt, also das, was Nietzsche in seiner Spätzeit wirklich selber geschrieben hat.

Dass etwas notwendig sei, heißt m.E. nicht, dass es gut ist.
Sein Buch "Jenseits von Gut und Böse" aber vor allem "Zur Genealogie der Moral" beschreiben es hervorragend.

Folgende Sätze stehen unmittelbar vor dem oben zitierten: "Damit es einen breiten, tiefen und ergiebigen Erdboden für eine Kunstentwicklung gebe, muß die ungeheure Mehrzahl im Dienste einer Minderzahl, über das Maß ihrer individuellen Bedürftigkeit hinaus, der Lebensnot sklavisch unterworfen sein. Auf ihre Unkosten, durch ihre Mehrarbeit soll jene bevorzugte Klasse dem Existenzkampfe entrückt werden, um nun eine neue Welt des Bedürfnisses zu erzeugen und zu befriedigen." (KSA 1, Seite 767, Zeile 17-24)

Im "Nietzsche-Handbuch" von Henning Ottmann steht auf Seite 325 zum Thema "Sklave, Sklaverei":

Mit seiner vor allem im Früh- und Spätwerk auftretenden Behauptung von der "Notwendigkeit der Sklaverei" (N, KSA 11, 74) richtet sich Nietzsche unmißverständlich gegen den Fundamentalsatz der Moderne, in dem die Freiheit und Gleichheit aller Menschen postuliert wird. Zugleich drückt er damit seine Opposition aus gegen Sozialismus und bürgerlichen Kapitalismus, gegen die Entfremdung der modernen Welt. Seine Befürwortung einer aristokratischen Gesellschaft wie einer Rangordnung zwischen einem höheren und einem niederen Typus von Menschen inszeniert Nietzsche zuweilen so plakativ, daß man andere nuanciertere Wendungen leicht überliest, etwa wenn er für die kulturelle Steigerung von Menschen eine "Sklaverei in irgendeinem Sinne" (JGB 257) fordert.
 
Doch, doch, da kann man absolut sicher sein. In der Kritischen Gesamtausgabe von Nietzsches Werken ist Ende letzten Jahres der letzte Band der IX. Abteilung herausgekommen. In der IX. Abteilung (insgesamt 14 Bände) sind Nietzsches Notizbücher in differenzierter Transkription der Jahre 1885-88 dargestellt, also das, was Nietzsche in seiner Spätzeit wirklich selber geschrieben hat.
Im "Willen zur Macht" Aph.464 steht etwa: "Wo aber dürfte ich mit einiger Hoffnung nach meiner Art von Philosophen selber, zum mindesten nach meinem Bedürfnis neuer Philosophen suchen? Dort allein, wo eine vornehme Denkweise herrscht, eine solche, welche an Sklaverei und an viele Grade der Hörigkeit als an die Voraussetzung jeder höheren Kultur glaubt".
Und dein Zitat stammt aus dieser Transkription ?

gut, gehe ich auf das Zitat ein. Dort steht m.E., dass eine vornehme Denkweise davon ausgeht, dass jede höhere Kultur Sklaverei zur Vorraussetzung hat. Da steht nicht m.E., dass Sklaverei gut sei.
Sein Buch "Jenseits von Gut und Böse" aber vor allem "Zur Genealogie der Moral" beschreiben es hervorragend.

Sagst du.
Folgende Sätze stehen unmittelbar vor dem oben zitierten: "Damit es einen breiten, tiefen und ergiebigen Erdboden für eine Kunstentwicklung gebe, muß die ungeheure Mehrzahl im Dienste einer Minderzahl, über das Maß ihrer individuellen Bedürftigkeit hinaus, der Lebensnot sklavisch unterworfen sein. Auf ihre Unkosten, durch ihre Mehrarbeit soll jene bevorzugte Klasse dem Existenzkampfe entrückt werden, um nun eine neue Welt des Bedürfnisses zu erzeugen und zu befriedigen." (KSA 1, Seite 767, Zeile 17-24)

Auch hier, er beschreibt m.E. eine Entwiclkung, er urteilt nicht nach Gut und Böse.

Mit seiner vor allem im Früh- und Spätwerk auftretenden Behauptung von der "Notwendigkeit der Sklaverei" (N, KSA 11, 74) richtet sich Nietzsche unmißverständlich gegen den Fundamentalsatz der Moderne, in dem die Freiheit und Gleichheit aller Menschen postuliert wird.
Auch hier wieder, wenn er eine notwendige Entwicklung beschreibt, aufgrund dessen, was vorgefallen ist, hat er noch nicht geurteilt.
 
Und dein Zitat stammt aus dieser Transkription ?
Ich hatte den Aphorismus aus dem Buch "Der Wille zur Macht" kopiert und hier zitiert. Er findet sich in den transkribiert herausgegebenen Notizheften in KGW IX 4, W I 6, Seite 59-61. Und beginnt dort tatsächlich wörtlich wie im "Willen zur Macht". Nietzsche schreibt dort: "Wo werde ich [...]", streicht das "werde" und schreibt "aber dürfte" darüber. Fährt dann fort: "[...] mit einiger Hoffnung nach meiner Art von Philosophen suchen? [...]", fügt zwischen "Philosophen" und "suchen" drübergeschrieben den Satzteil "selber, zum Mindesten nach meinem Bedürfniß neuer Philosophen" ein. Und schreibt fortsetzend: "[...] Dort, wo eine vornehme Denkweise herrscht, [...]", fügt von unterhalb der Zeile her ein "allein" zwischen "Dort" und "wo" ein. Und vollendet den Satz ohne weitere Korrektur "[...] eine solche, welche an Sklaverei und an viele Grade der Hörigkeit als an die Voraussetzung jeder höheren Kultur glaubt [...]".

Eine Bilddatei der originalen Nietzsche-Handschrift dieser betreffenden Seite findest du in "nietzschesource.org". Die genauen Angaben müßte ich erst noch raussuchen, wenn du willst.

gut, gehe ich auf das Zitat ein. Dort steht m.E., dass eine vornehme Denkweise davon ausgeht, dass jede höhere Kultur Sklaverei zur Vorraussetzung hat. Da steht nicht m.E., dass Sklaverei gut sei.

Auch hier, er beschreibt m.E. eine Entwiclkung, er urteilt nicht nach Gut und Böse.

Auch hier wieder, wenn er eine notwendige Entwicklung beschreibt, aufgrund dessen, was vorgefallen ist, hat er noch nicht geurteilt.
Einen direkten Satz "Sklaverei ist gut" habe ich bei Nietzsche nicht gefunden (es kann aber sein, daß er so oder ähnlich bei ihm dennoch vorhanden ist - vielleicht auch in den Briefen). Sofern Nietzsche aber die Erhöhung des Typus Mensch will, und zwar für die Zukunft will (und das will er durchaus), so muß er auch die Mittel dazu wollen. Und die Sklaverei ist dazu nötig, wie Nietzsche schreibt (etwa in "Jenseits von Gut und Böse" Aph. 257). Er beschreibt die Sklaverei also nicht nur als notwendiges Mittel der Entwicklung in der Vergangenheit, sondern eben auch notwendig für die Zukunft, nicht nur was bereits vorgefallen ist, sondern was geschehen wird und geschehen muß.

Hier der Anfang vom Aphorismus 257:

Jede Erhöhung des Typus "Mensch" war bisher das Werk einer aristokratischen Gesellschaft - und so wird es immer wieder sein: als einer Gesellschaft, welche an eine lange Leiter der Rangordnung und Wertverschiedenheit von Mensch und Mensch glaubt und Sklaverei in irgendeinem Sinne nötig hat.
 
Ich hatte den Aphorismus aus dem Buch "Der Wille zur Macht" kopiert und hier zitiert. Er findet sich in den transkribiert herausgegebenen Notizheften in KGW IX 4, W I 6, Seite 59-61. Und beginnt dort tatsächlich wörtlich wie im "Willen zur Macht". Nietzsche schreibt dort: "Wo werde ich [...]", streicht das "werde" und schreibt "aber dürfte" darüber. Fährt dann fort: "[...] mit einiger Hoffnung nach meiner Art von Philosophen suchen? [...]", fügt zwischen "Philosophen" und "suchen" drübergeschrieben den Satzteil "selber, zum Mindesten nach meinem Bedürfniß neuer Philosophen" ein. Und schreibt fortsetzend: "[...] Dort, wo eine vornehme Denkweise herrscht, [...]", fügt von unterhalb der Zeile her ein "allein" zwischen "Dort" und "wo" ein. Und vollendet den Satz ohne weitere Korrektur "[...] eine solche, welche an Sklaverei und an viele Grade der Hörigkeit als an die Voraussetzung jeder höheren Kultur glaubt [...]".

Eine Bilddatei der originalen Nietzsche-Handschrift dieser betreffenden Seite findest du in "nietzschesource.org". Die genauen Angaben müßte ich erst noch raussuchen, wenn du willst.
Danke für deine Mühe.

Ich bin auf das Zitat von dir eingegangen.
Einen direkten Satz "Sklaverei ist gut" habe ich bei Nietzsche nicht gefunden (es kann aber sein, daß er so oder ähnlich bei ihm dennoch vorhanden ist - vielleicht auch in den Briefen).

Es gibt also keine Worte von ihm wo er Sklaverei gut heißt.
Er hält sie möglicherweise für notwendig.
Aber sicher nicht im altertümlichen oder mittelalterlichen Sinne.
Ich denke, er meint einen moralischen Typus.
 
Es gibt also keine Worte von ihm wo er Sklaverei gut heißt.
Ich habe nicht alle seiner Werke gelesen. Und selbst über die, die ich gelesen habe, verfüge ich nicht komplett wörtlich.

Er hält sie möglicherweise für notwendig.
Aber sicher nicht im altertümlichen oder mittelalterlichen Sinne.
Ich denke doch, daß er sie im altertümlichen Sinn für notwendig hält.

Ich denke, er meint einen moralischen Typus.
Von der Sklaverei, die er als positives Phänomen für notwendig hält, ist die Sklavenmoral, die er verabscheut, zu unterscheiden.
 
Ich denke doch, daß er sie im altertümlichen Sinn für notwendig hält.
Im geschichtlich zurückliegenden Sinne sicherllich.
Im Zukünftigen denke ich eher nicht.
Von der Sklaverei, die er als positives Phänomen für notwendig hält, ist die Sklavenmoral, die er verabscheut, zu unterscheiden.

Ich denke die geschichtlich gewesene Sklavenhaltung sieht er als notwendige Entwicklung zur Herausbildung einer Herrenmoral in Differenz zu einer Sklavenmoral-
 
Meiner Auffassung nach war Nietzsche für eine Moral die sich aus der Gesellschaft selbst heraus bildete.
Die Sklavenmoral gab es ja zur Zeit der Herrschaft der Kirche.
 
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Ich frage mich inwieweit Friedrich Nietzsche das Entstehen des Nationalsozialismus mitverursacht haben könnte. Anscheinend hat er vermutlich zur Entstehung des Nationalsozialismus nichts Wesentliches beigetragen, weil er in der NS-Ideologie praktisch keine Rolle spielt. Für die Nazis war der Antisemitismus entscheidend und anscheinend hat Nietzsche den Antisemitismus abgelehnt. Die Nazis haben seine Schriften missinterpretiert und falsch ausgelegt. Sie haben sein Werk vereinnahmt, weil er populär war. Wie findet ihr es, dass ihm die Schuld an der Entstehung des Nationalsozialismus gegeben wird und wie muss man Menschen, die das tun, einschätzen? Meistens sind das Kommunisten.
Ich bin auch Deiner Meinung, dass F. Nietzsche nicht zur Entstehung des Nationalsozialismus beigetragen hat. Ansonsten: F.N. ist und war für mich eine tragische Figur, für mich aber trotz seines Nihilismus ein grosser Philosoph seiner Zeit.
 
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