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Kommunistische Verbrechen

Claus schrieb:
Nein, Gysi, hast du nicht.
Aber wenn du die „Verbrechen des Kommunismus“ anprangerst, solltest du bedenken, daß auch kommunistische Systeme zum positiven hin wandlungsfähig sind.
Lieber Claus, mit Gysi möchte ich nicht verwechselt werden, weder mit dem Gregor noch einem anderen.

Tja, an die Wandlungsfähigkeit hatte Gorbatschwow auch geglaubt - das Ergebnis ist bekannt.


Ich denke an das mit rasanter Geschwindigkeit zur weltspitze aufstrebende China,
dessen Ausprägung des Kommunismus ermöglicht es, daß über eine Milliarde menschen sichtbar mehr am Wohlstand partizipieren, während hierzulande die selbst auferlegten Bremsen und Hemmschuhe den gegenteiligen Trend auslösen.

Ich bezweifle, ob China noch als eine "Ausprägung des Kommunismus" bezeichnet werden kann, eine Diktatur sicherlich, aber das wird Louiz30 bsser wissen als ich.

Die größten Verbrecher in den kommunistischen systemen waren nicht Stalin und Mao,
sondern Breshnew und seine Vasallen, die einen humanistischen Sozialismmus verhindert haben,
so wie in Dubcek realisieren wollte,
und die es darüberhinaus durch eine idiotische Wirtschaftspolitik fertig gekriegt haben, daß das ganze System so gründlich zusammengebrochen ist, daß auch ein humaner Kommunismus keine aussichten mehr hat.

meint Claus
Könnte man so sehen, nur juristisch - auch völkerrechtlich nicht - ist es eben kein Verbrechen, Systemänderungen mit politischen Mitteln zu verhindern.

Was ist das für ein humaner Sozialismus, nach dem nun schon fast einhundert Jahre lang gesucht wird? - Wir sollten mal einen Thread starten mit dem Thema: Marx und die Folgen.

Mit Gruß - Ziesemann
 
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Fortuna schrieb:
Ich glaube, hier wurde Ziesemann mit Gysi verwechselt?
Als relativ unpolitischer Mensch, der immer nur ganz allgemein politisch mitlabert und von daher zögert, Urteile abzugeben, stelle ich fest, dass Ziesemann der Fehler unterlief, sich in seinem Statement nicht ausschließlich auf das kommunistische System in Sowjetrussland zu beziehen, dem die genannten Verbrechen zur Last gelegt werden.
Das ging nicht, weil auch außerhalb der UdSSR das sozialistisch-kommunistische System Verbrechen begangen hat, einschl. der DDR. Oder ist Freiheitsberaubung keines?
Mit der allgemeinen Verurteilung des Kommunismus fühlen sich alle die auf den Schlips getreten, die mit der Idee der Gerechtigkeit für alle jemals geliebäugelt haben und/oder es jetzt noch tun.
Da magst Du wohl recht haben, aber ich habe ja ausdrücklich in den Vorbemerkungen darauf hingewiesen, dass ich nicht eine als möglich angesehene hehre Idee beschrieben habe, sondern nur die sehr konkreten Folgen eines Realisierungsversuches.
Es ist eine schöne Utopie, die leider mit der praktischen Umsetzung in Sowjetrussland nichts gemein hatte!
Genau so ist es. Für meine Kinder und Enkel wünsche ich nur, dass sie nicht zu Kaninchen eines neuen Gesellschaftsexperiments sozialistischer oder kommunistischer, mit diktatorischen Vollmachten ausgestatteter Sozialingenieure werden.

Ziesemann
 
Ziesemann, die von dir angesprochenen Schlussfolgerungen liegen meiner Aussage nicht einmal implizit zugrunde.

Doch, auch wenn die eigentlichen Ziele sich unterscheiden mögen, so sehe ich doch einige Parallelen in den geschichtlichen Ereignissen. Auch die umfangreiche Lektüre der Hitler Biografie von Ian Kershaw und entsprechende Ausführungen von Erich Fromm zu diesem Thema lassen zumindest den Schluss zu, dass hinter solchen schrecklichen Ereignissen nicht nur politische Gegebenheiten, sondern ganz einfach auch menschliche Beweggründe liegen.

Dies relativiert keinesfalls die Grausamkeiten, sondern soll unseren Blick eher darauf lenken, dass dies keine ausschließlich krankhaften und damit exotischen Erscheinungen sind, sondern Entwicklungen, die bei vielen Menschen potenziell stattfinden können, wenn sie an solch umfangreiche Macht gelangen.
 
zu Dubcek:

Könnte man so sehen, nur juristisch - auch völkerrechtlich nicht - ist es eben kein Verbrechen, Systemänderungen mit politischen Mitteln zu verhindern.
Na, das war doch wohl ein Verbrechen!
Die Tschechoslowakei wurde, nachdem politische einschüchterungsversuche nichts geholfen haben, militärisch okkupiert und die gesamte Führung nach Moskau verschleppt.
Als dubcek dann zurückkam hat er unter Tränen zugestanden, die neuen Verhältnisse anzuerkennen um ein Blutbad zu verhindern (wie 1956 in Ungarn), er wurde dann als botschafter in die Türkei geschickt (in der Hoffnung daß er zum "Klassenfeind" überläuft. Als er es nicht getan hat, mußte er unter scharfer Bewachung eine subalterne Tätigkeit in der Slowakei aufnehmen. Könnte man so sehen, nur juristisch - auch völkerrechtlich nicht - ist es eben kein Verbrechen, Systemänderungen mit politischen Mitteln zu verhindern.


Zitat von Ziesemann:
Lieber Claus, mit Gysi möchte ich nicht verwechselt werden, weder mit dem Gregor noch einem anderen.
Tja, an die Wandlungsfähigkeit hatte Gorbatschwow auch geglaubt - das Ergebnis ist bekannt.

Zunächst mal sorry für die Verwechslung :(
aber ihmo:
wäre Gorbi nicht fünf nach 12 erst gekommen, sondern zu Zeiten Dubceks,
die Geschichte des Kommunismus hätte einen anderen Lauf genommen, Marx wäre nicht vom Sockel gestürzt.

meint claus
 
Claus, kurze Zwischenfrage:

Meinst du wirklich, dass die kommunistischen Systeme, von denen da die Rede ist, letztlich noch etwas mit Marx zu tun hatten? Waren es nicht ganz einfach totalitäre Systeme, die nur vorgaben, sich auf eine Ideologie zu stützen?
 
Ziesemann schrieb:
Das ging nicht, weil auch außerhalb der UdSSR das sozialistisch-kommunistische System Verbrechen begangen hat, einschl. der DDR. Oder ist Freiheitsberaubung keines?

Hallo Ziesemann,

ich schrieb weiter unten "Sowjetunion und ihre Vasallenstaaten", denn natürlich meine ich diese auch, allen voran selbstverständlich die DDR!
Ich finde es nach wie vor nicht richtig, die Idee des Kommunismus pauschal zu verurteilen, nur, weil die Menschen nicht reif dafür waren.
Eventuell werden sie es nie sein.
Nur - der reine Kapitalismus, den wir jetzt überall haben, hat auch nur so lange Wohlstand für alle (Industriestaaten) vorgekaukelt, wie sich Arbeit und Arbeitnehmer die Waage hielten.
Die reine Ausbeutung wurde verschleiert.
Jetzt wird sie mit fröhlicher Selbstverständlichkeit praktiziert.
Gewinnoptimierung heißt das Zauberwort, es ist keine Rede von sozialem Bewusstsein.
Man kann schon frühkapitalistische Verhältnisse voraussehen, so, wie sich die Dinge entwickeln...

Fortuna
 
louiz30 schrieb:
Claus, kurze Zwischenfrage:

Meinst du wirklich, dass die kommunistischen Systeme, von denen da die Rede ist, letztlich noch etwas mit Marx zu tun hatten? Waren es nicht ganz einfach totalitäre Systeme, die nur vorgaben, sich auf eine Ideologie zu stützen?

Das kann man nicht mit ja oder nein beantworten.

die Grundidee des Kommunismus (oder Sozialismus, ich erkenne nicht genau die Unterschiede)
ist doch die Vergesellschaftung der Produktionsstätten.
Da hat man es in einigen System soweit getrieben, daß auch der kleine bäckermeister oder der Schuster um die Ecke in eine vergesellschaftete (sprich enteignete) Genossenschaft oder Staatsbetrieb umgewandelt wurde.
Als man (viel zu spät) gemerkt hat, daß dann die nicht zu verachtende Wirschaftskraft des kleinen Mittelstandes weg war, hat man versucht, einiges davon wieder rückgängig zu machen.

Marx konnte oder wollte nicht ahnen, daß Egoismus und Faulheit seine Vorstellungen von volkseigenen Fabriken zu nichte machen, in den jeder nach besten kräften arbeitet.

Die totalitären Systeme („Diktatur des Proletariats“) hat Marx sicher nicht gewollt. Er war einfach ein Träumer, der nicht geahnt hat, daß in den meisten Menschen der innere Schweinehund seinen Idealen widerspricht.
Die Diktatoren von Breshnew bis Honnecker waren zu blöd, ein leistungsgerechtes Entlohnungssystem auf die Beine zu stellen., deshalb kam die Wirtschaft nicht voran und darum mußten sie Ruhe und Ordnung mit Gewalt aufrechterhalten. Hätten die Ossis auch nur annähernd den Konsum-Wohlstand des Westens gehabt, es wäre nie zur Wende gekommen.
Das totalitäre Stasi-system hätte dafür gesorgt, daß die paar Aufsässigen gar keinen bemerkenswerten Zulauf gehabt hätten.
Nicht zufällig kam „der Aufstand des Gewissens“ ja in einer Phase des rapiden Niedergangs und nicht etwa zuzeiten des relativen Wohlstands in den 70ern, als viele Bürger drüben noch daran glaubten, daß man den Westen überholen kann.

also, ich sehe es gerade andersherum wie du.
Das System war im Prinzip marxistisch, mußte aber, da es mit der Wirtschaft nicht geklappt hat, zu immer totalitäreren Mitteln schreiten.

meint Claus
 
Fortuna schrieb:
Nur - der reine Kapitalismus, den wir jetzt überall haben, hat auch nur so lange Wohlstand für alle (Industriestaaten) vorgekaukelt, wie sich Arbeit und Arbeitnehmer die Waage hielten.
Die reine Ausbeutung wurde verschleiert.
Jetzt wird sie mit fröhlicher Selbstverständlichkeit praktiziert.
Gewinnoptimierung heißt das Zauberwort, es ist keine Rede von sozialem Bewusstsein.
Man kann schon frühkapitalistische Verhältnisse voraussehen, so, wie sich die Dinge entwickeln...

Fortuna

Diesen Worten von Fortuna schließe ich mich vollinhaltlich an. Nur, Fortuna, wir haben sie schon, diese von Dir an die Wand gemalten " frühkapitalistischen" Zustände - der Neoliberalismus schreitet fröhlich vorwärts !


Ich wollte mich - als deklarierte Linke - aus dieser , wie ich das sehe/ sah, rein parteiischen Diskussion raushalten -,
aber ( meine berühmten Abers ), warum sollte ich nicht auch einen moderneren als den auf Marx beruhenden linken Standpunkt " hier zum besten geben?"


Ich las vor kurzen über Foucauld, der ja der bedeutendste postmarxistische linke Denker ist.

Er ist der Guru der Linken, die sich schleichend von der Kritik der politischen Ökonomie verabschiedet hat und die gleichzeitig als emphatische Antiglobalisierungsbewegung gegen den Neoliberalismus ihre Renaissance feiert. Jener Linken, die ihren Ort in der modernen Massenkultur, in den scheinbaren Nischen der Kulturindustrie, in der Popgesellschaft meint entdeckt zu haben. Diese Linksbewegung von der Produktionssphäre in die Reproduktionssphäre der bürgerlichen Gesellschaft fand in Foucaults Schriften ihren theoretischen Überbau.
Ich kann das so mit Foucault sehen. Er hat die Utopie der Freiheit und Emanzipation, den Kommunismus, verworfen. Nicht die herrschaftsfreie Gesellschaft ist Foucaults humanistisches Fernziel, vielmehr heißt sein explizit antihumanistisches Nahziel: die Macht als produktiv zu erkennen und zu nutzen. Foucaults Kritik fordert die Aufdeckung der Macht, nicht die Aufhebung der Machtverhältnisse.

Mir schein allerdings, dass er damit in gewisser Weise schon Kommunist im Marxschen Sinne geblieben ist. Denn auch des jungen Marx`s Forderung war ja eine total aufklärerische: Wenn Marx sagt, dass Religion Opium für das Volk ist, ruft Foucault ebenfalls aufklärerisch zum Gebrauch des Verstandes auf, um Machtstrukturen zu durchblicken.

Wenn man so will, ist vom Kommunismus die Idee der aufs Humane gerichteten Vernunft geblieben.
Dadurch macht er allerdings auch den Kern der Lehre von Marx Gedanken, den des Hauptwiderspruches fragwürdig. Foucault hat seinen Machtbegriff in seinen Vorlesungen über »Die Anomalen« 1975 erläutert: »Mir scheint es ein zugleich methodologischer und historischer Irrtum zu sein, anzunehmen, dass die Macht wesentlich ein negativer Unterdrückungsmechanismus sei und dass sie wesentlich die Funktion habe, die Produktionsverhältnisse zu schützen, zu bewahren und zu reproduzieren. Mir scheint der Gedanke irreführend zu sein, dass die Macht etwas sei, was sich im Hinblick auf das Kräftespiel irgendwo im Überbau abspielt „

Literatur:http://www.kulturkritik.net/Kultur/Foucault/index.htm



Konkret auf die Frage, ob man Macht von oben - und das im Zeitalter multinationaler Konzerne von oben nach unten delegieren könne, halte ich persönlich und nach Einbindung der obigen Überlegungen für unmöglich Macht ist nichts Verwerfliches - aber sie muss durchschaubar sein. Und daran krankt es heutzutage.


Marianne
 
louiz30 schrieb:
Ziesemann, die von dir angesprochenen Schlussfolgerungen liegen meiner Aussage nicht einmal implizit zugrunde.

Ich glaube Dir, dass sie nicht von Dir intendiert waren, aber sie drängen sich geradezu auf. Wer, wie Du es getan hast, die kommunistischen Verbrechen in Entwicklungen der Geschichte - ich vereinfache jetzt mal - stellt, wie es sie immer schon gegeben hat, der verbaut sich die Erkenntnis des Typischen am Kommunismus - wie am Nazismus.


Doch, auch wenn die eigentlichen Ziele sich unterscheiden mögen, so sehe ich doch einige Parallelen in den geschichtlichen Ereignissen. Auch die umfangreiche Lektüre der Hitler Biografie von Ian Kershaw und entsprechende Ausführungen von Erich Fromm zu diesem Thema lassen zumindest den Schluss zu, dass hinter solchen schrecklichen Ereignissen nicht nur politische Gegebenheiten, sondern ganz einfach auch menschliche Beweggründe liegen.

Alle genannten Schriften sind mir - beinahe hätte ich gesagt natürlich - bekannt, und wenn Du #1 liest, wirst Du erkennen, dass ich selbst auf die Motive im Windschatten der Ideologie verwiesen habe. Ich würde in keiner Ideologie die alleinige causa der Verbechen sehen, aber den Rechtfertigungsgrund.

Bei den übrigen Beiträgen muss ich leider nochmals erinnern: Das Thema ist nicht "Karl Marx", obwohl ich kaum eine Diskussion über ihn scheuen müsste - und schon gar nicht der Kapitalismus und gar Neoliberalismus. Was hat das denn nun mit den kommnistischen Verbrechen zu tun? War es der imperialistische US-Kapitalismus, der die Klasse der selbständigen Bauern (Kulaken) ausgerottet hat - mindestens 11 Mill.?!
Den Blick möchte ich lenken auf die geradezu erschreckenden Gemeinsamkeiten zwischen dem Kommunismus - gut Fortuna, nehmen wir den in der SU - und dem Nazismus. - Die wichtigsten sind: Keine freien Wahlen, Einparteiensystem, keine vorgegebenen Grundrechte, keine Meinungsfreiheit, keine Abwahl, keine Klage gegen den Staat, Geheimpolizei u.v.a.m und vor allemeine verbindliche, sämtliche Lebensbereiche umfassende Ideologie.

Der einzige Unterschied ist: Der Kommunismus war wenigstens von der Idee her universal, war für alle Menschen gedacht. Der NS dagegen war national-rassisch, schloss ausdrücklich andere aus. - Aber das hilft dem Opfer im Gulag wenig, wenn man ihm sagt, dass es im Gegensatz zu den Opfern eines KZ im "3. Reich" im Namen einer menschheitsbeglückenden Idee und nicht im Namen einer Lehre der überlegenen Rasse umgebracht wird.
 
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Woher nimmt der Themenersteller eigentlich das Recht, die Diskussion über ein dem Thema sehr nahe liegende Teilaspekte abzubrechen ? Wer nichts zu sagen hat, möge schweigen, möchte ich mal den Wittgensteinsatz ein wenig verfremdend dazu sagen.

an Fortuna

Du hast einen neuen Gedanken in die Diskussion gebracht - ich habe ihn aufgegriffen.

Das ist in jeder virtuellen Diskussion üblich - unüblich ist es, solche "Schlenkerer" urteilend abzubiegen.
Aber - eine wirklichen Diskussion mit Menschen anderer Meinung muss gelernt sein - das kann nicht jeder. Das ist eine allgemeine Feststellung - an keine bestimmte Person hier gerichtet.


Fortuna, falls Du mir antworten willst - ich werde mich keinen weiteren "Ermahnungen" des Herren Dr, Prof. Ziesemann aussetzen und Dir nicht mehr antworten. Leider !

Wir können, wenn Du willst, an anderer Stelle über Foucault und seine Ideen diskutieren auch über den von Dir " frühkapitalistisch benannten " Zustand und dessen strukturelle Gewalt; das ist für die heutige Politszene essenzieller als das kontraproduktive Schuldaufrechnen ewig Gestriger.
Und das hat mir an Deinen beiden Postings gefallen: Du hast die Frage ins Gegenwärtige gerichtet - und das ist Sache und aktuelle Frage, meiner Meinung nach - daher meine Antwort.


frdlg an Fortuna
Marianne
 
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