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Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

EuFrank

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17. September 2007
Beiträge
130
Hallo Leser!

Mit welcher Argumentation lehnt Kant die Gottesbeweise ab?

Wer kann mir helfen?
 
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AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo Leser!

Mit welcher Argumentation lehnt Kant die Gottesbeweise ab?

Wer kann mir helfen?

Die neuzeitliche Einschätzung von Gottesbeweisen beruht weitgehend auf Immanuel Kants Kritik an ihnen. Kants Kritik der reinen Vernunft beschränkt mögliche Erkenntnisse über Sachverhalte auf den Bereich des sinnlich Wahrnehmbaren. Die klassischen Gottesbeweise sind nach dieser Auffassung nicht mehr schlüssig. Dies betraf speziell die mittelalterlichen (scholastischen) Gottesbeweise, darunter den ontologischen Gottesbeweis. Spätere Religionskritiker wie Ludwig Feuerbach, nach dessen Projektionstheorie Gottes Existenz eine Fiktion ist, versuchten zu beweisen, dass Gott nicht existiere.

-> Wikipedia -> Gottesbeweis
_________________________

Gruß
von
Reinhard70
(Buchautor und Zitatsammler)
:):):)
 
AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo EuFrank!
Eine kurze Frage, aber schwierig in kurzer Form allgemeinverständlich zu beantworten. Das zeigt schon das Wikipedia-Zitat von Reinhard, das man nur dann versteht, wenn man schon die Hintergründe kennt.

Vielleicht habe ich bald Gelegenheit, darauf näher einzugehen, vorerst zur Veranschaulichung dieser realtiv schwierigen Aufgabe eine kleine Erzählung aus "Die philosophische Hintertreppe":

In Jena sagte ein Student zu einem Komilitonen, das Buch "Kritik der reinen Vernunft" sei so schwierig, dass er, der Komilitone, noch 30 Jahre studieren müsse, ehe er es verstünde.
Dieser fordert daraufhin den Beleidiger zum Duell, getreu dem Prinzip, an Stelle einer schlagfertigen Antwort eine Schlägerei zu setzen.

30 Jahre will ich nicht warten, ich hoffe, ich schaffe es früher. ;)
Bis dann
Andreas
 
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AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Kant zählt zu den größten Philosophen Europas, viele bezeichnen ihn überhaupt als den größten. Worum geht es ihm beim Philosophieren? Dafür gibt es die verschiedensten Deutungen, am meisten wird man seinen Intentionen vielleicht dadurch gerecht, schreibt Weischedel, dass man als sein eigentliches Interesse die Frage nach dem ansieht, „was in der sichtbaren Wirklichkeit und hinter dieser das eigentlich Wirksame ist.“

Kant fragt nach dem Unbedingten im Menschen,
nach dem Unbedingten in der Welt
und nach dem Unbedingten schlechthin.

„Unbedingt“ heißt für mich etwas, was unendlich ist, zeitlos, ewige Gültigkeit hat, von ewigem Wert ist, nicht bedingt im Sinn von relativ, abhängig von irgendetwas. Etwas in der Welt, beim Menschen, „das sein bedingtes Sein überragt.“

Die Frage nach dem Unbedingten führt zu der Frage nach der Unsterblichkeit der Seele. In der Folge stellt sich die Frage nach Gott. Als die unvermeidlichen Aufgaben des metaphysischen Denkens bezeichnet Kant daher „Gott, Freiheit und Unsterblichkeit“.

Dabei zeigt sich, dass alles fragwürdig ist, sich alles widerspricht, dass mehrere scheinbar gegensätzliche Wahrheiten gut zu begründen sind. Demnach kann man die Fragwürdigkeit der Metaphysik nicht durch diese selber beantworten, sondern man muss zuvor fragen, woher diese Fragwürdigkeit kommt.

Kant entdeckt, dass man zu keinen gesicherten Antworten gelangen kann, dass das im Wesen der menschlichen Vernunft begründet ist. Diese ist nämlich nicht imstande, hinter die die sichtbare Wirklichkeit zurückzugehen, wie sich das am Beispiel Freiheit zeigt. Man kann ebenso überzeugende Gründe dafür bringen, dass der Mensch frei ist, wie umgekehrt.

Ähnlich ist es mit den Fragen der Unsterblichkeit und nach Gott. Auch sie lassen sich mit Hilfe der „theoretischen Vernunft“ nicht beantworten.

Das führt speziell zu deiner Eingangsfrage, Frank, aber da möchte ich die „philosophische Hintertreppe“ verlassen, weil diese Frage noch besser und leichter verständlich in einem anderen leicht zu lesenden Buch, einem Bestseller, behandelt wird:

Jostein Gaarder, Sofis Welt: Das Buch hat auch die besten Kritiken bekommen, ist eigentlich für Jugendliche geschrieben, trotzdem aber auch für Erwachsene durchaus empfehlenswert.
Ich habe das Buch vor 8 Jahren gelesen, die 7. Auflage 2000, und habe jetzt darin nach dieser Frage gestöbert. Gut verständlich geschrieben und dennoch seriös aufgearbeitet. Wenn du es kennst, Frank, oder ein/e andere/r interessierte/r Leser/in, lasst es uns wissen. Dann kann ich mir das weite Ausholen vielleicht ersparen, oder wir können gemeinsam diskutieren.
Ansonsten würde ich es lohnenswert finden und es gerne machen, auch einige weiter gefasste Zusammenhänge zum besseren Verständnis herauszugreifen.

Wenn ich es nächste Woche nicht mache, dann habe ich es sicher nicht vergessen, sondern es hat vielleicht andere (persönliche) Gründe.
Um mich schon vorher ev. zu entschuldigen! :)

lg
Andreas
 
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AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Noch ein Nachtrag, speziell für dich, Frank: Ich bin als philosophischer Laie an philosophische Fragen interessiert, weil mich sehr interessiert, ob es etwas und was es mir/uns für den Alltag geben kann. Deshalb versuche ich es mir auch leichter verständlich zu machen und leichter zu formulieren (daher auch diese Bücher).
Ich kenne dich ja nicht, Frank, aber wie ich grade kurz woanders von dir gelesen habe, scheinst du da an ziemlich spezielle Fragen interessiert zu sein.

Macht nichts, werde es trotzdem demnächst einfacher versuchen... ;)
 
AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo EuFrank,

die Gottesbeweise richten sich nicht nach dem verstandesmäßigen Erkenntnishorizont, sie verlassen den Bereich der Phänomena (Sinneseindrücke+Verstehen als synthetischer Prozess) und beziehen sich auf das, was Kant mit Noumena (Ding ansich) bezeichnet und dem menschlichen Verstehen nicht zugänglich ist. Nach Kant macht die bisherige Metaphysik den Fehler, über diese Dinge ansich zu spekulieren, wobei das unredlich ist, da der Mensch allenfalls eine vage Ahnung hiervon haben kann, aber eine reine Erfahrung (also etwa der Noumena selbst) durch die zur verstandesmäßigen - und damit beweisbaren - Erkenntnis notwendigen Mischung von Sinnesdaten (a posteriori) und Verstandeskategorien (a priori) verunmöglicht ist.

Glaubensdogmen sind daher zu verwerfen, vielmehr muss der Glaube als oberstes Prinzip aus sich (den Grundsätzen der eigenen Vernunft) selbst erkannt werden. Ebenso moralische Fragen. Nicht durch äußere Einflüsse sind jene zu beantworten, sondern die eigene innere Ethik muss quasi nach außen gekehrt werden.

Soviel in aller Gröbe.

Es grüßt,

Philipp
 
AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

die Gottesbeweise richten sich nicht nach dem verstandesmäßigen Erkenntnishorizont, sie verlassen den Bereich der Phänomena (Sinneseindrücke+Verstehen als synthetischer Prozess) und beziehen sich auf das, was Kant mit Noumena (Ding ansich) bezeichnet und dem menschlichen Verstehen nicht zugänglich ist.
Hallo!

Kurz, stimmt so „im Groben“, Philipp! :)
Wenn man ins Detail geht, kann man es vielleicht allgemein verständlicher machen, was ich mal versuchen will.

Kant geht genauer gesagt eigentlich schon auch über die Synthese,
sowohl von Empirikern, die mit Sinneseindrücken die menschliche Erkenntnis begründen (z.B. Locke, Hume),
wie auch von Rationalisten, die meinen, die Welt ist so, wie sie sich unserer Vernunft darstellt (Descartes, Spinoza).
Beide hätten ein bisschen recht, und beide irrten auch ein bisschen, meint Kant. Beide hielten ihre Thesen für zu wichtig, das wäre einseitig.

Kant stimmt Hume zu, dass wir alle unsere Erkenntnisse den Sinneserfahrungen verdanken.
Es gibt aber gewisse Bedingungen in uns selber, das Bewusstsein, die Vernunft eben, die unsere Auffassung der Welt mitbestimmen.
Ein Vergleich: Wenn wir eine Brille mit roten Gläsern aufsetzen, sehen wir die Welt rot. Die Brille legt fest, wie wir die Wirklichkeit sehen. Sie ist eine Voraussetzung dafür, wie wir die Welt sehen.
Bei der Vernunft sind Raum und Zeit solche Voraussetzungen. Egal, was wir sehen, wir sehen es als Phänomene in Raum und Zeit. Hängt nicht davon ab, ob wir in Grönland oder Österreich aufwachsen, sondern Raum- und Zeitgefühl ist dem Menschen angeboren. Wir können im Voraus sagen und müssen es nicht erfahren, dass wir überall die Welt in Raum und Zeit sehen. Ein Hund kann sich durch ein solches fehlendes Bewusstsein nicht vorstellen, dass die runde, gelbe Scheibe hoch oben der Mond ist, auch wenn er mit einer Rakete dorthin fliegen würde.

Für die Frage nach dem unterschiedlichen Gottesbeweis von Kant ist auch das Kausalgesetz wichtig, das besagt, dass alles, was geschieht, eine Ursache haben muss. Hume behauptet, wir erleben den Kausalzusammenhang, ein Naturgesetz, aufgrund unserer Gewohnheit. Wenn die schwarze Billardkugel die weiße in Bewegung setzt, erwarten wir das demnach auch so. Ein Kind aber wäre nicht erstaunt, wenn beide Kugeln ruhig liegen bleiben würden. Wir empfinden es nicht, deshalb können wir Naturgesetze nicht beweisen.

Für Kant dagegen ist das Kausalgesetz ebenso ein Bestandteil der menschlichen Vernunft. Es liegt in uns und nicht in der Natur allgemein.
Wir könnten einen anderen Sinnesapparat, ein anderes Zeitgefühl haben und die Welt dadurch anders erleben. Ebenso könnten wir so beschaffen sein, dass wir nicht nach den Ursachen für die Ereignisse suchen.
Vergleich dazu: Wenn die Katze im Zimmer liegt und ein Ball rollt vorbei, wird die Katze aufspringen und dem Ball nachlaufen. Ein Mensch wird sich in der gleichen Situation spontan umsehen, woher der Ball kommt, er wird nach der Ursache suchen.

Nach Hume können wir Naturgesetze weder empfinden noch beweisen, Kant hingegen glaubte, dass wir sie deshalb beweisen können, weil wir in Wirklichkeit über Gesetze der menschlichen Erkenntnis reden.

Unsterblichkeit? Gott - ja oder nein? Weltraum - endlich oder unendlich?
Da sind uns durch die Brille der Vernunft, die in Zeit und Raum agiert, Grenzen gesetzt, über diese Fragen können wir niemals sicheres Wissen erlangen, meinte Kant.
Bei solchen Fragen läuft die Vernunft im Leerlauf. Es gibt kein Sinnesmaterial, mit dem sie arbeiten könnte und es fehlt an Erfahrungen.
Und doch fragt der Mensch immer wieder nach der Ursache. Aber die Wirklichkeit im Ganzen zu erfragen, da werden genau entgegen gesetzte Standpunkte gleich wahrscheinlich und gleich unwahrscheinlich sein. Die Vernunft kann beides nicht „fassen“. Angenommen, die Welt hätte es schon immer gegeben: Kann es denn sein, dass es gar keinen Anfang gibt? Angenommen, es gab so was wie einen Urknall: Ist die Welt dann aus einem Nichts entstanden?

Schließlich können wir aus unserer Vernunft auch nicht die Existenz Gottes beweisen. Für Descartes war sie deshalb beweisbar, weil wir eine Vorstellung von einem vollkommenen Wesen haben. Aristoteles und Thomas von Aquin sahen sie darin bewiesen, dass alles eine Ursache haben muss.
Kant verwarf beides. Dort, wo unsere Vernunft und unsere Erfahrung nicht hinreichen, lässt er Raum für die Religion, für den religiösen Glauben. Er geht aber noch weiter. Der Glaube an die unbeweisbaren Voraussetzungen der Unsterblichkeit, des Gottwesens und des freien Willens des Menschen (die „praktischen Postulate“) ist ein weiteres Postulat der Moral des Menschen. „Es ist moralisch notwendig, das Dasein Gottes anzunehmen“, sagte er.

Kant glaubte an die absoluten Werte (vgl. Kateg. Imperativ), unveränderlich für alle Zeiten und Menschen gültig. Die Vertreter des Wertrealismus’ hingegen meinen, Werte existieren nur, wenn sie von einem Menschen gesetzt werden. Sie sind historisch wandelbar und kulturabhängig.
Ich meine, dass wäre ein interessanter Aspekt etwa auch bei der Zuwanderung, aber das führt bereits woanders hin.

Ich glaube, Frank, so gesehen führt deine Frage "mit welchem Argument lehnt Kant die Gottesbeweise ab" nicht ev. zum unzulässigen Umkehrschluss, Kant glaube an keinen Gott. Im Gegenteil!

lg
Andreas
 
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AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo Andreas,

auch wenn mich das verdächtig an das Kapitel "Kant" aus "Sophies Welt" erinnert (grins), ist dies ohne Zweifel eine der verständlichsten Darstellungen der Grundzüge.

Du gibst Dir erkennbar immer noch soviel Mühe beim Schreiben wie am Anfang. Nicht nur in diesem thread.

Was die Frage der Meinung Kants zu Gottesbeweisen betrifft, ist das eine zwicklige Sache. In "Sophies Welt" wird er ja gerade als jemand beschrieben, der das gerade retten wollte.
Heine hat ihn mal von der Wirkung ganz anders beschrieben. Ich such mal schnell das Zitat im Netz.

Hört Ihr das Glöckchen klingeln? Kniet nieder - Man bringt die Sakramente einem sterbenden Gotte

oder auch:

Man sagt, die Nachtgeister erschrecken, wenn sie das Schwert eines Scharfrichters erblicken - wie müssen sie erst erschrecken, wenn man ihnen Kants "Kritik der reinen Vernunft" entgegenhält! Dieses Buch ist das Schwert, womit der Deismus hingerichtet worden in Deutschland

andererseits aber auch:

Hat vielleicht Kant diese Resurrektion nicht bloß des alten Lampe wegen, sondern auch der Polizei wegen unternommen? Oder hat er wirklich aus Überzeugung gehandelt? Hat er uns eben dadurch, daß er alle Beweise für das Dasein Gottes zerstörte, recht zeigen wollen, wie mißlich es ist, wenn wir nichts von der Existenz Gottes wissen können? Er handelte da fast ebenso weise wie mein westfälischer Freund, welcher alle Laternen auf der Grohnderstraße zu Göttingen zerschlagen hatte, und uns nun dort, im Dunkeln stehend, eine lange Rede hielt über die praktische Notwendigkeit der Laternen, welche er nur deshalb theoretisch zerschlagen habe, um uns zu zeigen, wie wir ohne dieselben nichts sehen können.


aus "Die Geschichte der Religion und Ph...", Quelle: Gutenberg Spiegel.

Gruß
Zwetsche
 
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AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo Zwetsche! :)
Stimmt, ich habe versucht, mit Sofies Welt (s. # 4) Franks Frage zu beantworten (wo bleibt er eigentlich?), weil ich annahm, das ginge damit auf schlüssige Weise.
Was die Frage der Meinung Kants zu Gottesbeweisen betrifft, ist das eine zwicklige Sache. In "Sophies Welt" wird er ja gerade als jemand beschrieben, der das gerade retten wollte.
Wie Wilhelm Weischedel schreibt, gibt es "fast ebenso viele verschiedene Kant-Deutungen, wie es Interpreten dieses Philosophen gibt."
Allerdings habe ich hier bei Jostein Gaarder nicht den Eindruck, dass er allzu sehr selber interpretiert oder dass er überhaupt wertet, sondern dass er eher relativ einfach darlegt, was ohnehin als objektiv gesichert gilt.
Kritische Vertreter der Kirche hatten damals wahrscheinlich Probleme damit, dass Kant sich dagegen wehrt, dass Gott beweisbar wäre als ein Schöpfer, der über allem stehen muss. Oder dass Gott damit beweisbar wäre, dass alles einen Grund, eine Ursache haben müsse, und über allem Endlichen auch etwas Unendliches existieren müsse. Gott sei nur eine Idee des Menschen, der außerhalb des Menschen gar nicht existiert?
Zum Glauben des Kant wird dieser beispielsweise auch in "Meyers Enzyklopädisches Lexikon" zitiert: "Ich musste das Wissen aufheben, um zum Glauben Platz zu bekommen." (10/439). In der philosophischen Diskussion habe allerdings dieser Kompromiss Kants mit der Zeit ziemlich an Bedeutung verloren, ist dort ebenfalls zu lesen.

Interpretationen gibt es bei Philosophen viele, und Kritiken, pro und kontra, noch viel mehr.
Zwei krasse Beispiele noch (auch wenn es dadurch ev. zu lange wird ;) ):

Hegel findet in Kants "Kritik der reinen Vernunft" ein "Reich unendlicher Hirngespinste", einen "Verderb junger Gemüter", eine "Verödung der Seelen".
Aber auch Hegel selbst wird kritisiert, von Schopenhauer sogar ganz schön deftig: "Hegel, ein platter, geistloser, ekelhaft-widerlicher, unwissender Scharlatan, der mit beispielloser Frechheit Aberwitz und Unsinn zusammenschmierte, welche von seinen feilen Anhängern als unsterbliche Weisheit ausposaunt und von Dummköpfen richtig dafür genommen wurden, …
hat den intellektuellen Verderb einer ganzen gelehrten Generation zur Folge gehabt."
In: Wilhelm Weischedel, Die philosophische Hintertreppe

Für Kritiken gibt es vielerlei Gründe: Sachliche Argumente natürlich, sehr oft auch einen persönlichen Hintergrund (Hegel war Schopenhauers Konkurrent an der Uni), und nicht selten haben sie mit der Macht zu tun, die man früher so wie heute nicht verlieren will: Hume etwa bekam keine Professur, weil kirchliche Vertreter das zu verhindern wussten. Tragischer bei Sokrates, der mit seinem unaufhörlichen Fragen/Hinterfragen es genauer wissen wollte und den Machtinhabern zu gefährlich wurde - bis sie ihm den Giftbecher reichten.

lg
Andreas
 
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AW: Kant, Ablehnung der Gottesbeweise

Hallo Andreas61!

Kant zählt zu den größten Philosophen Europas, viele bezeichnen ihn überhaupt als den größten. Worum geht es ihm beim Philosophieren? Dafür gibt es die verschiedensten Deutungen, am meisten wird man seinen Intentionen vielleicht dadurch gerecht, schreibt Weischedel, dass man als sein eigentliches Interesse die Frage nach dem ansieht, „was in der sichtbaren Wirklichkeit und hinter dieser das eigentlich Wirksame ist.“

Kant fragt nach dem Unbedingten im Menschen,
nach dem Unbedingten in der Welt
und nach dem Unbedingten schlechthin.

„Unbedingt“ heißt für mich etwas, was unendlich ist, zeitlos, ewige Gültigkeit hat, von ewigem Wert ist, nicht bedingt im Sinn von relativ, abhängig von irgendetwas. Etwas in der Welt, beim Menschen, „das sein bedingtes Sein überragt.“

Die Frage nach dem Unbedingten führt zu der Frage nach der Unsterblichkeit der Seele. In der Folge stellt sich die Frage nach Gott. Als die unvermeidlichen Aufgaben des metaphysischen Denkens bezeichnet Kant daher „Gott, Freiheit und Unsterblichkeit“.

Dabei zeigt sich, dass alles fragwürdig ist, sich alles widerspricht, dass mehrere scheinbar gegensätzliche Wahrheiten gut zu begründen sind. Demnach kann man die Fragwürdigkeit der Metaphysik nicht durch diese selber beantworten, sondern man muss zuvor fragen, woher diese Fragwürdigkeit kommt.

Kant entdeckt, dass man zu keinen gesicherten Antworten gelangen kann, dass das im Wesen der menschlichen Vernunft begründet ist. Diese ist nämlich nicht imstande, hinter die die sichtbare Wirklichkeit zurückzugehen, wie sich das am Beispiel Freiheit zeigt. Man kann ebenso überzeugende Gründe dafür bringen, dass der Mensch frei ist, wie umgekehrt.

Ähnlich ist es mit den Fragen der Unsterblichkeit und nach Gott. Auch sie lassen sich mit Hilfe der „theoretischen Vernunft“ nicht beantworten.

Das führt speziell zu deiner Eingangsfrage, Frank, aber da möchte ich die „philosophische Hintertreppe“ verlassen, weil diese Frage noch besser und leichter verständlich in einem anderen leicht zu lesenden Buch, einem Bestseller, behandelt wird:

Jostein Gaarder, Sofis Welt: Das Buch hat auch die besten Kritiken bekommen, ist eigentlich für Jugendliche geschrieben, trotzdem aber auch für Erwachsene durchaus empfehlenswert.
Ich habe das Buch vor 8 Jahren gelesen, die 7. Auflage 2000, und habe jetzt darin nach dieser Frage gestöbert. Gut verständlich geschrieben und dennoch seriös aufgearbeitet. Wenn du es kennst, Frank, oder ein/e andere/r interessierte/r Leser/in, lasst es uns wissen. Dann kann ich mir das weite Ausholen vielleicht ersparen, oder wir können gemeinsam diskutieren.
Ansonsten würde ich es lohnenswert finden und es gerne machen, auch einige weiter gefasste Zusammenhänge zum besseren Verständnis herauszugreifen.

Wenn ich es nächste Woche nicht mache, dann habe ich es sicher nicht vergessen, sondern es hat vielleicht andere (persönliche) Gründe.
Um mich schon vorher ev. zu entschuldigen! :)

lg
Andreas
Danke für diese Antwort! Sie hat mir schon etwas gebracht.
 
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