Ja, "ohne Inflation" hört sich zunächst gut an. Ist doch die Inflation Schuld daran, dass "alles immer teurer" wird.
Aber, die Inflation (ich spreche hier ausschließlich von einer "geringfügigen" Inflation) hat zwei positive Aspekte, die sie mMn unverzichtbar macht:
1. Sie hält alle an, das Geld im Umlauf zu halten und somit die Wirtschaft anzukurbeln. Aus diesem Grund haben auch alle Wirtschaftsverständigen "Angst" vor deren Gegenteil, der Deflation. In der Deflation bleibt man lieber auf dem Geld sitzen, denn morgen bekommt man mehr dafür. Aber morgen bleibt man auch darauf sitzen, denn übermorgen gibt es noch mehr für sein Geld. Wenn man es aber nicht ausgibt, dann geht es dem Verkäufer/Produzenten schlecht. Er kriegt kein Geld, denn es kauft ja niemand. Hat er kein Geld, kann er seine Leute nicht bezahlen. Haben die kein Geld, können die auch nichts kaufen, und und und.
2. Sie bewirkt einen ständigen Wandel, indem sie ständige Preisanpassungen (auch Lohnanpassungen) notwendig macht und dadurch erleichtert. Würde man eine Inflation verbieten müsste man beispielsweise einen unverrückbaren Fixpreis für Brot (oder vielmehr eine bestimmte Brotsorte) festlegen. Aber auch unverrückbar feststehende Löhne. Klingt zunächst harmlos, hat aber schwerwiegende Folgen: Wenn alle Löhne unverrückbar festgelegt würden, müsste man zuerst eine allumfassende Lohntabelle herzaubern, mit der alle Betroffenen zufrieden wären. Das halte ich schon einmal für ein Ding der Unmöglichkeit. Die Gruppen, die sich benachteiligt fühlen (und davon gibt es unweigerlich welche) hätten keine Chance für eine spätere Anpassung, so wie das jetzt der Fall ist. Aktuell hat so eine Gruppe zumindest die Hoffnung, dass so ein Missstand in Zukunft bereinigt werden wird. Will man das umschiffen indem man nachfolgende Korrekturen zulässt, dann hat man das Problem, dass sich politisch nur gefühlte Anpassungen nach "oben" durchsetzen lassen. Das hat aber wiederum zur Folge, dass wir bei einer Inflation landen - denn durch eine ledigliche Erhöhung eines Lohne (Sprich Preises) ohne realen Wertzuwachs hat man Inflation schlechthin.
Mit der Inflation kann man reale Anpassungen nach unten durchaus durchführen, wenn sie nur klein genug sind. Nominelle Anpassungen nach unten aber gäben bei den Betroffenen mehr Gezeter - durch die Inflation ist das aber unnötig.
Völlig anders verhält es sich natürlich bei einer ausufernden Inflation. Auch wenn gerne gejammert wird, dass "immer alles teurer wird", hat man trotzdem noch durchaus das Gefühl, dass man in absehbarer Zeit für sein Geld "so ziemlich das Gleiche" bekommt wie jetzt. Geht dieses Gefühl verloren, verhält sich ein Wirtschaftssystem völlig anders wie das unsere. Ist es notwendig, sein Geld schnellstmöglich auszugeben, weil es bald nichts mehr wert ist, kurbelt das Verhalten vordergründig die Wirtschaft an und müsste ja wünschenwert sein.
Aber: muss ich mein Geld, das ich heute bekomme auch gleich heute ausgeben, dann habe ich keine Zeit zum Überlegen, wie ich es sinnvoll ausgeben könnte. Eine monatliche Lohnauszahlung wäre sinnlos, weil man ab dem Monatszweiten de facto immer pleite wäre. Eine tägliche Auszahlung bedeutet aber eine Vervielfachung des Aufwandes und die Notwendigkeit eines täglichen Einkaufes vermindert die Lebensqualität für den Konsumenten.
Also ist die geringfügige Inflation der beste Weg, um ein sich real ständig wandelndes Wirtschaftssystem stabil zu halten. Sie ist sozusagen ein notwendiges kleines Übel.
lg,
Muzmuz