Dann sollte sie ihrem Kind fairerweise aber auch sagen, dass das Tier in der freien Wildbahn (sofern es das Tier wild überhaupt noch gibt) nur halb so lange lebt wie in der Obhut des Menschen. Wenn es überhaupt die Geschlechtsreife erreicht (Chance: <50%).
Manche Zeitgenossen, die die Welt oder auch nur den Menschen verbessern wollen, gelangen schließlich zur Erkenntnis, dass sie selbst, als Erwachsene, nicht dem moralinsauren Anspruch entsprechen, den sie an sich und andere stellen.
Das fußt auf der Einsicht, selbst als Kind eben nicht mit diesem Ideal aufgewachsen zu sein, sozusagen trotz allen Bemühens, ein "rechtschaffenderer" Mensch zu sein oder zu werden, eben doch zu einem gewissen Teil noch frühkindlich "konditioniert" zu sein.
Folgerichtig gelangt man zu dem Bestreben, beim eigenen Kind oder gar allen "von Anfang an alles besser machen" zu wollen, oder kurz: Bei der Pädagogik. Sozusagen von Anfang an einen besseren Menschen schaffen, ohne "Vorbelastung". Das ist natürlich Unfug, man ersetzt nur eine Doktrin durch die andere.
Außerdem sind auch andere schon bei dem Gedanken gelandet: Die Nazis, die SED, die 68er - die jeweils neue Pädagogik wird's schon richten.
Gottseidank folgen wir dann als Erwachsene nicht zwingend dem Unfug, den sie in unserer Kindheit mit uns angerichtet haben, sondern gehen eigene Wege.
Ich finde auch, dass man dem Kind zunächst einmal die Tierwelt in der freien Natur erklären und ihm klarmachen sollte, dass die meisten Tiere von anderen gefressen werden (können), also dass in der Tierwelt das Gesetz des Stärkeren gilt und das gegenseitige Jagen und Fressen ganz normal ist. Denn schließlich geht es um das Überleben der Tiere. Allerdings sollte das Kind auch hierfür in einem entsprechenden Alter und in der Lage sein, das alles verstehen und verarbeiten zu können. Und das ist bei einem zweijährigen Kind natürlich nicht der Fall.
Meiner Erfahrung nach sind gerade
die Zeitgenossen, die gleich die ganze Welt oder "nur" die Menschen verbessern wollen, nicht so einsichtig, um zu der Erkenntnis gelangen zu können, dass sie selbst nicht dem moralischen Anspruch entsprechen, den sie an andere stellen, denn das würde vermutlich nur ein bescheidener Mensch tun, der sich gar nicht erst anmaßt, die Welt oder die Menschen verbessern zu wollen oder sogar glaubt es zu können, denn ein solcher Mensch würde die Welt und die Menschen wohl so akzeptieren und nehmen wie sie sind.
Das Bestreben, beim eigenen Kind alles besser machen zu wollen, als man es selbst erfahren hat, halte ich für ganz normal und sehr weit verbreitet, aber dieses Streben nach einem Idealzustand, den es in der Erziehung wahrscheinlich gar nicht geben kann, führt oft dazu, dass man beim eigenen Kind durch die gegensätzliche Erziehung zu der eigenen, mindestens genauso viele Fehler macht, wie man es von seinen Eltern erfahren hat. Also, die Wende von einer
total autoritären Erziehung zur
total antiautoritären oder umgekehrt, wirft wieder andere Mängel auf, die dem Kind nicht unbedingt guttun.
Was bei der Erziehung oft vergessen und vernachlässigt wird, ist die Individualität eines jeden Kindes, auf die man auch individuell eingehen sollte. Wenn man also bemerkt, dass sein Kind sehr sensibel ist, sollte man ihm die Welt mit ihrem ganzen Schrecken, schonend beibringen und es z.B. nicht dabei zusehen lassen, wie ein Tier geschlachtet wird. Man kann einem Kind auch anders beibringen, dass die Tiere die gegessen werden, dafür sterben müssen, aber das sollte man m.E. erst in einem entsprechendem Alter tun.
Wir gehen als Erwachsene zwar alle unseren eigenen Wege, aber ich denke, dass wir durch das Umfeld in dem wir aufwachsen, durch die Erziehung der Eltern, Erzieher und Lehrer und durch die eigenen Erlebnisse doch sehr nachhaltig geformt und geprägt werden. Natürlich hat auch unser, wie ich meine, angeborener Charakter, einen großen Einfluss auf die jeweilige Entwicklung und das was wir später daraus machen, aber ich glaube nicht, dass sich irgendein Mensch vollkommen von seiner Erziehung freimachen und all die mitgegebenen Verhaltensregeln ablegen kann.