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Doping und die Folgen

Miriam

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Registriert
26. Juni 2005
Beiträge
9.722
Wer mich schon etwas länger kennt, weiß dass ich eigentlich zu dieser Jahreszeit nicht viel im Forum anwesend bin.
Ja, dass diese mir lieb gewonnene Gewohnheit dieses Jahr ausser Kraft gesetzt wurde, dafür trägt das Doping die Schuld. Denn eigentlich war ich in den vergangenen Jahren während der Tour de France nicht vom Fernseher wegzukriegen, fuhr mit durch die ganze douce France, scheute auch nicht die schwierigsten Bergtouren, nicht die Regentage die die Straßen in gefährlichen Rutschbahnen verwandelten.
Natürlich war ich dann dankbar für jeden von der Tour vorgesehenen Ruhetag.

Am schönsten war es wenn Daniela dabei war und während etwa 200 Kilometer am Stück redete. Daniela wird im Herbst 9 Jahre alt - und ist ein wahrer Profi. Sie kennt alle Fahrer, und ist meine älteste Enkelin. Sie war mit ihrer lieben Tante (meine jüngste Tochter), schon zweimal dabei beim Prolog der Tour de France - und betrachtet sich dadurch auch als Expertin dieser Sportart.

Als vor einem Jahr dann nach der Tour die Diskussion um das Doping dramatisch wurde und sie es mitbekam, sperrte sie sich erst einmal in ihr Zimmer ein. Ein Krisenstab musste einberufen werden und die Chefin des Stabes, die große Expertin der Familie die ihre liebe Tante ist, führte mit Daniela Verhandlungen durch die verschlossene Türe um sie aus ihrem selbstgewähltem Gefängnis zu befreien.

Dies alles fällt nun leider weg, keiner von uns findet es noch wirklich spannend wer denn die jeweilige Etappe gewinnt. Schade.

Doch eine Prophezeiung hat sich bewahrheitet: die Tour überzieht jeden Tag gewaltig und bringt den jeweiligen Fernsehsender in Bedrängnis.

Vorausgesehen hatte dies "Titanic" - das Satiremagazin.
Sinngemäß schrieb Titanic, die Tour würde am 7. Juli beginnen – aber man wisse nicht wann sie endet, da die Fahrer ja nicht mehr dopen.
Das ist nun auch das einzige was mich wirklich interessiert und mich dazu bringt gegen das angekündigte Ende einer Etappe das Fernsehgerät einzuschalten. Denn am schönsten sind diese Einblendungen die uns in Kenntnis setzen, dass irgendeines dieser fürchterlichen Vorabendsendungen leider nicht gezeigt werden kann. Weil die Zeit bedeutend überzogen wurde.

So gesehen hat das Nichtdopen noch einen anderen großen Nutzen – nicht nur dass es sich hoffentlich zeigen wird, dass Radsport auch ohne Zutun der Pharmaindustrie stattfinden kann.
 
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AW: Doping und die Folgen

Vorweg muss ich sagen dass ich weder Radsportbegeistert, noch ein -kenner bin und die Doping-Sache nur am Rande verfolgt habe.
Aber selbst ich, die ich wirklich keine Ahnung habe, würde für die Umbenennung in "Tour de Amateur" plädieren. Fast keiner der aktiven Profis kam doch heil aus der Sache raus, soweit ich weiss.

Für die verbleibenden Fahrer ist es traurig, dass sich viele (ehemalige) Zuschauer nicht mehr so recht begeistern können, aber wer mag es ihnen verdenken? Jetzt haben die jungen Nachwuchsfahrer mal die Chance, allen zu zeigen, was man ohne Doping schaffen kann...und keiner will es sehen.
 
AW: Doping und die Folgen

Natürlich war ich dann dankbar für jeden von der Tour vorgesehenen Ruhetag.

Urlaub in den Bergen strengt auch dann an,
wenn man vor der Glotze hockt

........



nächstes Jahr ist entscheidend

bis dahin muss etwas passiert sein
was weltweit verbindlich ist

falls dies nicht passiert,
werden die Öffentlich-Rechtlichen die Tour nicht mehr übertragen
 
AW: Doping und die Folgen

Zunächst fand ich Radsport einfach nur öde.

Es waren meine Frankreich-Urlaube in der Auvergne und Provence, die mich dazu gebracht haben, da mal rein zu schauen. Und dann hat mich der dauernde Zweikampf zwischen Armstrong und Ullrich natürlich bei der Stange gehalten, ich finde, Sport zu schauen macht nur wirklich Spaß, wenn man zu irgendeinem Protagonisten hält. Jedenfalls gewann der Sport bei mir einen höheren Stellenwert als alle anderen Sportarten, insbesondere Fußball. Und das, obgleich ich selbst als traumatisierter Sohn fanatischer Hobbyradlereltern das Radeln wirklich hasse.

Naja und nun das, nach vielen Jahren treuen Mitfieberns, das war schon eine Enttäuschung, eine Art Vertrauensbruch. Eigentlich müßte man ja Klöden anfeuern, aber das fällt schwer aus bekannten Gründen, obgleich er in recht aussichtsreicher Position liegt.
Ich finde es gut, daß die Deutschen versuchen aufzuräumen, schlecht und billig, wie unehrlich das aber abläuft (Zabel heult über seine moralische Pflicht gegenüber seinem Sohnemann, hat aber nach eigener Aussage genau wie Aldag exakt dann mit Doping nichts mehr am Hut gehabt, als der zwecks möglicher Strafverfolgung noch nicht verjährte Zeitraum begann....toll, mit Gruß ans Söhnchen, lieber Erik!!!)

Und wie verhält sich das Ausland, während sich hierzulande alle zerfleischen? Armstrong sitzt mit seinen Siegen und beim ominösen Discovery Team sicher im Sattel, es fällt aber schwer, zu glauben, daß er mit Doping nichts zu tun hatte. Einige Fuentes Jünger fahren weiter fröhlich mit.

Der selbstgerechte Predigersohn Floyd Landis, der vergangenes Jahr mit der dopinggesteuerten Science fiction- Etappe alle brüskiert hat, verkauft gerade Bücher über "seine Sicht" der letztjährigen Tour und erntet in USA stehende Ovationen. Bis heute wurde ihm der Titel nicht einmal aberkannt, ein Schelm, wer böses dabei denkt...

Es fällt schwer, daran weiter Spaß zu haben...

Gruß
Zwetsche
 
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AW: Doping und die Folgen

Hallo zusammen

Vielleich sollte man an dieser Stelle auch sagen, dass im Spitzensport schon sehr viel unternommen wurde und die Anstrengungen weitergeführt werden, Doping einzuschränken.
Es wäre aber eine Illusion zu glauben, der Sport (generell) wird jemals wieder sauber werden.

Es geht m.M.n. aber darum, das Bewusstsein der Sportler (ab Kindersport!) zu schärfen, ihnen die Gefahren des Dopings näher zu bringen, was mit "ehemaligen" (sauberen und Sündern) am besten geht.
Ebenfalls Vergleiche ranzuziehen, kann zum Erfolg bei der Eindämmung des Dopings führen.
Der Langstreckenläufer und Olympiasieger Lasse Viren war 1972(!) der erste bekannte Sportler mit erhöhter Erythrozytenzahl... und doch brachte bei den Laufsportarten Doping, keine extremen Leistungssteigerungen (vg. erreichte Zeiten). Ein Argument für die Jugend.

Leistungssteigerung brachten die anabolen Steroide. Die Leistungen, aber auch die Nebenwirkungen (und das waren nur die äusserlichen!) sah man bestens bei den Wurfsportarten der Frauen. Seit sich die Steroide nachweisen lassen und rigorose Kontrollen durchgeführt werden, sanken die Leistungen ganz eindeutig, weil es (wieder ganz zynisch gesagt) ein ebenbürtiger und noch nicht nachweisbarer Ersatz für Anabolika bisher nicht gibt. Für den Zuschauer aber gewannen die Wettbewerbe auch ohne extreme Leistungssteigerungen bzw. sogar mit Leistungsabfall, an Attraktivität ;).
Ein Argument für die Jugend.

Und auch die Tour wurde schon "mal" unter den gleichen Anforderungen und ohne Doping gefahren und die Sportler brachten extreme Leistungen fertig.
Ein Argument für die Jugend.

Es fällt schwer, daran weiter Spaß zu haben...

Das stimmt, es verdirbt die Lust am Sport auf jeden Fall bzw. der Sport verliert an Glaubwürdigkeit. Andererseits: normalerweise spricht man im Radsport von 50% Gedopten (heute ist es kaum mehr EPO (Erythropoietin), das sich als synthetisch hergestelltes Hormon nachweisen lässt, es sind vorwiegend Eigen-Blutinfusionen, die, im Gegensatz zum Fremdblut nicht nachweisbar sind, also wird bei den Kontrollen der Hämatokrit-Wert gemessen, was aber sehr umstritten ist, weil dieser Wert sehr stark schwankt und die vom Int. Radsportverband gesetzte Tolaranzgrenze (50) absolut willkürlich bestimmt wurde)...Kenner der Szene sagen aber, das gegenwärtig sicher 90% der Fahrer zum Doping greifen...so zynisch das auch klingen mag, wir haben also auf der Tour, sollten diese 90% stimmen, was für mich absolut realistisch aussieht, im Prinzip für alle dieselbe Ausgangssituation. Blutdoping ist zu einer Mode-Droge geworden.

Zu glauben, dass die nachfolgende Generation der Fahrer noch nie gedopt hatte, ist ebenfalls eine Illusion. Es wird bereits im Jugendsport gedopt, mit Wachstumshormonen, Insulinen u.a. "gearbeitet".
Schon deshalb sollen Blutprofile der Sportler angelegt werden (lt. Int. Radsportverband), um solche Substanzen auch nachweisen zu können.

Am wichtigsten bei der heutigen Situation im Sport ist die Prävention im Jugendsport, besser sogar schon im Kindersport und gnadenlose (*lol*) Eliminierung der Trainer und Funktionäre, die der Entwicklung Vorschub leisteten und leisten.

OT: Ein Musterchen noch aus dem Sport, das aber nichts mit Doping zu tun hat.
Eine Fussballmannschaft schaffte den Aufstieg in die nächste höhere Liga, kassierte aber in einer Meisterschaftsrunde 34!!! rote Karten. Der Präsident darauf von der Presse angesprochen, lässt verlauten: "Nicht die Mittel, mit denen wir den Aufstieg schafften, sollen hier besprochen werden! Dass wir den Aufstieg schafften, darüber will ich reden, denn das ist das Einzige, das zählt."
Solche Leute gehören weg "von der Strasse", weg vom Sport, denn sie suggerieren schon den ganz jungen Spielern, dass es nicht darauf ankommt, wie man zum Erfolg kommt, dass sie sogar die Gesundheit des Gegenspielers ganz "legal" gefährden dürfen. Ich meine sogar, solche Leute gehören angezeigt und verurteilt.

Das sind Sachen, die mich viel mehr in Rage bringen, als dass ein gedoptes Peloton unterwegs ist. Dem kann man nicht mehr gross helfen...
Und sind wir ehrlich: auch mit einer Eigen-Blutinfusion, die die Muskulatur besser mit Sauerstoff versorgt und so die Leistung steigert, ist es immer noch eine enorme Leistung, die die Fahrer erbringen.
(Aber auch die Blutinfusionen birgen ein nicht zu unterschätzendes Gesundheitsrisiko. Ein Argument für die Jugend.)
 
AW: Doping und die Folgen

Und sind wir ehrlich: auch mit einer Eigen-Blutinfusion, die die Muskulatur besser mit Sauerstoff versorgt und so die Leistung steigert, ist es immer noch eine enorme Leistung, die die Fahrer erbringen.

Eigentlich hast Du Recht. Um ehrlich zu sein, würde ich mich schon freuen, wenn Klödi gewinnt, und es belibt ja sogar ein Hoffnungsschimmer, das dies ohne Doping geschieht.

Als jemand, der als kleiner Pöks in der D-Jugend beim Handball Wochenende um Wochenende die Reservebank gedrückt hat, ohne auch nur für länger als ein oder zwei Minuten eingewechselt zu werden (vermutlich wurde ich nur mitgenommen, weil meine Eltern über einen sehr geräumigen Ford Transit verfügten, der viele der dann spielenden Spieler transportieren konnte) kann ich auch Dein Beispiel gut nachvollziehen. Wenn Sport bereits in untersten Gefilden nicht als Mittel zur sozialen Integration, sondern zur Leistungsschau um jeden Preis mutiert, ist es einfach ekelerregend.
Na, wenigstens bin ich so zur Musik gekommen...

Liebe Grüße
Zwetsche
 
AW: Doping und die Folgen

Danke, Zwetsche, für diesen Beitrag. Wir sollten nämlich ehrlich sein. Ich befürworte auf gar keinen Fall den Einsatz von (egal welchen) leistungssteigernden Substanzen (das möchte ich nochmals betonen), aber wir wissen, dass es sie gibt, dass sie verwendet werden und... dass dagegen vorgegangen wird. Werden die Sportler ertappt, werden sie bestraft, ihre Leistungen für nichtig erklärt.

Genauso wissen wir aber, dass auch grosse Kunstwerke von "zugedröhnten" Künstlern geschaffen wurden und verlangen nicht, dass sie nicht mehr gelesen, angeschaut, gehört... werden dürfen. Auch diese Menschen verschafften sich in gewisser Weise einen Vorteil vor den anderen, stimulierten ihre Kreativität...und richteten sich z.T. dabei zu Grunde.
Dass Drogen generell heute in Künstler- und kreativen Kreisen ebenfalls eine Rolle spielen (und ich meine nicht nur den Alkohol, der nicht auf dem "Index" steht), ist ebenfalls bekannt. Bestrafung erfolgt allenfalls, wenn der Sündige im Angestellten-Verhätnis steht.
So ehrlich müssten wir eben sein, dies ebenfalls zu sehen.

Und jetzt lass dich trösten, Zwetsche :trost:, nicht jeder kann ein Stefan Kretzschmar werden, du bist dafür ganz süss... (obwohl ich nicht genau weiss, was oder wer ein Pöks ist). Deine traurige Geschichte beweist doch nur, wie unfähig die Trainer sind, die man auf die Kleinsten loslässt. In deinem Fall schon rein menschlich ungenügend. Klar braucht schon so eine Kindermannschaft ihre Erfolgserlebnisse, aber die Meisterschaftsrunde ist lang und es gibt immer eine Anzahl Spiele, in denen der Trainer ruhig mal die Leistungsträger die Ersatzbank drücken lassen soll, um allen die Möglichkeit zu geben, Erfahrungen zu sammeln. Manchem Ersatzspieler fehlt es ja nur an Selbstbewusstsein und Praxis und dem "Leistungsträger" wird vielleicht auf der Bank bewusst, dass er ohne die Mannschaft auch nur ein Kleiner ist. Das mit der sozialen Kompetenz und sozialen Integration wird eben gerne propagiert, aber immer noch zu wenig gelebt.
Deine Eltern waren da vorbildlich, heute sind solche Eltern leider noch rarer geworden. Obwohl Eltern, zelebrieren viele lieber die falsch verstandene Individualität *seufz*.

Liebe Grüsse und einen schönen Tag
C.

PS: Walter, Danke schön für den Link. Der evtl. Einsatz der Gentechnik im Sport wird immer wieder irgendwo diskutiert. Das sich auch das IOC damit befasst, ist o.k., sie wollen sich ja nicht vorwerfen lassen, die Entwicklung wie beim Doping verschlafen zu haben. Aber wenn es wirklich soweit ist, wird man sich doch den Leistungssportler schon als Designer-Baby zusammenbasteln lassen können ;). Dieser Entwicklung sehe ich eigentlich noch gelassen entgegen, obwohl sie für mich eine Perversität darstellen würde.
 
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AW: Doping und die Folgen

Hallo zusammen,

ich hege die leise Vermutung, dass heimliches Doping im Leistungssport alltäglich ist und das nicht erst seit den letzten Jahren.

Allein die immer besser werdenden Nachweismöglichkeiten sind womöglich daran schuld, dass dieser Umstand nicht länger ein wohlgehütetes Geheimnis bleiben konnte, jedenfalls nicht im Radsport.

Der Ehrenkodex des gemeinsamen Stillschweigens, der sich im laufe der Jahre auf breiter Ebene festigen konnte, zeigt Wirkung und so halten die meisten Radprofis - auch diejenigen Wenigen, welche das undankbare Pech hatten und erwischt wurden, meist eisern zusammen.

Man radelt mit unschuldiger Miene fröhlich durch die französischen Lande, erweckt den Eindruck als sei nie etwas von Bedeutung vorgefallen und lügt im Bedarfsfall mit einer Unverfrorenheit, dass selbst die Alpen sich vor Abscheu bögen, so sie denn könnten. Und genau das ist es, was mich dermaßen erschaudern lässt - dies an Borniertheit kaum noch zu überbietende Verhalten der meisten Beteiligten, fußend auf dem Fundament einer eingespielten Ersatzmoral, die solch Verhalten scheinlegitimiert.

Allerdings scheint den meisten Anhängern des Radsports das wiederum relativ unwichtig zu sein, denn die Einschaltquoten der Tour sind - Medienberichten zufolge - sogar noch gestiegen.

Meineserachtens muss der Radsport - sofern Bedarf und Interesse an Dopingfreiheit überhaupt besteht - ganz neu anfangen. Das aber geht wohl nur, wenn alteingefahrene Strukturen aufgebrochen und grundlegende Werte (wie etwa Ehrlichkeit) wieder vor eine eingeschworene Gruppenmoral gesetzt werden.

Beste Grüße,

Philipp
 
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