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Die Selbstbestimmung des Menschen - eine Mär?

M

majanna

Guest
Ich frage mal an: Habt Ihr das Gefühl, Ihr bestimmt Euer Leben selber oder eher das, dass Ihr fremdbestimmt seid?

Als "Einstiegsdroge" - ein Zitat von Adorno.


Was einmal den Philosophen Leben hieß, ist zur Sphäre des Privaten und dann bloß noch des Konsums geworden, die als Anhang des materiellen Produktionsprozesses, ohne Autonomie und ohne eigene Substanz mitgeschleift wird.
Wer die Wahrheit übers unmittelbare Leben erfahren will,muss dessen entfremdeter Gestalt nachforschen, den objektiven Mächten, die die individuelle Existenz bis ins Verborgenste bestimmen.

Theodor Adorno / Zueignung in „Minima Moralia“ – Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Suhrkamp 2001 S.7





Auf eine wahrhafte Diskussion freut sich

Marianne
 
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Original geschrieben von majanna
Was einmal den Philosophen Leben hieß, ist zur Sphäre des Privaten und dann bloß noch des Konsums geworden, die als Anhang des materiellen Produktionsprozesses, ohne Autonomie und ohne eigene Substanz mitgeschleift wird.
Wer die Wahrheit übers unmittelbare Leben erfahren will,muss dessen entfremdeter Gestalt nachforschen, den objektiven Mächten, die die individuelle Existenz bis ins Verborgenste bestimmen.
Jou. Der olle Theodor. In dieser Gesellschaft ist nicht jeder dem selben Maß an Fremdbestimmung unterworfen. Am meisten ist dies noch der Arbeiter, der den ganzen Tag über lediglich als verlängerter Arm einer Maschinerie agiert. Ohne Mitgestaltung, ohne Kreativität. Und: Gab es diese Fremdbestimmung in der vorindustriellen Geschichte nicht auch?Wovon redet unser Theodor? Vom Arbeiter? Kannte er dieses Leben? Oder redete er von SEINER höchst persönlichen "Entfremdung", seinem sich fremd Fühlen, seiner Verdrängung, die er - mangels Erkenntnis - in ein gesellschaftliches Politikum zwängte? Mir sind seine Aussagen zu undifferenziert und - zu wenig real.

Gysi
 
-

Da ich der Meinung bin das wir vom "Ursystem" umschlossen sind, ist es unmöglich das wir selber entscheiden können, da wir unbewusst immer in eine Richtung gelenkt werden.
Wenn man es in einer Konsumgesellschaft betrachtet denke ich das man schon, zumindest in einem Sinn, eine freie Entscheidung gegeben ist, nämlich ob wir in ihr Leben wollen oder nicht.
 
Hallo Leute!
Hallo Gisbert!

....Am meisten ist dies noch der Arbeiter, der den ganzen Tag über lediglich als verlängerter Arm einer Maschinerie agiert. Ohne Mitgestaltung, ohne Kreativität. Und: Gab es diese...

tut mir leid lieber Gisbert doch diese aussage trifft einen arbeiter wie ich es bin, wie ein „vorschlaghammer“ ! (bin noch ganz aus dem häuserl)
zu meiner verteidigung möchte ich ein paar worte an euch/dir richten.

Ich habe nicht studiert!
..weil man von dieser gesellschaft nichts lernen kann, ich nie vorhatte an einem massensyncrondenken teilzunehmen, auch kein verlangen da war mein dasein über ein fachwissen zu definieren und mein bewußtsein vom system geformt zu bekommen. ich sah auch niemals sinn darin das mich eine gesellschaft auf ein funktionalität programmiert und mich zum baustein dieser menschenmasse werden läßt.

Keine bücher! um nicht als durchlauferhitzer für fremdgedanken zu dienen, keine einflüsse von bildungszentren um die gewissheit zu bewahren das es mein kopf ist was da denkt.

selten nachrichten/zeitschriften etc. um nicht in dieser gewaltigen informationsflut zu ertrinken oder gar meinungsmäßig beeinflusst zu werden.

und in jeden fall keine kontakte zu uniprofessoren, egal wie die welt von morgen aussieht, die müssen immer glauben das sie intelligent sind, denn woher sollten sie die fähigkeit besitzen das anzuzweifeln, so haben sie es gelernt.

diese gesellschaft hat kein ziel, keine pespektiven, keine visionen und keine zukunft, die umwelt ist kaputt, die luft beschmutzt, das wasser versaut, tierarten ausgerottet, hunger, krieg, terror, die jugend vergiftet uvm. so geisteskrankeiten wie neid, hass, intoleranz, ignoranz, arroganz, egoismus, habgier etc. haben ein noch nie dagewessenes maximum erreicht.
die gesellschaftspyramide besteht an der spitze ausschließlich aus akademikern, sie treffen die entscheidungen, wir leben das leben nach deren vorstellung, das gewaltszenario im tv würde es nicht geben wäre es nicht die unterhaltung der akademiker, die pilgerfahrten zum innenminister wegen polizeiaufstockung zur verwendung für massenkriminalisierung von jugendlichen würden wir nicht kennen, wenn sie in der lage wären den jungen menschen sinn zu geben und mehr zugehörigkeit bieten als es sektengurus, drogendealer, betreiber von siucideforen etc. tun
wir würden nicht menschen wegsperren, mauern und bomber bauen wenn sie in der lagen wären probleme zu lösen und antworten auf fragen finden.

wäre auch mein geist den datenfriedhöfen (universitäten) zum opfer gefallen, dann müsste ich trotz dieser tatsachen auch glauben das weltweit in allen großstädten von den unis tausende intelligente menschen von band gehen, ich wäre nicht nur gefangener meines wissenskorsetts sondern auch fix montiert in der rangordnung die ich auch geistig hinnehmen müsste. mein gedankenhaushalt würde sich soweit vereinfachen, das ich mir sogar künstliche intelligenz vorstellen könnte und ich würde mich nicht einmal wundern wenn nach 8 millionen jahre geistige entwicklung, menschen die völker anführen die sich nicht durch ihr denken auszeichnen.

vielleicht hätte ich es sogar zum totengräber der menschheit (wissenschaftler) geschafft und müsste dinge erforschen die längst erschaffen wurden, alle meine forschungsgebiete würden ausserhalb meines gehirns stattfinden, ich müsste mich mit lächerlichkeiten wie „warum ist der himmel blau“ oder „die wiese grün“ beschäftigen, geistiger wohlstand wäre mir fremd und ich müsste mich um materielle reichtümer kümmern.
zwangsweise hätte ich die lizenz zum lebenslangen spasshaben.

die wichtigsten fragen dieser welt, sind fragen die sich ein akademiker niemals stellen würde.

viel spass bei nach/mit/vordenken.
gruss van G8 (elektriker)
 
Original geschrieben von ...G8
tut mir leid lieber Gisbert doch diese aussage trifft einen arbeiter wie ich es bin, wie ein „vorschlaghammer“ ! (bin noch ganz aus dem häuserl)
1. Habe ich mit meiner These die Arbeiter nicht beleidigt, sondern ihre Arbeit als härter als die Anderer Arbeit belegt.
2. hast du eine gute Ausbildung, und als Elektriker gebrauchst du deinen Grips. Lech Walesa war auch Elektriker. Da könnte ja einem die Arbeit richtig Spaß machen...:D
..weil man von dieser gesellschaft nichts lernen kann,
Von wem lernst du denn?
Keine bücher! um nicht als durchlauferhitzer für fremdgedanken zu dienen, keine einflüsse von bildungszentren um die gewissheit zu bewahren das es mein kopf ist was da denkt.

selten nachrichten/zeitschriften etc. um nicht in dieser gewaltigen informationsflut zu ertrinken oder gar meinungsmäßig beeinflusst zu werden.
Na, irgend etwas muss dich doch "beeinflussen"?
diese gesellschaft hat kein ziel, keine pespektiven, keine visionen und keine zukunft, die umwelt ist kaputt, die luft beschmutzt, das wasser versaut, tierarten ausgerottet, hunger, krieg, terror, die jugend vergiftet uvm. so geisteskrankeiten wie neid, hass, intoleranz, ignoranz, arroganz, egoismus, habgier etc. haben ein noch nie dagewessenes maximum erreicht.
1.Woher weißt du das?
2. Könnte das Ziel nicht sein, das alles zum Guten zu wenden?
die gesellschaftspyramide besteht an der spitze ausschließlich aus akademikern, sie treffen die entscheidungen,
Blüm war Polier, Joschka hat auch kein Abitur.
wäre auch mein geist den datenfriedhöfen (universitäten) zum opfer gefallen, (...)
vielleicht hätte ich es sogar zum totengräber der menschheit (wissenschaftler) geschafft und müsste dinge erforschen die längst erschaffen wurden,
1. An den Unis wird auch sinnvoll geforscht. Wer hat denn sonst die Instrumentarien dazu, wenn nicht sie?
2. Sollen wir die Unis anschaffen?

Gysi
 
Nun,

ich bin der Ansicht, dass wir sehr eigenbestimmt sind. Situationen werden gegeben und jeder bestimmt die Erfahrung, die er damit macht. Einer der findet das Glas halbvoll der andere findet es halbleer (um ein bekanntes Beispiel zu nennen).

Wir entscheiden heute nach unserem Gefühl etwas zu tun und nicht etwas anderes. Dann entscheiden wir uns, wie wir darüber empfinden.

Wir können in der stadt leben oder in den bergen, wir haben viele möglichkeiten uns zu verwirklichen. Der wo es liebt zu jammern, kann sich dafür entscheiden, der wo es liebt alles schön zu finden, kann sich hierfür entscheiden.

Jedem das seine und da kann wirklich jeder frei entscheiden, was er daraus für sich macht oder ob er lieber die gefühle von anderen annimmt. Springt der eine in den Fluß, der andere hinterher - ist auch ne möglichkeit, keine frage.
 
@ G8 @ Gisbert


Na, hab ich mirs doch gedacht, das Du, lieber Gisbert ins Marx`sche Horn stößt. Entfremdung nur als Entfremdung des produzierenden Menschen vom Produkt, das er produziert.siehst.

Das war natürlich zu seiner Zeit- frühes 19. Jh auf der Hand liegend: der Handwerkerstand, bei dem der Erzeuger sein Produkt nicht nur selbst fertigt, sondern es auch noch selbst vermarktet, verlor seine gesellschaftskonstuierende Bedeutung: der Lohnarbeiter war im Regelfall nicht nur ein entrechteter , ausgebeuteter Mensch,sondern auch noch ein seiner Arbeit entfremdeter, begann erst - nicht zuletzt aufgrund Marx`scher Ideologien - seine gesellschaftkostituierende Macht zu erahnen.

Und Deine Worte müssen einen heutigen Arbeiter abstoßen. jeder Mensch, der Staatsbürger ist, hat gleiche Rechte.

@ G8: Deinen Stolz auf Deinen Beruf finde ich sympathisch.

Doch Du siehst-eben so wie Gysi - nicht die Stoßrichtung meiner Frage: mir geht es nicht um , nicht nur um die Entfremdung des modernen Menschen, die durch ihren ökonomischen Status hervorgerufen wird.
Aber, es sei Dir gesagt: auch Akademiker, die ehrlich sind, erleben ihren Beruf sehr oft als entfremdet. ich war Lehrerin, ein klassicher Beruf am Menschen - eigentlich per se nicht als entfremdbar definiert. Na, denkste! Schulunterrichtsgesetz, Lehrpläne, Stundenpläne: kurz, es ist sehr vieles sogar in diesem Beruf fremdbestimmt. Und: ob ich als Lehrkraft mein Ziel, die Studierenden zur Mündigkeit im Urteil und Denken geführt zu haben, erreicht habe, konnt ich (fast) nie erleben.


Nun: ich komme auf den Punkt: wir leben heute in so unüberschaubaren Systemen, die uns Angst machen. Angst ist die erste Voraussetzung für Entfremdung.

Einige Schlagworte: der Mensch als Konsument
der Mensch als Angehöriger von Institutionen
der Mensch als Staatsbürger

Hier - und noch in größeren Zusammenhängen erlebe ich mich als entfremdet - als nicht bei mir selbst, als Spielball mir unbegreiflicher Mächte.

Es ist undifferenziert, Menschen in Akademiker, Kopf- und Handarbeiter, Proleten und brave Bürger usw usw einzuteilen.
Diese Einteilungen sind bereits Mittel der Entfremdung des Menschen von sich selbst.



G8, Bleib bei uns . mir scheint, Du hast viel zu sagen.
 
Re: -

Original geschrieben von Charybdis
Da ich der Meinung bin das wir vom "Ursystem" umschlossen sind, ist es unmöglich das wir selber entscheiden können, da wir unbewusst immer in eine Richtung gelenkt werden.
Wenn man es in einer Konsumgesellschaft betrachtet denke ich das man schon, zumindest in einem Sinn, eine freie Entscheidung gegeben ist, nämlich ob wir in ihr Leben wollen oder nicht.



Hallo, Charybdis


So - von Deinem Denkansatz gesehen - ist die Frage nach der Selbstbestimmung gar nucht gegeben. Du sagts selber, dass wir "in eine Richtung gelenkt werden".

Dieser Ansatz ist mir zu fatalistisch, religiös oder wie immer Du willst.

Und als einzige selbstbestimmte Entscheidung die Entscheidung zum Suizid anzerkennen fehlt mir die Einfühlungsgabe.


Freundliche Grüße

Majanna
 
Spielen wir ein Spiel

Ein Kind kommt zur Welt ( es gibt nichts schöneres ). Was geben wir dem Kind mit auf den Weg. Liebe klar. Ehrlichkeit, sehr gut. Fleiss: da haperts bereits in der Pubertät. Stolz: ist Stolz gut oder schlecht ? Selbstvertrauen: da steckt doch der Wurm drin.
Das Selbstvertrauen um genau dass zu machen was man will und trotzdem gesellschaftsfähig zu bleiben. Das funktioniert doch gar nicht. Wir sind deffinitiv Marionettten unseres eigenen Konstruktes und wir erziehen unsere Kinder instiktiv zum Überleben, d.h. zum möglichst starken Individuum im Konstrukt. Es mag sein dass manche entfliehen könne, jedoch wurden sie bereits geprägt. Vor diesen Erinnerungen kann mann nicht entfliehen. Gefangen in der modernen Welt die in den letzten Winkel dieses Erdbals dringt.
Das tönt so nach Weltuntergangsstimmung. Ich mag dieses Leben, ich mag dieses Zeit und ich glaube an ein Leben ohne bedrückenden Zwang.
 
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Hallo, Fisch!


Wenn ich Dich richtig lese, fühlst Du Dich den gedanken der Postmoderne verpflichtet.
Lyotard sagt im Vorwort zu seinem Werk "Das postmoderne Wissen" ungefähr folgendes:

( Ich vereinfache, weil ich es nur in meinen einfachen Worten wiedergeben kann)

Das Leben ist schon immer kommentiert worden.Dazu braucht es Wissen. Dieses Wissen ist weitergegeben worden, zunächst ganz unkritisch, später setzte der Zweifel, die Skepsis ein. Die Metasprache - das Reden über etwas - die Philosophie wurde geboren.
Dieses Wissen und die auf der Metaebene stattgefundene philosophische Betrachtung ist aber nie absolute Wahrheit - weil wir diese ja nie beweisen können, sie bietet sich einer einzelnen Perspektive nicht dar, sie kann nur erzählt werden. Das tun die einzelnen Wissenschaften. Lyotard nennt das narratives Wissen und die Denkgebäude ( geschlossene Philosophiesysteme) "Erzählungen". Nachdem aber so viele "Erzählungen "durch die Geschichte widerlegt wurde : der Vernunftglaube der Aufklärung durch die Inhumanität und Unvernunft - (NS- Zeit) beispieldweise ist allen Systemen gegenüber äußerste Skepsis angebracht.


Er meint damit - so glaube ich, dass wir Wissen und Wissensvermittlung nicht ableugnen sollen, dass es uns aber bewusst sein sollte, dass wir das Leben nicht nach dogmatischen Ordnungsprinzipien ( Ursprung - Verlauf - Ziel -: christliche Ideologie z.B. Sieg der Vernunft : Hegel )sehen dürfen, sondern dass der moderne Mensch sich der Sprachspiele, die er in bestimmten Situationen anwenden muss, um zu überleben, bewusst sein muss. Nur so wird er ideologieunanfällig.


Und mein Gedanke dazu: Nur so kann er seiner Entfremdung entgegenwirken, indem er mit ihr lebt, sie erkennt.

Nur wenn ich erkenne, dass ich mein Kind - um in Deinem Beispiel zu bleiben - nach Ideologien (Fleiß, Stolz ) erziehe, kann ich ihm und mir beibringen, dass diese "Tugenden" für sich allein : ich sage mal, zur Entfremdung führen können. Der nur Fleißige kann am Objekt seines Fleißes ( dem Beruf z.B.) zur Entfremdung seiner selbst kommen. Er verliert die Freude am Nichtstun, der Muße.

Mir sind beim Lesen Deines Posts diese Zusatzgedanken gekommen, denn Deine Worte haben mich darauf gebracht: wir Menschen agieren in verschiedenen Rollen in jeweils verschiedenen Sprachspielen erkennbar. ( Ich fluche als Fahrradfahrerin über die blöden Autos und mache als Autofahrerin denselben Blödsinn und tobe dann auf die Radler.)

Und - obwohl wir in Erkenntnis des Widerspruches verzeifeln könnten -kannst Du zu Recht sagen "Ich mag dieses Leben," .

Nur den zweiten Teil Deines Satzes würde ich anders formulieren. nicht:"ich glaube an ein Leben ohne bedrückenden Zwang.", sondern : obwohl ich um den bedrückenden Zwang - um die Entfremdung - weiß.


Liebe Grüße

Majanna
 

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