AW: Der Zweck heiligt die Mittel?
Hallo Muzmuz!
Was bedeutet es für dich, die Verantwortung zu übernehmen?
Ich hab das nicht deswegen so formuliert, weil ich zu feige bin und diese Verantwortung nicht nehmen
will. Ich meine wirklich, ich KANN es nicht, und ich meine sogar, niemand kann es.
Im Fall einer Flugzeugentführung haben die Verantwortung die Entführer. Sie haben die Situation willkürlich herbeigeführt. Alles was noch möglich wäre, den Schaden so gering wie möglich zu halten, liegt im Bereich der Spekulation, weil es zu viele Unbekannte in dieser Rechnung gibt. Wofür würde man denn in dieser Lage die Verantwortung übernehmen? Und warum ist es eigentlich so schwierig, hier zuzugeben, dass man in einem solchen Fall einfach hilflos zusehen muss, wie ES geschieht. Im Fall eines technischen Gebrechens (wie beim Waggonbeispiel) noch hilfloser als bei einem Verbrechen. Denn dort kann man wenigstens einen Schuldigen benennen.
Hallo Lilith,
zwischen verschiedenen folgen entscheiden zu
können heißt verantwortung zu haben
verantwortung wahr zu nehmen heißt zu entscheiden und zu seiner entscheidung und deren folgen zu stehen
in den szenarien wurde dir bzw dem jenigen, der sie durchdenkt, die entscheidung und mit ihr die verantwortung aufgezwungen
wie auch im leben bekommt man manchmal verantwortung aufgebrummt, ohne dass man es will oder man etwas "dafür kann"
da du die situation begreifst und dein geist es dir ERMÖGLICHT dich zu entscheiden (wenn ein hund oder ein kleinkind das szenario beobachtete, wäre dem nicht so), hast du automatisch die verantwortung
also von "nicht können" kann keine rede sein, denn du hast sie schon
es kann nur mehr von -nicht wollen- gesprochen werden
die flugzeugentführer hätten die alleinige verantwortung für die entführung
ob das flugzeug aber abgeschossen wird oder nicht, ist nicht deren entscheidung, sondern letztendlich jene des militärs, innenministeriums oder dem jenigen, der die entscheidung in dem fall zu treffen hat
da das militär damit auch verantwortung über die entscheidung zum abschuss hat, muss sich auch jener moralisch damit auseinander setzen, und das wird der entscheidungsträger auch
hätte er keine wahl, müsste er nicht überlegen oder entscheiden, sondern lediglich ausführen
natürlich haben die entführer auch verantwortung für einen etwaigen abschuss, da sie die entscheidungsträger mit ihrer entführung in eine zwangslage gebracht haben
da aber der entscheidungsträger ebenfalls die macht hat, ins geschehen einzugreifen, fällt ihm ebenso verantwortung zu
zum
Und warum ist es eigentlich so schwierig, hier zuzugeben, dass man in einem solchen Fall einfach hilflos zusehen muss, wie ES geschieht.
warum MUSS man einfach hilflos zusehen ?
in den dilemmas ist man nicht hilflos, man kann in das geschehen eingreifen
es ist eindeutig in den beschreibungen festgelegt....man hat die wahl, und egal, was man tut oder auch nicht, man hat sich entschieden, das ist auch der punkt
wenn man nur zusieht hat man bewusst, sofern man das szenario begreift, einen bestimmten vorhersehbaren, aber vermeidbaren ausgang zugelassen, also ebenfalls eine entscheidung getroffen
wirklich hilflos zusehen müsste man beispielsweise vom balkon eines hauses, wenn ein tsunami die menschen auf der straße unten wegspült....denn hier hätte man keine möglichkeit in das szenario einzugreifen, folglich auch keine verantwortung für das geschehen
aber glaubst du wirklich, passivität würde schuld mildern ?
folgendes szenario:
A schießt auf B
A entfernt sich, B liegt schwer verletzt auf der straße
C kommt vorbei, sieht B und erkennt, dass B sterben wird, wenn er ihm nicht hilft
er hat ein handy dabei und somit die möglichkeit, die rettung zu rufen
durch das erkennen der situation wird C moralisch (auch rechtlich, aber das nur nebenbei erwähnt) in die pflicht genommen, B zu helfen
egal ob er will, er hat nun verantwortung
dadurch, dass er helfen KANN (er hat ein handy dabei) und es ihm möglich ist zu entscheiden ob er ihm hilft oder nicht, hat er nun verantwortung über das schicksal von B (nicht unbedingt die alleinige, denn wenn A ebenfalls weiß, dass B noch lebt und er ihn noch retten könnte, hätte er ebenfalls eine pflicht, nämlich zurück zu kehren und B zu retten)
die frage, ob C die verantwortung übernehmen KANN stellt sich nicht mehr, er hat sie schon
ob er will oder nicht ist eine andere frage, aber moralisch unwichtig, denn C steht moralisch schon in der pflicht
C entscheidet sich nicht zu helfen, bleibt also passiv, und lässt B sterben
hat deiner meinung nach C weniger schuld am tod von B, lediglich weil er passiv blieb ?
als zweites beispiel fällt mir gerade eine szene von desperate housewives ein: brees mann hat einen herzinfarkt und bittet bree röchelnd, die rettung zu rufen
sie erkennt die situation und zögert absichtlich (entscheidet sich also bewusst für zumindest temporäre passivität im wissen, dass ihr mann dadurch wahrscheinlich sterben wird)
stirbt er dann (ich weiß nicht mehr, ob er das getan hat, aber mal angenommen, er starb), war es dann weniger ein mord, wenn das hinauszögern des rettungsrufes ursächlich für dessen tod war ?
nur weil sie passiv war ?
ich weiss, dieses szenario ist ein anderes als die dilemmas, weil B bzw bree helfen hätte können ohne anderen zu schaden
aber hier geht es auch um eine andere frage, nämlich, ob man durch passivität eine geringere schuld auf sich laden könne
mir erscheint diese frage nun wichtig, da mich deine aussagen annehmen lassen, dass du meintest, durch "blosses geschehen lassen" würde man keine schuld auf sich ziehen
(btw, wie immer bei diesen umfragen geschieht auch hier, dass (mit joan05 und dir) eher frauen auf passivität setzen, um sich zumindest in ihren augen der verantwortung zu entziehen

)
lg,
Muzmuz
lg,
Muzmuz