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Die Ostseeküste

G

Gaius

Guest
Die wunderbare deutsche Ostseeküste. Wir sind geflohen, wurden vertrieben aus der Neumark, aus Westpreußen; bis heute haben wir kein verbrieftes Recht auf Rückkehr in unsere Heimat. Statt unserer, die wir das Land bald eintausend Jahre kultiviert hatten, wurden Ukrainer und Weißrussen angesiedelt, wiederum ihrer Heimat beraubt, bis heute an der Küste nicht heimisch. Doch Ostpreußen bleibt uns entrissen...

Ist nicht die Europäische Union ein eleganter Weg, wenigstens den Nachkommen der Vertriebenen, Geflohenen die Rückkehr in die Heimat zu erleichtern?
 
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Gaius schrieb:
Ist nicht die Europäische Union ein eleganter Weg, wenigstens den Nachkommen der Vertriebenen, Geflohenen die Rückkehr in die Heimat zu erleichtern?
Nur der Tatsache, dass ich die Ostsee (Halbinsel Darß) so sehr liebe, veranlasst mich zu antworten.

Deine Frage kann mit einem klaren "Ja" beantwortet werden. Grundsätzlich hat jeder Unionsbürger - also auch jeder Deutsche - das Recht, sich in einem Land der EU frei niederzulassen und dort Grund zu erwerben. Polen, Lettland, Litauen, Estland sind alles Mitglieder der EU. Bis auf den russisch okupierten Teil Ostpreußens kannst Du also zurück. Nur zu! - Ich weiß aber nicht, welche verwaltungsmäßigen Hürden dabei zu überwinden sind. Etwas schwieriger als in Spanien, wo Deutsche Grundstücke so leicht erwerben können wie in Deutschland wird's schon werden.

Viel Glück, Gaius.

Ziesemann
 
wenigstens den Nachkommen der Vertriebenen, Geflohenen die Rückkehr in die Heimat zu erleichtern

wieso sollten die Nachkommen das wollen?

ich war auch noch nicht in Bessarabien (liegt nördlich der Donau-Mündung),
was soll ich dort?
 
Zuletzt bearbeitet:
Heimat ist dort, wo ich mich wohl fühle!

Hallo Gaius!

Gaius schrieb:
Ist nicht die Europäische Union ein eleganter Weg, wenigstens den Nachkommen der Vertriebenen, Geflohenen die Rückkehr in die Heimat zu erleichtern?

Ich denke eher nicht, denn die Politiker haben klar zum Ausdruck gebracht, dass sie kein Interesse daran haben, an dem momentanen Status der ehemaligen deutschen Ostgebiete etwas zu ändern. Es ist auch nicht zu erwarten, dass die dortigen Nachgeborenen in diesen ehemaligen deutschen Gauen, besonderen Wert darauf legen, dass Deutsche zurückkehren, und wenn, dann nur unter der Voraussetzung, dass sie sich assimilieren.
Ich jedenfalls habe nicht das Bedürfnis in meine böhmische Heimat zu gehen, denn noch immer hallt der Gruß in meinen Ohren:
Dobry den! - Nemci wen!
(Guten Tag! – Deutsche raus!)

Heimat ist da, wo ich meine Freunde habe, wo ich als Mensch anerkannt werde, deshalb habe ich keinerlei Gelüste, auch wenn die ehemalige Heimat – das böhmische Mittelgebirge – eine noch so reizvolle Landschaft ist.
Ich bin in meinem Leben oft umgezogen, aber dort wäre ich Fremder unter Fremden, was ich nur im äußersten Notfall, noch einmal sein möchte.

Für mich ist die ehemalige Heimat ein Teil Vergangenheit, der fast soweit zurückliegt wie eine frühere Inkarnation.

Aber auch die Nachgeborenen, der deutschen Vertriebenen, haben ihre Heimat wo anders, wenn auch die Wurzeln durch die Eltern in die Vertreibungsgebiete reichen.

MfG
J.A.
 
Ich habe immer Schwierigkeiten zu begreifen, warum man im Fortum so oft aneinander vorbeiredet. Es geht doch nicht darum, ob Vertriebenenverbände noch sinnvoll sind oder nicht, ob die Nachkommen der Vertriebenen in die Heimat ihrer Vorfahren zurückwollen oder nicht, sondern ausschließlich um die rechtliche Möglichkeit. Diese haben sie, soweit die Vertreibungsgebiete im Hoheitsbereich der EU liegen. Ob man von einem verbrieften Recht Gebrauch machen kann oder will, ist keine Rechtsfrage mehr.
Mit dem Deutschlandvertrag vom 3. Okt. 1990 hat die BRD auf alle Gebietsansprüche verzichtet und die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Grenzen als unverletzbar bezeichnet. Damit gibt es kein Gebiet mehr, das der BRD angeschlossen werden oder ihr beitreten könnte.
Ziesemann
 
"Schlesien bleibt unser!"

Ziesemann schrieb:
Mit dem Deutschlandvertrag vom 3. Okt. 1990 hat die BRD auf alle Gebietsansprüche verzichtet und die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Grenzen als unverletzbar bezeichnet. Damit gibt es kein Gebiet mehr, das der BRD angeschlossen werden oder ihr beitreten könnte.
Das hat sich leider noch nicht überall herumgesprochen; soweit ich weiß, räumt das Grundgesetz nach wie vor jeder Region, die sich aus freien Stücken dazu entschließt, die Beitrittsmöglichkeit zur BR Deutschland ein. Lediglich eine Aneignung von Gebieten seitens des Bundes ist rechtswidrig - so wie der Bund in seinem Selbstverständnis ohnedies eine freiwillige Vereinbarung zwischen selbstbestimmten Ländern ist, wie uns z.B. der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion des Bundestages, Wolfgang Bosbach, erhellend mitteilt.

Ich kann mich jedoch noch ganz gut daran erinnern, daß die Anerkennung / Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Linie als verbindlicher Ostgrenze der Bundesrepublik in der Diskussion um den Einigungsvertrag (der Deutschlandvertrag wurde 1952 zwischen der Bundesrepublik und den Westalliierten zwecks Regelung der Stationierung alliierter Streitkräfte geschlossen und berührt die Frage der deutschen Ostgrenze nur peripher) ein brisantes Thema war - und ich durfte mich neulich im schlesischen Görlitz sogar darüber belehren lassen, daß ja eigentlich eine ganz andere Neiße (nämlich ein weit östlich fließendes Wasser angeblich gleichen Namens) gemeint sei... dem bin ich jedoch nicht weiter nachgegangen, zu absurd erschien mir solche Behauptung...

... nun sei weiter auch dahingestellt, inwieweit Schlesien nicht der Inbegriff von Heimat schlechthin sei; aber daß eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt sich "mitteldeutsch" nennen kann, spricht doch sehr dafür, daß allen Verträgen zum Trotz "Ostdeutschland" bei vielen Deutschen mental nicht auf dem Gebiet der früheren DDR liegt.

Wenn ich jetzt noch den überzeugten Europäer und Transatlantiker Helmut Kohl erwähne, der anno 1986 erst dann sich bereit erklärte, auf dem "Schlesiertag" zu sprechen, nachdem das Motto "Schlesien bleibt unser!" in "Schlesien bleibt unsere Zukunft in einem Europa freier Völker" abgeändert wurde, haben wir uns zwar etwas von der Ostseeküste zum Süden entfernt - nicht aber von einer Mentalität, die böse Zungen "Deutsch-Europa" als Motor einer diesmal friedlichen Vereinigung des Kontinents nennen.
 
Hallo Schlesier

Jetzt wird die Diskussion ernsthafter.

Gaius schrieb:
Das hat sich leider noch nicht überall herumgesprochen; soweit ich weiß, räumt das Grundgesetz nach wie vor jeder Region, die sich aus freien Stücken dazu entschließt, die Beitrittsmöglichkeit zur BR Deutschland ein.
So stand es nicht im Grundgesetz. Dort heißt es "andere deutsche Gebiete..." nicht irgendeine X-beliebige Region.
Im Deutschlandvertrag hat die BRD ausdrücklich anerkannt, dass es keine deutschen Gebiete mehr gibt, der betr. Artikel ist, wie Verfassungsjuristen´das nennen, nach dem Beitritt des Saarlandes und der DDR "erschöpft", es gibt rechtlich keine Beitrittsmöglichkeit mehr. Der betr. Artikel wurde deshalb auch gestrichen und durch eine andere Bestimmung (Europa-Artikel) ersetzt.
Ich kann mich jedoch noch ganz gut daran erinnern, daß die Anerkennung / Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Linie als verbindlicher Ostgrenze der Bundesrepublik in der Diskussion um den Einigungsvertrag (der Deutschlandvertrag wurde 1952 zwischen der Bundesrepublik und den Westalliierten zwecks Regelung der Stationierung alliierter Streitkräfte geschlossen und berührt die Frage der deutschen Ostgrenze nur peripher) ein brisantes Thema war -
Stimmt, aber mit dem Deutschlandvertrag - ich möchte mich aber nicht dauernd wiederholen müssen - der mit der Wíedervereinigung am 3. Okt. 1990 wirksam wurde, ist auch diese Rechtsposition überholt. Es gibt keine deutschen Gebiete mehr, die beitreten könnten.
#und ich durfte mich neulich im schlesischen Görlitz sogar darüber belehren lassen, daß ja eigentlich eine ganz andere Neiße (nämlich ein weit östlich fließendes Wasser angeblich gleichen Namens) gemeint sei... dem bin ich jedoch nicht weiter nachgegangen, zu absurd erschien mir solche Behauptung...
Da ist was dran! Es geht die fama, dass jener US-Offizier, der den Grenzverlauf in eine Europakarte einzeichnete, versehentlich die weiter westlich verlaufene Neiße gewählt hatte. Niemand hat den Fehler bemerkt, jedenfalls keiner der Westmächte und die SU hat, wenn sie es gemerkt haben sollte, natürlich geschwiegen. Alle damals verantwortlichen Personen sind tot und können nicht mehr befragt werden.

Helmut Kohls Haltung war außenpolitisch-taktisch bestimmt. An seinem Patriotismus ist kein Zweifel erlaubt - vergleich ihn nur mal mit dem Vaterlandsverräter Lafontaine.
Beste Grüße - auch nach Schlesien - Ziesemann
 
Zuletzt bearbeitet:
Pardon, Ziesemann, Du wirst Dich wohl doch noch einmal wiederholen müssen:
mit dem Deutschlandvertrag - ich möchte mich aber nicht dauernd wiederholen müssen - der mit der Wíedervereinigung am 3. Okt. 1990 wirksam wurde, ist auch diese Rechtsposition überholt.
- da gibt es wohl einen Vertrag, der in der Literatur manchmal "Zweiter Deutschlandvertrag" heißt, der diesen Namen jedoch sicherlich nicht ohne verwirrende Absicht erhalten hat. Wie bitte lautet also der korrekte Titel dieses Vertrages?

Jetzt wird die Diskussion ernsthafter.
In der Diskussion des Gebildes, das ich polemisch "Deutsch-Europa" nenne, ist die Lektüre dieses Aufsatzes sicher von Interesse, wenn nicht erheiternd, aufgrund der anmaßenden These der Verfassungswidrigkeit der EU-Föderation:
http://migration.uni-konstanz.de/content/students/seminare/ss2003/Seminararbeit_Sebastian_Thies.pdf

Grüße, Gaius
 
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Gaius schrieb:
Pardon, Ziesemann, Du wirst Dich wohl doch noch einmal wiederholen müssen:
- da gibt es wohl einen Vertrag, der in der Literatur manchmal "Zweiter Deutschlandvertrag" heißt, der diesen Namen jedoch sicherlich nicht ohne verwirrende Absicht erhalten hat. Wie bitte lautet also der korrekte Titel dieses Vertrages?
Richtig. Es gab schon mal einen Vertrag gleichen Namens, nämlich aus dem Jahre 1954, abgeschlossen zwischen BRD und den 3 Westmächten. Er trug eigentlich den Namen "Generalvertrag" und gab der BRD eingeschränkte Souveränitätsrechte. Aus propagandistischen Gründen wertete ihn die Bundesregierung zum "Deutschlandvertrag" auf, obwohl das falsch war, denn er bezog sich eben nicht auf ganz Deutschland sondern nur auf den westlichen Teil.
Dagegen trägt der "2+4-Vertrag" von 1990 den Titel Deutschlandvertrag zurecht, denn er gilt für Gesamtdeutschland, ist - ohne diesen Namen zu bekommen - zugleich ein Friedensvertrag und gibt der erweiterten BRD die volle Souveränität in allen innen- und außenpoltischen Fragen, die aber zu diesem Zeitpunkt durch die EU bereits stark eingeschränkt ist.
Für die Frage der Betrittsfähigkeit weiterer Gebiete aber sind diese Benamsungen irrelevant, es gibt kein Beitrittsrecht mehr.
Ich hoffe, Dir damit Deine Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben; normalerweise - dickes smile! - verlange ich für solche privatissime Honorar. - Solltest Du jedoch weitere Fragen haben, dann musst Du Dich leider rd. 15 Tage gedulden, weil ich verreise und auf Reisen bin ich aus Überzeugung stets "OFF".

Zu Deinem Linkhinweis: Ich klicke so gut wie nie solche an, es ist also nicht gegen Dich persönlich gerichtet, wenn ich auch diesmal so verfahre.

Beste Grüße - Ziesemann
 
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