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Warum fehlt es den Alten an Weisheit?

AW: Warum fehlt es den Alten an Weisheit?

Ich hatte eigentlich nie die Vorstellung dass alte/ältere Menschen weise sein müssten. Eigentlich hat es mich viel mehr fasziniert, wenn sie Schwächen oder Irrtümer zugeben konnten. Besonders bei berühmten Menschen, die das in künstlerischer Form mach(t)en, beeindruckt es mich. Auch wenn es oft zur Selbstdarstellung gehört.

Ich habe noch heute Worte von Heinz Rühmann aus seinem Lied "Ich weiß" im Ohr. Er spricht darüber, was er im Laufe seines Lebens geglaubt hat, zu wissen, und gibt am Ende zu: "Nichts weiß man, nichts".
Hier ist eine klitzekleine Hörprobe dabei: "Ich weiß"

Das ist eigentlich die größte Erkenntnis; denn der Mensch kann Wissen und Können erwerben soviel er will, er wird das Leben und die Schöpfung trotzdem niemals verstehen.

Auch Curd Jürgens gab einmal zu, dass er zwar 60 Jahre, und trotzdem kein bisschen weise sei.
Solche Erkenntnisse halte ich für sehr weise. :)


Grüße von FirstDay.
 
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AW: Warum fehlt es den Alten an Weisheit?

gerda jun betrachtet in ihrem buch *charakter* die unterschiedlichen grundpotentiale für charakter, mit denen wir auf die welt kommen.
sie unterscheidet das dynamische potential, das emotive, das archische und das kontemplative. weisheit kommt aus dem kontemplativen potential und nur menschen mit einem hohen kontemplativen potential sind ihrer meinung nach besonders zur weisheit befähigt. das kontemplative pot. ist gleichzeitig das phylogenetisch jüngste und nur bei ca. 10% der bevölkerung ausgeprägt. bzw. angelegt.
insofern stimmt, dass es zur weisheit einer besonderen *begabung* bzw. grundvoraussetzung bedarf. das würde auch erklären, warum es so viele *alte* gibt, welche merkwürdig unreif scheinen und ein relativ unreflektiertes leben führen. wobei man sicherlich erst einmal den begriff *weiheit* endgültig klären müsste. als einizige beschäftigung mit *literatur* jeden tag das werbeblatt zu lesen, auf der suche nach der billigsten feinfrostente, entbehrt sicher einer gewissen weisheit.
aber was ist eigentlich weisheit?

marek
 
AW: Warum fehlt es den Alten an Weisheit?

aber was ist eigentlich weisheit?

Ich weis nicht... :)

Aber im Ernst, dass so ein "kontemplatives Potenzial" dazu gehören könnte, erscheint mir einleuchtend.
Aber es ist bestenfalls notwendige, nicht hinreichende Voraussetzung für Weisheit, meine ich.
Sonst wären kontemplativ veranlagte Kleinkinder auch schon weise.

LG, pispezi :zauberer2
 
Weisheit hat etwas mit Lebenserfahrung und Reife zu tun, damit, dass Einsichten und Verhaltensweisen zutreffen, weil man Situationen erkennt, in denen sie angemessen sind.
Weisheit hat also eine starke subjektive Komponente und unterscheidet sich dadurch von intersubjektiv erfahrbarem Wissen u.a. Kenntnissen.

Als älterer Mensch bin ich der Meinung, Weisheit kann aus einem großen Wissen oder aus einem reichen Erfahrungsschatz entstehen, muss aber nicht. Sie hängt nur in einem gewissen Ausmaß von beidem ab.

Ein blitzgescheiter Mensch mit hohem Wissen muss in seiner Lebensbewältigung nicht unbedingt weise sein. Ein unbelesener Fabriksarbeiter mit gewöhlicher Lebenserfahrung aber sehr wohl. Deshalb muss für Weisheit eine gewisse Ader vorhanden sein, eine Art Veranlagung, Talent. So ergibt sich, dass Weisheit nicht wirklich vom Alter abhängig ist. Das heißt, auch junge Leute, siehe Benjamin, können weise sein, sehr weise sogar. Man darf das nicht von Lebenserfahrung und hohem Wissen abhängig machen.

:guru: Oh danke, ihr beiden! Welch schönes Gefühl, dass es noch jemanden außer Kathi gibt, die meine Sicht verstehen und (zumindest teilweise) teilen können.

Reinwiel hat meine Ansicht von Weisheit wunderbar auf den Punkt gebracht. Im Unterschied zu Pispezi würde ich wahrscheinlich Newton als keinen großen Weisen bezeichnen, wohl aber als großen Physiker und blitzgescheiten Menschen.
Intelligenz und Weisheit sind für mich zwei völlig verschiedene Dinge, wenngleich Intelligenz Weisheit fördern mag, so stellt sie keine Garantie für das Erlangen von Weisheit dar.

pispezi schrieb:
Heute ist Weisheit ein sinnleerer Begriff, weil niemand mehr das notwendige umfassende Wisssen und die Zeit zu seiner geistigen Verarbeitung hat. Außerdem wäre es übermorgen veraltet.

Hier sieht man ganz deutlich, dass unsere Vorstellungen von Weisheit völlig auseinander gehen. Weisheit ist niemals überholt, Wissen (wie im üblichen Sprachgebrauch) aber sehr wohl. Goethes Faust enthält m.E. z.B. viel Weisheit, die heute noch so aktuell ist wie damals.

Weisheit ist für mich kein Wissen, sondern mehr eine Art und Weise wie man Dinge betrachtet, wie man spricht, wie man denkt und wie man handelt. Eine liebende Grundhaltung sozusagen. Die jedoch für gewöhnlich immer mit Wissen und Lebenserfahrung einhergeht und deshalb wohl auch gerne miteinander verbunden oder verwechselt wird.

Das meinte ich mit "Wer weise ist, streitet nicht". Wozu auch?

Menschen z.B., die an der Atombombe gearbeitet haben, waren größtenteils sehr intelligent und - wenn man so sagen will - wissend. Aber weise waren sie in meinen Augen nicht. Es sei denn sie arbeiteten schon mit dem Gedanken an der Bombe, dass diese einmal den Kalten Krieg bei einem kalten belassen könnte. Aber das war wohl nicht der Fall. Sie setzten ihre Intelligenz für zerstörerische Dinge ein. Die geschah für mich aus Mangel an Weisheit.
 
AW: Warum fehlt es den Alten an Weisheit?

Weisheit ist für mich kein Wissen, sondern mehr eine Art und Weise wie man Dinge betrachtet, wie man spricht, wie man denkt und wie man handelt. Eine liebende Grundhaltung sozusagen. Die jedoch für gewöhnlich immer mit Wissen und Lebenserfahrung einhergeht und deshalb wohl auch gerne miteinander verbunden oder verwechselt wird.

Das meinte ich mit "Wer weise ist, streitet nicht". Wozu auch?

Na dann habe ich es ja schon richtig verstanden:
Der Weise ist erstmal grundsätzlich gut, ärgert sich nie, beherrscht jedes negative Gefühl in sich meisterhaft, ist zudem erfahren und ggf. noch belesen und intelligent.
Dann muss der Weise noch vollkommen friedfertig und ein Meister der Konfliktvermeidung sein (Einsiedler am besten - da war doch ein Zitat von Windreiter oder Oktoberwind in diese Richtung...?).

Das ist Märchenland, damit kann ich nichts anfangen, bin dann weg. :)

LG, pispezi :zauberer2
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Warum fehlt es den Alten an Weisheit?

Na dann habe ich es ja schon richtig verstanden:
Der Weise ist erstmal grundsätzlich gut, ärgert sich nie, beherrscht jedes negative Gefühl in sich meisterhaft, ist zudem erfahren und ggf. noch belesen und intelligent.
Dann muss der Weise noch vollkommen friedfertig und ein Meister der Konfliktvermeidung sein (Einsiedler am besten - da war doch ein Zitat von Windreiter oder Oktoberwind in diese Richtung...?).

Das ist Märchenland, damit kann ich nichts anfangen, bin dann weg. :)

:ironie:Immer wenn es "eng" wird sieht man dich "(wort)akrobatisch" davonlaufen:zauberer2
 
AW: Warum fehlt es den Alten an Weisheit?

:ironie:Immer wenn es "eng" wird sieht man dich "(wort)akrobatisch" davonlaufen:zauberer2

Ich will mich nun mal nicht mit irgendwelchen Chimären beschäftigen, deren Anforderungen höchstens Götter oder Engel erfüllen könnten.
Deshalb auch das Fehlen dieser Supercharaktere in der älteren Bevölkerung, worüber sich Ben so wundert.

Beispiel:
War der von Ben angeführte weise Goethe friedfertig und GUT? Nein, er war ziemlich streitbar und öfter ein ziemlicher Lump - soviel zum weisen Autor des "Faust".

Aber Nun ists gut, es gibt ja zu dem Thema auch nichts mehr zu besprechen. Ben und einige andere haben ihre klar ausgesprochene Auffassung, die ich komplett ablehne, was ich hier auch begründet habe. Mehr geht nicht.
Man soll ja nicht streiten... :)

LG, pispezi :zauberer2

PS: Wenn ich dann in 100 Jahren selbst ein Weiser geworden bin, schreib ich Euch vielleicht, wie das so ist. :ironie:
 
AW: Warum fehlt es den Alten an Weisheit?

ich habe eine zeitlang an geleiteteten buddhistischen meditationen teilgenommen. dort sah ich diesen typ mensch, den ben heraufbeschwört: leise, weise, lächelnd, vollkommen ausgeglichen. damals hat mich das befremdet und geärgert, denn ich fragte mich, wo wir denn hinkommen, wenn wir alle nur lächeln und verzeihen. wer kümmert sich dann um die probleme dieser welt?! ... dachte ich... ;-) ich sprach diesen mönch dann einmal an und fragte ihn, ob er denn auch noch lächeln würde, wenn er sähe, wie direkt vor seinen augen ein unrecht geschieht oder ob er dann seinen (für mich äußerst ignoranten) spruch bringen würde, dass konflikte nur in unserem geist entstehen und eigentlich gar nicht real, nicht existent sind. er sah mich bestürzt an und erklärte betroffen, dass er im falle einer ganz realen begebenheit, welche dem gesellschaftlichen moralkodex oder auch nur dem allgemeinen verständnis von recht und unrecht zuwiderläuft, natürlich und sofort einschreiten würde. die buddhisten sagen: mitgefühl ja, mitleid nein. es geht nicht darum, mitzuleiden, denn das vermehrt leid. es geht darum, mitzufühlen und sich einzusetzen für andere. was er zweifellos ganz konkret realisierte - allein durch die meditationsabende, die er leitete.

dieser mönch kam mir jedenfalls sehr weise vor und kommt wahrscheinlich benjamins ideal vom weisen menschen sehr nahe.

ansonsten: nochmal zum kontemplativen potential... natürlich ist es in erster linie eine anlage, eine *gabe* (ohne wertung) - was der einzelne daraus macht, hat auch mit der formung durch das (soziale) umfeld zu tun. prinzipiell sind das aber menschen, die viel (hinter)fragen, (sich selbst) reflektieren, eine eher verstandesmäßige haltung einnehmen und meist introvertiert sind. zumindest was den rein kontemplativen charakter betrifft, denn natürlich gibt es alle mischformen, wo dann das jeweils angelagerte potential mitentscheidet, wie ein mensch sich durch die welt bewegt - leise oder laut, fragend oder sicher, führend oder unterlegen...

marek
 
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