AW: Wann ist der Mensch frei?
wirkliche Freiheit gibt es nicht. zu sehr werden unsere Gedanken und Handlungen von der Gesellschaft, Kultur und der Erziehung beeinflusst.
man müsste sich erst einmal fragen, wie sinnvoll ist totale Freiheit. viele Menschen wissen doch gar nicht wie sie ohne Regeln und Strukturen zu agieren haben.
die sogenannten *Freigeister* die einige Zeit auszusteigen versucht haben, haben sich vorher schon abgesichert oder sind kläglich gescheitert.
auch die antiautoritäre Kindererziehung ist kläglich gescheitert, wie man an dem Modell Summerhill/GB gesehen hat.
also komme ich zur Erkenntnis: Individualität ist ein gutes Wort für die im Rahmen zwanglose Entwicklung - diese Entwicklung sollte die Entscheidungsfreiheit unserer Belange und Grundrechte enthalten.
das ist zwar nicht die vielzitierte Freiheit, die in Liedern und Lyrik vorkommt - dafür ist es eine Lebensform um die uns vllt so mancher beneidet.
Gruss - C
...ich bin schon recht erstaunt nicht nur über Dein Posting, aber dies fällt besonders auf....
Wenn es die Freiheit nicht gäbe, dann könnte der Schwachsinn der von der FAZ hervorgerufenen Willensdebatte "Der Mensch ist Sklave des Gehirns" sich als neuronaler Feudalismus manifestieren.
Was meinst Du mit totaler Freiheit? Ich denke an die absolute Freiheit nach Jean-Paul Sartre, der in seinem Hauptwerk "Das Sein und das Nichts" eine recht radikale Philosophie auf Grundlage von Kierkegaard, Husserl und Heidegger entwickelt, wonach der Mensch sein eigener Erlöser sein muss. Er ist in seinem Freiheitsgedanken so radikal, dass alles Ausreden sind, die Religionen, die Psychologie usw.. Die Menschen würden sich nur scheuen von der Freiheit Gebrauch zu machen. Bedenken wir, dass die Ansicht in der Zeit des zweiten Weltkriegs entstand und den Bürger an sich dazu motivieren sollte die äußere Autorität, die Schuld und Sünde abzulegen und der unwiderruflichen Verurteilung zur Freiheit Platz zu machen.
Das vollkommene Glück der Freiheit kostet den absoluten Schmerz. Das eine ist ohne das andere nicht zu bekommen, aber jeder darf das, kann das und sollte das, soweit man will, soviel wie man kann.
Weiterhin glaube ich, dass Du die Freigeister mit den Althippies verwechselst. Ebenso mit der antiautoritären Kindererziehung. Sicherlich haben die 60 Jahre mit der sexuellen Revolution, der visionären Phantastik und der hohen Erwartungshaltung an die Zukunft stark übertrieben. Jedoch glaube ich fest, dass diese Freiheit nicht echt war. Man hat sich zwar befreit vom Zwang der Zeit, von Doppelmoral und gesellschaftlicher Erwartungshaltung, allerdings ist dies in einer neuen sinnlich-körperlichen Zwangshaltung und eine auf Spaß programmierte Kompensation der eigentlichen Mängel gemündet, die teils bis in die heutige Zeit reicht. Mit wirklicher Freiheit im Sinne von frei sein hat dies nicht viel zu tun gehabt.
Was ich auch immer wieder feststelle, ist die Tatsache, dass auch die vielen kleineren Freiheiten nicht ausreichend geschätzt und gewürdigt werden. Es hängt scheinbar auch damit zusammen, dass diese Freiheiten normal sind. Ich habe die ersten 14 Lebensjahre in der DDR verbringen dürfen, einer Diktatur, aus politischer Progaganda und starker Einschränkung der Freiheiten generell. In der DDR gab es keine frei Berufswahl (es sei denn, die Eltern waren in der Partei), es gab keine freie Meinungsäußerung, keine Pressefreiheit, ja selbst die Kunst, die Musik waren zensiert und von Freiheit hat man nur im familiären Umfeld und dem engsten Freundeskreis Gebrauch machen können. Von der Freiheit des Reisen mal ganz zu schweigen. Selbst die Freiheit zur Teilnahme an Gedenkveranstaltungen und anderen Pflichtversammlungen war nicht zu denken. Die Individualverwirklichung war eben nicht möglich. Und dadurch, dass ich diese Beschränkungen und Unfreiheiten am eigenen Leib erfahren habe bzw. meine Familie aus dieser Diktatur und von der Stasi überwachten politischen Gefolgsamkeit heraus Nachteile und Bestrafungen an sich erfahren hat, kann ich auch die kleinen Freiheiten viel mehr schätzen und würdigen, als es jene Menschen können, für die all die Freiheiten zeitlebens immer vorhanden waren.
Wir haben die Wahlfreiheit, d.h. wir können wählen wen immer wir wollen und wir können uns selbst auch wählen lassen und das alles unabhängig von Partei und Gesinnung. Wir haben auch die Wahl, eben nicht zu wählen, weil es eben Freiheit ist.
Wir haben die Meinungsfreiheit, die fast jede Meinung an sich zu Geltung bringen kann, wenn sie keine Propagandahetze und Beleidung oder Nötigung ist. (Art. 5 GG)
Wir haben die Pressefreiheit. (Art. 18 GG)
Wir haben die Freiheit zur freien Berufsauswahl. (Art. 12 GG)
Wir haben die Freiheit unseren Wohnort frei zu wählen. (Art. 11 GG)
Die Wohnung ist unverletzlich. (Art. 13, Satz 1 GG)
Wir haben die Freiheit zur freien Publikation. Jeder kann ein Verlag gründen und Bücher, Zeitschriften, Musik und Drucksachen veröffentlichen.
Wir haben die Freiheit der Kunst, der Wissenschaft und der Forschung. (Art. 5, Satz 3 GG)
Wir haben die Religionsfreiheit. (Art. 4 GG)
Wir haben das Recht auf freie Entfaltung unserer Persönlichkeit (Art. 2 GG)
Die Freiheit der Person ist unverletzlich (Art. 2, Satz 2 GG)
Wir haben die Versammlungsfreiheit. (Art. 8 GG)
Wir haben die Freiheit Vereine und Gesellschaften zu gründen (Art. 9 GG)
Wir haben eine Beschwerde und Petitionsfreiheit. (Art. 17 GG)
Wir haben die Freiheit den Wehrdienst zu verweigern (Art. 4, Satz 3 GG)
Wir haben die Rechtsfreiheit. (Art. 19 GG)
Wir haben eine Wirtschaftsfreiheit.
Und wir haben auch die geistige Freiheit, quasi die absolute Freiheit des Geistes.
Doch eins vergisst man leider viel zu häufig. Alle Freiheiten sind quasi unsere Rechte, die wir
NUR über unsere staatsbürgerlichen Pflichten einlösen können. Man kann eben nicht nur auf seine Rechte pochen und dabei die Pflichten vernachlässigen. Doch statt der wenigen Nachteile, die es auch gibt, das will ich hier nicht bestreiten, sollte man sich doch viel lieber den vielen Vorteilen und Freiheiten widmen und das Beste aus seinem Leben herausholen.
Auch all die anderen kleinen Freiheiten, die für uns alle Selbstverständlichkeit geworden sind, sollte man doch noch kurz anschneiden. Wir haben die Freiheit die Heizung auf und zu zu drehen, die Freiheit warmes und kaltes Wasser aus dem Hahn zu bekommen, die Freiheit Gas und Strom überall zu erhalten. Selbst die Freiheit zum Zugang zur modernen Kommunikation, Telefon und Internet, haben wir. Wir haben die Freiheit den Radio- und Fernsehsender frei zu wählen. All diese Freiheiten mögen für uns selbstverständlich erscheinen, jedoch gehören wir global gesehen damit zu den Priviligierten, denn in Mali haben beispielsweise weniger als 10 % der Bevölkerung diese Freiheiten.
Doch das Gestöhne auf allerhöchsten Niveau zieht weiter seine Runden, weil der Nachbar immer mehr hat, als ich und das Ego des gemeinen Bürgers sich an diese Pseudoideale gewöhnt und orientiert.
Doch frei sein, von gesellschaftlicher Erwartungshaltung, frei sein von der Ellenbogengesellschaft und der Konsumhaltung, diese Freiheit lass ich mir nicht nehmen. Man kann von mir denken was man will, die Gedanken sind frei, so FREI wie mein Denken an sich ist.
Freiheit des Denkens
Freiheit der Kunst
und Freiheit für das Leben
zur Einheit als Ganzheit.
Lieben Denkergruß
Axl