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Grenzsetzen Bewusstseinsgrenzen setzen?

Bernd

Well-Known Member
Registriert
3. Mai 2004
Beiträge
8.643
Liebes Forum,

jeder, der nur lange genug der Fachliteratur, den Fachleuten und seinem eigenen Leben ausgesetzt war, wird felsenfest behaupten, dass man Kindern Grenzen setzen muss.

Und nun, bevor ich gleich in der Luft zerrupft werde, bitte mal einen Moment innehalten. Ich will niemanden belehren! Aber man kann doch mal von der Kaufhauskasse und dem Quengeln wegen dem fünfzehnten Lolli..., etwas weiter gehen...zum Bewusstseins.

Ist das „notwendige“ Grenzsetzen nicht eher ein notwendiges setzen von Bewusstseinsgrenzen? Mit dem sich die Gesellschaft schützt? Setzt man mit den Grenzen nicht auch einen Zaun zwischen dem „hier“ und dem „sich abwendenden“? Entsteht dieses Unerreichbare nicht erst, weil wir dem Kind seine Gedankengänge, die Reichweite seines Armes und die Größe seiner Pläne begrenzen? Natürlich begrenzen wir die Kinder immer mit unserem eigenen Verstand...der aber bereits notwendigerweise begrenzt wurde.

Wie kann ein Mensch über-gehen (i.S.v. Nietzsche), wenn er die Länge seines Armes nicht kennt und sobald er sich dann noch auf die Zehenspitzen stellen will, gescholten wird, weil er doch umkippen könne.

Viele Grüße
Bernd
 
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wer sagt denn, dass das kind eine bewusstseinsbegrenzung erfährt?
könnte man nicht eher sagen es erfährt eine bewusstseinserweiterung?

ein kind weiss nicht, dass wenn es über die strasse läuft, dass es von einem auto erfasst werden kann!
wir geben ihm das neue wissen darüber.
wir lehren ein kind viele neue dinge, fremdsprachen, mathematik, physik usw.

es lernt mit sich und seiner kraft umzugehen.
es lernt überhaupt sprechen und gehen.

und was die religion anbelangt, ist es eh von den eltern abhängig ob diese es frei erziehen oder streng gläubig.

lg binchen
 
Du kannst einem Kind hundert mal sagen es soll nicht mit dem Stuhl kippeln
weil es sonst hinfällt. Es wird es trotzdem machen, meistens auch noch wenn
es bereits einmal gefallen ist.
Sicher wollen wir Kinder vor vielen Sachen mit unseren Ermahnungen bewahren,
aber es wird trotzdem seine eigenen Erfahrungen machen wollen.
Hat uns als Kinder nicht auch erst recht das gereizt was verboten war?

Unter Grenzen setzen verstehe ich eher dem Kind klarzumachen wo die
persönlichen Grenzen sind, wann es anfängt die Grenzen anderer zu verletzten.

LG
Phoenix
 
Danke erstmal, für eure Meinungen.

Was ich grundsätzlich für einen Irrtum halte, ist Binchens Gedanke, dass ein Mensch sich seiner Kraft nur bewusst wird, wenn er es beigebracht bekommt. Tiger dressiert man, indem man sie in jungen Jahren ihre eigene Kraft eben nicht bewusst erleben lässt...sie halten sich für Kätzchen. Man tut das, weil ein Tiger unter normalen Umständen ohne den Trainer von selbst seine Kraft spüren würde und unberechenbar wäre...und das halte ich auch bei Menschen für den Normalfall. Der Tiger hält seine Kraft für die eines Schmusekätzchens...bis irgend ein Abwehr hemmendes Ereignis den Tiger explodieren lässt. Der Tiger läuft Amok, wie ein Schüler mit einer Pumpgun. Siegfried (der Kumpel von Roy) ist genau deshalb verunglückt. Der Hund, der seinen Herrn anfällt (,wird erschossen). Aber das Tabu besteht darin, dass man das nicht zugeben darf: Der Lehrer wurde vom Staudamm, den er errichtet hat, weggespült. Wir aber bauen die Staudämme dicker, anstatt sie abzureißen...Dummköpfe.

Einem Menschen etwas beibringen durch Vorbild und abkucken, sowie der eigene Antrieb des Menschen, sind m.E. ausreichend und damit kann auch ein Mensch in heutigen Tagen an komplizierte Wissenschaft und gefährliche Straßenübergänge heranführt werden. Genauer gesagt, führt uns der kleine Mensch an das besondere an Normalitäten. Nicht umsonst gibt es bei den meisten Menschen einen Quantensprung im Bewusstsein, wenn sie ihre Kinder beobachten und die Faszination in sich selbst zulassen. Sie sehen sich selbst, ohne Staudamm...sie sind im Fluß. Nichts anderes will uns das scheinbare Gesülze von Harmonie und aufgelösten Blockaden (Bioenergetik) oder Yin und Yang und Energiefluss beschreiben.

Wir sind noch nicht zu meiner Kernaussage vorgedrungen. Ich kann euren Meinungen mit einiger Beklemmung schon folgen, aber meine das garnicht.

Ich behaupte, dass ich, indem ich dem Kind die Grenze zu den Rechten eines anderen aufzwinge, grenzen im Selbstausdruck und ihm bestimmte Obergrenzen zur Zügelung seines Verlangens (auch Bewegungsdrang!), nicht nur den Menschen zivilisationsfähig mache, sondern gerade den entscheidenden Fehler begehe. Ich weiß, was für ihn gut ist.

Und ich kann es noch nicht vollständig herleiten, deshalb spar ich mir mein Gestümper hier mal, aber ich meine diese Grenzen SIND die Bewusstseinsgrenzen, die wir im laufe unseres Lebens auflösen oder die durch innere u. äußere Katastrophen zusammenbrechen. Der Gott, der uns damit die Lebensaufgabe stellt, sind wir selbst (nur generationenversetzt)...wir erleben auch hier eine Trennung des Gottes vom „bin“. Der Gott, der mir meine Lebensaufgabe gab, mich zu finden, göttlich zu werden oder wie auch immer man das ausdrückt, der Gott existiert in seiner Dualität hinter und ich vor der Grenze...DURCH diese Grenze, Grenzsetzung.

Bitte jetzt nicht fragen, wie ich das bei meinen eigenen Kindern gemacht habe, mache oder machen werde...das ist ein Ablenkungsmanöver. Ich weiß, dass meine Gedanken heute nicht realisierbar sind, aber ich versuche herauszufinden, was Marx oder Nietzsche oder Sri Aurobindo oder Bhagwan (entweder sind das alle oder keiner Esoteriker) meinten, mit dem verändern des Menschen hin zu einem, ja keine Ahnung wohin, das ist mir noch unklar wohin. Aber das Übergangsstadium wird wohl erst kommen, wenn ein Mensch seinen Intuitionen folgen kann und gleichzeitig seinen Verstand nutzt. Das haben wir noch nicht. Wenn ich wüsste, wie das gehen sollte, würde ich mich der Gefahr aussetzen, selber zu wissen, was anderen gut tut.

Viele Grüße
Bernd
 
hallo bernd,
um nochmal auf die kids einzugehen, sie haben einfach noch kein bewusstsein!
wir sind es die ihnen bewusstsein geben - was an wolfskindern sehr leicht zu veranschaulichen ist.
diese besitzen kein bewusstsein für sich einen gott oder sonstwas.

wir bringen ihnen also die begrenztheit bei, damit sie, wenn sie soweit sind es zu begreifen, diese grenzen durchbrechen können - gottesfindung oder erleuchtung oder atheismus.

klar wenn sie "dumme" eltern haben wird ihnen bestimmt ein teil verloren gehen, ich glaube das nennt man dann karma (sie haben ein schlechtes karma und werden daher dummgeboren und bleiben es auch :D)

kindern keine grenzen aufzuzeigen funktioniert nicht - sie wären dann grobe animalische bestien.

wie wir den tag brauchen um zu wissen was nacht ist, brauchen kinder grenzen um zu wissen wie diese aufgelöst werden können.

lg binchen
 
von Binchen:
kindern keine grenzen aufzuzeigen funktioniert nicht - sie wären dann grobe animalische bestien.

wir sind es die ihnen bewusstsein geben

In Ordnung, nehm ich so an, dazu werd ich lieber garnichts sagen.

Viele Grüße
Bernd
 
Bernd schrieb:
Traut sich denn keiner an das Thema? :rolleyes:

Viele Grüße
Bernd
Doch!
Ein Goethe-Zitat soll zunächst helfen, Binchens "animalische Bestien" zu relativieren. Vom Menschen sagt Faust:
"Er nennt's Vernunft und brauchts allein, um tierischer als jedes Tier zu sein".

Als mehrfacher Vater und vielfacher Großvater meine ich, vielleicht nicht fachkompetent, aber doch legitimiert zu sein, mich zu Erziehungsfragen zu äußern.
Kinder sind nicht verkleinerte Erwachsene, sie leben - bis zum Beginn der Pubertät - in einer etwas anderen Welt, deswegen können sie z.B. nicht lügen, wohl aber objektiv die Unwahrheit sagen, die ihnen aber als solche dann in der Regel nicht bewusst ist. - Unbedingt sind ihnen Grenzen aufzuzeigen - da ist Binchen uneingeschränkt recht zu geben - schon aus praktischen Gründen der Gefahrenabwehr, aber auch, weil sie lernen müssen, dass auch andere Menschen Respekt verdienen, Anspruch auf Rücksichtnahme haben. - Darin lag doch der verhängnisvolle Irrtum der schrecklichen antiautoritären Pädagogik: Kinder sich selbst zu überlassen, oibwohl sie der Wegweisung bedürfen. Berühmt ist die (wahre!) Frage einer 7-jähirgen Schülerin, die ihre antipädagogisierende Lehrerin frühmorgens frug: "Fräulein, müssen wir heute wieder das tun, was wir tun wollen?" Das kluge Mädchen sehnte sich geradezu nach Anleitung.
Bernd, ich kann und will - mindestens jetzt nicht - auf die philosophischen Aspekte eingehen, sondern mich auf zwei praktische Handlungsempfehlungen beschränken´:
1. "Erziehung ist Beispiel und Liebe - sonst nichts" (Pestalozzi); aber Liebe schließt durchaus Sanktionen ein, z.B. durch bewussten Liebesentzug.
2. Wir bewirken vielleicht 10% der Erziehung durch Worte, 35% durch Taten, aber das meiste durch unser Vorbild.

Und noch eine schwer zu befolgende Einsicht, die ich gewonnen habe: Erziehung ist für den Erzieher ein progessiver Prozess des immer mehr Überflüssigwerdens.
GIbt es ein wichtigeres Zukunftsthema als das der Erziehung der Kinder? - Insofern: Glückwunsch Bernd.
Ziesemann
 
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Obwohl Bernd, Du weißt schon.....

fühl ich mich aufgefordert zu diesem Thema auch Stellung zu nehmen.

1. "Erziehung ist Beispiel und Liebe - sonst nichts" (Pestalozzi); aber Liebe schließt durchaus Sanktionen ein, z.B. durch bewussten Liebesentzug.
2. Wir bewirken vielleicht 10% der Erziehung durch Worte, 35% durch Taten, aber das meiste durch unser Vorbild.

Dadurch, dass auch ich erziehlich tätig war, als Mutter und auch beruflich, kann ich das, was Klaus sagt, nur unterschreiben.

Dazu möchte ich noch sagen, dass ich für meine erziehliche Tätigkeit von den Kindern geliebt wurde, also kann mein erzieliches Tun nicht als unangenehm empfunden worden sein. Kinder wollen, dass man ihnen unaufdringlich Grenzen setzt. Eigentlich ist alles Erziehung, wie man mit ihnen spricht, wie man etwas beantwortet, wie man erziehliche Dinge in angenehme Tätigkeiten einbettet (Spiele), wie man als Vorbild auf sie wirkt,..... Die antiautoritäre Erziehung hat leider nur labile und unsichere Geschöpfe hervorgebracht. Man musste davon wieder abgehen.

Und da gebe ich binchen recht, wenn sie meint, dass die Kinder alles vom Erwachsenen lernen und auch gern und leicht übernehmen. Auch die Geschichte von Kaspar Hauser (ein schreckliches Experiment) lässt uns wissen, dass ein Kind, das nicht die Möglichkeit hat, sich am Tun eines Erwachsenen zu orientieren, weniger kann als ein Tier.

Und noch eine schwer zu befolgende Einsicht, die ich gewonnen habe: Erziehung ist für den Erzieher ein progessiver Prozess des immer mehr Überflüssigwerdens.

Je mehr man in die Liebe und das Vorbild für das Kind investiert hat, desto leichter kann man sich als Erzieher zurückziehen und die Entscheidungen dem Jugendlichen selbst überlassen. Ist das Vertrauensverhältnis gefestigt, wird der Jugendliche von selbst kommen, wenn er einen Rat braucht.

Liebe Grüße

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