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Elite noch einmal

D'accord, Robin!

Diese 'deutsche Vergangenheit', der man auf Schritt und Tritt begegnet, nervt mich langsam sehr. Jedes Land hat eine Vergangenheit - oder auch Gegenwart, die in den wenigsten Fällen - wenn überhaupt! - nur rühmlich war/ist. Trotzdem wachsen überall Eliten heran, die Ehrung verdienen. Auch unter Kommentatoren gibt es elitäre Ausnahmen - der hier Zitierte gehört kaum dazu. Aus dieser nicht zu Ruhe kommenden Vergangenheit resultiert vielleicht eine gewisse Trotzigkeit der Deutschen diversen Themen gegenüber. Pardon!

Niemand hat mir zu sagen, wie ich mich zu fühlen habe. Wichtig scheint mit jedoch, wie ich das Gefühl manifestiere. Kehre ich eine Bildungs-, Wirtschafts- oder sonst eine elitäre Haltung raus, erzeuge ich augenblicklich bei sehr vielen sehr starke negative Gefühle, daraus resultiert der negativ besetzte Begriff 'elitäres Verhalten'.
Man sollte sich aber wirklich zuerst im Klaren sein, was 'Elite' bedeutet.
Elite=Auslese=Auswahl! Auswahl der Besten. Es kommt nur darauf an, ob sie sich herauskristalisiert, selbst ernennt oder getroffen wird - darin sehe ich einen wesentlichen Unterschied, nicht in dem Wort 'Auswahl'.

Binchen, Elite bedeutet immer ein Wertungssystem mit gewissen Parametern, was nichts mit dem Wert eines Menschen an sich zu tun hat. Auch eine Kassiererin kann einer Elite innerhalb eines bestimmten Wertungssystems angehören und weder ich noch Robin etc. werden ihr 'das Wasser reichen können', solange wir nicht zum selben Wertungssystem gehören. Schule bedeutet ein erstes dieser Systeme, danach kommen automatisch andere. Mit fünf Fremdsprachen könnte man z.B. der Elite unter Dolmetschern gehören o.Ä. Man kann nicht einen Apfel mit einer Birne vergleichen. Befriedigend?

Cœur Froid, kann mich nicht damit anfreunden, dass ein Gefühl Weiterentwicklung verhindern soll. Wenn ich aber die Zeit damit vertue, das Gefühl zu präsentieren, verhindere ich meine Entwicklung - so könnte ich es gelten lassen. Auch die Abschottung ist nur bedingt richtig. Das beste Beispiel ist vielleicht sogar Lévy. Ende der 70-er begann er mit einer losen Gruppe der so genannten Nouveaux Philosophes, diese Abschottung zu brechen. Sie versuchten, die philosophische Debatte in die Massenmedien zu bringen. Ihm persönlich und auch den Anderen brachte das einen grossen publizistischen Erfolg, dafür aber auch die absolute Verachtung des akademischen Establishements. Heute, 25 Jahre und etwa 30 Bücher, verschiedenen politischen Aktionen, Reportagen etc. später, besetzt er eine aussergewöhnliche Position. Auch Sartre wurde gehasst wie kaum eine andere Person des öffentlichen Interesse. Sie fühlten sich mit Sicherheit als Elite, aber der eine war, der andere ist auch Elite und der Weiterentwicklung hat's kaum geschadet. Nehme auch Wissenschaftler, die an einem Langzeitprojekt arbeiten - im elitären Gefühl zweifellos und auch tats. von der Gesellschaft weitgehend abgeschottet, die im besten Fall über Zwischenresultate informiert wird. Fühlt sich da jemand von uns unterprivilegiert oder abgewertet? Kaum. Die Weiterentwicklung dieser Leute ist aber wohl somit eher garantiert als verhindert.
Bez. Elite-Bildung wiederholst Du, was ich u.a. zum Thema Elite-Universitäten geschrieben habe: gute Allgemeinbildung für alle. Meiner Meinung nach aber, Universitätsbildung nur für die Besten, dafür dann aber zu bestmöglichen Bedingungen.
Die Förderung von Eliten ist selbstverständlich wünschenswert, denn ohne sie gäbe es keine hervorragenden Leistungen. Sei es in der Wirtschaft, Kultur, Sport etc. Jeder der Geförderten sollte sich aber im Klaren sein, was es bedeutet, gefördert zu werden. Es ist ein Privileg, das verpflichtet und mit positivem elitären Verhalten demonstriert werden sollte, u.a. auch Vorbildfunktionen erfüllen/übernehmen zu 'müssen'. Daher ist es nicht nur eine Frage der Definition, sondern vielmehr des Charakters, des Intellekts und nicht zuletzt des Stils ;) .

Au revoir! (Habe es noch nicht vergessen, Wirrlicht :) )
 
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Jérôme, ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich dem zustimmen soll.

Meinst du mit "Förderung der Eliten" nicht in Wirklichkeit "Förderung von Personen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten"?
Denn eine "Elite" ist ja schon immer eine GRUPPE von Menschen, die sich nach bestimmten Parametern selbst definiert hat (oder von anderen definiert wurde und deren Wertesystem dann "annimmt").
Ich stehe dem Begriff also nicht aus dem Grund unserer belasteten Vergangenheit kritisch gegenüber (in der Tat fand ich den Artikel des linken Soziologen ziemlich verquast), sondern wegen der "Abgeschlossenheit", den der Begriff erzeugt, wenn sich Personen als Eliten definieren und ihre Position dann benutzen, um nur noch jene einzulassen, die ihren Werten genügen - und nicht mehr die, die außergewöhnliche Fähigkeiten besitzen.
Ich glaube einfach, man muss sich bei der Diskussion darauf beziehen, wie "Elite" im Moment benutzt wird. Und wenn Schröder in der Tat ein deutsches Harvard vorschweben sollte, gefällt mir das nicht. Denn die ganze Politik-Elite in den USA kommt ja von solchen Elite-Schmieden.

In einem weiteren Artikel las ich - zugespitzt gewiss, aber recht überzeugend - dass die Auswahlkriterien in Harvard das ungefähr selbe Ergebnis zeitigen, wie wenn man die Studienplätze gegen Geld versteigern würde...

Die Stärke des deutschen Systems liegt ja gerade darin, dass Quereinsteiger (von Merkel bis Fischer :)) wie auch immer frische Luft in das System bringen.

In anderen Bereichen, wo es nur auf technologische Fertigkeiten ankommt, auf reine Funktionseffizienz ankommt, mag man stromlinienförmig aussortieren. Aber so viele Bereiche von Belang gibt es doch da garnicht, oder?

Du sagst selbst, der Unterschied liegt darin, ob man sich selbst ernennt oder ausgewählt wird. Die Eigendynamik von sozialen Systemen bietet aber leider immer das Risiko einer Kondensierung auf immer weniger Kriterien. Sozusagen die Selektion der Selektion.

Da ist das deutsche System offener. Aber da bist du ja auch einer Meinung mit mir, oder? Willst lediglich die Aufnahmekriterien verschärfen, aber nicht durch horrende Gebühren und Auswahl durch "Ehemalige" die Selektionskriterien einschränken?

Aber jetzt müsste ich eigentlich in dem Elite-Uni Thread weiterschreiben.

Zu Sartre usw. Ich weiß gar nicht, ob er sich als Elite fühlte. Seine Philosophie betonte ja immer, dass die Verantwortung für jeden gleich hoch sei. Er sah sich vielleicht etwas Außergewöhnliches "erschaffen". Ein Wertesystem, das ohne Gott, ohne Mystizismus auskommt und dennoch (oder gerade deswegen ;)) auf Verantwortung baut. Ein Mensch, der diese Verantwortung sehr ernst nimmt, könnte dann wohl kaum elitär sein.
Im Ganzen meine ich, dass der Begriff nur brisant ist, wenn er Gruppen benennt, die dem einen oder anderen vorschweben - und nicht dann, wenn man ihn für sich benutzt oder nicht.

A bientot
 
Salut!

Sollten wir uns in dieser Frage nicht konsensuell trennen, so ist das auch weiter nicht schlimm, Robin, denn ich weiss, dass Du nichts leichtfertig oder des Widerspruchs willen sagst. Es ist aber tatsächlich lediglich wieder eine Frage der Definition - wird noch zu meinem Lieblingsspruch - grins.

Ich verwende das Wort 'Elite' - wenn überhaupt - äusserst selten, z. Z. auch ungern. In der Diskussion hier 'musste' ich es - Du hast danach gefragt, und konsequenterweise auch deshalb, weil ich z.B. im Zusammenhang mit den Elite-Universitäten grundsätzlich von elitären Bildung schrieb.
Jeden Begriff kann man so lange missbrauchen und negieren, bis er tatsächlich nur negative Empfindungen weckt. Die einzige Ausnahme, scheint es mir, bilden da Sport-Eliten, 'denen' begegnet man grösstenteils überall positiv.

Ich hoffte, es deutlich kommuniziert zu haben - anhand der simplen Beispiele, dass ich ganz eindeutig Menschen mit speziellen Fähigkeiten oder auch Talenten meine, die man fördern sollte/muss. Dass die Auswahlkriterien eine Schwierigkeit bilden, die Selektion Fragen aufwirft, war mir da durchaus bewusst, es stand aber nicht zu Debatte. Warum aber meinst Du, das Quereinsteiger keine Chancen hätten? Meinst Du damit etwa das Bologna-Modell, dass dann keine Anwendung fände?
Das offene System hat tats. Vorteile, die Nachteile sehe ich aber doch als schwerwiegend. Es bietet allen, die einen Mittelschulabschluss haben, die Möglichkeit zu studieren. Ob sie dazu imstande sind, oder eher weniger. Die Qualität leidet ganz erheblich. Auch die Forderung der deutschen Regierung, die Hälfte - so war es doch, nicht? - der Mittelschulabgänge soll studieren, finde ich ganz einfach illusorisch und milde ausgedrückt unvernünftig. Es steht mir aber nicht zu, Euch zu kritisieren.

Mit Deinem Abschnitt über Sartre bin ich einverstanden. Man muss nur das Wort 'elitär' durch Dein 'aussergewöhnlich' ersetzen, et voilà! Ich denke schon, dass er sich auch so gefühlt hat, obwohl eigentlich 'Gleichheit/Gleichstellung' sein Ziel war.

Sind wir immer noch so weit auseinander?

Amitiés :)
 
Ich will ganz offen sein, lieber Jerome - wenn wir den numerus klausus noch mehr verschärfen würden, hätte ICH eine Chance ;)
Da mein Schulweg ein einziger Verweigerungsgang war, ist mein Durchschnitt nämlich ziemlich mäßig :(
Dass ich andererseits die Forderung, die Studuierendenquote noch mehr zu erhöhen, absurd finde, habe ich damals schon in der matrix deutlich gemacht. Es also ein bisschen paradox.
Natürlich ist jemand wie Außenminister Fischer, der es über den Taxifahrer zum Politiker geschafft hat und, glaube ich, noch nicht mal Abi hat, eine Ausnahme. Und obwohl ich meine Erfahrungen mit einem recht bunten Bildungsweg sehr schätze, würde ich sie meinen Kindern nicht unbedingt empfehlen...

Habe vorhin Fotos der demokratischen Präsidentschaftsbewerber gesehen - sie sehen schon äußerlich aus wie Klone. Graumeliertes, volles Haar (muss wohl sein), graue Anzüge, mit denen sie vor möglichst großen amerikanischen Flaggen rumhopsen... Ob sie sich inhaltlich groß unterscheiden, bezweifle ich. Schon die Unterschiede zwischen den Republikanern und Demokraten sind nicht sehr groß. Diese Uniformität ist nicht nur, aber sicher auch eine Folge des amerikanischen Elitensystems - in das dann nur einer wie Schwarzenegger ein"brechen" kann...Das veraltete amerikanische Wahlsystem besorgt dann den Rest.

Aber jetzt bin ich schon wieder bei der Politik. Wie ich einst zwei Wochen Philosophie studierte, war ich mit 200 Leuten in einem Descartes-Seminar...das konnte es auch nicht sein. Die Leute schwafelten aneinander vorbei, wie sonst nur in diesem Forum :p
Neinnein, in diesem Forum hören wir uns viel besser zu :)
Aus meinem Lebensweg könnte ich nur Aufnahmeprüfungen als das Optimale ableiten. Die bergen zwar auch Risiken - haben aber den Vorteil, dass in ihnen Lebenserfahrungen und Eigeninitiative niederschlagen können.

Mit im Endeffekt ratlosen Grüßen ;)
 
Re: Re: Re: Elite noch einmal

Original geschrieben von Robin
Und vor allem: Die so genannten Eliten ziehen sich ihre Nachfolger selbst groß - und lassen dabei nicht nur Leute mit denselben Talenten, sondern vor allem auch nur Leute MIT DEM SELBEN CHARAKTER hochkommen.

:megaphon: Eben.

Ich denke, Eliten (wie wir sie in nicht ganz sympatischen Sinn verstehen) brauchen immer eine gewisse Selbstdarstellung; wie sollte sonst jemand erkennen, dass man sich von ihm abgrenzt? :D

Hat schon irgend jemand von einer Elite in Nächstenliebe gehört? Nannte Mutter Theresa jemals jemand Elite?

Wenn man diesen Gedanken wie Mara benützt, um sein eigenes Selbstvertrauen etwas abzustützen, dann ist das sicher OK. Wenn man aber "abhebt" und dies - vor allem - andere deutlich spüren lässt, ist das nicht in Ordnung.

Landläufig und salopp dahingesagt verstehen wir heute unter Elite vornehmlich Armani und Co-Träger. ;) Aber vielleicht sollte jeder für sich selbst die "Elite" definieren und herausfinden, wer dort hineinpasst.

Konfuzi
 
konfuzi

Hat schon irgend jemand von einer Elite in Nächstenliebe gehört? Nannte Mutter Theresa jemals jemand Elite?
kleiner scherz was?
unter dem deckmäntelchen der nächstenliebe haben wir doch krieg und terror ohne ende!
schonmal was von glaubenskrieg gehört?:D

und bin laden usw.
alles elite-gruppen/menschen die mit aller gewalt das mittelmässige volk vernichten will!
im namen von liebe und gott!

aber mutter theresa war wirklich super aber keine elite!
denn ich behauptemal elite nur im zusammenhang mit einer gruppe zu bringen!

mutter theresa war eine einmalige person - eher in richtung heilig zu bringen.


lg binchen:)
 
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Falsche Ecke

Ok, Binchen!

In diese Ecke wollte ich aber sicher nicht steuern. Ich meinte damit bloß, dass "Elite" im vorwiegend materiellen Milieu gebraucht wird und eigentlich nie dort, wo es um immaterielle Werte geht.

Vielleicht hat dieses Wort deshalb einen seltsamen Beigeschmack.

Konfuzi
 
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