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Was ist bodenständig?

Bernd

Well-Known Member
Registriert
3. Mai 2004
Beiträge
8.643
Liebes Forum,

was bedeutet eigentlich das Wort bodenständig? :confused:

Würdet ihr euch als bodenständig beschreiben?

Viele Fragen
Bernd
 
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Na, diese Frage kann frau ja wohl nur beantworten, indem sie auf den grundsätzlich wertkritischen Aspekt hinweist, den der jeweilige Sprecher mit diesem Begriff: Bodenständigkeit verbindet.
Ganz in direktem Wortsinne - als zu Bezeichnendes - heißt das Wort ja wohl nichts anderes als: etwas hat die Eigenschaft, am Boden zu stehen.

Aber wenn wir an den alltagssprachlichen Gebrauch dieses Wortes denken - als Synonym für das Wort Tradition - wird uns urplötzlich die politische Dimension des Begriffes klar.


Sprecher können Bodenständigkeit als anzustrebenden Wert sehen = wir bezeichnen solche dann in der Regel als Konservative ; Sprecher können das Wort leicht pejorativ ( spöttisch) benutzen = wir bezeichnen dann solche Sprecher u.a.als Skeptiker



Und so sagt uns nur der aktuelle Gebrauch - also der Zusammenhang, in dem das Wort benutzt wird, etwas über den Sprecher und sein Wertesystem aus.

Es ist in Tirol bodenständig, als Jungmann einer Schützenkompanie anzugehören.
Ich kann mich über solche Bodenständigkeiten, die nur noch reinen Traditionswert haben, nur gemäßigt lächerlich machen.
Es ist aber auch Tradition ( bodenständig) für Männer, der Freiwilligen Feuerwehr oder ( hier auch Frauen) der örtlichen Musikkapelle anzugehören.Das kann ich als Ausdruck eines Bürgersinnes bezw. als Ausdruck von echter Volkskultur durchaus positiv als Bodenständigkeit bezeichnen.


Marianne
 
Ich verbinde den Begriff "Bodenständigkeit" nicht unbedingt mit Tradition, sondern für mich ist er eher ein Ausdruck für Natürlichkeit, Nichtverleugnen und Besinnen auf die eigene Herkunft. Eben ein Synonym für "normal" geblieben.
Wenn jemand im Laufe seines Lebens berufl. erfolgreich ist, Karriere macht, sich aber trotzdem seiner Herkunft aus einem "einfach" Elternhaus bewusst ist und sie nicht verleugnet, dann bedeutet es für mich Bodenständigkeit.
Wenn jedoch jemand aus "bestem Hause" kommt, was auch immer man darunter verstehen mag, der beruflich oder sozial abstürzt und sich dann auf seine Herkunft besinnt bzw. immer wieder darauf pocht, dann ist es für mich keine Bodenständigkeit, sondern eher ein Nachtrauern.
Während ich hier schreibe, fällt mir auf, dass der Begriff Bodenständigkeit ausschließlich dann verwendet wird, wenn man von "oben nach unten" denkt, umgekehrt nie.

Rhona
 
Zitat von Bernd:
was bedeutet eigentlich das Wort bodenständig?

ich halte mich für bodenständig. Warum?

Ich habe hier, am Rande einer norddeutschen Kleinstadt, vor 25 Jahren 4000 quadratmeter Ödland (das sind mit Unkraut und Sträuchern überwachsene Schutthaufen) von der Gemeinde gekauft, in gartenland umgewandelt, darauf mit Blut und Schweiß ein Häuschen mit 150 qm Wohnfläche, Arbeitsräumen und Garagen gebaut, seitdem gepflegt und modernisiert.

Ich habe vor, hier bis an mein Lebensende zu bleiben und bezeichne das insgesamt als bodenständig.

Vor 50 Jahren hatte ich das als spießig bezeichnet, aber man wird eben reifer und....bodenständiger.

Claus
 
Siehst Du, Claus, Du bestätigst genau meine "graue" sprachanalytische Theorie.

Rhona, Du auch - aber differenzierter .
Und - ich bitte zu bedenken: Theorien können falsch oder richtig sein. Sie sind aber in keiner Wesie Abqualifikationen.


mfrdlg
Marianne
 
Claus, oh Wunder, wir sind wieder einmal - selten genug - einer Meinung.

Ich will die Bodenständigkeit noch etwas ausfeilen. Bodenständig ist für mich jeder Mensch, der

von Haus aus an dem Platz bleibt, wo er geboren wurde und der, der
beschlossen hat, bis zu seinem Lebensende an einem Platz zu bleiben.

Das ist mit Sicherheit die große Mehrheit aller Menschen.

Von existentieller Bedeutung ist die Bodenständigkeit für jeden Staat insofern, dass die landwirtschaftliche Struktur sowohl in Bezug auf den Ertrag als auch in Bezug auf die Landschaftspflege erhalten bleibt, dass es sozusagen immer Menschen gibt, die mit der "Scholle" verbunden sind und auch bei ihr bleiben wollen. Dass mit zunehmender Technisierung immer weniger Arbeitsplätze in der Landwirtschaft vorhanden sind, steht auf einem anderen Blatt.

Bodenständigkeit ist aber sicher kein moralischer Begriff. Wenn jemand in seinem Geburtsort keine Arbeit bekommt, ist es eher unmoralisch, wenn er dort bleibt. Die Politik ist aufgerufen, zu große Landflucht zu verhindern, da viele Großstädte jetzt schon überlastet sind.

Wahrscheinlich können Nomaden auch nicht aus ihrer Haut; als Nomaden würde ich erst solche Menschen bezeichnen, die einem Wandertrieb unterliegen und es nicht längere Zeit auf einem Platz aushalten. Sie müssen zwangsläufig bei den Sesshaften ein gewisses Misstrauen auslösen.

Liebe Grüße

Zeili
 
Ja, Zeili.
Ich würde auch gern sehen, wenn das von mir geschaffene grüne Paradies mal im familienbesitz bleibt, und meine Abkömmlinge dann sagen:
das hat unser Urgroßvater gebaut....

aber leider laufen sie den Arbeitsplätzen nach.
Oder sie werden auch selbständig, dann haben sie eine Chance, noch vor ihrem Ruhestand meine Bodenständigkeit fortzusetzen :)

Gruß von Claus
 
Zeilinger schrieb:
Ich will die Bodenständigkeit noch etwas ausfeilen. Bodenständig ist für mich jeder Mensch, der

von Haus aus an dem Platz bleibt, wo er geboren wurde und der, der
beschlossen hat, bis zu seinem Lebensende an einem Platz zu bleiben.


Mahlzeit!

Zeili, beschränkst du das "am Platz bleiben" nur auf die Örtlichkeiten?
Ich frage das, weil auch jemand, der seine Heimat aus Kindestagen verlässt, Bodenständig sein kann. Ähnlich wie Rhona es beschreibt. Viel Erfolg haben, seine örtliche Heimat wechseln, aber dennoch "normal" geblieben sein und seine Herkunft weiterhin wertschätzen .
Ich kann also auch mit viel Geld in andere Länder ziehen, aber moralisch und emotional "am Platz" , also bodenständig bleiben.
Ich teile Rhonas Meinung und würde noch ergänzen, dass Bodenständigkeit sich auch ein Stück weit dadurch auszeichnet, dass ich in meinem Ich und meinem Leben "zu hause" bin. Mich nicht von anderen lenken lassen, mir treu bleiben, auch das ist für mich bodenständig.

Und ich für mich benutze den Ausdruck auch für die von Marianne angesprochenen Dinge, eben eine andere Form der Bodenständigkeit.

Grüsse
Sal
 
Zitat von salem:
Ich kann also auch mit viel Geld in andere Länder ziehen, aber moralisch und emotional "am Platz" , also bodenständig bleiben.


dafür wäre imho das Wort
„heimatverbunden“
zutreffender.
„bodenständig“ drückt aus, daß man auf heimatlichem boden (beständig und dauerhaft) Wurzeln schlägt.

hat schon mal jemand in den duden geschaut (ich habe leider keinen :( )

fragt Claus
 
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Claus schrieb:
dafür wäre imho das Wort
„heimatverbunden“
zutreffender.
„bodenständig“ drückt aus, daß man auf heimatlichem boden (beständig und dauerhaft) Wurzeln schlägt.

hat schon mal jemand in den duden geschaut (ich habe leider keinen :( )

fragt Claus


Huhu Claus,
nein "heimatverbunden" drückt ja wieder das örtliche aus, mir gehts um die emotionale Bodenständigkeit.
s.u.
Im Internet gefunden:
Bodenständigkeit: Sie sind gerne natürlich und offenherzig. Andere Menschen beneiden Ihre Lockerheit und Ausgeglichenheit, Mitmenschlichkeit und Herzlichkeit. Mit beiden Beinen stehen Sie fest und sicher im Leben. Dabei haben Sie ein hohes Maß an Selbstvertrauen.
Bei Duden.de muss man sich kostenpflichtig registrieren, daher kam ich da nicht weiter.
Wikipedia spuckt auch nicht recht was aus, außer o.g.
In meinem Bertelsmannwörterbuch findet bodenständig keine weitere Beachtung außer wie man es richtig schreibt und in meinem Bertelsmannlexikon wirds gar nicht erwähnt.
Grüsse
Sal
 
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