Hi, habt ihr Tipps, wie man seine Ernährung langfristig umstellen kann, um abzunehmen und gesund zu sein?
M.E. (und in der Konsequenz aus den Erkenntnissen der Ernährungswissenschaft) gibt es nur einen Weg, erfolgreich und nachhaltig Gewicht zu verlieren, und das ist eine gut geplante und sorgfältig durchgeführte Gewichtsreduktionsdiät. Das ist ein langwieriger Prozess, der viel Disziplin erfordert, aber es gibt keine Abkürzungen.
1. Bestandaufnahme erstellen und Ziele forumulieren
Wie bei jedem vernünftigen Programm beginnt erst einmal alles mit einer Bestandsaufnahme.
Der individuelle, tägliche Energiebedarf eines Menschen besteht immer aus zwei Teilen:
1. Der Grundumsatz
2. Der Leistungszuwachs
1.1. Der
Grundumsatz gibt an, wieviel Energie (in KJ oder kcal) der Körper braucht, wenn er nur im Bett liegt und sich nicht allzu viel bewegt, im Grunde der Energiebedarf eines Menschen, der im Koma liegt.
Der Grundumsatz lässt sich experimentell messen, aber Gottseidank kann man den Grundumsatz mit hinreichender Genauigkeit berechnen. Die Variablen zur Berechnung des Grundumsatzes sind Alter, Körpergröße, Gewicht und Geschlecht (m/w, für "divers" gibt es keine Angaben, vllt. noch nicht).
1.2. Der
Leistungszuwachs ist die Energiemenge, die für die körperliche Aktivität gebraucht wird (und nein, geistige Aktivität spielt keine Rolle)(1). Der Leistungszuwachs lässt sich durch eine Einteilung in Berufsgruppen (Büroarbeiter, Handwerker, Maurer) abschätzen, und früher hat man dies i.d.R. auch nur so gemacht. Genauere Ergebnisse erhält man jedoch, wenn man für ein oder zwei Wochen eine Art "Bewegungstagebuch" führt, in dem man notiert, was man denn körperlich so gemacht hat.
Mit den Ergebnissen eines solchen Bewegungstagebuchs ermittelt man dann ziemlich genau den Leistungszuwachs.
Die Summe aus Grundumsatz + Leistungszuwachs ist dann der tägliche Gesamtenergiebedarf. Für einen durchschnittlichen Büromenschen mit 70 kg Gewicht liegt der Wert, im Beispiel, etwa bei 2.500 kcal / Tag.
Nun lässt sich ein Ziel definieren, um welche Energiemenge die tägliche Nahrung reduziert werden soll. Vernünftige Werte liegen 500-800 kcal, "Gewaltkuren" haben noch nie etwas genutzt oder sind kontraproduktiv (warum, siehe 2.). Außerdem gilt es zu berücksichtigen, dass Abnehmen hin oder her, eine gewisse Lebensqualität auch gehalten werden soll. Denn anderenfalls wird man die Gewichtsreduktionsdiät auch nicht durchhalten.
2. Die richtige Nahrungszusammensetzung
Die nunmehr reduzierte Nahrungsmenge hat dennoch jenseits ihres Energiegehaltes auch noch andere Aufgaben zu erfüllen. Denn die essenziellen (= lebensnotwendigen) Nährstoffe benötigt der Körper trotzdem in ausreichender Menge. Anzustreben sind außerdem die
Empfehlungen für eine fettmodifizierte Kost, nach der nicht mehr als 30% der Nahrungsenergie durch Fette aufgenommen werden. (2)
Wann man isst und wann nicht - das ist allerdings vom Tisch. Man kann es getrost den persönlichen Vorlieben überlassen, entscheidend ist die tägliche Gesamtenergieaufnahme.
3. Sich seinem Ziel langsam nähern
Stellt der Körper abrupt die Nahrungsaufnahme ein oder wird sie spontan drastisch reduziert, dann fällt der Körper in den sog.
Hunger- oder Fastenstoffwechsel. Das gilt es unbedingt zu vermeiden.
Zwar purzeln anfangs nur so die Pfunde, es handelt sich aber mehr oder weniger nur um Wasser, dass der Körper verliert. Im Hunger- oder Fastenstoffwechsel beginnt der Körper, ggf. spärlich herein kommende Nahrung besser zu verwerten. Es handelt sich um ein evolutionäres Notprogramm des Indviduums: Es gibt gerade eine Hungerphase, also schaltet der Körper auf ein Notprogramm, wertet die vorhandene Nahrung besser aus und erwartet wieder bessere Zeiten. Der Effekt hält allerdings noch eine Zeitlang über die Hungerphase hinaus an: Und dann sind die verlorenen Pfunde auch schnell wieder drauf, denn der Körper wertet nunmehr auch die normale Nahrungsmenge besser aus: Der gefürchtete "Flip-Flop-Effekt".
Daher muss man sich seinem reduzierten Energieziel
langsam nähern, etwa innerhalb von 2-3 Monaten, dann die (deutlich längere) Reduktionsphase durchziehen, um sich
langsam wieder auf ein normales Nahrungsniveau zu steigern. Das erfordert eine gute Planung und eine erhebliche Disziplin. Sinnvolle Gewichtsverluste liegen dann bei ca. 2 kg / Monat. Je nachdem, wieviel Gewicht man zu verlieren gedenkt, mag einem das wenig vorkommen. Diäten aber, die einem mehr versprechen sind i.d.R. unseriös und auf Dauer wirkungslos. Das so langsam verlorene Gewicht ist auch nachhaltig, außerdem vermeidet man andere, unerwünschte Effekte (mangelnde Hautdehnung).
3. Sport
Abschließend noch ein paar Worte zum Sport. Manche meinen, sie müssten sich nun noch ein Extrem-Sportprogramm geben, um den Effekt beschleunigen zu wollen. Es ist zwar richtig, dass sich übergewichtige Menschen oft auch zuwenig bewegen, ein Hammer-Sportprogramm halte ich aber für wenig sinnvoll. Es werden durch die erhöhte Aktivität nur die Kohlenhydrate im Muskel abgebaut, und Heisshunger ist die Folge.
Für besser halte ich, sich mit eher ruhigen Tätigkeiten zu bewegen, Spazierengehen etwa oder mal ruhig ein paar Bahnen schwimmen. Auch gut: Die Bewegung mehr in den Alltag integrieren, Treppen steigen statt den Fahrstuhl zu benutzen, mal bei schönem Wetter mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, statt mit dem Auto.
Anmerkungen:
(1) Zwar wendet der Körper des Menschen rund 20% seiner Gesamtenergie nur für das Gehirn auf, mehr als für jedes andere Organ, er tut es aber immer und ständig. Daher wirkt sich mehr oder weniger Denken nicht auf den Leistungszuwachs aus, und selbst wenn, dann wäre die Denkarbeit kaum zu ermitteln. Der Energiebedarf des Gehirns ist daher mehr oder weniger komplett im Grundumsatz enthalten.
(2) Die Empfehlungen für eine fettmodifizierte Kost geben darüber hinaus nicht nur die Gesamtfettmenge an, sondern auch, wie die verschiedenen Fette zu gewichten sind.