Als Katastrophe finde ich den Vergleich mit den Branchen, daß das in anderen Branchen auch so ist/sei?
Warum nicht ? Ist ja auch im Privatleben so. Macht man etwas gut, lässt man es gerne, schnell und laut Andere wissen. Geht was in die Hose, bleibt man zumeist ruhig.
So auch die schon mal im Forum erwähnte Nachbarin (weiß jetzt nicht mit dem ich jene spezielle Diskussion hier geführt habe). Mit Gerüchten und vermeintlichen Nachrichten schmeißen solche Nachbarinnen herum - aber falls sich ihre Informationen später als teilweise oder auch völlig falsch herausstellen, geht wohl kaum eine Nachbarin eine zweite Runde und widerruft ihren Tratsch von zuvor.
Was in der Türkei passiert ist, auch eine Katastrophe. Nur ist das kein Argument, "unseren" Journalismus nicht zu kritisieren, weil ich das Wort "Katastrophe" verwende.
Ich die Ablehnung von übertriebener Skandalisierung automatisch Ablehnung jeglicher Kritik ?
Wer meint denn, dass "unser" Journalismus nicht kritisiert werden dürfe ?
Ich hab zu erkennen gegeben, daß die Zeitung nicht nur eine Meinung abdrucken soll, was ich als einseitige, politische Berichterstattung sehe. Aber das fällt wahrscheinlich nicht mehr oder noch nicht unter "investigativer" Journalismus.
Nun, ideale Professionalität gebietet völlige Unpersönlichkeit. Egal in welcher Branche - ob Lehrer, Arzt, Hausfrau, Wirt, Wissenschafter, Richter, Feuerwehrmann, Politiker, Straßenbahnfahrer, Hebamme oder Schafhirte. Aber es sind immer Menschen, die Professionalität leben und Menschen können nun mal nicht völlig unpersönlich sein. Insofern muss man auch bei Journalisten gewisse Abstriche machen. Es gibt gängige Maßstäbe, wie sehr die Persönlichkeit einfließen darf, und letztendlich gibt es ja unterschiedlich gute bzw unterschiedlich professionelle Professionisten. Bei allen Berufsrichtungen.
Also fließt immer etwas Persönliches in die Berufsausübung ein. Auch wenn Menschen um Professionalität bemüht sein mögen, sie sind nach wie vor Menschen. Bei besonders kritischen Situationen gibt es ja auch Regulatorien, die ein Übermaß an persönlicher Beteiligung verhindern sollen (z.B. ärztliche Behandlung von Angehörigen, Voreingenommenheit bei Gerichtsverfahren, etc....).
Aber, mit einem Rest an Persönlichkeit muss man in der menschlichen Gesellschaft leben - und so auch im Journalismus. Ob man das gut findet oder nicht ist irrelevant, es ist unvermeidlich.
Also, geht es letztendlich nur um die Frage, wie sehr sich der Journalist bzw das Medium um Professionalität bemüht und wie erfolgreich es in diesen Bemühungen ist. Da gibt es sicherlich Unterschiede, und die "schlechteren" können und sollen sich die "besseren" zum Vorbild nehmen. Aber auch die "besseren" zu verteufeln oder gar zu katastrophisieren, nur weil sie nicht dem Ideal entsprechen, ist kontraproduktiv.
Wer ein Kind permanent schimpft weil es nicht perfekt ist (z.B. beim Test nur 95% anstatt 100% erreicht und das Ergebnis als Katastrophal hingestellt wird, obwohl es mit diesem Ergebnis zu den Klassenbesten gehört) wird mit der Zeit nicht ein perfektes, sondern ein frustriertes, gebrochenes Kind haben. Ähnlich destruktiv sehe ich deine Katastrophierung.
Zusätzlich stellt sich die Frage, woher du (wie auch die Eltern im Analogbeispiel) das Recht für solche Forderungen nimmst.