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Sollten die Medien bei Verbrechen Ross und Reiter nennen?

Sollten die Medien bei Verbrechen Ross und Reiter nennen?

  • 1. Ja, es muss über die Herkunft des Täters berichtet werden.

    Stimmen: 6 27,3%
  • 2. Nein, die Herkunft des Täters spielt keine Rolle.

    Stimmen: 8 36,4%
  • 3. Erst wenn der Täter verurteilt wurde, sollte man darüber Berichten

    Stimmen: 7 31,8%
  • 4. Ist mir egal.

    Stimmen: 1 4,5%

  • Umfrageteilnehmer
    22
Bei ?Wahrheit, ?Richtigkeit in der Presse verwende ich den Ausdruck: Lückenpresse: Es wird nicht alles und wenn, dann nicht vollständig berichtet. Es wird journalistisch aufbereitet. Und das läuft alles unter gutem Journalismus. Ätz.

Natürlich, es ist ja nicht die Aufgabe des Journalismus jegliche Information hinaus zu posaunen, sondern die Öffentlichkeit in verantwortungsvoller Form zu informieren.
Was verantwortungsvoll ist, ist generell geregelt, aber letztendlich subjektiv und in konkreten Fällen manchmal auch nicht ganz klar. Manch einer verlangt unreflektierte Informationsflut, inklusive Staatsgeheimnissen, persönlichen Informationen, etc....
Alles soll veröffentlicht werden, ohne Rücksicht auf Verluste. Meist wird dies aber nicht aus einem Gefühl von Verantwortung gefordert, sondern aus einem Generalmisstrauen, gepaart mit Rücksichtslosigkeit.
Nicht nur, weil man Journalismus oder gar die ganze Gesellschaft nicht auf diesen beiden Einstellungen aufbauen sollte, wird derlei Forderungen in einer freien Gesellschaft besser nicht nachgekommen. Und würde nachgekommen, wäre es vorbei mit der Freiheit.
 
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Wo ist das geregelt?

Gesetzlich fix geregelt, aber auch branchenintern und letztendlich auch gesellschaftlich. Oder willst du behaupten, du hättest keine Ahnung und auch keine Maßstäbe für "guten Journalismus" ?

Haben Sie vielleicht konkrete Fälle als Beispiele, wo das nicht ganz klar ist?

Na, wie des Öfteren zu lesen, wo eine Täterin in einem Blatt als "Frau (Name d. Red. bekannt)", "Hannelore Müller (Name durch Redaktion geändert), "Gabriele S.", oder gar "Gabriele Schenker", einmal ohne Bild, einmal mit Bild mit Unkenntlichmachung und einmal mit Bild ohne Unkenntlichmachung beschrieben sein kann.

Oder aber, ob man lediglich von einem "Täter" oder aber von einem "Täter mit Migrationshintergrund" oder gar von einem "Täter tschetschenischer Herkunft" schreibt.

Es ist ähnlich wie beim Benehmen. Wir haben alle eine ungefähre Vorstellung davon, das "gutes Benehmen" ist. Aber es gibt Situationen, in denen das nicht immer so klar ist. Auch gibt es Regularien, die aber keine Allgemeingültigkeit und schon gar keine Gesetzeskraft haben müssen.
 
Oder aber, ob man lediglich von einem "Täter" oder aber von einem "Täter mit Migrationshintergrund" oder gar von einem "Täter tschetschenischer Herkunft" schreibt.
Auch im Hörfunk werden ständig solche Spezifizierungen verwendet.
Gestern habe ich über einen Unfall von einem besoffenem Autofahrer gehört, den man beschrieb: KEIN Ausländer - wahrscheinlich dämmert es langsam.
Oder willst du behaupten, du hättest keine Ahnung und auch keine Maßstäbe für "guten Journalismus"?
Ich hab schon eine Ahnung von Journalismus und beanstande zB die Aufmachung von Schlagzeilen, die eine "Wahrheit" suggerieren. Wenn man dann den Text liest - steht eigentlich etwas ganz anderes drin: Beispiel: Da wurde jemand verurteilt ... am Ende steht: nicht rechtskräftig (klein gedruckt). Dann stellt sich heraus, daß das Urteil nicht gehalten hat - kein Bericht. Oder: Erinnere an die Diskussion über das Beichtgeheimnis: Da wird EIN Rechtslehrer zitiert - gibts nur einen?, der mit der Abschaffung des Beichtgeheinisses behauptet, daß die anderen "Berufsgeheimnisse, Verschwiegenheitspflichten" auch abgeschafft werden könnten. Keine Stimme aller anderen Interessensvertretungen.
 
Auch im Hörfunk werden ständig solche Spezifizierungen verwendet.
Gestern habe ich über einen Unfall von einem besoffenem Autofahrer gehört, den man beschrieb: KEIN Ausländer - wahrscheinlich dämmert es langsam.

Der Punkt ist, hier ist offensichtlich nicht so eindeutig, was genau "gut" bzw "korrekt" ist.

Ich hab schon eine Ahnung von Journalismus und beanstande zB die Aufmachung von Schlagzeilen, die eine "Wahrheit" suggerieren. Wenn man dann den Text liest - steht eigentlich etwas ganz anderes drin: Beispiel: Da wurde jemand verurteilt ... am Ende steht: nicht rechtskräftig (klein gedruckt). Dann stellt sich heraus, daß das Urteil nicht gehalten hat - kein Bericht.

Richtig, und der Umgang damit sagt etwas über die Qualität des Journalismus aus.
Ist ja in anderen Brachen auch so. Gibt es ein neues Produkt, wird das laut hinausposaunt. Gibt es mit einem Produkt Qualitätsprobleme, wird das möglichst geheim gehalten. In diesem Fall gibt es gesetzliche Regelungen, ob bzw welche Maßnahmen zu setzen sind. Aber, wie in einem Rechtsstaat üblich, gilt auch hier: Wo kein Kläger, da kein Richter.


Oder: Erinnere an die Diskussion über das Beichtgeheimnis: Da wird EIN Rechtslehrer zitiert - gibts nur einen?, der mit der Abschaffung des Beichtgeheinisses behauptet, daß die anderen "Berufsgeheimnisse, Verschwiegenheitspflichten" auch abgeschafft werden könnten. Keine Stimme aller anderen Interessensvertretungen.

Nun, das halte ich weniger für ein "Problem des Journalismus", sondern als eine generelle Eigenschaft der Informationswelt - und da meine ich nicht nur die irdische.
Eine Information kann vieles Weitere implizieren, oder aber auch nicht.

Zu dem Zitat des Rechtslehrers: Es gibt wohl unzählige Rechtslehrer. Mehr, als jemand in seinem Leben interviewen könnte. Was genau hätte hier getan werden sollen ?[/QUOTE]
 
Richtig, und der Umgang damit sagt etwas über die Qualität des Journalismus aus. Ist ja in anderen Brachen auch so.
Solange Journalismus generell als Säule der Demokratie angesehen wird, finde ich diese Vorgangsweise als Katastrophe.
Zu dem Zitat des Rechtslehrers: Es gibt wohl unzählige Rechtslehrer. Mehr, als jemand in seinem Leben interviewen könnte. Was genau hätte hier getan werden sollen ?
Frage: Auf welcher Initiative kam das Interview zustande? Hat die Zeitung sich wenigstens um ein "anderes Interview" bemüht?
Die Gründe, warum sich kein anderer Rechtslehrer oder Interessensvertreter freiwillig gemeldet haben, kann ich nicht mit dem Satz: qui tacet, consentire videtur" erklären. Meine Erklärung: Er wollte sich niemand mit der Amtskirche anlegen.
 
Solange Journalismus generell als Säule der Demokratie angesehen wird, finde ich diese Vorgangsweise als Katastrophe.

Die Umsetzung sämtlicher Ideale ist durch die Realität begrenzt. Dies generell als "Katastrophe" zu bezeichnen halte ich jetzt mal für übertrieben.
Wenn du das von dir gezeigte Szenario schon als "Katastrophe" bezeichnen willst, was ist dann die Situation in der Türkei für dich ? Oder jene in Saudi-Arabien ? In Burkina Faso ? Auf Haiti ? Auf den Philippinen ?
Oder entspricht deine Bezeichnung als "Katastrophe" dem einer reißerischen Schlagzeile, die dann im "Kleingedruckten" wieder relativiert oder gar negiert wird ?

Frage: Auf welcher Initiative kam das Interview zustande? Hat die Zeitung sich wenigstens um ein "anderes Interview" bemüht?

Die (noch immer unbeantwortete) Frage ist, was du denn überhaupt hier konkret forderst.

Die Gründe, warum sich kein anderer Rechtslehrer oder Interessensvertreter freiwillig gemeldet haben, kann ich nicht mit dem Satz: qui tacet, consentire videtur" erklären. Meine Erklärung: Er wollte sich niemand mit der Amtskirche anlegen.

Möglich, aber nicht mehr als Spekulation, soweit ich das sehe.
 
Als Katastrophe finde ich den Vergleich mit den Branchen, daß das in anderen Branchen auch so ist/sei?
Was in der Türkei passiert ist, auch eine Katastrophe. Nur ist das kein Argument, "unseren" Journalismus nicht zu kritisieren, weil ich das Wort "Katastrophe" verwende.
Ich hab zu erkennen gegeben, daß die Zeitung nicht nur eine Meinung abdrucken soll, was ich als einseitige, politische Berichterstattung sehe. Aber das fällt wahrscheinlich nicht mehr oder noch nicht unter "investigativer" Journalismus.
 
Als Katastrophe finde ich den Vergleich mit den Branchen, daß das in anderen Branchen auch so ist/sei?

Warum nicht ? Ist ja auch im Privatleben so. Macht man etwas gut, lässt man es gerne, schnell und laut Andere wissen. Geht was in die Hose, bleibt man zumeist ruhig.
So auch die schon mal im Forum erwähnte Nachbarin (weiß jetzt nicht mit dem ich jene spezielle Diskussion hier geführt habe). Mit Gerüchten und vermeintlichen Nachrichten schmeißen solche Nachbarinnen herum - aber falls sich ihre Informationen später als teilweise oder auch völlig falsch herausstellen, geht wohl kaum eine Nachbarin eine zweite Runde und widerruft ihren Tratsch von zuvor.

Was in der Türkei passiert ist, auch eine Katastrophe. Nur ist das kein Argument, "unseren" Journalismus nicht zu kritisieren, weil ich das Wort "Katastrophe" verwende.

Ich die Ablehnung von übertriebener Skandalisierung automatisch Ablehnung jeglicher Kritik ?
Wer meint denn, dass "unser" Journalismus nicht kritisiert werden dürfe ?

Ich hab zu erkennen gegeben, daß die Zeitung nicht nur eine Meinung abdrucken soll, was ich als einseitige, politische Berichterstattung sehe. Aber das fällt wahrscheinlich nicht mehr oder noch nicht unter "investigativer" Journalismus.

Nun, ideale Professionalität gebietet völlige Unpersönlichkeit. Egal in welcher Branche - ob Lehrer, Arzt, Hausfrau, Wirt, Wissenschafter, Richter, Feuerwehrmann, Politiker, Straßenbahnfahrer, Hebamme oder Schafhirte. Aber es sind immer Menschen, die Professionalität leben und Menschen können nun mal nicht völlig unpersönlich sein. Insofern muss man auch bei Journalisten gewisse Abstriche machen. Es gibt gängige Maßstäbe, wie sehr die Persönlichkeit einfließen darf, und letztendlich gibt es ja unterschiedlich gute bzw unterschiedlich professionelle Professionisten. Bei allen Berufsrichtungen.
Also fließt immer etwas Persönliches in die Berufsausübung ein. Auch wenn Menschen um Professionalität bemüht sein mögen, sie sind nach wie vor Menschen. Bei besonders kritischen Situationen gibt es ja auch Regulatorien, die ein Übermaß an persönlicher Beteiligung verhindern sollen (z.B. ärztliche Behandlung von Angehörigen, Voreingenommenheit bei Gerichtsverfahren, etc....).
Aber, mit einem Rest an Persönlichkeit muss man in der menschlichen Gesellschaft leben - und so auch im Journalismus. Ob man das gut findet oder nicht ist irrelevant, es ist unvermeidlich.

Also, geht es letztendlich nur um die Frage, wie sehr sich der Journalist bzw das Medium um Professionalität bemüht und wie erfolgreich es in diesen Bemühungen ist. Da gibt es sicherlich Unterschiede, und die "schlechteren" können und sollen sich die "besseren" zum Vorbild nehmen. Aber auch die "besseren" zu verteufeln oder gar zu katastrophisieren, nur weil sie nicht dem Ideal entsprechen, ist kontraproduktiv.
Wer ein Kind permanent schimpft weil es nicht perfekt ist (z.B. beim Test nur 95% anstatt 100% erreicht und das Ergebnis als Katastrophal hingestellt wird, obwohl es mit diesem Ergebnis zu den Klassenbesten gehört) wird mit der Zeit nicht ein perfektes, sondern ein frustriertes, gebrochenes Kind haben. Ähnlich destruktiv sehe ich deine Katastrophierung.

Zusätzlich stellt sich die Frage, woher du (wie auch die Eltern im Analogbeispiel) das Recht für solche Forderungen nimmst.
 
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