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Nietzsche als Wegbereiter des Nationalsozialismus?

Als Antisemitismus werden heute alle pauschalen Formen von Judenhass, Judenfeindlichkeit oder Judenfeindschaft bezeichnet.
Der Ausdruck entstand 1879 als Eigenbezeichnung deutscher Judenfeinde um den Journalisten Wilhelm Marr.
Ich habe diesbezüglich noch mal Nietzsches Bücher durchforstet. In der Tat benutzt er das Wort "Antisemitismus" erst in den Schriften der 1880er Jahre. Das hat mich schon etwas überrascht. Thematisch kommt der Antisemitismus zwar schon in den 70ern vor, aber eben nicht das Wort selber. Seine Briefe habe ich nicht durchgeblättert, aber es wird wohl dort nicht anders sein.
 
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"In die selben Flüsse steigen wir und steigen wir nicht"
Genau diesen Philosophen meinte ich ;)
Heute wird dieser Satz überall verzerrt, umgedichtet und mit der Moderne der Lächerlichkeit
Preis gegeben.
Selbst die EU hat schon mit einer Abwandlung für den digitalen Fingerabdruck
auf ihrer HP beworben. Welch schlechter Scherz.....
Nietzsche kann man geradezu den modernen Heraklit nennen.
 
Heute kam eine Biographie von Safranski von 2000 mit der Post.
Gefällt mir jetzt schon.
Der Umschlag ist ziemlich abgenutzt aber das Buch ist wie neu.
Wirkt recht ansprechend.
 
Ja aber wer weiß denn schon, dass der Nationalsozialismus viel älter ist als Hitler? Gerade den Österreichern müsste das bekannt sein. In Deutschland ist das weniger bekannt: Der Deutschnationalismus.

Das "völkische" Gedankengut kam in D erst nach der Reichsgründung 1871 auf und hatte seinen Höhepunkt um 1900. Dabei wurden die alten Werte propagiert, wie die Deutschen Dichter und dergleichen Kulturgut. "Deutsch als das höchste Gut" sozusagen dem Volk indoktriniert und ein Deutsches Volk kreiert, das es bis dahin so nicht gab. Da gab es jede Menge Propaganda in Form von Heftchen und Taschenbüchern, aber auch herkömmliche Literatur, insbesondere über die "Heimat" wurde mit völkischem Gedanken durchseucht. Es wurde ein bis dahin nicht vorhandenes "Deutsches Volk" kreiert. Denn, bis 1871 und nach 1945 ist Deutschland nur ein "Bund" und kein Land, sondern vieler (Bundes)Länder. Hinweis für sogenannten "Reichsbürger": Jedes (Bundes)Land hat eine Verfassung. Das Deutsche Reich ist und heißt seit 1949 BRD. Jeder Staatsbürger ist zugleich Reichsbürger. Die sogenannten "Reichsbürger" sagen also: Das Deutsche Reich (BRD) ist eine GmbH. und sie sind davon durch nichts abzubringen. Nochmal zur Wiederholung: die BRD ist ein Bund und kein Land, und dieser Bund ist das Reich, bzw. die Fortführung des Reiches. Siehe dazu den Unterschied zwischen Reich und Supranation (Union, Sowjetunion, Eropäische Union, United States of America). Wäre die EU ein Reich, wäre es möglich, dass Katalonien sich von Spanien {und Schottland von GB} abtrennt. Denn die Devise in einem Reich lautet: divide et impera. Eine Supranation hingegen besteht aus Nationen (Staaten), die nicht teilbar sind. Alles hat seine Vor- und Nachteile.

Der Grund für das Verbreiten des völkischen Gedankenguts wird damit erklärt, dass einigen dem 1871 gegründeten Deutschen Reich der Zusammenhalt aller Deutschen fehlte. Dieses "Deutschland" ist also ein ideologisches Konstrukt. Die Bundesregierung ist auch mehr sowas wie ein Dachverband. Zwar nicht exakt, aber so ungefähr. Bayern macht ab und an rhetorisch Gebrauch von seiner Autonomie. Auch die Ukraine hatte innerhalb der Sowjetunion Autonomie, sowie wurde vielen Mitgliedsnationen der Sowjetunion 1990 die Autonomie zur Abspaltung gewährt: Der Zerfall der Sowjetunion.

Mit Berücksichtigung der Deutschnationalen (Bewegung), die vorwiegend in Österreich aktiv war/en, wird ersichtlich, dass ... beziehungsweise kann gesagt werden, dass der Nationalsozialismus gar keine Idee der Deutschen war. Und mit ein bisschen Phantasie, dass dieser die Rache der Österreicher an Deutschland für Königgrätz war. So exakt stimmt das natürlich nicht genau. Es war nur so, dass den Deutschen der österreichische Deutschnationalismus egal war und von ihnen mehr oder minder ignoriert wurde, bis 1938. Die Deutschen waren vorher der Ansicht, Österreich ist nicht deutsch. Vielleicht war das eine kleine Kränkung.

Jetzt versetze dich in die Lage, dass von allen Seiten her Propaganda für ein Deutsches Volk und völkisches Gedankegut gemacht wird. Der Bayer sollte eben kein Bayer mehr sein, sondern ein Deutscher. Die Propaganda war massiv. Zugleich wurde Antisemitismus (übrigens von einem [ehem.] Anarchisten erfunden) gestreut: Die Juden seien dran schuld, dass das Deutsche Volk schwach (im Sinne von nicht vorhanden) sei, weil die Juden bei den Deutschen nur schmarotzen würden. Das passte gut zusammen.
 
Ich habe diesbezüglich noch mal Nietzsches Bücher durchforstet. In der Tat benutzt er das Wort "Antisemitismus" erst in den Schriften der 1880er Jahre. Das hat mich schon etwas überrascht. Thematisch kommt der Antisemitismus zwar schon in den 70ern vor, aber eben nicht das Wort selber. Seine Briefe habe ich nicht durchgeblättert, aber es wird wohl dort nicht anders sein.

Es ist immer schwer sich mit etwas zu befassen was so kritisch behaftet ist.
Was mich allerdings etwas stutzig macht wenn ich seine Sichtweise nachvollziehe ist dass dieser Begriff irgendwie gar nicht
"hinein passt" in seine ganze Philosophie. Nicht dass ich es für unwichtig halten würde oder etwas "vom Stapel reißen" will.
Aber Nietzsche hat sich weder für das Gute noch für das Böse eingesetzt. Er war "Jenseits von Gut und Böse".
Wenn ich etwas vermuten sollte .....aber das ist nur meine persönliche Ansicht und entspricht womöglich überhaupt nicht der Wahrheit:
Dass etwas an seinen Werken "rumgedoktort" wurde.
Aber wie gesagt : Kann jeder halten wie er will.
 
Der österreichische Autor Thomas Bernhard (1931-1989) sagte in einem Interview, dass für ihn Schreiben wie Musizieren ist. Das ist nicht bei allen Autoren so. Das ist insbesondere bei Thomas Bernhard interessant, weil die meisten seiner Leser oder auch nur Trittbrettfahrer-Kritiker seine Werke auf die Inhalte reduzieren, dabei sind die nur Beiwerk. Es könnte jeder Inhalt sein. Der Inhalt ist beliebig austauschbar. So wie Musik-Instrumente. Die Melodie bleibt gleich.

Sehr gut auf den Punkt gebracht. Das Erstaunliche an Thomas Bernhard ist, dass man aus seinem sehr umfangreichen Gesamtwerk beinahe jeden beliebigen "Absatz" (denn Absätze gibt es bei ihm ja nicht/kaum) heraus nehmen kann und man erkennt immer zweifelsfrei: Das ist Thomas Bernhard. Das ist mir von keinem anderen Autor bekannt.

Ich fand es hier (als Deutscher) schon immer erstaunlich, dass in einem österreichischen Denkforum fast nichts über ihn geschrieben wird.
 
Aber Nietzsche hat sich weder für das Gute noch für das Böse eingesetzt. Er war "Jenseits von Gut und Böse".
Doch, doch, er hat schon gewisse Vorstellungen - sogar ganz konkrete - von Gut und Böse (bzw. Schlecht). Er möchte nur klarstellen, wie sie geschichtlich zustandegekommen sind und geradezu auf den Kopf gestellt wurden. Für diese verhängnisvolle Umkehrung der Werte macht Nietzsche die Juden verantwortlich.

Wenn ich etwas vermuten sollte .....aber das ist nur meine persönliche Ansicht und entspricht womöglich überhaupt nicht der Wahrheit:
Dass etwas an seinen Werken "rumgedoktort" wurde.
Aber wie gesagt : Kann jeder halten wie er will.
Textfälschungen in seinen Büchern liegen nicht vor, selbst in dem vielfach verpönten Werk "Der Wille zur Macht" nicht. Was aber um sich gegriffen hat, sind absichtliche Fehlinterpretationen in der neueren Forschung der letzten Jahrzehnte. Man will ihn zu einem lieben netten "guten Europäer" (im Sinne von braven EU-Bürger) machen, der er aber nicht war. Da ist man tatsächlich am "Rumdoktorn".
 
Also was ich nur festhalten wollte :Nietzsche hat sich nicht für Minderheiten eingesetzt.
Er hat sogar dafür plädiert dass sich der "überlegene Durchsetzen muss" damit die Menschheit
sich weiterentwickelt. Alles ist in einem unaufhaltbaren Wandel.

Die etwas älteren Biographien sind noch sehr gelungen.
Bei dem ganz neuen Buch "Ich bin Dynamit" von einer Autorin sollen den meisten Leuten
sich schon die Haare sträuben. :)
Schnodderig und disrespektierlich soll es angeblich sein. Habs mir dennoch bestellt
wegen dem Cover und um einen Vergleich zu ziehen.
Der neue Zeitgeist der Moderne ist wie Unkraut - kaum tot zu kriegen und quillt aus jeder
Fuge auch da wo man ihn am wenigsten gebrauchen kann.
 
Die etwas älteren Biographien sind noch sehr gelungen.
Bei dem ganz neuen Buch "Ich bin Dynamit" von einer Autorin sollen den meisten Leuten
sich schon die Haare sträuben. :)
Schnodderig und disrespektierlich soll es angeblich sein. Habs mir dennoch bestellt
wegen dem Cover und um einen Vergleich zu ziehen.
Der neue Zeitgeist der Moderne ist wie Unkraut - kaum tot zu kriegen und quillt aus jeder
Fuge auch da wo man ihn am wenigsten gebrauchen kann.
Ich weiß nicht, ob Biographien über ihn der richtige Weg sind. Man sollte in die Originalliteratur hinein. Nietzsche selber empfahl mit den Büchern "Jenseits von Gut und Böse" bzw. "Zur Genealogie der Moral" zu beginnen, weil sie die weitgreifendsten und wichtigsten seien. Welche Bücher besitzt du denn von Nietzsche?
 
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Ich habe einen Sammelband und die recht bekannten Werke.
Es sind aber noch welche unterwegs.
Ich finde Biographien nicht allgemein schlecht da sie gewisse Blickwinkel eröffnen.
Seine ganzen Briefe zu lesen dürfte eh eine sehr lange Zeit dauern.
Zur Genealogie der Moral hat mir auch gefallen - Habs schon mal als Hörbuch angetestet :-
Jenseits von Gut und Böse ist auf dem Weg.
 
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