• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Menschen und Gebäude

Nabend Bernd,

du hast so viele Warum-Fragen gestellt.
Eine hat mich als noch relativ frische Eigenheim-Bewohnerin besonders erwischt, nämlich diese:
Wenn der Gedanke „ein Heim“ wirklich der entscheidende wäre, warum bauen die Menschen sich dann nicht ganz einfache Häuschen für 25.000 Euro (die trotzdem keine Wellblechhütten sind). Ich rechne zur Not vor, dass das geht. Aber auf so eine Idee käme ein moderner Mensch gar nicht. Er würde sich schämen. „Wenn schon, dann richtig.“ Richtig dumm?
Deine Frage ist berechtigt.
Wir schuften hart für das Haus, denn jeder weiß für ein x00.000 Euro-Haus muss man länger abbezahlen bzw. mehr i.M. hinblättern als für ein 25.000 Euro-Haus.
Und du wirst lachen, der Gedanke an ein kleines Holzhaus kam uns damals, die Prospekte waren da. Nur warum wir es nicht gemacht haben? Ich kann es dir nicht sagen. Ich vermute, weil es nicht als "genug" erschien, nicht so lange haltbar und vllt. auch, weil es doch nicht unbedingt Gang und Gäbe ist. Gereizt hätte es und tut es mich immer noch.
Tja dumm? Kann schon sein.


Nein, ich würde keinen finanziellen Sandsack schleppen, für Menschen die mir nicht nahe stehen. Für meine Kinder vielleicht schon. Den seelischen Sandsack würde ich immer anbieten, vorrausgesetzt mich verbindet Sympathie mit dem Menschen. Und den wirklichen materiellen Sandsack, den schleppt man aus Solidarität wohl in der Not für jeden, würde ja auch jeder für mich mitschleppen. Da zählt die Gemeinschaft und Antipathien gehören beiseite. Warum? Weil die Finanzen, die muss jeder für sich planen, wer sich verplant hat Pech, ist aber dennoch am Boden und darf sich ausweinen. Wer von wirklichem Wasser aufgesucht wird, der ist nicht selber schuld, deshalb packt man da mit an.

Mir war es schnurzegal, wie meine Schul- und Studiengebäude ausgesehen haben.

Ich mag keine pomösen Firmengebäude, fühle mich in Kasernen wohl. Da wird auf anderes geachtet.
Brauche auch kein Luxushotel, bin lieber Bauernhofgast oder campe.
Geld für Denkmäler oder Kirchen gibt es bei mir auch nicht, ich investiere Zeit und Geld auch lieber in andere menschlichere Dinge.
Aber wer sein Geld da hinpulvern will, warum nicht?

Ich bin wieder abgedriftet.
Gebäude haben eine große Wirkung auf uns, aber eben nicht für jeden die gleiche Bedeutung.
Warum wir da so sind? Eine Auswirkung von was? Materialismus, Gesellschaftsdruck?
Ist es nicht generell eher "höher, weiter, mehr"? Ich mein mit Autos ist es doch ähnlich. Oder mit einem der elementarsten Dinge, der Nahrung.
Die einen reden und leben nur von Bio-Nahrung (teurer aber besser?) andere haben kaum noch Geld für Supermarktbrot. Die "Warum nimmst du selbst und gibst nicht-Frage" kann man in so ziemlich jedem Bereich anbringen.

Alles sehr interessant Bernd, aber ich muss da wieder erst nochmal sortieren.
Liebe Grüsse
Sal
 
Werbung:
Wir sind halt ungeschützte Wesen, ausgeliefert den Naturereignissen, nichtmehr fähig uns denen schnell anzupassen - aber auch ausgeliefert der menschlichen Umgebung, nicht nur der Natur. Unsere Haut schützt uns nicht zur genüge, und wir schaffen uns eine zweite Haut, an deren Merkmalen derjenige der ein aufmerksamer Betrachter ist, vieles über uns begreifen kann. Diese zweite Haut, die Gebäuden in denen sich unsere Aktivitäten abspielen oder der Versuch stattfindet zu Ruhe zu kommen, verrät vieles über die Menschen die darin wohnen. Natürlich ist da nicht nur Erfreuliches zu erkennen.
Das macht auch das Besichtigen alter Wohnstätte und Städte allgemein besonders interessant, denn es ist nicht die reine Architektur die wir da wahrnehmen - wir suchen auch die Verbindung (manchmal unwillkürlich) zu den Geist jener Zeit, zu den Ereignissen denen diese Umgebung als Bühne nutzte, zu den Menschen die darin gelebt haben.

Was mich auch so sehr fasziniert, ist die Konkretisierung des Zeitgeistes oder mancher Ideen die eine Zeit geprägt haben, in der Architektur. So hat das Bauhaus (Mies van der Rohe, Walter Gropius) durch Einsteins Ideen beeinflußt, die Einheit von Raum und Zeit deutlich erkennbar umgesetzt.

Von wo kommt aber das Unbehagen wenn wir die heutige Architektur und den Städtebau betrachten? Ich denke, es ist der Mangel an Individualität, die Uniformisierung, das sich nicht voneinander unterscheiden. Aber ist das nicht auch ein Zeitzeichen? Ist nicht auch da die Architekltur ein sensibler Indikator?

Bernd schrieb:
Warum zerstört man das Gebäude des Feindes, reisst Häuser von „Angehörigenfamilien“ der Attentäter ab?

Bernd, ich denke es ist eben um ihnen den letzten Schutz zu nehmen.

Weiter zu deinen letzten Beitrag:

Geld wäre da sowohl für die Behausung der Einzelnen, als auch für die Bauten die unserer Kultur den notwendigen Rahmen bieten müssen, und die Kultur ist kein Luxusgut, m.E. ist sie vital notwendig.
Was nicht stimmt ist die Verteilung. Unstimmig macht das ganze auch die Tatsache, dass wir immer mehr fremdbestimmt sind und dadurch auch geprägt werden. So höre ich auch von einen mir bekannten Architekten, wie wenig gefragt eine individuelle Bauart heute ist.

Und ich gehe jetzt in meine Schlafbehausung.

Gute Nacht von Miriam
 
Hallo ihr Zwei.

Es ist mir klar, mit meinen hämmernden „warum´s“ zu treffen, und das tu ich nichtmal besonders fair. Aber an diesem Punkt bitte ich dich, liebe Sal, einen Schritt zurück zu treten und deine eigene Reaktion auf meine unsensiblen Worte zu betrachten. Mir geht es nie um den Einzelfall und mir steht es nicht zu, den Häuslebauer zu kritisieren. Ich hab selbst während des Studiums eins hochgemauert, sogar meine Gesundheit, meinen Rücken, hab ich dabei lediert und im Moment bin ich grad über einem Wirtschaftsgebäude, wo mir ein Hexenschuss *rückenrubbel* bereits zeigt, dass auch ich hier mein eigenes Wohl dem des Gebäudes (dem Ziel) zeitweise unterordne. Ich stehe also nicht auf einem Podest.

Das Geld für Kirchen und Denkmale, meine ich von staatlicher, institutioneller Seite. Der Bürger oder Gläubige zahlt das selten direkt, aber hier zeigt sich auch, dass der Staat als virtuelles Wesen eher virtuelle Ziele verfolgt. Der Macht- und Repräsentationsanspruch, den man in der eigenen Persönlichkeit findet (Macht und Anerkennung), findet sich im Staat/Wasserkopp/Vatikan/Vorstand... in Extremform wieder.

Brauchen wir teure Gemeinschaftsbauwerke und müssen sie als Kulturgut erhalten? Die pompöse Kirche als zentrale Anlaufstelle des bettelarmen Dorfes ist doch eigentlich materialisierter Ausdruck eines ICH´s, was „zum ganzen“ gehören will und sonst verloren wäre.

von Sal: Ich mag keine pomösen Firmengebäude, fühle mich in Kasernen wohl.
*neugierig kuck* Arbeitest du bei der Bundeswehr, Salem?

von Miriam: ...es ist nicht die reine Architektur die wir da wahrnehmen - wir suchen auch die Verbindung zu dem Geist jener Zeit, zu den Ereignissen denen diese Umgebung als Bühne nutzte,
Ja, Uniformisierung und Größenwahn als zeitgeistliche Handschrift in Gebäuden zu sehen, ist ganz bestimmt wichtig.

vom Bernd: Warum zerstört man das Gebäude des Feindes, reisst Häuser von „Angehörigenfamilien“ der Attentäter ab?
von Miriam: Bernd, ich denke es ist eben um ihnen den letzten Schutz zu nehmen.
Das klingt interessant. Der Sieger entblößt den Verlierer. Der Sieger zieht, wenn er´s nich zerstört, in das Gebäude der Verlierer ein. Ein Haus als Schutzhülle und die Größe des Hauses als Größe der Persönlichkeit. *nachdenklich *

Das Haus als Sitz der Persönlichkeit? Wie kann ich mich dann in das des anderen hinein-„setzen“. Doch nur, wenn auch die Persönlichkeit überall „hinein passt“, austauschbar ist. Weil sie sich dem Gebäude anpasst? Weil die Dimension einer Persönlichkeit diesmal nicht von Rückhaltemechanismen (Teil d. psych. Charakterstruktur), übertragen „Außenwänden des Gebäudes“, begrenzt wird?

Ist die Persönlichkeit austauschbar? Ist deine Persönlichkeit austauschbar?

Und so etwas wie die Frauenkirche (Dresden) als „ein auf etwas zeigendes“ (Zeichen) oder ein Grabmal (Totenkult) als Vehikel, was die Bindungen auch über den Tod fortsetzt, als Fessel. Als Fessel, die hier wiederum das Alleinsein (Zerfall d. Bindung) verhindert. Die Persönlichkeit sucht sich vielleicht diesmal im Gebäude einen Haltegriff, damit sie in ihrer „Nichtexistenz“ wenigstens nicht völlig verloren geht. Versteht man das? :rolleyes:

Materialisiert sich die Persönlichkeit im Denkmal, im Gebäude, weil sie weiß, dass sie nur fiktiv ist?

Viele Grüße
Bernd
 
Bernd schrieb:
Hallo ihr Zwei.

Es ist mir klar, mit meinen hämmernden „warum´s“ zu treffen, und das tu ich nichtmal besonders fair. Aber an diesem Punkt bitte ich dich, liebe Sal, einen Schritt zurück zu treten und deine eigene Reaktion auf meine unsensiblen Worte zu betrachten. Mir geht es nie um den Einzelfall und mir steht es nicht zu, den Häuslebauer zu kritisieren. Ich hab selbst während des Studiums eins hochgemauert, sogar meine Gesundheit, meinen Rücken, hab ich dabei lediert und im Moment bin ich grad über einem Wirtschaftsgebäude, wo mir ein Hexenschuss *rückenrubbel* bereits zeigt, dass auch ich hier mein eigenes Wohl dem des Gebäudes (dem Ziel) zeitweise unterordne. Ich stehe also nicht auf einem Podest.

Das Geld für Kirchen und Denkmale, meine ich von staatlicher, institutioneller Seite. Der Bürger oder Gläubige zahlt das selten direkt, aber hier zeigt sich auch, dass der Staat als virtuelles Wesen eher virtuelle Ziele verfolgt. Der Macht- und Repräsentationsanspruch, den man in der eigenen Persönlichkeit findet (Macht und Anerkennung), findet sich im Staat/Wasserkopp/Vatikan/Vorstand... in Extremform wieder.

Brauchen wir teure Gemeinschaftsbauwerke und müssen sie als Kulturgut erhalten? Die pompöse Kirche als zentrale Anlaufstelle des bettelarmen Dorfes ist doch eigentlich materialisierter Ausdruck eines ICH´s, was „zum ganzen“ gehören will und sonst verloren wäre.


*neugierig kuck* Arbeitest du bei der Bundeswehr, Salem?


Ja, Uniformisierung und Größenwahn als zeitgeistliche Handschrift in Gebäuden zu sehen, ist ganz bestimmt wichtig.


Das klingt interessant. Der Sieger entblößt den Verlierer. Der Sieger zieht, wenn er´s nich zerstört, in das Gebäude der Verlierer ein. Ein Haus als Schutzhülle und die Größe des Hauses als Größe der Persönlichkeit. *nachdenklich *

Das Haus als Sitz der Persönlichkeit? Wie kann ich mich dann in das des anderen hinein-„setzen“. Doch nur, wenn auch die Persönlichkeit überall „hinein passt“, austauschbar ist. Weil sie sich dem Gebäude anpasst? Weil die Dimension einer Persönlichkeit diesmal nicht von Rückhaltemechanismen (Teil d. psych. Charakterstruktur), übertragen „Außenwänden des Gebäudes“, begrenzt wird?

Ist die Persönlichkeit austauschbar? Ist deine Persönlichkeit austauschbar?

Und so etwas wie die Frauenkirche (Dresden) als „ein auf etwas zeigendes“ (Zeichen) oder ein Grabmal (Totenkult) als Vehikel, was die Bindungen auch über den Tod fortsetzt, als Fessel. Als Fessel, die hier wiederum das Alleinsein (Zerfall d. Bindung) verhindert. Die Persönlichkeit sucht sich vielleicht diesmal im Gebäude einen Haltegriff, damit sie in ihrer „Nichtexistenz“ wenigstens nicht völlig verloren geht. Versteht man das? :rolleyes:

Materialisiert sich die Persönlichkeit im Denkmal, im Gebäude, weil sie weiß, dass sie nur fiktiv ist?

Viele Grüße
Bernd

Lieber Bernd,

ich finde Deine Beiträge sehr interessant und diesmal zum Großteil nachvollziehbar.

In der Malerei ist dieses Thema auch sehr verlockend, aber schwierig. Doch ich musste es wagen.

Kann dazu momentan nicht mehr sagen. Ich wünsche Dir und mir noch viele interessante Beiträge.

Liebe Grüße

suche :blume1: :blume1: :blume1:
 
Bernd schrieb:
Hallo ihr Zwei.

Es ist mir klar, mit meinen hämmernden „warum´s“ zu treffen, und das tu ich nichtmal besonders fair. Aber an diesem Punkt bitte ich dich, liebe Sal, einen Schritt zurück zu treten und deine eigene Reaktion auf meine unsensiblen Worte zu betrachten. Mir geht es nie um den Einzelfall und mir steht es nicht zu, den Häuslebauer zu kritisieren. Ich hab selbst während des Studiums eins hochgemauert, sogar meine Gesundheit, meinen Rücken, hab ich dabei lediert und im Moment bin ich grad über einem Wirtschaftsgebäude, wo mir ein Hexenschuss *rückenrubbel* bereits zeigt, dass auch ich hier mein eigenes Wohl dem des Gebäudes (dem Ziel) zeitweise unterordne. Ich stehe also nicht auf einem Podest.

Das Geld für Kirchen und Denkmale, meine ich von staatlicher, institutioneller Seite. Der Bürger oder Gläubige zahlt das selten direkt, aber hier zeigt sich auch, dass der Staat als virtuelles Wesen eher virtuelle Ziele verfolgt. Der Macht- und Repräsentationsanspruch, den man in der eigenen Persönlichkeit findet (Macht und Anerkennung), findet sich im Staat/Wasserkopp/Vatikan/Vorstand... in Extremform wieder.

Brauchen wir teure Gemeinschaftsbauwerke und müssen sie als Kulturgut erhalten? Die pompöse Kirche als zentrale Anlaufstelle des bettelarmen Dorfes ist doch eigentlich materialisierter Ausdruck eines ICH´s, was „zum ganzen“ gehören will und sonst verloren wäre.


*neugierig kuck* Arbeitest du bei der Bundeswehr, Salem?

Hallo Bernd,

um Gottes willen, du hast mich positiv erwischt, mich mit der Holzhausfrage zum Nachdenken gebracht. Ich habe das keineswegs als Angriff empfunden, eher als Anregung das gedanklich nochmal durchzugehen und versuchen eine Antwort auf die Frage "Warum ist das sooo wichtig?" bzw. "Warum haben wir es wirklich nicht gemacht?" zu finden.

Auch das du überwiegend die staatliche Finanzierung für Gebäudeerhaltung meintest habe ich verstanden. Nur am Ende ist es unser (Steuer)-Geld, also tragen wir mit. Staatlich muss ich damit wohl leben, obwohl mit den Geldern einiges an Armut bekämpft werden könnte. Aber privat muss man es ja nicht noch unterstützen. Es gibt da ja auch so Spendenvereine, für Denkmalpflege und sowas, ich beteilige mich eben nicht. Ich denke, das Geld, welches überbleibt stecke ich in Organisationen für Kinder/Erwachsene oder in den Tierschutz. Mir sind fremde Gebäude nicht so wichtig, ich kann auch ohne sanierte Kirche im Dorf leben.
Ich brauche also diese Kulturgüter nicht für mein Wohlbefinden, andere Kulturgüter aber schon. Vielleicht auch eine Frage der persönlichen Interessen.
Aber zu Zeiten, wo auch Kinder im eigenen Land mittags eine Organisation aufsuchen um eine warme Mahlzeit zu bekommen, weil zuhause der Kühlschrank leer ist, kann ich beim besten Willen keine Steinbauten aus meiner privaten Tasche unterstützen. Wenn der Staat dies tut, von mir aus, die werden die Misere noch erkennen.

Nein Bernd, ich arbeite dort leider nicht. War vor ein paar Jahren noch schwierig, als Frau eben, und jetzt sind Kinder da und ein anderer Beruf.
Mein Mann lebt aber meinen Traum und mir war schon öfter mal ein Besuch bzw. ein Wochenende in der Kaserne vergönnt.
Schmucklos sind die Kästen, wirklich nichts besonderes, aber das was drinnen stattfindet ist göttlich. Kameradschaft, ist ein unschönes Wort, ich mag es nicht. Nennen wir es mal "die Atmosphäre", die ist was besonderes.
Zu den Gebäuden selbst, ich hab mich nie so sicher gefühlt, als in den Nächten dort. Wo kann man denn noch mit offenen Eingangstüren schlafen, weil jemand da ist der aufpasst?
Geschützt und doch "offen", das ist wirklich schön. Nur die Betten, naja die sind schlecht :)

Liebe Grüsse
Sal
 
ich glaube, bezüglich geld in kulturgüter versus geld in sozialprojekte kann man die frage durchaus fundamentaler stellen:

ist kultur ein luxusgut ?

lg,
Muzmuz
 
Für mich sehr spannend, lieber Bernd - ich versuche nun etwas geordnet auf deine Ideen einzugehen.

Bernd schrieb:
Ja, Uniformisierung und Größenwahn als zeitgeistliche Handschrift in Gebäuden zu sehen, ist ganz bestimmt wichtig

Es ist für mich persönlich die prägnanteste Konkretisierung des Zeitgeistes - sowohl in der Art wie vieles austauschbar wirkt, als in der deutlichen Symbolik der Macht einiger Gebäuden die repräsentieren sollen.

Bernd schrieb:
Der Sieger entblößt den Verlierer. Der Sieger zieht, wenn er´s nich zerstört, in das Gebäude der Verlierer ein. Ein Haus als Schutzhülle und die Größe des Hauses als Größe der Persönlichkeit. *nachdenklich *

Dass der Sieger das Territorium des Verlierers bezieht, ist doch die gewohnte Strategie und hat neben den Nutzen der dabei entsteht, auch symbolischen Charakter. Doch m.E. ist das Haus keine Schutzhülle mehr, wenn dabei die Größe der Persönlichkeit dokumentiert werden soll - es ist eine Art von Siegerpose und der Sieger muss sich ja nicht schützen. Auch sind, denke ich, die persönlichen Merkmale ohne Bedeutung, im Vordergrund tritt der Gestus der Eroberung.

Ob meine Persönlichkeit austauschbar ist? Manchmal wünschte ich es mir - werde mal die Wohnung wechseln und dir das Ergebnis mitteilen. Weigere mich hier den Ironie-Smiley einzusetzen.

Au, jetzt wird es spannend und kontrovers:

Bernd schrieb:
Und so etwas wie die Frauenkirche (Dresden) als „ein auf etwas zeigendes“ (Zeichen) oder ein Grabmal (Totenkult) als Vehikel, was die Bindungen auch über den Tod fortsetzt, als Fessel. Als Fessel, die hier wiederum das Alleinsein (Zerfall d. Bindung) verhindert. Die Persönlichkeit sucht sich vielleicht diesmal im Gebäude einen Haltegriff, damit sie in ihrer „Nichtexistenz“ wenigstens nicht völlig verloren geht. Versteht man das?

Hättest du doch eine andere Kirche als die Frauenkirche in Dresden gewählt um deine Gedanken zu dokumentieren! Denn meiner Meinung nach ist eben die Frauenkirche mit ihrer dramatischen Geschichte, ein Symbol für menschliches Verhalten, sowohl im negativen, als auch im positiven Sinne.

Die Zerstörung der Kirche ist uns allen bekannt - und hat meines Erachtens auch symbolischen Charakter. Der Wiederaufbau und dann das Wiedereröffnungskonzert am 17.11.05, ist eine tief bewegende Angelegenheit. Denn daran waren die einstigen Zerstörer stark beteiligt und es wurde ein Zeichen gesetzt was Bauten auch bedeuten können. Es war ein Brückenschlag die die enst verfeindeten Länder in ihren Bestreben sich anzunähern bestärken sollte.

Du sprichst von Fesseln in diesem Zusammenhang - und ich empfinde es nicht als solche, sondern als Bindung. Verbindung zur Vergangenheit die nicht geleugnet werden darf, Verbindung zwischen den einst Verfeindeten - und das ist m.E. wichtig. Von mir aus ist der Ort dann die Kirche. Und es ist nach meinem Empfinden keineswegs ein erhobener Zeigefinger, wohl aber ein Memento.

[QUOTEBernd]Materialisiert sich die Persönlichkeit im Denkmal, im Gebäude, weil sie weiß, dass sie nur fiktiv ist? [/QUOTE]

Warum siehst du die Persönlichkeit als etwas fiktives? Ich nehme an, dass du da den Gedanken der Austauschbarkeit weiterführst. Die Austauschbarkeit ist eine potentielle Gefahr - keine Realität. Eine Gefahr die in unserer Zeit sehr groß ist - aber das führt nun zu weit.

Bernd, was ist auf deinen Benutzerbild? kann es nicht entziffern.
 
Muzmuz schrieb:
ich glaube, bezüglich geld in kulturgüter versus geld in sozialprojekte kann man die frage durchaus fundamentaler stellen:

ist kultur ein luxusgut ?

lg,
Muzmuz


Nein, aber Du, Muzmuz, stellst die Frage mMn zu allgemein.
Versuch einer Beweisführung meiner obigen Behauptung:

Es gibt z.B. eine Kultur des Essens.


Und da wird es " die gehobene" Gesellschaft, in der es schon eine Wissenschaft ist zu wissen, welches Glas zu welchem Wein man nimmt, wie man mit der oder der Gabel das oder das isst usw usw... Das zählt bei mir zu den Luxusgütern der Kultur. Und - auf andere Bereiche angewendet ( die Adele von Klimt, z.B.) bin ich durchaus der Meinung, dass das Geld, das der ö. Staat im Klimtbildbeispiel bereit ist, für den Rückkauf aufzubringen, in Sozialprojekten besser aufgehoben wäre. Den einzelnen Privatpersonen, die glauben. nur so kultiviert essen zu können, wird man wohl im Sinne eines liberalen Verständnisses wohl nicht veranlassen können, ihre Kristallgläser mit Plastikbechern zu vertauschen und den Differenzbeitrag für wohltätige Zwecke zu spenden.




Aber - bleiben wir bei der Esskultur: auch der geringste unter unseren Brüderen und Schwestern weiß ganz instinktiv ( na ja: ganz von seiner Elternstube her ), dass man nicht rülpst, furzt und dergleichen Töne während des Essens von sich gibt.


Und gerade dieses Beispiel zeigt, dass Kultur als Verhaltenseigenschaft nichts Statisches ist. Denn wie heißt es so schön bei Luther in einer seiner Tischreden: "Warum rülpset und furzet ihr nicht, hat es euch icht geschmecket?" ( aus dem Gedächtnis zitiert)


Also: ich denke, Kultur ist kein Luxusgut - es sind Rituale, die der Mensch, jeder Mensch, mit seinem Lebensablauf verbindet.

Marianne

Ähmm, ähmm: wo finde ich eigentlich in meinem posting einen Hinweis auf Gebäude? Marianne, Marianne, du plauderst. Schäm dich! * ggrr*


OHO: ich habs. Wir können mein beispiel auf die Wohnkultur übertragen ...:doof:
 
Werbung:
Muzmuz schrieb:
ist kultur ein luxusgut ?

Fangen wir mal einfach mit dem alten Satz an, der danach so gerne übernommen wurde, unter anderem von Berthold Brecht: Der Mensch lebt nicht von Brot allein.

Was zur Lebensqualität beiträgt, können wir meisst den sehr umfassenden Begriff Kultur zuordnen.

Wir können, so denke ich, nicht alleine in der Banalität, der Trivialität unseres Alltags leben. Wenn wir die Kultur als einen Luxus betrachten würden, dann wäre sie auch entbehrlich. Aber sie ist eines der wichtigsten Mitteilungsmittel, Kommunikationsmittel in der menschlichen Gesellschaft. Dafür müssen wir natürlich nicht Kunstschaffende sein, sondern am Kulturleben teilnehmende.
Kultur sollte auch Bestandteil der Politik sein - und dort wo das nicht der Fall ist, fällt uns gleich auf, dass etwas schief läuft. Misstrauen gegenüber dem Begriff Kultur ist eigentlich aufgekommen mit der Feststellung, dass es einen Krieg der Kulturen gibt.

Aber auch unsere Architektur, denn über die sprechen wir hauptsächlich hier, zeugt manchmal von einer Entfernung von kulturellen Werten. Dabei kann funktionell gut mit Kultur zu vereinbaren sein - siehe das Bauhaus. Was schwer zu Lasten von Kultur gehen kann, ist die im Vordergrund getretene Profitorientierung.
 
Zurück
Oben