FritzR
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- 6. Oktober 2008
- Beiträge
- 2.809
Hallo,
bisweilen habe ich den Eindruck, als ob manche Forumsteilnehmer nicht wirklich an dem Gelingen eines echten Gedankenaustausches interessiert sind.
Darum hier zum Nachlesen einige
Maximen für gelingende Kommunikation
Damit sich Gesprächspartner überhaupt verstehen können, müssen beide Seiten die Spielregeln einhalten. Die Spielregeln, das sind einige elementare Verabredungen. Der amerikanische Sprachphilosoph Paul Grice hat sie zu vier »Maximen« zusammengefasst, den berühmten Grice'schen Konversationsmaximen. Alle beruhen sie auf dem Willen, dem Gegenüber das Verstehen nicht schwerer als nötig zu machen (dem »Kooperationsprinzip«). Wo er fehlt, misslingt die Kommunikation, reden die Menschen aneinander vorbei:
Maxime 1: Sei so informativ wie möglich und nicht informativer als nötig (Quantitätsmaxime).
2. Sag nichts, was du selber für falsch hältst oder nicht belegen könntest (Qualitätsmaxime).
3. Sei relevant: Sprich zur Sache (Relationsmaxime).
4. Sei deutlich: Sei nicht-dunkel und nicht zweideutig, schweife nicht ab, ordne, was du zu sagen hast (Modalitätsmaxime).
Das sind keine moralischen Forderungen, dazu bestimmt, in Konferenzsälen an die Wand gehängt zu werden, obwohl sie solchen Gebrauch durchaus vertrügen. Es sind vielmehr logische Implikationen: das, was wir bei jedem Gespräch stillschweigend voraussetzen müssen, ehe wir auch nur beginnen können, unsere Gesprächspartner zu verstehen.
Wir gehen davon aus, dass der andere uns entgegenkommen und alles in seiner Macht Stehende tun wird, um richtig verstanden zu werden; dass er nicht mehr und nicht weniger sagen wird, als die Situation erfordert; dass er nicht bewusst lügen wird; dass er beim Thema bleiben wird; dass er nicht extra undeutlich daherredet.
Eine Beachtung dieser Maximen engt für den Hörer die verwirrenden Auslegungsmöglichkeiten, die jede Äußerung sonst hätte, von vornherein stark ein. Bemerkt er, dass der Sprecher gegen eine dieser Maximen verstößt und damit das Kooperationsprinzip aufgekündigt hat, so bricht jedes Gespräch ab.
Wir verstehen vielleicht noch alles, aber wir wissen nicht mehr, wie es gemeint ist. Vielmehr wissen wir, dass das Gesagte jedenfalls nicht das ist, was der andere sich dabei gedacht hat, und dass unsere meisterliche Fähigkeit, selbst aus lückenhaften oder falschen Äußerungen den richtigen Sinn zu entnehmen, in diesem Fall ins Leere läuft. Wir wurden getäuscht. Das Gespräch ist missglückt.
Wer nach der Zeit fragt, erwartet, dass der andere sie ihm nennt, schlicht und einfach, und nicht etwa eine wissentlich falsche (dass er also die Qualitätsmaxime beachtet), dass der Gefragte auch keinen langen Vortrag über die Probleme der Zeitmessung hält (Quantitätsmaxime), dass er sich nicht stattdessen über das Wetter auslässt (Relationsmaxime) oder mit einem Scherzrätsel antwortet (Modalitätsmaxime).
Gesprächspartner müssen sich ein Minimum an Vertrauen entgegenbringen, sich aufeinander einstellen und sich in ihren Äußerungen entgegenkommen; dann gelingt die Kommunikation auch, wenn die Äußerungen nur teilweise verstehbar oder sprachlich defekt sind. Der Transport von Bedeutung mit dem Vehikel der Sprache gelingt nur als kooperativer Akt. Der Mensch hat ein genaues – aber zuweilen irrendes – Sensorium dafür, wie er seine Sprache der Auffassungsgabe eines Gesprächspartners anpassen muss. Das schlagendste Beispiel ist das motherese, die »Muttersprache«, die Mütter mit ihren Kindern sprechen und die sich laufend deren Lernfortschritten anpasst.
Gefunden bei: Dieter E. Zimmer, Was steckt in einem Wort? Aus: Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit.
Gruß Fritz
bisweilen habe ich den Eindruck, als ob manche Forumsteilnehmer nicht wirklich an dem Gelingen eines echten Gedankenaustausches interessiert sind.
Darum hier zum Nachlesen einige
Maximen für gelingende Kommunikation
Damit sich Gesprächspartner überhaupt verstehen können, müssen beide Seiten die Spielregeln einhalten. Die Spielregeln, das sind einige elementare Verabredungen. Der amerikanische Sprachphilosoph Paul Grice hat sie zu vier »Maximen« zusammengefasst, den berühmten Grice'schen Konversationsmaximen. Alle beruhen sie auf dem Willen, dem Gegenüber das Verstehen nicht schwerer als nötig zu machen (dem »Kooperationsprinzip«). Wo er fehlt, misslingt die Kommunikation, reden die Menschen aneinander vorbei:
Maxime 1: Sei so informativ wie möglich und nicht informativer als nötig (Quantitätsmaxime).
2. Sag nichts, was du selber für falsch hältst oder nicht belegen könntest (Qualitätsmaxime).
3. Sei relevant: Sprich zur Sache (Relationsmaxime).
4. Sei deutlich: Sei nicht-dunkel und nicht zweideutig, schweife nicht ab, ordne, was du zu sagen hast (Modalitätsmaxime).
Das sind keine moralischen Forderungen, dazu bestimmt, in Konferenzsälen an die Wand gehängt zu werden, obwohl sie solchen Gebrauch durchaus vertrügen. Es sind vielmehr logische Implikationen: das, was wir bei jedem Gespräch stillschweigend voraussetzen müssen, ehe wir auch nur beginnen können, unsere Gesprächspartner zu verstehen.
Wir gehen davon aus, dass der andere uns entgegenkommen und alles in seiner Macht Stehende tun wird, um richtig verstanden zu werden; dass er nicht mehr und nicht weniger sagen wird, als die Situation erfordert; dass er nicht bewusst lügen wird; dass er beim Thema bleiben wird; dass er nicht extra undeutlich daherredet.
Eine Beachtung dieser Maximen engt für den Hörer die verwirrenden Auslegungsmöglichkeiten, die jede Äußerung sonst hätte, von vornherein stark ein. Bemerkt er, dass der Sprecher gegen eine dieser Maximen verstößt und damit das Kooperationsprinzip aufgekündigt hat, so bricht jedes Gespräch ab.
Wir verstehen vielleicht noch alles, aber wir wissen nicht mehr, wie es gemeint ist. Vielmehr wissen wir, dass das Gesagte jedenfalls nicht das ist, was der andere sich dabei gedacht hat, und dass unsere meisterliche Fähigkeit, selbst aus lückenhaften oder falschen Äußerungen den richtigen Sinn zu entnehmen, in diesem Fall ins Leere läuft. Wir wurden getäuscht. Das Gespräch ist missglückt.
Wer nach der Zeit fragt, erwartet, dass der andere sie ihm nennt, schlicht und einfach, und nicht etwa eine wissentlich falsche (dass er also die Qualitätsmaxime beachtet), dass der Gefragte auch keinen langen Vortrag über die Probleme der Zeitmessung hält (Quantitätsmaxime), dass er sich nicht stattdessen über das Wetter auslässt (Relationsmaxime) oder mit einem Scherzrätsel antwortet (Modalitätsmaxime).
Gesprächspartner müssen sich ein Minimum an Vertrauen entgegenbringen, sich aufeinander einstellen und sich in ihren Äußerungen entgegenkommen; dann gelingt die Kommunikation auch, wenn die Äußerungen nur teilweise verstehbar oder sprachlich defekt sind. Der Transport von Bedeutung mit dem Vehikel der Sprache gelingt nur als kooperativer Akt. Der Mensch hat ein genaues – aber zuweilen irrendes – Sensorium dafür, wie er seine Sprache der Auffassungsgabe eines Gesprächspartners anpassen muss. Das schlagendste Beispiel ist das motherese, die »Muttersprache«, die Mütter mit ihren Kindern sprechen und die sich laufend deren Lernfortschritten anpasst.
Gefunden bei: Dieter E. Zimmer, Was steckt in einem Wort? Aus: Sprache in Zeiten ihrer Unverbesserlichkeit.
Gruß Fritz