Möchte ein in der "Diskursethik" angesprochenes Thema an dieser Stelle etwas vertiefen:
"Konsensmusik" ist ja zunächst mal ein ganz fürchterliches Wort... ob dieser Ausdruck bei Adorno tatsächlich gebraucht wird?
Aus der "Philosophie der neuen Musik", stw 239, S. 145:
Verhandlungsort ist der Konzertsaal - wie aber sollte es da drinnen anders zugehen als in der totalitären Gesellschaft draußen? Daß die damalige neue Musik auf den Einspruch gegen die objektiv herrschende Totalität verzichte, ist der triftige Kern von Adornos Analyse.
Und die von Dir zu Recht beklagte Insistenz auf permanente "Provokation" in der Kunst, Robin, ist ja letztlich auch nur der Ausdruck von Hilflosigkeit der Künstler, die sich dann rechthaberisch aufsässig benehmen wie rowdyhafte Jugendliche. Jetzt klinge ich bestimmt ganz reaktionär *grins* - aber für mich sind diese "Provokateure" einfach nur ziemlich unkultiviert
Aber wie klänge sie denn nun, eine "Konsensmusik"? Worin zeigte - im ästhetischen Ausdruck - sich denn etwas, das man als Konsens bezeichnen könnte?
Grüße, Thorsten
Robin schrieb:...aber sag Du mir doch mal, warum es in der Kunst immer noch als besonders avantgardistisch gilt zu provozieren (auch wenn das seinen Sinn verloren haben mag) oder wenigstens, warum es in der zeitgen. Musik doch wohl eher verpöhnt ist Konsensmusik zu machen.
War das nicht sogar der Vorwurf Adornos an Strawinsky?
"Konsensmusik" ist ja zunächst mal ein ganz fürchterliches Wort... ob dieser Ausdruck bei Adorno tatsächlich gebraucht wird?
Aus der "Philosophie der neuen Musik", stw 239, S. 145:
Das ist zunächst einmal ästhetische Kritik und als solche durch den Vorwurf, Adorno hätte Strawinsky etwas vorgeworfen, nicht zu erledigen. (Schönbergs Musik kommt ja übrigens am Ende anders, aber nicht besser weg.) Das "an sich Seiende" ist hier - wie auch sonst - die falsche, nämlich unfreie Gesellschaft; an der Reihentechnik Schönbergs zeigt Adorno übrigens, wie diese Unfreiheit durch die Verabsolutierung der melodisch/harmonischen Ordnung sich als ästhetischer Gehalt reproduziert.Bei Strawinsky gibt es weder Angstbereitschaft noch widerstehendes Ich, sondern es wird hingenommen, daß die Schocks sich nicht zueignen lassen. Das musikalische Subjekt verzichtet darauf, sich durchzuhalten, und begnügt sich damit, die Stöße in Reflexen mitzumachen. Es benimmt sich buchstäblich so wie ein Schwerverwundeter, dem ein Unfall widerfuhr, den er nicht absorbieren kann und den er darum in der hoffnungslosen Anstrengung von Träumen wiederholt. (...) Die Vernichtung des Subjekts durch den Schock wird in der ästhetischen Komplexion als Sieg des Subjekts und zugleich als dessen Überwindung durch das an sich Seiende verklärt.
Verhandlungsort ist der Konzertsaal - wie aber sollte es da drinnen anders zugehen als in der totalitären Gesellschaft draußen? Daß die damalige neue Musik auf den Einspruch gegen die objektiv herrschende Totalität verzichte, ist der triftige Kern von Adornos Analyse.
Und die von Dir zu Recht beklagte Insistenz auf permanente "Provokation" in der Kunst, Robin, ist ja letztlich auch nur der Ausdruck von Hilflosigkeit der Künstler, die sich dann rechthaberisch aufsässig benehmen wie rowdyhafte Jugendliche. Jetzt klinge ich bestimmt ganz reaktionär *grins* - aber für mich sind diese "Provokateure" einfach nur ziemlich unkultiviert
Aber wie klänge sie denn nun, eine "Konsensmusik"? Worin zeigte - im ästhetischen Ausdruck - sich denn etwas, das man als Konsens bezeichnen könnte?
Grüße, Thorsten