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Johannes Mario Simmel

FirstDay

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16. November 2007
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913
Am 1. Jänner 2009 starb einer der erfolgreichsten deutschen Schriftsteller: Johannes Mario Simmel.
Seine Werke entdeckte ich schon sehr früh für mich, habe aber noch lange nicht alles gelesen.
Vor einem Jahr wünschte ich mir das Buch "Der Mann, der die Mandelbäumchen malte" und bekam es auch. Aber ich nahm mir einfach keine Zeit um es zu lesen, immer kam etwas dazwischen. Ein Jahr lang liegt das Buch nun schon auf dem Kästchen, und jetzt ist der Autor tot.

Im Buchregal große Erfolge von ihm: "Liebe ist nur ein Wort", "Der Stoff aus dem die Träume sind", und viele andere.
Simmel verstand die Kunst, Leser schon mit dem Buchtitel neugierig zu machen: kurz und prägnant, melodisch, ausdrucksvoll.

Einmal suchte ich nach einer Art Homepage des Schriftstellers, aber es gab keine.
Angeblich schrieb er ja bis zuletzt mit Schreibmaschinen.
Aber man findet zumindest eine Biografie: Johannes_Mario_Simmel

Der Schriftsteller wurde in Wien geboren und lebte zuletzt in der Schweiz.
Aber seine Geburtsstadt vergaß er nie, und die Wiener ihn auch nicht.
Im Rahmen der Buchwoche 2004 startete im Rathaus die Aktion "Eine STADT. Ein BUCH.", bei der interessierte Leser ein Gratisexemplar von Simmels Roman "Das geheime Brot" bekamen. Warum diese Aktion?
Hier kann man nochmals über prominente Stimmen und das Buch lesen: eineStadteinBuch

Auf der Website des Verlages, Droemer Knaur, findet man Hinweise zu vielen Büchern (teilweise mit Leseproben):
Und einige Fotos bei "SPIEGELONLINE":
Viele werden die Literatur von Johannes Mario Simmel kennen, oder zumindest erfolgreiche Buchtitel. Aber genau jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um sich manches wieder in Erinnerung zu rufen.

Simmel hat wie kaum ein anderer zeitgenössischer Autor einen fabelhaften Blick für Themen, Probleme, Motive.

(Marcel Reich-Ranicki)​

Der Stoff aus dem die Träume sind

- das ist eine Geschichte, die so, wie sie sich abgespielt hat, niemals der Öffentlichkeit hätte bekannt werden sollen.
Nur durch völlige Verschlüsselung war es darum möglich, die Wahrheit über ebenso brennend aktuelle wie uns alle betreffende Geschehnisse zu sagen.
Simmel läßt diese Geschichte auf zwei Ebenen ablaufen: Da ist einmal der gigantische Apparat jener Industrie, in der raffinierteste Macher hemmungslos den Stoff weben für die Träume von Millionen; und da ist zum anderen die Traumwelt eines wahrhaft guten Menschen, der sich aufopfert für die Ohnmächtigen und Hilflosen.
Zwischen diesen beiden Welten bewegt sich der Chronist: der zynische, desillusionierte Star-Reporter Walter Roland. Sein Auftrag führt ihn durch einen wüsten Alptraum sich überstürzender Ereignisse, in denen Reales und Irreales, Wirklichkeit und Wahn einander durchdringen, bis das Ende ihm Selbstbesinnung und die Liebe des Mädchens bringt, das eine Schlüsselfigur bei der Enthüllung des großen Geheimnisses darstellt.
Um Walter Roland kreist in tollem Wirbel eine Vielzahl von Gestalten: millionenschwere Bosse, die skrupellos Meinungen manipulieren und mit Schicksalen spielen; unschuldige Kinder und brutale Mörder; Ärzte und Zuhälter, Dirnen und Geistliche; politische Fanatiker und Idealisten, die vor nichts zurückschrecken - und elf mysteriös in das Geschehen eingreifende Tote.
Mit Mut, Härte und grimmigem Humor bricht Simmel die Mauern des Schweigens um einen internationalen Skandal. Er zeigt in diesem atemberaubenden Roman, wie wunderbar die Träume unserer Sehnsucht sind und wie furchtbar die Angstträume einer Gegenwart ohne Menschlichkeit.

Inhaltsangabe auf der Rückseite des Romans "Der Stoff aus dem die Träume sind", Johannes Mario Simmel,
Droemer Knaur-Verlag

Der Autor wollte von einem Leben nach dem Tod nichts wissen: Zitate

"Ich habe gelegentlich schreckliche Angst davor, dass es nach dem Tod weitergehen könnte. [...] Wenn ich gestorben bin, dann soll verflucht noch mal Schluss sein."

Aber nicht mit dem Lesen Ihrer Werke, Johannes Mario...
 
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AW: Johannes Mario Simmel

Danke, FirstDay, für Deine ausführliche Zusammenstellung über Johannes Mario Simmel, dessen Tod ich bedaure und dessen Buchtitel auch mich immer wieder faszinierten.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Johannes Mario Simmel

Johannes Mario Simmel wird in der Literatur fehlen, darüber besteht kein Zweifel.

Im Hörbuch "Die Bienen sind verrückt geworden" - Reden und Aufsätze über unsere wahnsinnige Welt (gelesen von Gert Heidenreich) - ist der Autor in der Aufzeichnung eines Interviews, das von Sandra Maischberger geführt wurde, sogar zur Selbstironie fähig.

Als sehr junger Mensch war ich sehr sehr intelligent, später habe ich viele Verdummungsprozesse mitgemacht.
(Johannes Mario Simmel)

Es lohnt sich, Johannes Mario Simmel zuzuhören, bzw. seine Geschichten zu lesen. Einer der erfolgreichsten deutschen Schriftsteller, obwohl er auf dem 2. Platz der unbeliebtesten Autoren lag (auf dem 1. Platz - Heinz Konsalik).
Dieser Vergleich, mit Konsalik, gefiel ihm gar nicht, und er begründet es in diesem Interview auch.
Simmel lag aber auch auf dem 2. Platz auf der Liste der beliebtesten Schriftsteller ( 1. Platz - Günther Grass). Eigentlich seltsam, aber er verstand es eben, sein Publikum für seine Geschichten zu interessieren.

In diesem Hörbuch auch die Erzählung über seine lange Freundschaft zu Marlene Dietrich (die von ihr ausging, per Anruf, und per Telefon geführt wurde). "Die Dietrich" ließ niemand in ihre Nähe, auch wenn andere ganz genau wussten, wo, und dass sie zu Hause war. Laut Simmel schrieben sie sich gegenseitig frivole Briefe/Gedichte, die er in einem Tresor aufbewahrte, um sicherzustellen, dass sie nicht in fremde Hände gelangen konnten.

Auch von der Liebe, im wirklichen Leben, besonders zu seiner Frau "Lulu" ist die Rede. Simmel gesteht Fehler ein, und streut seiner Frau Lulu (die er für eine Jüngere verließ und wieder zurückkehrte) auch nach dem Tod noch Rosen. Sie unterhielten sich auch über den Tod, und dass niemand zuerst gehen wollte, und den anderen alleine zurücklassen.
Angst vor dem Tod hatten beide nicht:

Zu leben erfordert Mut.

Johannes Mario Simmel

Auch Marlene Dietrich war dieser Meinung:

Man muss keine Angst vor dem Tod haben, vor dem Leben muss man Angst haben.

(Marlene Dietrich)

Viel mehr Angst vor dem Tod scheinen jene zu haben, die Marlene Dietrichs Grab zweimal schändeten, bis es von der Polizei bewacht wurde.
Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

"Apokalyptischer Reiter gegen den Untergang der Welt", so wurde Simmel bezeichnet. Er befasste sich mit Themen wie Gentechnik und Umweltzerstörung. Als gelerntem Chemiker, der sein Leben durch diese Ausbildung rettete, fiel ihm der Zugang zu diesem Thema nicht schwer.
Eigentlich war er ja sehr pessimistisch, was die Zukunft unseres Planeten, und unseren Fortbestand betraf. Aber er sah ein, dass es auch einen Funken Hoffnung geben könnte. Er hatte ja auch schon das Wunder erlebt, dass in Deutschland über 40 Jahre lang kein Krieg mehr war.

Johannes Mario Simmel war der Meinung, dass sich die Menschen nach der Arbeit nicht immer nur "berieseln" lassen wollen:

Die Menschen wollen die Wahrheit wissen.

(Johannes Mario Simmel)

Am 21. Oktober 1991 bekam der Autor in New York den Award of Excellence verliehen. Er hielt auch eine Rede.

In der Laudatio, vor der Rede, hieß es:

Sie sind im wahren Geist der Menschenrechte aufgestanden für die Ausgebeuteten der Erde, und mit Ihrer großen Gabe des Schreibens inspirierten Sie unsere Generation, und bewegten sie hin zu einer besseren Welt, wie sie von den Vereinten Nationen erstrebt wird.
Sie sind ein guter und ergebener Botschafter der Vereinten Nationen, ein Anwalt all dessen, wofür wir einstehen, ein Kämpfer gegen Unrecht und Not, ein guter Freund der Menschheit.

Es müsste viel mehr Simmels in dieser Welt geben....
 
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AW: Johannes Mario Simmel

In höherem Alter entstand in Johannes Mario Simmel der Wunsch, noch einmal "reine" Liebesgeschichten zu schreiben. Die Liebe sollte im Mittelpunkt des Geschehens stehen, und natürlich ist ihm das gelungen.

Das kleine Büchlein "Der Mann, der die Mandelbäumchen malte" habe ich schon länger;
und nun habe ich es auch (auf unorthodoxe Weise) gelesen.
Ich nahm das Büchlein mit auf eine Bahnreise (ein Zug spielt auch in der Geschichte eine kleine Rolle).
Die österreichische Bahn lässt ihre Kunden derzeit gerne stundenlang auf Züge warten, oder streicht bestimmte Garnituren komplett aus ihrer Liste (ganz im Gegensatz zum Buch, wo der Service groß geschrieben und Champagner serviert wird).

Diesmal fing ich nicht an, beim Anfang zu lesen, sondern im hinteren Bereich bis zum Schluss. Nach einiger Zeit dann vom Anfang bis zu bereits gelesenen Stellen.

Worum geht es?
Die Geschichte beginnt, wie gesagt, in einem Zug.

Der Train bleu verläßt Paris vom Gare de Lyon um 21 Uhr 46. Er hat nur Schlaf-und Liegewagen und fährt bis Ventimiglia, dem italienischen Grenzort an der Côte d'Azur. In südlicher Richtung fährt der Train bleu quer durch Frankreich zum Mittelmeer. Das erste Mal bleibt er in Saint-Raphaël stehen. Danach hält er oft - in Cannes zum Beispiel, in Juan-les-Pins, in Cagnes-sur-Mer, Nizza, Beaulieu, Monte Carlo. Er hält dann an vielen Stationen, die alle am Meer liegen.

Aus: "Der Mann, der die Mandelbäumchen malte", Johannes Mario Simmel, Droemer-Verlag

Madame Collins, eine Amerikanerin, erzählt dem Schriftsteller (hauptsächlich von Heftchenromanen) Roger Royan, ihrer zufälligen Reisebekanntschaft, von der Liebesgeschichte ihres Lebens.
Von einem Maler, der nur ein einziges Bild malen konnte, das auch anderen gefiel - ein Mandelbäumchen. Auf die Rückseite dieses kleinen Bildchens im Postkartenformat schrieb er eine Widmung, ein Zitat von Edgar Allen Poe:

"Neither the angels in heaven above,
Nor the demons deep under the sea
Shall ever dissever my soul from the soul
Of the beautiful Annabel Lee."​
Nun war Madame Collins, als sie beide dieser coup de foudre traf, zwar glücklich verheiratet, ergab sich aber der Leidenschaft, und der geheimnisvollen Anziehungskraft des Künstlers.

"Ich werde meinen Mann vergessen. Ich werde Vater und Mutter vergessen. Ich werde alles vergessen. Nur niemals diesen Nachmittag. An diesem Nachmittag erst wurde ich zur Frau. Mit fünfundvierzig Jahren erfuhr ich, was eine Frau bei einem Mann empfinden kann.
Niemals zuvor hatte ich mir das auch nur in der Phantasie vorzustellen vermocht. Niemals zuvor hatte ich solche Gefühle erlebt - bei meinen beiden Freunden nicht, bei meinem Mann nicht, niemals, nein, niemals.
Pierre war ein wundervoller Liebhaber, zärtlich und brutal, sanft und wild. Er war es, der mich zum wirklichen Leben erweckte - mit fünfundvierzig Jahren..."

Aus: "Der Mann, der die Mandelbäumchen malte", Johannes Mario Simmel, Droemer-Verlag

Elf Jahre lang haben sie sich nicht mehr gesehen, doch nun ist es soweit und Madame Collins fährt nach Saint-Paul-de-Vence, um für immer bei Pierre Mondragon zu bleiben.

Es wäre nicht Johannes Mario Simmel, wenn die Geschichte nicht spannend bliebe bis zum Schluss, und ganz anders endet, als man sich gedacht hat.

Johannes Mario Simmel hat eine ebenso bezaubernde wie bewegende Erzählung über die verschiedenen Arten der Liebe geschrieben, über die Leidenschaft, die Treue und den Tod, nicht zuletzt über die glitzernden Städte und stillen Dörfer der französischen Mittelmeerküste.

Auf der Rückseite des Buches "Der Mann, der die Mandelbäumchen malte", Johannes Mario Simmel, Droemer-Verlag



(Quelle: AllPosters.de)
Mandelblüte, Saint-Rémy, 1890, Vincent van Gogh​

Grüße von FirstDay.
 
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