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Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo !

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 80.
Da der Monolog des Faust noch nicht zu Ende ist, wiederhole ich die letzten zwei Zeilen (kursiv).
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Faust:
Auf, bade, Schüler, unverdrossen
Die ird'sche Brust im Morgenrot !"
(Er beschaut das Zeichen.)

Wie alles sich zum Ganzen webt,
Eins in dem andern wirkt und lebt !
Wie Himmelskräfte auf und nieder steigen
Und sich die goldnen Eimer reichen !
Mit segenduftenden Schwingen
Vom Himmel durch die Erde dringen,
Harmonisch all' das All durchklingen !

Welch' Schauspiel ! aber ach ! ein Schauspiel nur !
Wo fass ich dich, unendliche Natur ?
Euch Brüste, wo ? Ihr Quellen alles Lebens,
An denen Himmel und Erde hängt,
Dahin die welke Brust sind drängt -
Ihr quellt, ihr tränkt, und schmacht ich so vergebens ?
(Er schlägt unwillig das Buch um, und erblickt das Zeichen des Erdgeistes.)
Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein !
Du Geist der Erde, bist mir näher;
Schon fühl ich meine Kräfte höher,
Schön glüh ich wie von neuem Wein,
Ich fühle Mut mich in die Welt zu wagen,
Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen,
Mit Stürmen mich herumzuschlagen,
Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen,
Es wölkt sich über mir -
Der Mond verbirgt sein Licht -
Die Lampe schwindet !
Es dampft ! Es zucken rote Strahlen
Mir um das Haupt - Es weht
Ein Schauer vom Gewölb herab
Und fasst mich an !
Ich fühl's, du schwebst um mich, erflehter Geist.
Enthülle Dich !
Ha ! wie's in meinem Herzen reißt !
Zu neuen Gefühlen
All meine Sinnen sich erwühlen !
Ich fühle ganz mein Herz dir hingegeben !
Du musst ! du musst ! und kostet' es mein Leben !
(er fasst das Buch und spricht das Zeichen des Gesitets geheimnisvoll aus. Es zuckt eine rötliche Flamme, DER GEIST erschein in der Flamme.)

Geist:
Wer ruft mir ?
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Und sich die goldnen Eimer reichen !
Was meinte er mit den goldnen Eimern ? Kann das wer interpretieren ?

Liebe Grüße

Zeili
 
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AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Faust beklagt zuerst sein Dasein in einem finsteren Loch, in dem er sich der Wissenschaft, dem Grübeln und dem Denken hingibt, ohne darüber froh zu werden. Er findet nicht, was er sucht.

Dann träumt er davon, in die Natur, in die Realität zu gehen. Aber er tut es nicht. Auch dort findet er nicht, was er sucht.

Faust erscheint uns hier blind für die Phantasie und blind für die Wirklichkeit. Er spürt weder den Sinn des Denkens noch den des Handelns. Ihm fehlt jedes erwachsene Gefühl.

Worauf er aber abfährt, ist die Kombination aus beidem: die reale Welt gibt ihm nichts, die irreale Welt auch nicht - aber wenn das Irreale real wird, dann lebt Faust auf: ein Geist, ein echter Geist erscheint.

Faust ist emotional auf der Stufe eines Kindes: klare Gedanken und harte Realität sind etwas für Erwachsene, für ihn ist das Faszinierende der Zauber, das Magische.

lg Frankie

P.S.: Die "goldenen Eimer, die sich die Himmelskräfte gegenseitig reichen", sagen mir nichts; ich habe auch im Google nichts gefunden, was mir passend erscheint. Vielleicht wird hier auch einfach nur blumig ausgedrückt, wie die Himmelskräfte zusammenwirken.
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Faust ist emotional auf der Stufe eines Kindes: klare Gedanken und harte Realität sind etwas für Erwachsene, für ihn ist das Faszinierende der Zauber, das Magische.
Lege ich haargenau gleich aus, frankie.

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 81.
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Faust (abgewendet):
Schreckliches Gesicht !​
Geist:
Du hast mich mächtig angezogen,
An meiner Sphäre lang gesogen,
Und nun -​
Faust:
Weh ! ich ertrag dich nicht !​
Geist:
Du flehst eratmend mich zu schauen,
Meine Stimme zu hören, mein Antlitz zu sehn;
Mich neigt dein mächtig Seelenflehn,
Da bin ich ! - Welch erbärmlich Grauen
Fasst Übermenschen dich ! Wo ist der Seele Ruf ?
Wo ist die Brust, die eine Welt in sich erschuf,
Und trug und hegte, die mit Freudebeben
Erschwoll, sich uns, den Geistern, gleich zu heben ?
Wo bist du, Faust, des Stimme mir erklang,
Der sich an mich mit allen Kräften drang ?
Bist du es ? der von meinem Hauch umwittert,
In allen Lebenstiefen zittert,
Ein furchtsam weggekrümmter Wurm !​
Faust:
Soll ich dir, Flammenbildung, weichen ?
Ich bin's, bin Faust, bin deinesgleichen !​
Geist:
In Lebensfluten, im Tatensturm
Wall ich auf und ab,
Webe hin und her !
Geburt und Grab,
Ein ewiges Meer,
Ein wechselnd Weben,
Ein glühend Leben,
So schaff ich am sausenden Webstuhl der Zeit,
Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.​
Faust:
Der du die weite Welt umschweifst,
Geschäftiger Geist, wie nah fühl ich mich dir !​
Geist:
Du gleichst dem Geist den du begreifst,
Nicht mir ! (Verschwindet)
Faust:(Zusammenstürzend)
Nicht dir ?
Wem denn ?
ich Ebenbild der Gottheit !
Und nicht einmal dir !
(es klopft.)
O Tod ! ich kenn's - das ist mein Famulus -
Es wird mein schönstes Glück zunichte !
Dass diese Fülle der Gesichte
Der trockne Schleicher stören muss !​
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Den Geist würde man heute wohl den Geltungstrieb nennen, der mMn leicht in einen Vernichtungstrieb ausarten kann.

Warum gibt es so wenige Stellungnahmen ?
Ist Goethes Faust für Euch eine zweite Bibel oder gar ein höherwertiges Werk, das man ehrfürchtig liest und keine eigenen Gedanken aufkommen lässt ?
Oder haltet Ihr ihn für derart überholt, dass ihr ihn gar nicht ernst nehmen könnt ?
Wo sind die deutschen Ultra-Nationalisten, die Österreicher ständig zu Deutschen machen wollen ?
Ist Euch der in Deutschland geborene Dichter Goethe kein einziges Wort wert ?


Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo allerseits !

Weiter geht's. Letzter Original-Text ist in Beitrag Nr. 83.
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WAGNER im Schlafrocke und der Nachtmütze, eine Lampe in der Hand.
FAUST wendet sich unwillig.

Wagner:
Verzeiht ! ich hör Euch deklamieren;
Ihr last gewiss ein griechisch Trauerspiel ?
In dieser Kunst möcht ich was profitieren,
Denn heutzutage wirkt das viel.
Ich hab es öfters rühmen hören,
Ein Komödiant könnt einen Pfarrer lehren.
Faust:
Ja, wenn der Pfarrer ein Komödiant ist;
Wie das denn wohl zuzeiten kommen mag.​
Wagner:
Ach ! wenn man so in sein Museum gebannt ist,
Und sieht die Welt kaum einen Feiertag,
Kaum durch ein Fernglas, nur von weiten,
Wie soll man sie durch Überredung leiten ?
Faust:
Wenn ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen,
Wenn es nicht aus der Seele dringt,
Und mit urkräftigem Behagen
Die Herzen aller Hörer zwingt.
Sitzt ihr nur immer ! Leimt zusammen,
Braut ein Ragout von anderer Schmaus,
Und blast die kümmerlichen Flammen
Aus eurem Aschenhäufchen raus !
Bewundrung von Kindern und Affen,
Wenn euch darnach der Gaumen steht;
Doch werdet ihr nie Herz zu Herzen schaffen,
Wenn es euch nicht von Herzen geht.​
Wagner:
Allein der Vortrag macht des Redners Glück;
Ich fühl es wohl noch bin ich weit zurück.
Faust:
Such' er den redlichen Gewinn !
Sei Er kein schellenlauter Tor !
Es trägt Verstand und rechter Sinn
Mit wenig Kunst sich selber vor;
Und wenn's euch ernst ist was zu sagen,
Ist's nötig Worten nachzujagen ?
Ja, eure Reden, die so blinkend sind,
In denen ihr der Menschheit Schnitzel kräuselt,
Sind unerquicklich wie der Nebelwind,
Der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt !​
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Goethe gibt durch Faust den ersten Hinweis, dass Kunst ohne Gefühl nicht möglich ist.

An die Kenner:
Was mag er wohl mit "der Menschheit Schnitzel" gemeint haben ? Als Österreicher denkt man da an Wiener Schnitzel, die wird Goethe aber kaum gemeint haben !?

Würdigt Goethe und mich wer einer Antwort oder wenigstens einer Vermutung ?

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Wie alles sich zum Ganzen webt,
Eins in dem andern wirkt und lebt !
Wie Himmelskräfte auf und nieder steigen
Und sich die goldnen Eimer reichen !
Mit segenduftenden Schwingen
Vom Himmel durch die Erde dringen,
Harmonisch all' das All durchklingen !

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Was meinte er mit den goldnen Eimern ? Kann das wer interpretieren ?

Ich denke er meint mit den Himmelskräften das Wasser mit seinem Kreislauf. Regen und Verdunstung. Und bei goldenen Eimern denke ich an den Ausspruch, es gießt aus Eimern oder auch aus Kübeln. Golden, weil der Wasserkreislauf wertvoll und wichtig für die Erde und die Menschen ist.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Warum gibt es so wenige Stellungnahmen ?
Ist Goethes Faust für Euch eine zweite Bibel oder gar ein höherwertiges Werk, das man ehrfürchtig liest und keine eigenen Gedanken aufkommen lässt ?
Oder haltet Ihr ihn für derart überholt, dass ihr ihn gar nicht ernst nehmen könnt ?
Wo sind die deutschen Ultra-Nationalisten, die Österreicher ständig zu Deutschen machen wollen ?
Ist Euch der in Deutschland geborene Dichter Goethe kein einziges Wort wert ?

Er ist für mich sehr viel mehr als nur ein Werk - Gedanken von mir gibt es genug zum Überschwall - fast schon manchmal beängstigend.

Vergleichbares wird es nie wieder geben!

Das Politische Österreich betreffend allerdings finde ich doch anstössig sehr daneben. Nichts destotrotz ist er Goethe - wo er geboren ist, ist von dem her mal mir völlig schnurz. Das Land der Dichter und Denker - sagte man mal ist Deutschland.

Also weiter gehts
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Er ist für mich sehr viel mehr als nur ein Werk - Gedanken von mir gibt es genug zum Überschwall - fast schon manchmal beängstigend.
Soweit ich Dich kenne, kannst Du über die Aktualität von Goethes Faust sicher etwas Richtiges sagen (ich bin nicht plötzlich zum Paradeschmeichler mutiert).

Das Politische Österreich betreffend allerdings finde ich doch anstössig sehr daneben.
Da bin ich wohl noch immer von dem thread "Sind die Österreicher Deutsche" (negativ) berührt, in dem es mit hunderten Beiträgen von rund einem Dutzend usern noch immer nicht gelungen ist, drei, vier Vorgestrige zu überzeugen, dass die Österreicher ethnisch Österreicher sein wollen und sonst nichts. Ich werde mich aber bemühen, das Nationalistische herauszuhalten bzw. es eben als eine Verrücktheit der damaligen Zeit zu betrachten. Das soll aber nicht heißen, dass ich in meiner Wiedergabe von Faust jede Zeile, in dem "deutsch" vorkommt, weglasse, sehr wohl aber, dass ich sie nicht extra kommentiere.

Liebe Grüße

Zeili
 
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Hallo Zeili,

kurz noch out of Top...denn ich wollte keine Sollbruchstelle hier reinmachen, indem ich mich an etwas stosse (was ja mal vorkommen kann und höchstens einen kleinen Fleck hinterlässt).
Was Richtiges sagen wollen ist so ähnlich, wie es jedem Recht machen wollen. Dies grenzt an einem Ding der Unmöglichkeit. Also kann ich auch nur sagen, wie es gerade jetzt für mich in meiner Waage balancegerecht erscheinen mag.



Das andere Ding da was Dich offensichtlich neg. beeinflusst hat - wenn Du Dich drüber aufregen möchtest, so liegt das auch in Deiner Hand Dir wieder Frieden zu geben.

Ansonsten habe ich Deine letzte Frage bemerkt und möchte grad mal meine Interpretation abgeben.


Was mag er wohl mit "der Menschheit Schnitzel" gemeint haben ?

Da hat Faust einen sehr ironischen Unterton an Wagner gelegt - in der Hoffnung er könnte ihn verstehen. In diesem Vers erklärt er Wagner deutlich, wie eine Weise Person in einer Rede handeln würde. Doch dann schlägt Faust um und beschreibt die Naivität der Menschen, die mit einer gewisser Gier ihren Willen nicht nur zum Ausdruck bringen, sondern auch zur Durchsetzung führen wollen - die lauten Redner, die Aufmerksamkeitszieher und Marktschreier betreffend.

Der Menschheit Schnitzel sehe ich als Methaper des Egoismus. Das "Kräuseln", sowie das "Säuseln" wird ähnlich wie das "Aufrollen der Fussnägel" als gefühlsmässige Beilage zur Veranschaulichung des Gesamtbildes verdeutlicht. Oben hat er auch bereits das Ragout beschrieben, welches bereits auf das Schnitzel hinweist. Das war damals ein Essen für wohlhabende Menschen.

Der unter dem dunklen Gewand ist der, der einem Menschen direkt ins Ego redet und ihn genau dort trifft und manipuliert - dies ist jedoch nicht Weise, sondern Ausnutzen von Macht des Wissens welches jedoch unter der ehrwürdigen Weisheit steht. Faust erklärt sich auch, darüber erhaben zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Danke, lacuna777, für die Auslegung des "Schnitzels"; ich werde heute oder morgen mit dem Originaltext fortfahren.

Liebe Grüße

Zeili
 
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AW: Faust, der Tragödie Erster Teil, was blieb ?

Such' er den redlichen Gewinn !
Sei Er kein schellenlauter Tor !
Es trägt Verstand und rechter Sinn
Mit wenig Kunst sich selber vor;
Und wenn's euch ernst ist was zu sagen,
Ist's nötig Worten nachzujagen ?
Ja, eure Reden, die so blinkend sind,
In denen ihr der Menschheit Schnitzel kräuselt,
Sind unerquicklich wie der Nebelwind,
Der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt !

Ich würde "der Menschheit Schnitzel" als Kleinkram oder Kleinlichkeit bezeichnen und "kräuseln" als 'in Bewegung halten'. Also, "Reden, in denen ihr das menschliche Klein-Klein in Bewegung haltet". Besser klingt es wenn man schreibt: Ja, eure Reden, die so blinkend sind,
In denen ihr der Menschheit Schnitzel kräuselt... :)

Mir kommt aber gerade noch die "Schnitzeljagd" in den Sinn. Schnitzel ist hier Späne oder Sägemehl, also Abfallprodukte. So wäre es dann die "Nebensächlichkeit", die durch seine Reden "gekräuselt" wird.
 
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