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Einstein - Welches Erbe?

Hartmut

Well-Known Member
Registriert
15. August 2005
Beiträge
3.007
Hallo,

die Medien sind in diesem Jahr voll von Erinnerungen an A. Einstein. Im Allgemeinen würdigt man die Persönlichkeit und die wissenschaftlichen Pionierleistungen Einsteins.

Freilich gibt es auch 100 Jahre nach Einsteins bahnbrechenden Arbeiten aus dem Jahre 1905 immer noch einige Leute, die am Wahrheitsgehalt der Speziellen und Allgemeinen Relativitätstheorie zweifeln oder gar in militanter Weise diese Theorien bekämpfen.

Sollten wir hier nicht mal der Frage nachgehen, worin das Erbe von A. Einstein besteht? Unter Erbe würde ich dabei nicht nur das wissenschaftliche Erbe verstehen.

Gruss
Hartmut
 
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Spontan fällt mir dazu nur die Atombombe ein.
Ist zwar nicht ganz korrekt, denn da waren ja auch noch eine Reihe anderer Leute mehr als nur ein Bisschen beteiligt, aber das liegt vermutlich an Dürrenmatt...und die Grudnlagen gehen nun mal auf Einstein zurück.

Alternativ: Gestern Nacht hab ich in der Stadt eine Lasershow gesehen. Die Erfindung des Lasers geht auf Einsteins Erkenntnisse zurück....

Ach ja...und der Fernseher... da war auch noch was:)
 
Zuletzt bearbeitet:
Heide schrieb:
Spontan fällt mir dazu nur die Atombombe ein.

Hallo Heide,

tatsächlich verknüpfen viele Leute den Namen "Einstein" mit der Atombombe. Aber die im Jahre 1905 entdeckte Formel E=m*c^2 sagte doch über 30 Jahre lang nichts darüber, wie man Masse in Energie umwandeln kann.

Erst mit der Entdeckung des Atomkerns und seiner Bestandteile (namentlich des Neutrons, 1932) ahnte man etwas von den im Atomkern schlummernden Energien.
Aber selbst Pioniere der Atom- und Kernphysik wie E. Rutherford waren noch 1937 pessimistisch, ob es eines Tages gelingen könnte, den Atomkern als eine neue Energiequelle zu erschliessen. Weniger als zwei Jahre danach entdeckten O. Hahn und Mitarbeiter die Urankernspaltung.

Mit der Entwicklung der amerikanischen Atombombe hatte Einstein nur insofern zu tun, als dass er im August 1939 einen Brief an den US-Präsidenten unterzeichnete, wo er auf die Gefahr einer deutschen Atombombe hinwies. Diesen Brief hatte eine Gruppe von Physikern um L. Szilard formuliert, und Einstein verlieh mit seiner Unterschrift dem Anliegen besonderes Gewicht. An der eigentlichen Entwicklung der Atombombe hatte Einstein keinen Anteil.

Die Erfindung des Lasers geht auf Einsteins Erkenntnisse zurück....

OK.
Mit seiner quantentheoretischen Interpretation des 1887 entdeckten Photoeffekts (Photonen-Hypothese, 1905) schuf er indirekt die Grundlage für all jene Geräte, die Licht in Strom verwandeln, wie Photozelle, Photodiode oder Solarzelle. 1915 wurde Einsteins Interpretation des Photoeffekts von R. A. Millikan experimentell bestätigt. Den Nachweis der Existenz von Photonen erbrachte dann 1922 A. Compton mit seinem berühmten Streuexperiment. Übrigens erhielt Einstein den Nobelpreis für Physik des Jahres 1921 für die Deutung des Photoeffekts, nicht für die Spezielle oder Allgemeine Relativitätstheorie!

Im Jahre 1916 studierte Einstein die Wechselwirkung von Photonen mit Gasmolekülen. Dabei fand er überraschende Gesetzmässigkeiten für das Absorptions- und Emissionsverhalten der Moleküle. Diese beschrieben bereits die Prinzipien, auf denen später Geräte wie Maser und Laser beruhten.

Eine Leistung Einsteins wird aber meist wenig beachtet: Sein Beitrag zur Erhärtung der Vorstellung vom atomistischen Aufbau der Materie. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren nämlich selbst berühmte Physiker wie E. Mach, W. Ostwald u.a. nicht von der Atomhypothese überzeugt. In seiner Arbeit von 1905 zur Brownschen Bewegung leitete er eine Formel her, mit der sich die Loschmidt'sche Zahl (Zahl der Moleküle pro Mol) aus den Zickzackbewegungen von Pollen in einer Flüssigkeit bestimmen liess. Die Arbeit über die Brownsche Bewegung und Einsteins Doktorarbeit darüber sind Einsteins meistzitierte Veröffentlichungen. Das liegt daran, dass sie sich auf eine grosse Anzahl technisch wichtiger Anwendungen übertragen liessen:

- Bauindustrie: Bewegung von Sandkörnern in Zement
- Landwirtschaft: Bewegung von Kaseintröpfchen in Milch
- Meteorologie: Bewegung von Aerosolen in Wolken.

Vielleicht fällt anderen im Forum noch mehr zu Einsteins Erbe ein ...

Gruss
Hartmut
 
Hallo Hartmut,

- Bauindustrie: Bewegung von Sandkörnern in Zement
- Landwirtschaft: Bewegung von Kaseintröpfchen in Milch
- Meteorologie: Bewegung von Aerosolen in Wolken.

das sind gute Beispiele :)
denn:
Damals waren zwar fast alle Physiker, aber längst nicht alle Chemiker von der Existenz von Molekülen als Teilchen bzw. vom atomaren Aufbau der Materie überzeugt. Einstein hat gut ein halbes Dutzend Methoden ersonnen. die Größe der Loschmidt'schen Zahl N zu bestimmen, alle Methoden lieferten mehr oder weniger den gleichen Wert. 1908 schrieb Ostwald, daß die Ergebnisse dieser Arbeiten "... sogar den vorsichtigen Wissenschaftler berechtigen, von einem experimentellen Beweis für den atomaren Aufbau der raumerfüllenden Materie zu sprechen". Darin, daß vorher noch etliche Wissenschaftler an diesem Aufbau zweifelten, lag die Motivation für Einstein, sich mit diesem Thema zu beschäftigen

gruß von claus
 
Guten Abend:)

Hartmut schrieb:
tatsächlich verknüpfen viele Leute den Namen "Einstein" mit der Atombombe. Aber die im Jahre 1905 entdeckte Formel E=m*c^2 sagte doch über 30 Jahre lang nichts darüber, wie man Masse in Energie umwandeln kann.

Deshalb ja auch mein Zusatz, dies sei nicht ganz korrekt.


Weniger als zwei Jahre danach entdeckten O. Hahn und Mitarbeiter die Urankernspaltung.

Liese Meitner hat nach einigen Berichten den größeren Teil der Arbeit geleistet. Hahn hat sie ja sogar noch um Rat gefragt, als Meitner schon längst in Norwegen im Asyl war.


An der eigentlichen Entwicklung der Atombombe hatte Einstein keinen Anteil.

Ich weiß, das waren einige andere berühmte Herren wie Oppenheimer.


Übrigens erhielt Einstein den Nobelpreis für Physik des Jahres 1921 für die Deutung des Photoeffekts, nicht für die Spezielle oder Allgemeine Relativitätstheorie!

Genau:)

Ich weiß nicht, welche Waffen im nächsten Krieg zur Anwendung kommen, wohl aber, welche im übernächsten: Pfeil und Bogen.

Noch ein kleines Erbe Einsteins: eine Menge Zitate :)
 
Heide schrieb:
Liese Meitner hat nach einigen Berichten den größeren Teil der Arbeit geleistet. Hahn hat sie ja sogar noch um Rat gefragt, als Meitner schon längst in Norwegen im Asyl war.

Hallo Heide,

tatsächlich konnte sich O. Hahn im Dezember 1938 nicht erklären, warum er nach dem Beschuss von Uran mit Neutronen Barium erhielt. Die Erklärung, dass der Urankern gespalten wurde, stammt von Lise Meitner, die kurz vor Hahns Entdeckung ins schwedische Exil gehen musste. Hahn war (Radio-) Chemiker, und das zu erklärende Phänomen war physikalischer Natur. Ohne L. Meitners Hilfe hätte Hahn gar nicht gewusst, was seine Entdeckung bedeutete.

Für die Entdeckung der Kernspaltung erhielt Hahn 1944 allein den Nobelpreis für Chemie. Weder sein Mitarbeiter Strassmann noch Lise Meitner wurden bedacht. Ich finde, dass sich hier eine grosse menschliche Schwäche O. Hahns offenbart!

Noch ein kleines Erbe Einsteins: eine Menge Zitate

Da könnte man ein eigenes Thema aufmachen! Hast Du Lust dazu?

Gruss
Hartmut
 
Hallo :)

Hartmut schrieb:
Ohne L. Meitners Hilfe hätte Hahn gar nicht gewusst, was seine Entdeckung bedeutete.

In der Tat ... Meitner war eine hervorragende Physikerin. Aber wer kennt sie heute noch?


Da könnte man ein eigenes Thema aufmachen! Hast Du Lust dazu?

Klar:
Gesunder Menschenverstand ist eine Sammlung von Vorurteilen, die man bis zum 18. Lebensjahr erworben hat.


schöne Sonntag,
Heide :maus:
 
Hallo an Euch allen,

schön, dass wir nun hier umgezogen sind.
Euch Physiker, höre ich gerne zu, kann den Erklärungen auch sehr gut folgen - aber werde dazu natürlich nichts hinzufügen.

Erlaubt mir aber den Bereich nochmals aufzugreifen, der mir eher vertraut ist, also Einstein und die Kunst. Ich habe schon darüber im Thread über das hohe "C" geschrieben, greife das Thema hier nochmals auf, zum Teil mich einfach wiederholend, aber versuche auch ein wenig mehr dazu zu sagen
Einstein und sein Bezug zur Kunst ist halt für mich der liebste Aspekt, in diesem Thread.

Bekanntlich spielte Einstein Geige (das wurde aber bereits erwähnt), seine Interessen aber in Bezug auf Kunst, waren sehr viel breiter.

Den Einfluß Einsteins auf die bildenden Künste, kann man durch seine Entdeckung der vierten Dimension, als revolutionär bezeichnen. Diese Entdeckung faszinierte die Künstler und gab ihnen neue Impulse. Ob es nun die Wolkenkratzer Chicagos sind, oder die Malerei Picassos, oder der Kubismus allgemein, der nun gerne die Simultaneität in den Bildern umsetzte. Man weiss zum Beispiel, dass Künstler wie Klee, Picasso und Duchamp sich mit der Relativitätstheorie befasst haben - und in der Umsetzung dieser Theorie in ihre Kunst, eine wichtige Herausforderung sahen.

So sind die Porträts von Picasso, die das Modell simultan von Vorne und in Profil zeigen, eigentlich eine Umsetzung der neuen Theorien über Raum und Zeit. Auch die Verzerrungen die durch Materie in Raum und Zeit entstehen, finden sich wieder in der Malerei von Picasso. Es besteht nun kein zwingender fester Betrachter-Standpunkt, die Perspektiven wechseln innerhalb eines Werkes.

Doch weiss man auch, dass Picasso Schwierigkeiten hatte, Einsteins Theorien ganz zu folgen.
Und Charlie Chaplins Aussage zu Einstein, finde ich so schön:

"Mir applaudieren die Leute, weil mich alle verstehen, und Ihnen, weil niemand sie versteht."

In der Architektur entsteht der Begriff des fließenden Raumes. Es sind hauptsächlich die Architekten des Bauhauses, die sich intensiv mit Einsteins Theorien befasst haben.

Mies van der Rohe ist einer derjenigen, der die Einheit von Raum und Zeit in sein architektonisches Werk umsetzt. So enstehen nun Elemente, die eigentlich die Einheit von Raum und Zeit sichtbar machen sollen. Konkret sind dies offene Grundflächen, tiefe Fluchten, wobei das Glas es erlauben soll, räumlich Distanz transparent zu machen.
Natürlich ist auch Walter Gropius einer der Repräsentanten des Bauhauses, der sich in seinen Werk mit den fließenden Räumen befasst hat. Alle diese Experimente fanden eher in den USA statt, da die Künster des Bauhauses emigrieren mussten.

Die Schriftsteller sind auch beeinflusst von der Vorstellung, dass Raum und Zeit eins werden. Es geht hauptsächlich darum, dass die Zeit nicht mehr linear verläuft, also entsteht auch in der Sprache die Simultaneität.
Die sprachliche Umsetzung dieses Postulats, findet sich wieder z.B. bei Robert Musil und Thomas Mann.
Für mich aber ist einer der zeitgenössischen Schriftsteller geradezu ein Meister dieser Art des Schreibens: Javier Marias, ich denke da in erster Linie an den Roman "Mein Herz so weiss".

Bevor ich jetzt diesen Beitrag beende, - und sehr hoffe, dass nun andere Forumschreiber in die Tasten greifen werden, möchte ich, dass er nochmals persönlich zu Worte kommt:

"Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Wissenschaft und Kunst steht. Wer es nicht kennt und sich nicht mehr wundern oder staunen kann, der ist so zu sagen tot und seine Augen erloschen."

Fast möchte ich sagen: danke dir Einstein, für diesen Satz.

Ich werde in einem nächsten Beitrag versuchen, das Thema noch zu vertiefen.
 
Architektur

Schöner Beitrag...

Da fällt mir dies zu ein:

mandat-17776-1.jpg


Der Einsteinturm in Potsdam ....


Bisserl Text kommt noch :)
 
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das bedeutendste Vermächtnis Einsteins

Hallo Ihr Relativisten,

Es ist auffällig, daß die großen Relativitätstheorien vor 1920 entstanden sind und Einstein danach keine „Glanzleistungen“ mehr aufzuweisen hatte.
Das täuscht auf den ersten Blick darüber hinweg, daß er hart gearbeitet hat. Sein Ziel war eine einheitliche Theorie der damals bekannten Grundkräfte: Elektrizität und Gravitation. Salopp gesagt, es war die suche nach der „Weltformel“.

von 1923 bis 1950 veröffentlichte er dazu bedeutende entwürfe. Aber er mußte an den Umständen scheitern:
zwei weiter Grundkräfte waren noch nicht bekannt, die starken und die schwachen nuklearen Wechselwirkungen.
Die Suche nach der „Weltformel“, einer Theorie, die auch die Schwerkraft quantentheoretisch erklärt, die sämtliche bekannten Kräfte und bereiche der Physik in einer einzigen Matrix von formeln zusammenfassen soll kann man als das bedeutendste Vermächtnis Einsteins an die Wissenschaft betrachten.

Die Superstringtheorie macht uns Hoffnung, daß es in diesem Jahrhundert gelingt, Einsteins Traum und Lebensziel zu verwirklichen und zu erreichen.

http://www.extrasolar-planets.com/specials/superstringtheorie.php

gruß von claus
 
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