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Eine Frage des Gewissens

Claus

New Member
Registriert
5. August 2005
Beiträge
3.673
Soeben habe ich im Ersten den Film
„Eine Frage des Gewissens“
gesehen.
sehr guter Film!

es ist eine variante des „Falles Daschner“

Polizist rettet (unter Anwendung von Gewalt gegen den Täter) einem kleinen Mädchen das Leben,
das von einem vorbestraften Sexualtäter entführt wurde,
wird daraufhin verurteilt und fristlos entlassen.

Der Täter hat im weiteren Verlauf der Handlung die Gelegenheit,
bei einem „begleiteten Freigang“ zu entkommen.

Das Problem wird von allen Seiten beleuchtet,
es bleibt aber der bittere Geschmack eines Rechtssystems, dem der Schutz der Menschenwürde
der widerlicherlichsten Sorte von Kriminellen wichtiger ist als das Leben von Kindern.

empörte Grüße von Claus
 
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Hallo Claus,

den Film habe ich auch gesehn und fand ihn sehr sehenswert sowohl für seine filmischen Qualitäten als auch wegen seiner Problematik.

So einfach aber ist die Antwort auf das Dilemma das der Film wiedergibt, nicht. Eine der Schlüßelantworten lässt das Drehbuch den Richter geben, und die ist sinngemäß so zusammenzufassen: Wir geraten im Leben manchmal in Situationen in denen es von Anfang an klar ist, dass wir falsch handeln müßen. Das Gestez sieht etwas vor, das wir unter den gegebenen Umständen nicht respektieren können, hier ganz konkret den Verbot Gewalt anzuwenden um ein Leben retten zu können. Man handelt falsch gegenüber dem Gesetz, aber man handelt richtig im Sinne des eigenen Gewissens. Man muss handeln - doch man trägt alleine die Verantwortung dafür.

Meines Erachtens lässt sich die Gesetzgebung bezüglich Folter nicht aufweichen, denn da wäre der Missbrauch durch die Zugeständnisse vorprogramiert. Und so kann der Staat das Dilemma nicht lösen, jeder einzelne muss dafür die Verantwortung selbst übernehmen - eigentlich kann der Staat nicht das letzte Wort in allen Angelegenheiten die uns angehn sprechen, manchmal kann er nur die Antworten geben, die am wenigsten den Missbrauch zulassen können.

Wie weit der Missbrauch gehen kann wenn man ausserhalb der Normen handelt, zeigt ja der Film sehr gut durch die moralisch zweifelhaften Methoden der privaten Sicherheitsfirma bei der der Polizist nach seiner Suspendierung einige Zeit arbeitet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Gestez sieht etwas vor, das wir unter den gegebenen Umständen nicht respektieren können, hier ganz konkret den Verbot Gewalt anzuwenden um ein Leben retten zu können. Man handelt falsch gegenüber dem Gesetz, aber man handelt richtig im Sinne des eigenen Gewissens. Man muss handeln - doch man trägt alleine die Verantwortung dafür.

Genau das meine ich, Miriam.

Ein Beamter wird künftig sehr schnell abwägen müssen, ob er seine existenz (wie im Film) aufs Spiel setzt, wenn er das Leben eines Kindes retten kann.

Denn im film hat ja der suspendierte Polizist (obwohl eine zeitlang volksheld) keine andere Alternative als,

zeigt ja der Film sehr gut durch die moralisch zweifelhaften Methoden der privaten Sicherheitsfirma bei der der Polizist nach seiner Suspendierung einige Zeit arbeitet

Der Staat macht sich des Mordes mitschuldig.
Jeder Bürger würde deshalb wegen unterlassener Hilfeleistung (zurecht) bestraft.
Der Staat aber rühmt sich, die Menschenwürde des Mörders über das Leben des Kindes zu stellen.

pfui teufel!
immer noch empört

claus
 
Claus, lass uns mal konkret werden:

wie könnte der Gesetzestext verändert werden, um einerseits bei Gewalttätern es zu erlauben die Grenzen in einem Verhör zu lockern, aber dabei auch zu gewährleisten, dass kein Missbrauch stattfinden kann?
Ich sehe da keine Möglichkeit, denke auch, dass es eine solche Gratwanderung ist, die in Worten und Paragraphen gar nicht zu fassen ist.

Oder fällt dir da etwas anderes ein?

Fragt neugierig

Miriam
 
ja, Miriam,
man könnte in den fällen, wo die Gesundheit oder das Leben eines Menschen zulasten der Unversehrtheit eines Verbrechers erhalten wurden, die involvierten beamten per Gesetz straffrei stellen.

aber jetzt muß ich mir noch meine Empörung „von der Seele schreiben“

der Film heißt ja deshalb
„eine Frage des Gewissens“
weil der Polizist, ein Mann von Ehre und Gewissen,
das Leben des Kindes höher bewertet als die Dienstvorschrift.

Sein Vorgesetzter hätte das Kind geopfert, dieser fiese Denunziant hat dann auch noch von dem vorgang durch eine kräftige Beförderung profitiert.

Schuld aber sind die Politiker und Richter, die so etwas ermöglichen.
Wenn es nicht auch die Kinder beträfe, sollte man ihnen wünschen, daß ihre Kinder und Enkel von Kinderschändern entführt werden.
würden sie dann die Polizisten anbetteln, alles zu tun
oder würden sie gefühllos und eiskalt darauf achten, daß dem entführer weder Prügel geschieht noch angedroht wird, während ihre achtjährige tochter mißbraucht und erwürgt wird?

Es sind die gleichenPolitiker, die lauthals über Guantanamo zetern und hierzulande Leben und gesundheit eines entführten Kindes einem Dogma opfern.

Recht und Gerechtigkeit klaffen sehr weit auseinander.
ein Polizist muß sich auch um den Preis der Gesundheit und des Lebens eines Kindes

an das Gesetz halten und der Staatsanwaltschaft dienen.


Vor langer Zeit habe ich ein buch gelesen, titel und Verfasser sind mir inzwischen entfallen, aber diese Szene habe ich noch in Erinnerung:

Eine Mutter fleht einen SS-mann im KZ an, weil an ihrem Kind qualvolle medizinische Experimente durchgeführt werden.
Er antwortet:

ich halte mich an das Gesetz, und ich diene dem Führer.

Unser Polzist wurde unehrenhaft aus dem Polizeidienst entlassen, geriet ins soziale Abseits und landete schließlich bei zwielichtigen gestalten.
Hätte der SS Mann Mutter und Kind laufen lassen, wäre er unehrenhaft aus der SS entlassen und in ein Strafbatallion an die Ostfront gekommen.


Gruß von Claus
 
Schlußbemerkung

ich verabscheue Gesetze und Regeln, die den qualvollen Tod eines Kindes zulassen zugunsten der Unversehrtheit von Verbrechern,
und die ehrenwerte Männer, die sich diesen vorschriften widersetzen, mit harten Strafen belegt.

Es muß jeder mit sich selbst ausmachen, wie er dazu steht,
es ist
eine Frage des Gewissens

claus
 
Lieber Claus,

wahrscheinlich haben wir eines gemeinsam - beide verabscheuen wir zutiefst solche Taten, ich muss sogar bekennen, dass ich unterschwellig immer die Angst habe es könnte etwas meinen kleinen Enkeltöchtern geschehen.
Aber noch immer ist die Frage nicht beantwortet: wie sollte ein Gesetzestext lauten, der einen Polizeibeamten erlaubt die sonst üblichen Regeln an denen er sich zu halten hat zu lockern?

Du sagst dazu:

Claus schrieb:
man könnte in den fällen, wo die Gesundheit oder das Leben eines Menschen zulasten der Unversehrtheit eines Verbrechers erhalten wurden, die involvierten beamten per Gesetz straffrei stellen.

Das ist nur ein Ziel, eine Richtung, ein Zweck den du damit aufzeigst, nicht aber der konkrete Text der eine solche Entscheidung beinhalten sollte doch den Missbrauch ausschließt.

Nach wie vor denke ich, dass der Film eher das große Dilemma aufzeigen wollte und auch die Frage der Eigenständigkeit, der Verantwortung der Polizeibeamten im Mittelpunkt stellt.

Ich denke auch, dass wir alle im Fall von Jakob von Metzler auf der Seite von Wolfgang Daschner waren - aber im Laufe des Prozesses kam sehr Widersprüchliches ans Licht. So hat sich zum Beispiel kein einziger Beamte gefunden, der dazu bereit war die Folterdrohungen in die Tat umzusetzen.

Persönlich verstehe ich es sehr gut, dass eben in Anbetracht solcher Tatsachen:

Claus schrieb:
Eine Mutter fleht einen SS-mann im KZ an, weil an ihrem Kind qualvolle medizinische Experimente durchgeführt werden.
Er antwortet:

ich halte mich an das Gesetz, und ich diene dem Führer.

die Gesetzgebung in Deutschland besonders darauf achtet, dass Gewalt nicht angewendet werden darf.

Rechtstaat bedeutet auch folgendes:

Zitat:

Das System aus Regeln (zum Beispiel: in dubio pro reo), Grundsätzen (zum Beispiel die Gleichheit aller vor dem Gesetz), Verfahrensvorschriften (zum Beispiel zur Rechtsetzung und Rechtsprechung) und institutionellen Vorkehrungen (zum Beispiel die Unabhängigkeit der Justiz), das wir als Rechtsstaatlichkeit bezeichnen, gehört zum innersten Kernbestand des Liberalismus und ist seine größte Errungenschaft.

Rechtsstaatlichkeit ist unabdingbare Voraussetzung für die Verwirklichung aller anderen liberalen Programmpunkte: Ohne rechtsstaatliche Schranken verkommt Demokratie zur Tyrannei der Mehrheit [...]. Ohne Rechtsstaatlichkeit ist die Würde des Menschen antastbar.

Claus, deine Empörung in Ehren, das meine ich echt, aber Zugeständnisse in Bezug der oben aufgeführten Grundsätze, sind schwer mit der Rechtstaatlichkeit zu vereinbaren.
 
Nunja, Miriam, dann will ich Dir zum Schluß noch antworten.

Es macht mich traurig, daß auch Du die bestehenden Zustände gut heißen kannst.
Wenn, was ich keinesfalls wünsche, einmal dein Enkel Opfer sein sollte, denkst du vielleicht anders.

Vermutlich werden sich die Fälle häufen,
ich meine:
durch die aktuelle Gesetzeslage ermunterte Verbrecher und eingeschüchterte Beamte.

Wenn ich die Wahl hätte zwischen einem Polizeistaat, der die Opfer schützt,
und einer Demokratie, die die Verbrecher schützt,
ich würde nicht zögern....

Gruß von Claus
 
Claus, verärgert schimpfen nützt (wie immer) nichts. Ich würde gerne deinen Ärger auf die Frage von Miriam zurück bringen:

Wie soll denn dann, nach deiner Meinung, der Gesetzestext geändert werden, damit deine Ziele erreicht werden.

Mach Nägel mit Köpfen.
 
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Miriam und Louis, wenn ihr mal genau mein post Nr 5 lest, werdet ihr feststellen, daß ich einen Vorschlag gemacht habe.

man könnte in den fällen, wo die Gesundheit oder das Leben eines Menschen zulasten der Unversehrtheit eines Verbrechers erhalten wurden, die involvierten beamten per Gesetz straffrei stellen.

Nun ist mir klar, daß dieser Text nicht juristischen Kriterien standhält, aber ich bin mir sicher, der größte teil der Bevölkerung würde verstehen was ich meine, und mir zustimmen.

Um es noch einmal ausführlicher zu erklären:

Das Leben eines Kindes,
auch daß es nicht gefoltert und sexuell mißbraucht wird,
muß der gesellschaft (und ihren Polizeibeamten)
als eine höheres Gut gelten
als die Menschenwürde des Verbrechers.

Wenn ein Beamter unter Androhung oder Anwendung von Gewalt
erreicht, daß das Kind gerettet wird,
daß ihm Schmerzen und evtl lebenslanges psychisches trauma erspart bleiben,
dann darf dieser Beamte nicht bestraft werden.


Louiz kann das ja mal in die sprache der Juristen übersetzen.

Ich verabschiede mich jetzt in den Osterurlaub.
Fast jede woche kommt ja eine Meldung von verschwunden Kindern, Opfern von Sexualstraftätern oder Erpressern.
Ich werde ab jetzt wohl immer daran erinnert, daß es nicht nur ferne Juristen und Politiker sind,
die es richtig finden, die „Menschenwürde“ der Verbrecher höher zu stellen als die des Kindes,
sondern daß es auch Leute gibt, die das auch tatsächlich noch gut heißen.

Aber ich werde mit solchen menschenverachtenden Zuständen niemals abfinden.

Claus
 
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