Nun lese ich hier in den inzwischen diversen Threads um Nationalität, Deutschland usw. immer mal wieder den Begriff "Deutsche Werte", in der Politik wird das auch gern verwendet.
Da wir hier im Forum gerade eine Art "Aufklärung" durchzumachen scheinen (gewagte Theorie, ich weiss), komme ich jetzt mal mit diesem Ding um die Ecke, das stinkt mir nämlich ein wenig.
Was versteht man landläufig unter "deutschen Werten"? In erster Linie Dinge wie Pünktlichkeit, Gründlichkeit, Ordnungsliebe oder Fleiss. Meiner bescheidenen Meinung nach sind das alles aber keineswegs Werte sondern Laster, gar üble Laster, je genauer man hinschaut.
Die meisten dieser Dinge sind Eigenschaften, deretwegen wir Deutschen im Ausland einen oft legendären Ruf haben. Und wir Deutschen scheinen das auch noch zu geniessen, nicht merkend, dass dies nicht unbedingt immer ein guter Ruf ist.
Nehmen wir zum Beispiel die berühmte deutsche Gründlichkeit. Die Amerikaner finden das lustig bis abstossend. Ein gründlicher Mensch ist nicht unbedingt gleichzeitig ein symphatischer Mensch, auch wenn es Ausnahmen geben mag. Das liegt daran, dass wir Deutschen in Sachen Gründlichkeit wirklich gründlich sind. Was wir anfangen, und sei es noch so bescheuert, fies, toll oder überflüssig, tun wir auf äusserst gründliche Art und Weise. Die Stasi in der DDR hat zum Beispiel penibel Buch über alle Spitzelaktivitäten durchgeführt, ebenso ist die Gestapo verfahren und der heutige BND tut es nicht anders.
In Wahrheit ist das eine furchtbare Eigenschaft. Gar nicht mal unbedingt, weil in der Vergangenheit schlimme Dinge gründlich durchgeführt worden sind, sondern weil Menschen von Natur aus eigentlich eher nicht gründlich sind. Ein klein wenig Schlampigkeit macht einen Menschen weit mehr symphatischer als 40 Aktenordner im Wohnzimmer.
Ein anderes Beispiel ist der Fleiss. Ja, den finde ich auch eher nicht gut, um es vorsichtig auszudrücken. "Deutsch" ist quasi ein anderes Wort für Fleiss. Wir bringen es tatsächlich fertig, zu ackern bis wir tot umfallen, und das völlig freiwillig. Mein ansonsten verehrter Schwiegervater ist so ein Kandidat. Er wird ganz sicher mit einer Maurerkelle begraben werden. Umgekehrt ist Faulheit in Deutschland weitgehend verschrien. Wir hassen Faule. Über die Maßen. Übles Pack, diese Faulen. Brrrr.
Ich finde aber, dass Faulheit auch eine Tugend sein kann. Da ich aus der Computerei komme, habe ich hierzu ein vortreffliches Beispiel zu bieten: den Programmierer. Ein fleissiger Programmierer ist immer ein schlechter Programmierer. Und ein fauler Programmierer wird immer erfolgreicher sein. Warum ist das so? In der Kunst der Computerprogrammierung ist Faulheit nachgerade eine Tugend. Wenn ich ein Programm sehe, in dem der Autor zwar fleissig zig Routinen eingebaut hat, aber dabei übersehen hat, dass er sich den Grossteil davon hätte ersparen können, weil es dafür bereits fertige Module gibt, dann wird mein Urteil entsprechend vernichtend ausfallen: der Mann ist fleissig und wird nicht eingestellt.
Was für Blüten das treibt, kann man in meiner aktuellen Firma beobachten. Ich darf hier aus rechtlichen Gründen nicht allzu sehr ins Detail gehen, daher nur soviel: bei uns arbeiten so viele überaus fleissige Dödel, dass ein jeder von ihnen das Rad nicht nur wiedererfindet sondern es sogar mehrmals wiedererfindet. Wir haben für ein und denselben Zweck immer mehrere Lösungen im Einsatz, die selten miteinander zusammenarbeiten, meist das selbe tun und dabei allesamt auch noch schlecht sind.
Fleiss mag daher sicher hier und da eine positive Eigenschaft sein, aber gewiss nicht grundsätzlich. Dies ist übrigens auch eine der Eigenschaften deretwegen wir im Ausland keineswegs überall bewundert sondern eher belächelt werden.
Auf die weiteren o.g. Eigenschaften will ich jetzt nicht weiter eingehen. Ich finde jedenfalls, dass unsere sogenannten "Deutschen Werte" keine sind. Es sind lästige Relikte längst vergangener Zeiten, die uns von Generation zu Generation immer wieder eingebleut werden.
Ich selbst bin auch eher faul. Ich hätte in meinem bisherigen Leben sicher schon viel mehr erreichen können, wenn ich fleissiger gewesen wäre. Ich hätte bestimmt schon ein eigenes Haus oder so. Aber das ist für mich nicht wichtig. Viel wichtiger ist für mich, entspannt zu sein, Zeit zu haben für die Dinge die mich interessieren (z.b. im Denkforum zu schwadronieren oder zu streiten) und mich um die Meinen zu kümmern. Wenn meine Kinder ein Haus erben wollen, sollen sie es gefälligst selber bauen.
Noch ein letztes Wort zu einer weiteren typisch deutschen Eigenschaft, der - wie ich leider immer mal wieder feststellen muss - auch ich verfallen bin: dem Pessimismus. Mann, sind wir vielleicht Pessimisten. Wir sind so pessimistisch, dass wir uns trotz der "deutschen Werte", auf die wir fälschlicherweise stolz sind, permanent schlecht fühlen. Wir sind schuldig. Woran auch immer. Bei uns ist alles beschissen. Unsere Politik ist scheisse, das Wetter erst recht, es ist alles viel zu teuer und überhaupt. Wir müssen auswandern.
Dabei sind wir eigentlich so schlecht gar nicht und unser Land ist es eigentlich auch nicht. Wir haben hier viele gute Sachen am Laufen, um die uns Andere heftigst beneiden. Sogar um unseren Sozialstaat, über den wir derzeit am lautesten meckern, beneidet man uns nach wie vor. Und wir sind auch viel beliebter im Ausland als wir uns selbst einbilden. Das sollte vielleicht der Vollständigkeit halber auch mal gesagt werden.
Zu guter Letzt: ja ich habe natürlich verallgemeinert. Es gibt eine Menge Deutscher die nicht so sind, es soll sich also bitte niemand auf den Schlips getreten fühlen. Ich spreche hier eher über die deutsche "Nation" als über einzelne Personen
lg, xcrypto
Da wir hier im Forum gerade eine Art "Aufklärung" durchzumachen scheinen (gewagte Theorie, ich weiss), komme ich jetzt mal mit diesem Ding um die Ecke, das stinkt mir nämlich ein wenig.
Was versteht man landläufig unter "deutschen Werten"? In erster Linie Dinge wie Pünktlichkeit, Gründlichkeit, Ordnungsliebe oder Fleiss. Meiner bescheidenen Meinung nach sind das alles aber keineswegs Werte sondern Laster, gar üble Laster, je genauer man hinschaut.
Die meisten dieser Dinge sind Eigenschaften, deretwegen wir Deutschen im Ausland einen oft legendären Ruf haben. Und wir Deutschen scheinen das auch noch zu geniessen, nicht merkend, dass dies nicht unbedingt immer ein guter Ruf ist.
Nehmen wir zum Beispiel die berühmte deutsche Gründlichkeit. Die Amerikaner finden das lustig bis abstossend. Ein gründlicher Mensch ist nicht unbedingt gleichzeitig ein symphatischer Mensch, auch wenn es Ausnahmen geben mag. Das liegt daran, dass wir Deutschen in Sachen Gründlichkeit wirklich gründlich sind. Was wir anfangen, und sei es noch so bescheuert, fies, toll oder überflüssig, tun wir auf äusserst gründliche Art und Weise. Die Stasi in der DDR hat zum Beispiel penibel Buch über alle Spitzelaktivitäten durchgeführt, ebenso ist die Gestapo verfahren und der heutige BND tut es nicht anders.
In Wahrheit ist das eine furchtbare Eigenschaft. Gar nicht mal unbedingt, weil in der Vergangenheit schlimme Dinge gründlich durchgeführt worden sind, sondern weil Menschen von Natur aus eigentlich eher nicht gründlich sind. Ein klein wenig Schlampigkeit macht einen Menschen weit mehr symphatischer als 40 Aktenordner im Wohnzimmer.
Ein anderes Beispiel ist der Fleiss. Ja, den finde ich auch eher nicht gut, um es vorsichtig auszudrücken. "Deutsch" ist quasi ein anderes Wort für Fleiss. Wir bringen es tatsächlich fertig, zu ackern bis wir tot umfallen, und das völlig freiwillig. Mein ansonsten verehrter Schwiegervater ist so ein Kandidat. Er wird ganz sicher mit einer Maurerkelle begraben werden. Umgekehrt ist Faulheit in Deutschland weitgehend verschrien. Wir hassen Faule. Über die Maßen. Übles Pack, diese Faulen. Brrrr.
Ich finde aber, dass Faulheit auch eine Tugend sein kann. Da ich aus der Computerei komme, habe ich hierzu ein vortreffliches Beispiel zu bieten: den Programmierer. Ein fleissiger Programmierer ist immer ein schlechter Programmierer. Und ein fauler Programmierer wird immer erfolgreicher sein. Warum ist das so? In der Kunst der Computerprogrammierung ist Faulheit nachgerade eine Tugend. Wenn ich ein Programm sehe, in dem der Autor zwar fleissig zig Routinen eingebaut hat, aber dabei übersehen hat, dass er sich den Grossteil davon hätte ersparen können, weil es dafür bereits fertige Module gibt, dann wird mein Urteil entsprechend vernichtend ausfallen: der Mann ist fleissig und wird nicht eingestellt.
Was für Blüten das treibt, kann man in meiner aktuellen Firma beobachten. Ich darf hier aus rechtlichen Gründen nicht allzu sehr ins Detail gehen, daher nur soviel: bei uns arbeiten so viele überaus fleissige Dödel, dass ein jeder von ihnen das Rad nicht nur wiedererfindet sondern es sogar mehrmals wiedererfindet. Wir haben für ein und denselben Zweck immer mehrere Lösungen im Einsatz, die selten miteinander zusammenarbeiten, meist das selbe tun und dabei allesamt auch noch schlecht sind.
Fleiss mag daher sicher hier und da eine positive Eigenschaft sein, aber gewiss nicht grundsätzlich. Dies ist übrigens auch eine der Eigenschaften deretwegen wir im Ausland keineswegs überall bewundert sondern eher belächelt werden.
Auf die weiteren o.g. Eigenschaften will ich jetzt nicht weiter eingehen. Ich finde jedenfalls, dass unsere sogenannten "Deutschen Werte" keine sind. Es sind lästige Relikte längst vergangener Zeiten, die uns von Generation zu Generation immer wieder eingebleut werden.
Ich selbst bin auch eher faul. Ich hätte in meinem bisherigen Leben sicher schon viel mehr erreichen können, wenn ich fleissiger gewesen wäre. Ich hätte bestimmt schon ein eigenes Haus oder so. Aber das ist für mich nicht wichtig. Viel wichtiger ist für mich, entspannt zu sein, Zeit zu haben für die Dinge die mich interessieren (z.b. im Denkforum zu schwadronieren oder zu streiten) und mich um die Meinen zu kümmern. Wenn meine Kinder ein Haus erben wollen, sollen sie es gefälligst selber bauen.
Noch ein letztes Wort zu einer weiteren typisch deutschen Eigenschaft, der - wie ich leider immer mal wieder feststellen muss - auch ich verfallen bin: dem Pessimismus. Mann, sind wir vielleicht Pessimisten. Wir sind so pessimistisch, dass wir uns trotz der "deutschen Werte", auf die wir fälschlicherweise stolz sind, permanent schlecht fühlen. Wir sind schuldig. Woran auch immer. Bei uns ist alles beschissen. Unsere Politik ist scheisse, das Wetter erst recht, es ist alles viel zu teuer und überhaupt. Wir müssen auswandern.
Dabei sind wir eigentlich so schlecht gar nicht und unser Land ist es eigentlich auch nicht. Wir haben hier viele gute Sachen am Laufen, um die uns Andere heftigst beneiden. Sogar um unseren Sozialstaat, über den wir derzeit am lautesten meckern, beneidet man uns nach wie vor. Und wir sind auch viel beliebter im Ausland als wir uns selbst einbilden. Das sollte vielleicht der Vollständigkeit halber auch mal gesagt werden.
Zu guter Letzt: ja ich habe natürlich verallgemeinert. Es gibt eine Menge Deutscher die nicht so sind, es soll sich also bitte niemand auf den Schlips getreten fühlen. Ich spreche hier eher über die deutsche "Nation" als über einzelne Personen
lg, xcrypto