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Der Sinn des Sterbens...

gregor:

es ist unmöglich, jemandem, der sich für unsterblich hält, das gegenteil zu beweisen
ist zwar vielleicht nicht genau das, was der förster meinte, aber ich finde
dieses paradoxon amüsant ;)

lg,
Muzmuz
 
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Muzmuz schrieb:
meinen respekt verdient sich eher der, der den tod zu akzeptieren versucht als der, der versucht, ihn zu negieren

lg,
Muzmuz
Du magst Recht haben, Muzmuz.Von einer Warte des "objektiv" Urteilenden hast Du sicher Recht.

Ich kenne aber sehr viele alte Menschen ( bin ich selbst doch schon ziemlich betagt ), die sich in ihre Todesängste einschließen.
Da verdient es eben doch Respkt - von mir -, wenn ein Mensch in der Sicherheit, nie völlig zu vergehen, mutig sein Leben bis zum Schluss lebt.

liebe Grüße Marianne
 
huhu majanna !

an einen irrtum zu glauben und danach zu leben halte ich generell für gefährlich
zwar ist nichts dabei, wenn jemand an den osterhasen oder weihnachtsmann glaubt
auch nimmt üblicherweise niemand schaden, wenn jemand glaubt, den tod gäbe es nicht und darin in seinem leben trost findet

jedoch die selbe art, an etwas zu glauben, wofür es keine wirklichen indizien gibt und danach zu leben (oder auch zu sterben) ist auch die grundlage für etliche gräuel (beispiel religiös motivierte terroristen, die sich bedenkenlos in die luft sprengen, weil nach dem tod die ewige belohnung wartet)

an etwas tröstliches zu glauben und daran festzuhalten, auch wenn es keine rationalen gründe dafür gibt, mag zwar einfacher sein als den tod als ende zu akzeptieren, jedoch ist diese haltung nicht ohne gefahr

daher erntet meinen respekt nicht der, der den leichten, angenehmen weg wählt sondern der andere

lg,
Muzmuz
 
Hallo, Muzmuz!

Es ist nicht jedem gegeben, seine ratio empirisch einzusetzen, denke ich mal.

Und ich denke auch, im Vollzug des Glaubens an ein - wie immer geartetes - Fortbestehen nach dem empirisch beweisbaren Leben argumentiert kein Gläubiger mit der kulturellen Außenwirkungen seiner Ideologie.Er befriedigt sein ganz persönliches Sicherheitsbedürfnis.

Dazu kommt noch - habe ich mir von einem katholischem Theologen sagen lassen -, dass sich zumindest der große Teil der Gläubigen dieser Kirche nicht in Kontingenz mit "Ihrer" Institution sehen, sehen wollen, ja sogar an den Hexenverbrennungen, Kriegsmaschinenweihen usw genau so heftig Anstoß nehmen wie " unsereiner". Sie glauben wie alle die, die angeben, sie seien gläubig, aber konfessionell nicht gebunden, an einen persönlichen Gott. Was ist daran verwerflich? ( Das hast Du nicht getan.)Aber das erlaubt ihnen, Trost zu holen. Wer bin ich, dass ich darüber lächeln könnte. Es ist ein Weg, mit der Angst fertig zu werden. - Aber ich wiederhole mich.


lg

Marianne

Wir leben heute in einer ahistorischen Zeit - das bewirkt auch, dass wir ( ich nehme mich da nicht aus) aus der Vergangenheit nur das herauskramen, was uns in unsere Argumentation passt.
 
huhu majanna !

ich denke, dass jemand, der auf der suche nach seinem weltbild ist, sich dieses zuerst für sich selbst finden muss
kulturelle auswirkungen müssen erst dann berücksichtigt werden, wenn er sein weltbild "in umlauf" bringen will

verdiene ich mir deinen respekt, wenn ich mir selbst eine (flasche) sicherheit einrede ?
beispielsweise, wenn ich in den bergen in einem gewitter bin, mir einen regenschirm aufspanne und mich darunter sicher fühle ?
mein kamerad, der mit mir wandert, spannt sich keinen auf, weil er weiss, dass es nicht unbedingt klug ist, so etwas zu tun, und hat die hosen voll, weil auch ohne schirm so ein gewitter gefährlich genug ist
ich hingegen fühle mich unter dem schirm sicher und finde auf diese art trost

ähnliches mit kindern oder ggf auch erwachsenen, die an den weihnachtsmann glauben
verdienen sie respekt, weil weihnachten ja viel schöner ist, wenn man an die damit verbundene magie bzw mystischen hintergrund glaubt ?

ich könnte sie wie religiöse eiferer oder einfach naive menschen vielleicht in manchen situationen beneiden, weil sie so ein einfaches weltbild haben und sich "keine sorgen" machen
aber ihnen für ihre naivität respektive ihr bequemlichkeit respekt zollen ?
das würde ich nie und nimmer tun

lg,
Muzmuz
 
Demut

Der Sinn des Lebens ist zu sein.

Der Sinn des Sterbens ist zu vergehen.

Der Mensch war nicht bevor er gezeugt wurde.
Und dennoch ist sicher, dass er nicht aus dem Nichts geschaffen wurde.
Er ist also aus etwas entstanden. Es war also etwas da.

Der Mensch wird nicht sein nachdem er gestorben bist.
Und dennoch ist sicher, dass er nicht im Nichts enden wird.
Er ist am Anfang aus etwas entstanden, so wird er auch am Ende zu etwas entstehen.

Mutmaße über das was und wie, das ist Menschenwerk.
Wisse es und erkläre es, dann bist du Gott.
 
Hallo zusammen,

erstmal vielen Dank für die vielen Reaktionen auf meinen Beitrag, es sind einige sehr interessante Anmerkungen darunter.

Ich habe die Kernpunkte der Antworten zusammengefasst und werde sie aus meiner eigenen Perspektive nacheinander aufgreifen. Vielleicht lässt sich auf das Ein oder Andere noch etwas näher eingehen.

Gisbert meinte, dass der Fortschritt einst den Tod besiegen wird/könnte und somit sich die Sinnfrage nicht länger stellt.

Hier möchte ich darauf hinweisen, dass der technische Fortschritt unserem Verstand nur sehr bedingt eine Lösung von Sinnfragen anbietet, meist ist es eher der Erfahrungshorizont, der durch wissenschaftl. Fortschritt erweitert wird, nicht aber unbedingt das Bedürfnis nach Sinnfindung, also dem verstandesmäßigen Begreifen unseres Seins. Zudem vermute ich, dass es gar nicht möglich sein könnte, mit dem Gehirn das Gehirn selbst völlig zu ergründen, dies würde bedeuten, dass wir etwas, das uns das verstandesmäßige Verarbeiten von Erfahrungen erst ermöglicht, selbst zur Gänze verstehen müssten.

Momentan ist zwar scheinbar nicht abzusehen, wie weit uns die Möglichkeit zur Selbsterkenntnis gegeben ist, jedoch würde es mich kaum wundern, wenn wir einst an als dauerhaft erscheinende Grenzen unserer Erkenntnisfähigkeit stoßen.


Zeilinger hält den Glauben an ein ewiges Leben als zwingende Bedingung, um Sinn im Sterben zu finden und Mavaho führt an, dass der Mensch ständig nach Sinnerfüllung strebt, obwohl doch eigentlich alles geschehend ist und keiner zwingenden Ordnung unterliegen muss.

Ich denke, dass der Glaube eine Grundbedingung darstellt, um einen festen und unverrückbaren Sinn im Leben und Sterben überhaupt sehen zu können. Ich beziehe hiermit den Glauben nicht gleich auf Gottesglauben oder Religiösität, sondern auf eine Überzeugung, dass etwas z.B. auf eine bestimmte Weise - aus unseren Erfahrungen evtl. abgeleitet - beschaffen ist, vielleicht auch, weil uns Bedürfnisse dazu antreiben - wie Majanna meinte - um Todesängste zu mildern oder verdrängen zu können.

Was ich jedoch anzweifle ist, dass wir unbedingt an ein ewiges Leben glauben müssen, um dadurch den Tod als sinnvoll zu werten. Hier wäre das Sterben (der Tod) also kein völliges Ende eines Menschen, sondern lediglich ein Körperliches, da etwas (z.B. "die Seele") fortbesteht und somit könnte der Tod - diesem Denken folgend - z.B. als eine Neuerung begriffen werden.

Wie wollen wir unser Ende aber begreifen, wollen wir und können wir es überhaupt verstehen? Verweigern wir uns diesen Überlegungen und suchen wir nach Denkensarten, die unser völliges Nichtexistieren negieren, dann wäre Zeilingers Aussage womöglich zutreffend - nämlich, dass wir garnicht anders können, als nicht an einen absoluten Tod zu glauben.

Doch ich denke wir können durchaus anders. Hierzu muss man jedoch die Sinnfrage selbst beleuchten, was ist es, dass sich da verstehen möchte. Ich bin es, jedenfalls das, was mich ausmacht, mein Ich. Da alles in diesem Ich danach schreit, leben zu können, eben weil es den Ausnahmezustand des Lebens überhaupt erst ermöglicht, ist der Tod das Letzte, was wir - bzw. die Ich´s - annehmen möchten. Denn, wir kämpfen schließlich mit all unserer Kraft gegen das an, was wir sind, wenn wir nicht sind. Kraft bzw. Denkensarbeit für das aufzuwenden, was ohnehin früher oder später eintritt, scheint sinnverloren.

Da gilt es also eine ganze Menge natürliche Barrieren und Blockaden zu überwinden, bevor man sich einigermaßen offen mit dem eigenen zu erwartenden Nichtsein auseinandersetzen kann.

Ich gebe Gregor teilweise Recht, wenn er schreibt, dass der Tod selbst für uns Lebende nicht erfahrbar ist. Deshalb können wir ihn jedoch dennoch als Lebende zum einen vermuten, zum anderen im Tod anderer Menschen tagtäglich selbst erfahren. Wir können im Tod nicht denken, aber wir können über das nachsinnen, was wir als Tod erkennen und empfinden. Der Tod ist ebenso wie das Leben nicht allumfassend erfahrbar, aber durchaus auf eine Weise denkbar, dass wir Leben oder Tod zu begreifen scheinen bzw. meinen.

Majanna, vielen Dank, dass du offen zu deinen Ängsten stehst und trotz diesen einen Beitrag beigesteuert hast. Ich habe mich ja bereits dazu geäußert, dass ich die Ängste vor dem Nichtleben als sehr verständlich ansehe und auch nachvollziehen kann. Schließlich stellen wir mit unserem Ich einen Zustand dar, der nur sein kann, wenn er sich selbst ständig bejaht und alle anderen Zustände, die dem eigenen Fortbestehen abträglich wären, von sich fernhält. Unser Begreifen ist jedoch derart geartet, dass wir alle evidenten Erfahrungen auf unsere eigene Weise - den individuellen Möglichkeiten entsprechend - hinterfragen können. Eine dieser Erfahrungen ist die Tatsache, dass wir nicht ewig bestehen können, dass unser Ich - gebunden an unser erfahrbares Selbst - vermutlich endlich ist.

Ich würde einem Menschen, der einen Weg zur glaubensmäßigen Akzeptanz seines Sterbens gefunden hat, diesen niemals absprechen wollen. Will ich selbst aber weiterhin möglichst unbefangen und frei von eigen- oder fremdkreierten Gedankenkonstrukten denken, dann ist jegliches Vorstellungskonstrukt eher hinderlich in diesem Bestreben. Was mir selbst jedoch hilft meine Todesängste dennoch ein Stückweit zu mildern, ist, dass ich mir schlicht - so paradox es sich auch anhören mag - die Zeit versuche vorzustellen, die vor meinen erinnerbaren ersten Lebenseindrücken liegt. In der Gewissheit, dass da nichts ist, baut sich auch mein Selbstverständnis gegenüber meines eigenen Seins ab und ich empfinde dieses rückwirkend als sehr kostbar und einmalig, aber eben nur auf der Basis, dass ich auch nicht sein muss.

Mein Lebensgefühl, um es nochmal in kürzeren Worten auszudrücken, ist also sozusagen richtiggehend davon abhängig, dass ich mir dessen bewusst bin und bleibe, dass ich äußerst endlich bin - dass ich in meinem Sein keine Selbstverständlichkeit darstelle.

Über einen Fortgang des Gedankenaustausches würde ich mich freuen.

Viele Grüße,

Philipp
 
Zuletzt bearbeitet:
Kleiner Nachtrag


Nun will ich Dein schönes Schlusswort, PhilippP, nicht verwässern, aber ( weil ich es gerade lese)

Thomas Mann lässt in seinem Roman „ Die Betrogene“ die Hauptfigur angesichts ihres Todes zu ihrer Tochter sagen: „ ... sprich nicht von Betrug und höhnischer Grausamkeit der Natur. Schmäle nicht mit ihr, wie es ich nicht tue. Ungern geh ich dahin- von euch, vom Leben mit seinem Frühling. Aber was wäre der Frühling ohne Tod? Ist ja doch der Tod ein großes Mittel des Lebens....“ ( Zitatende)


Hier bekennt sich ein großer deutschsprachiger Autor – nur in poetischen Worten -, zu dem, was Gysis, Demutos und meine Meinung ist: der Tod gehört zum Leben. Das gibt ihm seinen Sinn.


Marianne
 
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Evolution vs. Selbstmordattentat (Szientismus vs. Sinn)

Gestern sah ich in einer Ausstellung eine Videoinstallation mit dem Titel "Selbstmordwettbewerb". Zu Bildern, die keinen unmittelbaren, illustrativen Bezug zum Titel hatten, las eine sonore Stimme einen Text vor. Dieser war vom Erzählrhythmus bewusst dem makabren, vielleicht sogar zynischen Thema völlig unangemessen, nämlich viel zu unterhaltsam und erzählerisch. Beschrieben wurden die 12 Selbstmorde der 12 Kandidaten.

Ich weiß nicht warum – die Installation hat es nicht direkt provoziert – ich musste an Selbstmordattentate denken. Und schließlich an diesen Thread.
Da gibt es also Menschen, die ihrem Leben durch ihren Tod einen Sinn geben. Aber auf eine ganz und gar andere Art als ich mir das je denken könnte. Dieser Tod braucht ein Jenseitsversprechen – das ist ein Punkt. Ein anderer Punkt – und hier spekuliere ich bloß – dieser Tod ist in ein ganz anderes soziales Gefüge eingebunden. Ein Gefüge, wo Wissen etwas ist, was von Generation zu Generation weiter gegeben wird. Wo Tradition etwas ist, was dem Rhythmus von Leben und Sterben folgt: eine lebendige (!) Familie. (Daher hängt dieses Thema übrigens, wie mir scheint, direkt mit dem Thread „Ausdifferenzierung und Identität“ zusammen.)

Gehört zum Thema Tod nicht auch das Thema Vorfahren/Nachfahren, also Familie? Bin ich unsterblich weil ich drei Kinder habe? In gewisser Weise ja. Damit meine ich nicht meine Gene. Wie sollte ich. Meine Gene liebe ich nicht, aber meine Kinder und meine Frau**. Gisbert Zalich schrieb aber: Natürlich gibt es einen Sinn des Sterbens. Er liegt in den biologischen Prozess der Evolution, Platz machen für die neuesten Programme, die neuesten "Computer". Dass Tod - szientistisch beschrieben - einen evolutionären „Vorteil“ hat, ist sicher richtig, es sagt aber doch nichts über seinen Sinn für den existierenden Menschen. Das ist eine ganz und gar andere Beschreibungsebene, auf der „ich persönlich“ und meine Lebenswelt gar nicht auftauche. Auf dieser Beschreibungsebene (Evolution) gibt es keinen Sinn und keinen Zweck, nur einen Mechanismus.

Wir leben in einer Welt, in der auf der einen Seite viele Menschen für ihre Selbstbeschreibung Beschreibungssysteme wählen oder akzeptieren, die ohne Begriffe wie Sinn und Ziel auskommen und eigentlich ihre Lebenswelt gar nicht beschreiben. (Die meisten Dinge geschehen ohne Sinn ... schrieb Mavaho)

Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die zu Mördern und Helden werden und von Kindheit an darauf vorbereitet werden, ihrem Leben durch einen Tod von eigener Hand einen Sinn für sich und (!) die anderen zu geben. Evolution vs. Selbstmordattentat. Szientismus vs. Sinn.

Beide haben Angst voreinander. Todesangst?

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** „Evolutionäre Argumente“ verkehren hier oft Ursache und Wirkung. Ich liebe meine Kinder nicht, weil sie meine Gene weiter geben. Nein, weil „wir“ lieben können, haben wir einen evolutionären Vorteil. Diese Liebe ist aber ganz und gar real, sie löst sich nicht in dieser szientistischen Beschreibung auf, die sagt nur, dass Liebe (als pars pro toto) in diese Welt passt! Aber, dass sie passt, ist nicht ihre einzige Eigenschaft, damit ist sie nicht vollständig beschrieben.
 
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