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Braucht Spiritualität Religiosität?

S

spinnwebwald

Guest
Hallo,

ausgehend von meiner ursprünglichen Frage "Machen Modelle über spirituelle Entwicklung Sinn?" (siehe https://www.denkforum.at/threads/2085), möchte ich einen Schritt zurückgehen und folgendes zur Diskussion stellen:

Können spirituelle Wege als blosse "Techniken" begangen werden, die uns einen Existenzvorteil verschaffen? Oder kann sich Spiritualität nur auf Basis von tiefem Glauben entfalten?

Die "Transpersonale Psychologie" beispielsweise beschäftigt sich mit der menschlichen Entwicklung über das "erwachsene" personale Stadium hinaus und bedient sich dabei auch östlicher Spiritualität. Glaubt Ihr, dass so etwas funktionieren kann?

Ich bin gespannt auf Eure Antworten!

spinnwebwald
 
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Spiritualität ist etwas anderes als Religiosität.
Ein spiritueller Mensch ist mMn mit dem "universellen Geist" verbunden.
Ein religiöser Mensch ist ein Mensch, der seinen Glauben und sein Hoffen und Sehnen an eine bereits bestehende Religion anknüpft.

Wahre Spiritualität hat wohl etwas zutieftst "Religiöses", wiewohl keinerlei Anhaftung an eine bestehende Religion vonnöten ist. Dennoch kann eine solche bestehen.

Aus meiner persönlichen Sich ist Spiritualität eine Art innere Haltung. Ein spirit. Mensch ist eben so und kann nicht anders.
Ich selbst betrachte mich als einen solchen. Wobei ich zeit meines Lebens von jeglicher Religion Abstand hielt, da ich mich nicht gerne irgendwelchen Dogmen unterordne. Ich betrachte Spiritualität und auch Religiosität als etwas höchst "persönliches", was sich schwer verallgemeinern läßt.

Jedoch habe ich mich immer wieder an Meinungen/Ansichten von bestehenden Religionen orientiert, um herauszufinden, wie die div. Sachverhalte für mich sind. Welchen Zugang ich habe...
Ansichten anderer erweitern das eigene Spektrum und können durchaus als Wegweiser dienen.

Was für den/die einzelne/n passt, kann der jew.Mensch nur selbst herausfinden. Je größer das Angebot - deste mehr und vielfältige Möglichkeiten zur Orientierung.
:)
 
Hallo kathi,

kathi schrieb:
Ein spiritueller Mensch ist mMn mit dem "universellen Geist" verbunden. Ein religiöser Mensch ist ein Mensch, der seinen Glauben und sein Hoffen und Sehnen an eine bereits bestehende Religion anknüpft.

Deiner Ansicht nach muss ein spiritueller Mensch also nicht religiös sein.

kathi schrieb:
Ich betrachte Spiritualität und auch Religiosität als etwas höchst "persönliches", was sich schwer verallgemeinern läßt.

Das sehe ich auch so. Vor allem Spiritualität ist eine "intime" Angelegenheit.

kathi schrieb:
Ansichten anderer erweitern das eigene Spektrum und können durchaus als Wegweiser dienen.
...
Je größer das Angebot - deste mehr und vielfältige Möglichkeiten zur Orientierung.

Für mich bleibt allerdings die Frage, ob einem nicht die tiefen und damit wesentlichen Erfahrungen verwehrt bleiben, wenn man sich nicht auf eine bestimmte tradierte Religion ganz einlässt, sondern sich wie im Supermarkt nur die "Schnäppchen" aus dem Angebot holt, die "billig zu haben" sind?

Schöne Grüße

spinnwebwald
 
Für mich bleibt allerdings die Frage, ob einem nicht die tiefen und damit wesentlichen Erfahrungen verwehrt bleiben, wenn man sich nicht auf eine bestimmte tradierte Religion ganz einlässt, sondern sich wie im Supermarkt nur die "Schnäppchen" aus dem Angebot holt, die "billig zu haben" sind?
Ein starkes Wir-Gefühl bleibt einem dann verwehrt. Je größer die Gruppe umso größer das Wir-Gefühl und die äußere Bestätigung d.h. mehr Harmonie zwischen "intimen" und äußeren Bereich. Vielleicht auch ein Grund warum ich hier im denkforum bin. Ich suche Bestätigung von außen. Will mich selbst verifizieren. Es ist ein schönes Gefühl hier etwas von anderen zu lesen, was ich selber denke und fühle. Dieses Wir-sind-eins-Gefühl. Wunderbar!
 
Hallo fusselhirn,

fusselhirn schrieb:
Ein starkes Wir-Gefühl bleibt einem dann verwehrt. Je größer die Gruppe umso größer das Wir-Gefühl und die äußere Bestätigung d.h. mehr Harmonie zwischen "intimen" und äußeren Bereich. Vielleicht auch ein Grund warum ich hier im denkforum bin. Ich suche Bestätigung von außen. Will mich selbst verifizieren. Es ist ein schönes Gefühl hier etwas von anderen zu lesen, was ich selber denke und fühle. Dieses Wir-sind-eins-Gefühl. Wunderbar!

das ist ein wichtiger Gedanke, den Du da ansprichst. Aber ich vermute, dass die tradierten Religionen darüber hinaus im Laufe der Jahrhunderte auch viel "spirituelles Know How" kumuliert haben, zu dem wir nur dann vollen Zugang haben können, wenn wir "drinnen" sind und nicht bloß die Gläubigen beim Glauben beobachten.

Peter Sloterdijk hat geschrieben, dass die Aus-Übung eines Glaubens viel mit Ein-Übung zu tun hat. Ob wir da mit postmoderner Beliebigkeit der Werte nicht bloß an der Oberfläche der Spiritualität kratzen, wenn unser einzig verbliebener Glaube jener an uns selbst ist?

Schöne Grüße

spinnwebwald
 
spinnwebwald schrieb:
Hallo fusselhirn,
das ist ein wichtiger Gedanke, den Du da ansprichst. Aber ich vermute, dass die tradierten Religionen darüber hinaus im Laufe der Jahrhunderte auch viel "spirituelles Know How" kumuliert haben, zu dem wir nur dann vollen Zugang haben können, wenn wir "drinnen" sind und nicht bloß die Gläubigen beim Glauben beobachten.

Peter Sloterdijk hat geschrieben, dass die Aus-Übung eines Glaubens viel mit Ein-Übung zu tun hat. Ob wir da mit postmoderner Beliebigkeit der Werte nicht bloß an der Oberfläche der Spiritualität kratzen, wenn unser einzig verbliebener Glaube jener an uns selbst ist?

Schöne Grüße

spinnwebwald

Hallo!
Spiritualität hat nichts mit gläubig sein zu tun. Irgendwo dazugehören, ein Wir-Gefühl zu genießen, gemeinsame Erlebnisse, die dieses Wir-Gefühl stärken usw., das verursacht ein Wohlgefühl, aber das hat weder mit Religion noch mit Spiritualität etwas zu tun, das kann man in jeder Gruppe Gleichgesinnter haben.

Spiritualität hat auch keine Oberfläche, an der man ein bisschen kratzen kann. Es ist eine Ausrichtung meiner Sinne und meines Denkens auf Zusammenhänge, die erst durch genaues Hinsehen und Hinterfragen erkannt werden können. Spiritualität ist der drängende Wunsch, zu wissen wer ich bin. Da hilft es nichts, wenn mir jemand ein fertiges Konzept anbietet und mir zu verstehen gibt, ich solle glauben und einüben und mich einlassen, dann werde ich schon dorthin kommen, wo ich möchte.

Da und dort Anregungen zu bekommen bringt mich dazu, alles von verschiedenen Standpunkten aus zu betrachten und das verhilft mir zum Erkennen meiner Wirklichkeit, ich komme dem "wer ich bin" auf die Spur.

Wie auch immer, die Wege sind verschieden. Meine Erfahrung: einer Glaubensgemeinschaft anzugehören hat mir geholfen, schon in frühester Jugend zu erkennen, dass ich das NICHT brauchen kann. :autsch:

herzlich
lilith

Braucht also Spiritualität Religiosität? Nein, wenn Religion als bestehendes Konzept mit "Religiosität" gemeint ist.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Peter Sloterdijk hat geschrieben, dass die Aus-Übung eines Glaubens viel mit Ein-Übung zu tun hat.
ja, da gebe ich dir recht.
Ich sehe es mit dem Glauben ähnlich, wie E.Fromm mit der Liebe. Ich kann beides nicht voneinander trennen. Also gelten für mich die gleichen Regeln (Diziplin, Wille, übung, ...) für den Glauben.
Auch bei der Liebe ist die Eigenliebe nur 1 Aspekt, wenn auch ein wichtiger.

Ob wir da mit postmoderner Beliebigkeit der Werte nicht bloß an der Oberfläche der Spiritualität kratzen, wenn unser einzig verbliebener Glaube jener an uns selbst ist?
Ist es nicht eher andersherum, genau dieses Glauben haben wir verloren. Nur noch wenige Menschen glauben, das sie etwas bewegen können. Spiritualität als Hilfestellung bzw. Werkzeug
damit ich mich nicht selbst bemühen muss. Daher kratzt sich nur an der Oberfläche, weil sie oft nicht von innen kommt. hmmm, weiss du was ich meine? :)
 
Hallo lilith,

lilith51 schrieb:
Spiritualität hat nichts mit gläubig sein zu tun.
...
Spiritualität hat auch keine Oberfläche, an der man ein bisschen kratzen kann.
...
Spiritualität ist der drängende Wunsch, zu wissen wer ich bin. Da hilft es nichts, wenn mir jemand ein fertiges Konzept anbietet und mir zu verstehen gibt, ich solle glauben und einüben und mich einlassen, dann werde ich schon dorthin kommen, wo ich möchte.

aus Deinen emotionalen Kommentaren schließe ich, dass Du mit Religion schlechte Erfahrungen gemacht hast? Spiritualität hat sehr wohl etwas mit "gläubig sein" zu tun, vor der Aufklärung war es so gut wie unmöglich und zudem sehr riskant, spirituell zu sein, ohne einer Religion anzugehören.

lilith51 schrieb:
Da und dort Anregungen zu bekommen bringt mich dazu, alles von verschiedenen Standpunkten aus zu betrachten und das verhilft mir zum Erkennen meiner Wirklichkeit, ich komme dem "wer ich bin" auf die Spur.

Bleibt die Überlegung, ob wir gleichzeitig in die Breite und in die Tiefe gehen können? Anfangs ist es sicher sinnvoll, verschiedene Perspektiven kennenzulernen, aber Deine Reaktion auf meinen vorigen Beitrag rechtfertigt schon die Frage, warum Du meinst, areligiöse Spiritualität a priori so heftig verteidigen zu müssen? Das deutet schon auch auf Unsicherheit hin, oder?

Schöne Grüße

spinnwebwald
 
spinnwebwald schrieb:
Hallo lilith,

aus Deinen emotionalen Kommentaren schließe ich, dass Du mit Religion schlechte Erfahrungen gemacht hast? Spiritualität hat sehr wohl etwas mit "gläubig sein" zu tun, vor der Aufklärung war es so gut wie unmöglich und zudem sehr riskant, spirituell zu sein, ohne einer Religion anzugehören.
Was war das Risiko? Und konnte es jemanden davon abhalten, ein spiritueller Mensch zu sein?
Heute sehe ich jedenfalls kein Risiko. Es wäre aber schon interessant zu erfahren, was du unter Spiritualität verstehst.
Es hat natürlich etwas mit Religiosität zu tun, aber nach meinem Verständnis nichts mit Religion, so wie wir diesen Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch verstehen. Religion ist ein bereits fertiges Konzept, basierend auf einer bestimmten Definition von Gott, das man glauben soll um dazuzugehören.

Ich glaube nicht einfach, ich will erfahren und dadurch wissen.

Bleibt die Überlegung, ob wir gleichzeitig in die Breite und in die Tiefe gehen können?
Ja, wir können gleichzeitig in die Breite und in die Tiefe gehen, auch noch in die Länge und in die Höhe. Ich gehe überall hin, wenn mich meine Fragen dorthin weisen.
Anfangs ist es sicher sinnvoll, verschiedene Perspektiven kennenzulernen,
Anfangs? Es sind die Fragen, die nach jeder Antwort auftauchen, die darauf hinweisen, dass es viele Perspektiven gibt. Je mehr Gesichtspunkte du berücksichtigst in der Betrachtung der Welt, die dich umgibt, umso mehr entdeckst du noch dazu. Es ist herrlich und beglückend zu entdecken, was hinter dem Offensichtlichen noch verborgen ist, was hinter dem vordergründig Negativen an Positivem versteckt ist, wieviel Böses hinter dem Guten steckt, usw. :schaukel:

aber Deine Reaktion auf meinen vorigen Beitrag rechtfertigt schon die Frage, warum Du meinst, areligiöse Spiritualität a priori so heftig verteidigen zu müssen? Das deutet schon auch auf Unsicherheit hin, oder?
Ich verteidige nichts, es ist meine innere Überzeugung, denn ich habe es wirklich erfahren. Ich weiß, wovon ich spreche. :)

herzlich
lilith
 
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Hi spinnwebwald

bestimmte 'bloße Techniken' funktionieren zwar bei dem Einen,
aber bei dem anderen schon nicht mehr

wichtig ist, daß es in jeder Situation für jeden Menschen einen denkbaren Weg (Algorithmus) gibt

Die "Transpersonale Psychologie" beispielsweise beschäftigt sich mit der menschlichen Entwicklung über das "erwachsene" personale Stadium hinaus

was ist 'Transpersonale Psychologie'?

'Aus meiner heutigen Sicht ist erwachsen, wer als Paar den Gegensatz der Geschlechter überwindet.
Das Stadium der Altersweisheit hat erreicht,
wer aufgrund seiner Lebenserfahrung nicht mehr ins Fettnäpfchen scheinbarer Gegensätze tritt.'
 
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