Ich weiss nicht recht, eine Menge Gedanken habt ihr bei mir ausgelöst.
Braucht es für "kreative" Lösungen im Alltag oft nicht eher die Logik als übermässig Phantasie? Sind realistische Ziele und Wünsche nicht eher der Lebensqualität zuträglich?
So ist auch die Lebensbewältigung (danke schön, Marianne) nicht nur nicht negativ besetzt, sondern würde auch Menschen ohne Phantasie Möglichkeiten bieten.
Auf der anderen Seite sprechen wir einem Teil die Phantasie ab. Ist es nicht so, dass sich auch hinter Logik, hinter den Naturwissenschaften eine Menge "Phantasie" versteckt? So gesehen, gefallen mir die zwei Seiten des Paradigmas nicht und ich tendiere auf einmal dazu, dass es nicht Mangel an Phantasie (durch den Alltag abgetötet) ist, der einem kaputt macht, sondern (und da schliesse ich mich Marianne und Robin an) diese Reduktion auf die Reproduktion der Arbeitskraft. Das schliesst aber die Künstler überhaupt nicht aus. Eher im Gegenteil.
Der Leistungsdruck, der Erwartungsdruck, die Zukunfsangst, die Versagensangst. Beim Künstler auch noch oft zusätzlich zu dem, die innere Zerrissenheit.
Nicht nur Kunst und Kunsthandwerk, sondern auch noch unter den Künstlern selbst muss man vielleicht unterscheiden. Nicht nur in Schaffende und in Reproduzierende, sondern auch noch unter den Schaffenden.
"Fälscht" einer vorwiegend fremde Bilder, oder malt er nur Blumen, wie sie in der Natur vorkommen, oder auch Illustratoren, die sich vorwiegend fremder Phantasien bedienen, versteht er sehr wohl sein Handwerk und erschafft auch etwas "Neues", sieht sich sicher auch dem Existenzkampf ausgesetzt, über innere Zerrissenheit wird er aber nicht, oder wesentlich weniger klagen.
So könnte man weiterfahren:
Architekten: einer der nur Garagen oder Reihenhäuser nach Schema F baut, gegen einen, der die Kathedralen unserer Zeit, die Museen und andere Kulturstätte baut usw.
Aber natürlich auch:
ein kreativer Schneider gegen einen Modedesigner
ein Steinmetz gegen einen Bildhauer usw.
Künstler im Sinne von "Phantasie ausleben" ist für mich einer, der das, was er sinnlich erkennt, auch "irgendwie" darstellen vermag. Nicht nur das Schöne, es gehört auch das Hässliche, das Kranke, das Schwarze dazu. Schliesslich will er ja unsere Wahrnehmung wecken, unsere Vorstellungskraft, den Möglichkeitssinn, wenn ihr lieber wollt. Darin allein ist schon eine Portion Selbstzerstörung enthalten.
Beweist nicht die Tatsache, dass viele Künstler Alkoholiker sind, oder Drogen/ Tabletten abhängig, dass die Phantasie allein kein Heilmittel ist, manchmal sogar erst recht kontraproduktiv?
Dem gegenüber stelle ich mal jetzt die nicht geringe Anzahl Aerzte, vor allem Chirurgen, die ebenfalls süchtig sind. Druck und Aengste!
Die Notwendigkeit, sich "private Zeitinseln" (den Ausdruck habe ich Jérôme geklaut) zu schaffen, wird da klar. Diese müssen m.M.n. aktiven Erholung dienen (hasst mich ruhig für das, was ich jetzt sagen werde, ich muss es sagen, es ist nicht nur mein Beruf, es ist auch meine Ueberzeugung).
Wenn eine Kellnerin auch nach Feierabend
nur wieder Geselligkeit sucht, "einen drauf macht", hat sie nur nicht erkannt, dass auch sie Gegenpole braucht. Die Geselligkeit ist halt bequemer, als sich den Frust von der "Seele" zu laufen, zu strampeln, zu schwimmen...
Geht bei Manchem nicht die, vielleicht doch vorhandene Phantasie!, auch aus lauter Faulheit und Selbstmitleid
verloren? So manche Situation liesse sich (auch ohne viel Geld!) relativ einfach verbessern. Allein mit Logik!