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Wulffs Rücktritt

AW: Wulffs Rücktritt

Kucktmal hier, welchen Umgang unser neuer Grüßaugust hat, das geht schonmal ziemlich seriös los.



Was heißt das schon, so ein Foto? Der Mann konnte sich bis jetzt gerade einmal waschen, wieso werfen Sie schon mit Dreck? Er ist ja noch nicht einmal im Amt.




Gauck im Wortlaut:

„Ich komme aus dem Flieger und war im Taxi, als die Frau Bundeskanzlerin mich erreicht hat. Und ich bin noch nicht einmal gewaschen ...
Sie sehen, dass ich überwältigt und auch ein wenig verwirrt bin ..."



 
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AW: Wulffs Rücktritt

Ach, egal ob "für oder gegen das Volk", aus meiner Sicht sind diese Figuren nurnoch lächerlich. Ich stell mir manchmal einen Wolf vor, als Maskottchen von einem Fußballclub. Soeinen armen Kerl, der unter diesem Fellanzug mit Wolfskopf steckt, mit buschigem Schwanz natürlich... und der am Spielfeldrand Faxen macht.

In dem Maße wie wir diese Witzfiguren nicht mehr ernst nehmen, werden sie m.E. ihre Bedeutung verlieren und irgendwann vermutlich wirklich einfach zuhause bleiben. Nur weil wir sie ernst nehmen, kassieren sie doch ihre angemessene Transferleistung. Wir messen ihnen diese Bedeutung zu.

Bernd
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Wulffs Rücktritt

Wird der neue spalten?
„Experten vermuten, dass die Kanzlerin Gauck vor allem als Übergangskandidaten sieht. Sie verweisen darauf, dass Merkel ihm bereits ihr volles Vertrauen ausgesprochen hat. Üblicherweise muss ein Politiker zwei bis vier Wochen nach so einer Erklärung seinen Posten räumen.“ (Titanic)
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„Kurz: Die Personalie Gauck zeigt, was dabei rauskommt, wenn in diesem Land so gut wie alle einer Meinung sind (…). So bekommt dieses Land demnächst einen Winkeaugust, der die Vorzüge seiner Vorgänger in sich vereinigt (…). Schade ist nur, dass er nicht gleich am Donnerstag auf der Gedenkfeier für die Opfer der Nazimorde anstelle von Wulff in die Bütt gehen wird. Andererseits: Der nächste Dönermord oder eine andere Gelegenheit, um Ausländern die Meinung zu geigen, (…) und klarzustellen, dass Nationalsozialisten auch nur Sozialisten sind, findet sich ganz bestimmt.“ (Deins Yücel, Tageszeitung, 20.2.2012)

Berlin (iz). Die Geschichte, so eine banale Weisheit, wiederhole sich ein Mal als Tragödie und ein Mal als Farce. Braucht jemand noch einen Beweis dafür, wenn wir auf die Verhandlungen der letzten Stunden um die Nachfolge von Christian Wulff blicken? Ein Bundespräsident kann nicht durch seine reale Macht, sondern durch seine herausgehobene Position, sich in Debatten einschalten zu können, auf unser Land einwirken. Die letzten beiden Bundespräsidenten agierten leider mehr als nur unglücklich, was dazu führte, dass ihre Amtsperiode nicht fristgemäß zu Ende ging.

Wulffs Vorgänger, der Ex-Banker Köhler, scheiterte an seinem Amt [man munkelt, er habe sich geweigert, bestimmte Maßnahmen zur Bankenrettung zu ratifizieren].

Der eben zurückgetretene Niedersachse hingegen machte manches richtig: Mit einem klugen Einwurf griff er in die vergiftete Sarrazin-Debatte ein, erinnerte in seiner Lindauer Rede an die anhaltenden Gefahren einer unbegrenzten Finanzwirtschaft und setzte sich aktiv für Respekt gegenüber den Angehörigen der Opfer ein, die von der NSU-Terrorzelle ermordet wurden. Wulff musste wegen des unsouveränen Umgangs mit seinen mutmaßlichen Verfehlungen den Hut nehmen, nicht wegen seiner Amtsführung. Seine gelegentlichen, positiven Aussagen rechtfertigen allerdings auch nicht das kritiklose Lob, das ihm von einigen Muslimen und Migrantenverbänden ausgesprochen wurde.

Nun haben sich sämtliche Bundestagsparteien - mit Ausnahme der LINKEN - im alten Stile der Blockparteien auf Joachim Gauck in einer viel beachteten Verhandlungsrunde geeinigt. Sicherlich half es, dass der einflussreichste deutsche Medienkonzern nicht nur Wulff aus dem Amt schrieb, sondern auch in einer Blitzaktion den neuen mit aller Macht dahin bringen wollte, wo er nun zu landen scheint. Ein kurzer Blick auf den einstigen Bürgerrechtler macht deutlich, dass er ein Mann der Vergangenheit, und nicht der Zukunft sein wird.

Anders als Wulff (der sich bereits in Osnabrück und als Ministerpräsident um die Integration bemühte) - das lässt zumindest Gaucks Einschätzung von Thilo Sarrazin (dem er "Mut" attestierte") vermuten - hat der 74-jährige keinerlei nennenswerte Erfahrungen im Umgang mit Deutschlands Muslimen und den vielen Bundesbürgern, die einen Migrationshintergrund haben. Dies lässt Zweifel aufkommen, ob er überhaupt in der Lage sein wird, bei erhitzten Debatten um diese Themenfelder ausgleichend und klärend einzugreifen Bleibt zu hoffen, dass seine Bewunderung für den "Mut" eines Sarrazins nicht für eine Akzeptanz dessen kruden Thesen steht.

Aber nicht nur Gaucks ungeklärtes Verhältnis zur muslimischen Minderheit, der die meisten Neubürger aus dem Osten bisher fremd geblieben sind, steht zur Debatte. Seine abwertende Kritik an der Occupy-Bewegung, an einer fundamentalen Kritik des Finanzkapitalismus und seine Äußerungen zu Harz-IV-Empfängern hatten viele im Laufe des Tages dazu bewogen, ihn als "neoliberalen" Wunschkandidaten einzustufen. Umso ungläubiger blickt man auf die Unterstützung Gaucks durch die SPD und die GRÜNEN. Ist ihnen entgangen, dass ein Teil ihrer Mitgliederbasis keine oder nur geringe Gemeinsamkeiten mit den Ansichten des zukünftigen Bundespräsidenten hat?

Unterzieht man die Äußerungen Gaucks einer kritischen Untersuchung kann man zu dem Schluss kommen, dass sich seine Positionen seit 1989 in einem Zustand der Regression befinden. Er trat auf die bundesdeutsche Bühne als respektiertes Mitglied der so genannten "Bürgerrechtler" der ehemaligen DDR (so wurde er zumindest in der BRD wahrgenommen), wurde zum mächtigen und einflussreichen Leiter der nach ihm benannten Behörde der Staisunterlagen ernannt und ist nun als Mitglied der einflussreichen "Atlantikbrücke" im neoliberalen Lager gelandet.

Wie Gaucks Positionen mit seiner Herkunft als evangelischer Pfarrer zu vereinen sind, wird der zukünftige Bundespräsident sicherlich am besten wissen. Es stellt sich die Frage, wie der Nachfolger von Christian Wulff bei potenziellen Konflikten und Krisen der nahen Zukunft (Kriegsgefahr im Nahen Osten, der Angriff auf den Euro-Raum und die immer noch nicht geklärten Verwicklungen in der "Zwickauer Zelle") positiv agieren kann, wenn seine polarisierenden Ansichten bereits vorab derart dokumentiert sind.

Es bleibt zu hoffen, dass der 74-jährige Wunschkandidat in der Lage sein wird, Christian Wulffs Format im Umgang mit Migranten und Muslimen zu übernehmen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Joachim Gauck spalten, und nicht versöhnen wird.

Jedenfalls ist schon mal offen am Tisch, dass Gauck von den ausländischen *Mit*bürgern besonders kritisch in Betracht gezogen wird. Mit seiner nationalen Ansicht könnte er tatsächlich spalten.
 
AW: Wulffs Rücktritt

Hätte ich fast vergessen....

Gauck, die Dritte:

Deshalb sei hier ein kurzer Blick auf Joachim Gauck geworfen. Gauck sagte 2006:

„Unübersehbar gibt es eine Tendenz der Entweltlichung des Holocaust. Das geschieht dann, wenn das Geschehen des deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit überhöht wird, die letztlich dem Verstehen und der Analyse entzogen ist. Offensichtlich suchen bestimmte Milieus postreligiöser Gesellschaften nach der Dimension der Absolutheit, nach dem Element des Erschauerns vor dem Unsagbaren. Da dem Nichtreligiösen das Summum Bonum – Gott – fehlt, tritt an dessen Stelle das absolute Böse, das den Betrachter erschauern lässt. Das ist paradoxerweise ein psychischer Gewinn, der zudem noch einen weiteren Vorteil hat: Wer das Koordinatensystem religiöser Sinngebung verloren hat und unter einer gewissen Orientierungslosigkeit der Moderne litt, der gewann mit der Orientierung auf den Holocaust so etwas wie einen negativen Tiefpunkt, auf dem – so die unbewusste Hoffnung – so etwas wie ein Koordinatensystem errichtet werden konnte. Das aber wirkt »tröstlich« angesichts einer verstörend ungeordneten Moderne. Würde der Holocaust aber in einer unheiligen Sakralität auf eine quasi-religiöse Ebene entschwinden, wäre er vom Betrachter nur noch zu verdammen und zu verfluchen, nicht aber zu analysieren, zu erkennen und zu beschreiben.“

Wer je wissen wollte, wie sekundärer Antisemitismus funktioniert, weiß es jetzt. Diese Passage aus einer Rede von Gauck vor der Bosch-Stiftung von 2006 ist antisemitisch, weil sie die Erinnerung an Auschwitz verhöhnt und abwehrt. Die Shoah wird als Mittel zum Zweck von ‘Gottlosen’, die im Holocaust eine neue ‘Religion’ gefunden hätten, vorgestellt. Das ist die Ideologie der Neuen Rechten, aber auch des Neonazismus, linker Antisemiten und weiter Teile des Mainstream in Deutschland, Gauck formuliert seine Erinnerungsabwehr nur etwas verdruckster (man könnte auch sagen: evangelischer) als andere Stolz-Deutsche.
 
AW: Wulffs Rücktritt

... In dem Maße wie wir diese Witzfiguren nicht mehr ernst nehmen, werden sie m.E. ihre Bedeutung verlieren und irgendwann vermutlich wirklich einfach zuhause bleiben. Nur weil wir sie ernst nehmen, kassieren sie doch ihre angemessene Transferleistung. Wir messen ihnen diese Bedeutung zu.


Ich möchte auf die Unterhaltung nicht verzichten. Die Übertragungsrechte für ein Fußballspiel sind viel höher als die Jahresgage für einen Bundespräsidenten; Fußball scheint für die Wirtschaft interessanter zu sein.
 
AW: Wulffs Rücktritt

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Heute, 20:29
Nicandra
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AW: Wulffs Rücktritt
Hätte ich fast vergessen....

Gauck, die Dritte:

Zitat:
Deshalb sei hier ein kurzer Blick auf Joachim Gauck geworfen. Gauck sagte 2006:

„Unübersehbar gibt es eine Tendenz der Entweltlichung des Holocaust. Das geschieht dann, wenn das Geschehen des deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit überhöht wird, die letztlich dem Verstehen und der Analyse entzogen ist. Offensichtlich suchen bestimmte Milieus postreligiöser Gesellschaften nach der Dimension der Absolutheit, nach dem Element des Erschauerns vor dem Unsagbaren. Da dem Nichtreligiösen das Summum Bonum – Gott – fehlt, tritt an dessen Stelle das absolute Böse, das den Betrachter erschauern lässt. Das ist paradoxerweise ein psychischer Gewinn, der zudem noch einen weiteren Vorteil hat: Wer das Koordinatensystem religiöser Sinngebung verloren hat und unter einer gewissen Orientierungslosigkeit der Moderne litt, der gewann mit der Orientierung auf den Holocaust so etwas wie einen negativen Tiefpunkt, auf dem – so die unbewusste Hoffnung – so etwas wie ein Koordinatensystem errichtet werden konnte. Das aber wirkt »tröstlich« angesichts einer verstörend ungeordneten Moderne. Würde der Holocaust aber in einer unheiligen Sakralität auf eine quasi-religiöse Ebene entschwinden, wäre er vom Betrachter nur noch zu verdammen und zu verfluchen, nicht aber zu analysieren, zu erkennen und zu beschreiben.“


Herr Gauck scheint, gerne mit der Sprache umzugehen. Das ist doch schön.



 
AW: Wulffs Rücktritt

GAUCK möchte verhindern, daß der Holocaust auf 'eine quasi-religiöse Ebene entschwindet'

das ist schlecht für diejenigen, die den Holocaust als Legitimation für die jüdische Vorherrschaft in Israel heranziehen
 
AW: Wulffs Rücktritt

GAUCK möchte verhindern, daß der Holocaust auf 'eine quasi-religiöse Ebene entschwindet'

das ist schlecht für diejenigen, die den Holocaust als Legitimation für die jüdische Vorherrschaft in Israel heranziehen


Ja, das kann ja alles sein. Aber wenn ich mir ein Bild mache, dann von seiner Sprache, nicht von den Sachen, die er meinen möchte.

Zum Glück habe ich keine Ahnung von solchen Holocaust-Vorherrschaft-Vorstellungen, dafür fehlt mir die Zeit; heute habe ich nicht mal einen Bierkastenkauf geschafft.


 
AW: Wulffs Rücktritt

Ja, das kann ja alles sein. Aber wenn ich mir ein Bild mache, dann von seiner Sprache, nicht von den Sachen, die er meinen möchte.

Zum Glück habe ich keine Ahnung von solchen Holocaust-Vorherrschaft-Vorstellungen, dafür fehlt mir die Zeit; heute habe ich nicht mal einen Bierkastenkauf geschafft.



Also DAS haben Sie ja mal wieder richtig schön gesagt, Herr Svensgar.
A propos, spüren Sie eigentlich auch Ihre steigende Beliebtheit?
Ich find das ja schön, sie zu spüren .....

:winken3:
 
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AW: Wulffs Rücktritt

... spüren Sie eigentlich auch Ihre steigende Beliebtheit?


Nein, da spüre ich nichts. Beziehungsweise, was meinen Sie mit steigender Beliebtheit? Ich gehe zuerst davon aus, daß Sie eine allgemeine Beliebtheit meinen.
Meine Freunde, cannonier, RoteGraefin und Manfredo habe ich mir selbst gesucht. Mir wurden keine Liebesbriefe zugeschickt, und kein Geld. Nichts.

Um beim Thema (Bundespräsident) zu bleiben, mir sagte jemand vor zwei Tagen, ich hätte seine Stimme, hätte er sie denn.


Es bringt jedoch nichts, die BILD bekäme sicher schon nach zwei Tagen heraus, daß ich als 16-Jähriger wegen versuchter Selbstverbrennung (ohne festgestelltes Motiv) zeitweise festgesetzt wurde.

 
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