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Wann...war alles besser?

Original geschrieben von Robin
- dennoch greift dieses Vorsichherschieben, diese Flucht um sich - Oder überschätze ich das?

Ich versuche, diesen Satz zuerst zu interpretieren, d.h. für mich zu übersetzen, bevor ich so tue, als ob ich dann 'erst' 'richtig' darauf eingehen werde.
Was ist das 'Vorsichherschieben', eine 'Flucht', die 'um sich' greifen soll? Es könnte damit auf etwas Bestimmtes angespielt werden: das bestimmte 'etwas' (also das abstrakt Unbestimmte). Dieses 'etwas' schiebt sich dort dazwischen, wo eine Lücke ausgefüllt werden muss; eine Lücke, die sich immer dann auftut, wenn der Versuch unternommen wird, die Gegenwart zu bezeichnen - die Gegenwart als Möglichkeit, von der Vergangenheit und der Zukunft mit Gewissheit zu sprechen.
Doch die denkbare Art der Vergegenwärtigung von etwas trägt konservative Züge, da das erzeugte Bild, das anwesen soll, ein Referenzpunkt zur Aktualisierung von bereits Vergangenem sein wird (und somit bereits immer schon ist). Ein Schauen einer Zukunft ist ein Blicken in die Vergangenheit; in dieser oder am Vergangenen spiegelt sich das Zu-Künftige. Das Vergangene flieht und der Blick staunt über die Flucht des Vergangenen, die die Gegenwart - der vermeintlich sichere Standpunkt (zur Schau in die Zukunft u.a.) - verflüchtigt.
Die fliehende Gegenwart, die sich vor dem in die Vergangenheit Blickenden, in dem sie flüchtend zum Vergangenen hin flieht, auftürmt, führt zur Nicht-Beherrschung einer sich in dieser selbst manifestierenden Ohnmacht. Die Brocken des Vergangenen (, die Referenzpunkte, die wiederum in ein Verweissystem eingebunden sein müssen, dessen Umfang wir nicht abzuschätzen vermögen, so dass diese deshalb ein mangelhaftes Explikationsmodell der Geschichtlichkeit darstellen und den Begriff der 'Geschichte' problematisieren), die offen verstreut sich auftürmen (oder auch nicht), müssen zur Betrauerung eines harmonischen und absoluten Ursprungs führen - und also in die Mit-Flucht (gegen den "Fortschritt", den "Sturm", der "vom Paradiese her [weht]" - eine Trope W. Benjamins).
Auch die Hochhaltung von verblassenden und sich wandelnden Bildern ist nichts als staunendes Betrachten, Lesen, Memorieren und Stammeln.
Was heisst "überschätzen"? Das "Überschätzen" ist wohl eine Art "Hochschätzung" - ist sie angemessen oder vermessen? Eine schwierige Frage. Um darauf näher einzugehen (was auch immer das nun auch wieder heissen mag): Die Angelegenheit ist paradox. Eine weitere Qualität (in "besser" ausgedrückt z.B.; die höhere Qualität des "Um-Sich-Greifens", die ich nun ein wenig gewaltsam zuschreibe) weist sich bereits wieder als gesetzte Differenz zu etwas (hier erscheint es wieder), das 'früher' einmal 'anders' war und hoffentlich einmal 'anders' sein wird. Eine neue Qualität - es häuft sich etwas, es tritt vermehrt auf oder "greift" "um sich" und vereinnahmt für sich - bedeutet das Betrauern oder die Freude über einen Verlust bzw. etwas Hinzugekommenes. Auch hierin muss sich abermals die verborgene (metaphysische) Struktur zeigen (sie vermag aufzublitzen), die dem "Früher war alles besser." so unheilvoll zugrunde liegt; - die Ökonomie der 'Geschichte', in der 'man' sich nicht wirklich heimisch fühlen kann, auch wenn 'man' sich darin einrichtet.

Danke für den Hinweis und das Adorno-Zitat (Adorno hätte ich beinahe vermutet).
 
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Zurück zu *Robin*s Anfangssatz: "Früher war alles besser."

Dazu meine Meinung, populistisch erklärend:
Die Rückerinnerung wirkt bei uns verklärend.
Daraus sagen wir: "Früher war alles besser."
Und unser "gutes" Gedächtnis
-unser geistiges Vermächtnis
wird mit den Jahren noch blass und blässer.

Nun im Klartext: VERAENDERUNG, das ist ein mächtiges (Über)Lebensprinzip!
Und das bewirkt, dass wir Vergangenes in der Gegenwart anders (be)werten,
als eben "anno dazumal".
Unsere Wertigkeiten, Einstufungen und die dazu gehörigen Prioritäten
zu all den Dingen des Lebens unterliegen einer steten Wandlung.
Wir ändern sie, unseren jeweiligen Lebensbedürfnissen angepaßt.
 
Wann war früher?

Früher war alles besser. Wann war früher?
In meinem Leben war früher die Zeit, als ich ein Kund oder Jugendlicher war. Da war alles, was ich erlebt habe, neu und spannend; und darum denke ich verklärt an diese Zeit zurück. Weil alles Neue einen Reiz hat, der später verblasst.

Im Leben der Menschheit war früher eine Generation vorher. Man hatte mehr Ruhe, es war nicht so eine Hetzt, weniger Stress. Heute sieht man das mit verklärtem Blick, vergisst aber dabei die Mühsal, die vergangene Generationen hatten.

Und noch viel früher? In der Eisenzeit lebte der Mensch (wahrscheinlich) noch im Einklang mit der Natur. Aber das beinhaltet auch: von Bären angefallen, vom Frost erfroren, von feindlichen Sippen erschlagen zu werden. Sicher, sie hatten die ursprünglichen Möglichkeiten, aber sie hatten auch Sehnsucht nach Verbesserung, Erleichterung ihres Lebens.

Niemals konnte der Mensch gefahrfrei leben und wahrscheinlich wollte er das auch gar nicht. Aber die Verbesserung hatte einen Preis, wenn er ihn auch zum damaligen Zeitpunkt nicht absehen konnte.

Auch unsere Generation sehnt sich nach Verbesserungen, auch wir können die Folgen noch nicht abschätzen. Vielleicht sagen unsere Enkel, WIR hätten in der guten alten Zeit gelebt.

Konfuzi
 
Wenn man "früher war alles besser" auf die Stätten der eigenen Kindheit bezieht - dann bin ich eine der Glücklichen, die heute "alles besser" finden.

"Früher war alles besser" als Pauschalsatz ist genauso 'ne leere Floskel wie: "Ampeln sind immer auf Rot!" - zutreffend höchstens aus subjektiver Sicht.

LG, wirrlicht
 
Zuletzt bearbeitet:
Angesichts der Fragestellung gibt es aus meiner Sicht in diesem thread bisher keine unzutreffenden Kommentare.
Aber das eigentliche Problem liegt in der Frage selbst, im Wörtchen "alles", das bislang einfach hingenommen wurde.
Pauschalierungen und Verallgemeinerungen sind eben niemals korrekt.

Selbstverständlich kann "früher" nicht "alles" besser oder schlechter gewesen sein. Manches war besser, manches war schlechter.
Aus meiner Sicht ist die Entwicklung einer Tendenz zu beobachten, die mir eindeutig "schlecht" im Sinne von "allgemein unzweckmässig" erscheint:
Die zunehmende Neigung, Begriffe wie "konservativ", "altmodisch", "unmodern" eher negativ und Begriffe wie "neu", "modern", "innovativ" eher positiv zu besetzen.

Wenn "früher" nicht so verbreitet wie heute, teilweise völlig unreflektiert, "alt" mit "schlecht" und "neu" mit "gut" gleichgesetzt wurde, so war zumindest dieser Sachverhalt früher besser!
 
Original geschrieben von e-a-s
Angesichts der Fragestellung gibt es aus meiner Sicht in diesem thread bisher keine unzutreffenden Kommentare.
Aber das eigentliche Problem liegt in der Frage selbst, im Wörtchen "alles", das bislang einfach hingenommen wurde.
Pauschalierungen und Verallgemeinerungen sind eben niemals korrekt.

Selbstverständlich kann "früher" nicht "alles" besser oder schlechter gewesen sein. Manches war besser, manches war schlechter.
Aus meiner Sicht ist die Entwicklung einer Tendenz zu beobachten, die mir eindeutig "schlecht" im Sinne von "allgemein unzweckmässig" erscheint:
Die zunehmende Neigung, Begriffe wie "konservativ", "altmodisch", "unmodern" eher negativ und Begriffe wie "neu", "modern", "innovativ" eher positiv zu besetzen.

Wenn "früher" nicht so verbreitet wie heute, teilweise völlig unreflektiert, "alt" mit "schlecht" und "neu" mit "gut" gleichgesetzt wurde, so war zumindest dieser Sachverhalt früher besser!



Danke, Herr Oberlehrer für die guten Noten.


Darf ich darauf hinweisen, dass Sie in Ihrem Post nur wiederholen, was ich in meinem ersten und zweiten Post und Wirrlich gerade vor Ihnen schon gesagt haben: freilich viel verworrener und nicht so argumentativ . Und in diesem Sinne danke ich Ihnen nochmals für die Mühe, die Sie sich machen, um uns - vielleicht? - doch noch zum logischen Denken zu bringen.

Neu bringen Sie Folgendes ins Gespräch:

Sie sagen, heute bestehe eine Tendenz, das Alte zu "verbösen" und das Neue zu "verguten". Mag sein, aber spätestens seit der Industriellen Revolution und dem mit ihr einhergehenden Vernunftglauben - als Glaube an die Allmacht der technischen
Machbarkeit- ist es eben auch gesellschaftlich bedingt, dass neben der Sehnsucht nach dem Alten als Wert die Sehnsucht nach dem Neuen als Wert besteht.


Und ob jemand das eine oder das andere in den Vordergrund seiner Bewertung stellt, wird in seiner weltanschaulichen Gebundenheit liegen.
Und es mag auch Zwischenstufen geben, wie es- glaube ich Wirrlicht bemerkt: es muss einem ja nicht alles in der heutigen Zeit ge- oder missfallen:
Die Ampeln sind nicht nur rot, sondern rot, gelb und grün.

Ist keine parteipolitische Bemerkung:D


Marianne
 
Original geschrieben von majanna
Vernunftglauben - als Glaube an die Allmacht der technischen
Machbarkeit-
Die Identität dieser "Glauben" (was ist die Mehrzahl?) halte ich nur für gegeben, wenn eine reichlich abstruse Vorstellung von "Vernunft" zugrunde liegt.

Dass sogenannte "gesellschaftliche Bedingungen" die Ursache für das "Bestehen" von individueller "Sehnsucht" nach etwas sein können, bezweifle ich für diejenigen, die über gesunden Menschenverstand verfügen. "Alt" und "neu" als "Wert" anzusehen, habe ich gerade als unvernünftig kritisiert.

Und ob jemand das eine oder das andere in den Vordergrund seiner Bewertung stellt, wird in seiner weltanschaulichen Gebundenheit liegen.
Eines von Beidem mehr in den Vordergrund zu stellen als das jeweils Andere, mag, wie so vieles, verbreitet und üblich sein, wird dadurch aber nicht "richtiger".
Und was genau ist "weltanschauliche Gebundenheit" ?


Im Übrigen gebe ich hier allgemein bekannt, dass die Methode, Sachargumente mit Sätzen wie diesem
Danke, Herr Oberlehrer für die guten Noten.
einzuleiten, zukünftig für Jeden ein zuverlässiges Mittel sein wird, mich von der Erörterung auch der danach folgenden "relevanten" Aussagen abzuhalten.

Also, wer´s mag.....
 
Original geschrieben von e-a-s
Pauschalierungen und Verallgemeinerungen sind eben niemals korrekt.

Sehr interessant. Wie kann ich dann den mir vorliegenden Satz akzeptieren, da er offenkundig eine Verallgemeinerung darstellt? Es ist schwierig, guten Willens zu bleiben, d.h. weitere Argumentationsstränge zu entwickeln, wenn Widersprüchlichkeiten mit Autorität gepaart werden und somit jegliche Seriosität mit Füssen getreten wird. V.a., wenn sich solche Sätze an Postulate anschliessen, die sie, ihnen nachfolgend bzw. ihnen vorausgehend, unterminieren müssen...
 
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ich denke der threat, und da stimme ich eas zu, hat vor allem das eine problem:
er spielt auf eine, allen bekannte, position(und die gegenposition) an und es wird sich hier mehr im profilieren geübt, als darüber zu diskutieren, in wie fern das, was wir wissen, dass eben 'besser' einen katalog von attributen beschreibt, die sich wiederrum auf objekte beziehen, und beiderlei wohl individuell definiert sind, sich tatsächlich so und so verhält, beziehungsweise welcher schluss dahinter steht.

wenn ich sage 'jetzt ist alles besser', dann zeigt sich doch schon, das ganze problem dieser nebulösen frage für jeden klar ersichtlich.
sie ist so vage formuliert, und so undefiniert in ihren kriterien, dass jede antwort wahr sein kann.
(ich revidiere mal eben meine aussage von vorhin und sage: 'jetzt ist alles besser' , wobei sich frägt, ob ihr dann auch wirklich wisst, wann es alles besser WAR, wenn es jetzt alles besser ist, bzw grad eben war)
man kann weder zeitpunkte richtig fassen, ohne dabei eben explizit und zu werden und sich auf bestimmtes zu beziehen, und ebenso wenig kann man für 'besser' mit einer definition aufwarten ohne sich dabei auf konkrete attribute, eigenschaften, zu beziehen.

'wann es also besser war' ist immer ein 'übergehen' von dem, was eigentlich gefordert ist, und somit ist entweder die frage, oder die antwort darauf unsinnig.
...oder wir diskutieren über den garten eden, vielleicht war ja da _alles_ _besser_. :rolleyes:


gruß k.

ps: rahmschnitzel-philo für die herrschaften:
besser ist es weniger sahne dazuzugeben, damit es nicht alles viel zu cremig wird,
aber es ist auch besser, noch mehr salz dazuzugeben, damit es dann alles recht gut schmeckt.

wann war nun alles besser?

(und diese frage ist durchaus ernst gemeint!)
 
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