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Über Gruppen reden...

E

Ela67

Guest
In letzter Zeit ist mir immer wieder aufgefallen (nicht nur, aber auch hier im DF), wie Menschen in Gruppen eingeordnet werden (die Jugendlichen, die Rentner, die Muslime, die Ausländer, die "Gutmenschen" usw.) und dann über diese Gruppen diskutiert wird.

Gleichzeitig kenne ich niemanden, der sich vollständig mit solch einer Gruppe identifiziert, jeder möchte als Individuum wahrgenommen werden und lehnt für sich selber die Klischees ab, mit denen er selber die Anderen in Gruppen einteilt.

Für mich tut sich da ein riesiger Widerspruch auf.

Auch was medial vermittelt wird, trägt meiner Ansicht nach oft zu dieser Einteilung bei, denn das Hervorheben einzelner Ereignisse, die man dann bestimmten Gruppen zuschreibt, verleiht diesen Ereignissen ein besonderes Gewicht und bestätigt das, was wir eh schon immer geahnt haben.
Alles, was dem widerspricht ist aber kein Ereignis und wird somit auch nicht berichtet.

Als Beispiel: "Aggressiver Jugendlicher verprügelt nörgelnden Rentner."
Dann diskutieren wir über die Jugendlichen, welche.... und über die Rentner, welche... und es ist nicht mehr die einzelne Tat, der einzelne Täter, das einzelne Opfer, sondern es wird zum Sinnbild für alles, was "bei den Jugendlichen nicht stimmt" und "bei den Senioren nicht stimmt" und was ganz generell "zwischen den Generationen nicht stimmt".
Über all die Jugendlichen und Senioren, die problemlos nebeneinander oder miteinander leben, wird nichts berichtet, aber dass es die auch gibt, wissen wir ja sowieso und dass das selbstverständlich auch die Mehrheit ist, ist ja eh klar. Und trotzdem: Was passiert da in unseren Köpfen wirklich?

Und tun wir nicht der allergrössten Mehrheit derer, die wir da so grosszügig in Gruppen eingeteilt haben Unrecht?
Und wenn wir zufällig selbst zu solch einer Gruppe gezählt werden, sind wir da nicht zu Recht unangenehm davon berührt und pochen auf unsere Individualität?

Wie sinnvoll ist es überhaupt, über mehr, als das unmittelbar Erlebte und persönlich Erfahrene zu reden?
Und auch da neigen wir ja zum Verallgemeinern, jemand, der ein negatives Erlebnis mit einem oder mehreren Menschen einer bestimmten "Gruppe" gemacht hat, wird ganz anders über diese Gruppe urteilen, als jemand, der nur Positives erlebt hat.

Und keiner hat Recht, weil er eben seine Erfahrungen mit Individuen und nicht mit Gruppen gemacht hat.

Aber heisst das nicht, dass es absolut keinen Sinn hat, überhaupt über Gruppen zu diskutieren? Dass es im Gegenteil sogar eher schädlich sein könnte?

Was denkt ihr?
 
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AW: Über Gruppen reden...

Lieber Ela.

Da ich sowohl den "Nervige Rentner" als auch einen "Junge Männer"- Threat verbrochen habe, fühle ich mich angesprochen.

Zunächsteinmal möchte ich auch hier kurz erwähnen, dass ich nicht DIE Rentner meinte, sondern eine bestimmte Gruppe von Senioren, die mir aufgefallen ist.

Ist es rechtens, Menschen in Gruppen zu sortieren. Ich glaube JA. Denn, so sehr wir auch individuell sind, so sind wir doch durch die Gruppen, zu denen wir gehören geprägt.

Du und Ich beispielsweise sind Teil der westlichen Gesellschaft und durch diese geprägt. Wir halten unsere Freiheit für wichtig, unsere Gerechtigkeit. Wir lehnen Krieg und Gewalt ab, sowohl gegen uns (was ja auch aus Eigeninteresse so ist) als auch gegen andere (DAS beispielsweise war nicht immer so, es gab Zeiten und Kulturen, da war das anders, und das Faustrecht wurde allgemein akzeptiert.) Diese Werte entstammen auch unserem Kulturkreis, unserer Gruppe, der wir zugehörig sind.

Auch gehören wir zur deutschsprachigen Gruppe, das heißt wir sind im Rahmen unserer Bildung und Erziehung in erster Linie durch die deutschsprachige Kultur geprägt worden (unterstelle ich jetzt mal, sofern du aus dem deutschsprachigen Raum stammst)- was nicht heißt, dass wir nicht auch durch andere Kulturen geprägt werden können. Doch ein Mensch, der in der deutschsprachigen Kultur beheimatet ist, wird sich einem Shakespeare oder einem Proust immer auf größeren Umwegen, nämlich über den Umweg über die deutschsprachige Kultur, als ein Brite oder ein Franzose nähern. Und ein Spanier wird stets mehr in Cervantes sehen als ein im deutschsprachigen Kulturkreis beheimateter Mensch (als der Ballermann-Tourist sowieso...Jaaaa, Vorurteil, sorry :) ).

Das Zuteilen zu Gruppen ist notwendig, um das Geschehen in der Welt, im Großen wie im Kleinen zu begreifen und zu strukturieren.
Beispielsweise bei Konflikten: Wenn der Palästinenser Ali den Israeli Daniel vor einer Disko in die Luft jagt, so tut er dies nicht, weil er das Individuum Daniel, das er im Zweifel gar nicht kennt, töten will, sondern er tötet ein Mitglied der Gruppe der Israelis.
Würde man die beiden nicht Gruppen zu ordnen, so würde man die Tat nicht begreifen- und könnte keine Schritte einleiten, um den Konflikt zu ändern.
Darum ging es auch mir, in meinem Rentner-Threat: Mir ist ein Problem aufgefallen, dass in dieser Gruppe nicht selten vorkommt. Das muss man ansprechen dürfen, ohne dass es von einigen so ausgelegt wird, dass man allen Rentern Fremdenhass vorwirft- was ich definitiv NICHT tue.

Gruppen, mit bestimmten Eigenschaften existieren. Natürlich sind diese Eigenschaften nicht so exakt wie gerne behauptet wird: Der brutale respektlose Deutschtürke, der nörgelnde Rentner. Aber die verschiedenen Gruppen haben Eigenschaften, die sie mit anderen verbindet.

Und die Gruppen haben auch Probleme, die sie gemeinsam haben. Es gibt eine aktuelle Meldung, nach der italienischstämmige Schüler die größten Lernprobelme in Deutschland haben. Das heißt nicht, dass alle Italiener in Deutschland dieses Problem haben, aber, es gibt auffällig viele (Deutsch-)Italiener, die schulische Schwierigkeiten haben, die sich also abheben und eine Gruppe bilden. Also muss man die Wurzel für das Problem irgendwo bei der italienischen Gemeinde in Deutschland und dem Umgang der deutschen Gesellschaft (die ja auch eine Gruppe ist, die durch ihre gemeinsamen Gesetze und ihre Kultur zu einer Gruppe wird) mit ihnen suchen, und nicht NUR auf die Persönlichkeit von Gina, Giovanni, Toni und Ignatia zurückführen.

Die Menschen brauchen Gruppen, das ist auch evolutionsbedingt, um sich zu orientieren. Natürlich entspricht KEIN Mensch zu 100% dem Rest seiner Gruppe. Ich kenne als BVB-Fan zum Beispiel viele nette Schalke-Fans, hat mich auch überrascht :) .

Ein Gliederung in Gruppen ist notwendig um diese Welt zu begreifen. Natürlich ist jeder Mensch ein Individuum, aber oft neigt er dazu, seine Individualität zu überschätzen. Wir alle sind geprägt durch unsere Kultur, das macht uns zu einer Gruppe, und die Unterschiede unserer Kultur zu anderen Kulturen grenzen uns von den anderen Gruppen ab. Das muss nichts schlimmes sein, wenn nicht jemand daherkommt und die Gruppen gegeneinander ausspielt.

Mfg,
Sunnyboy
(Sorry für den langen Text, aber ich gehöre zur Gruppe der Rheinländer, wir quatschen halt gerne)
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Über Gruppen reden...

Ein sehr gutes Thema, liebe Ela, denn es liegt ja so zu sagen in der Luft, bezieht sich auf sehr Konkretes hier im Forum und ich bin auch froh, dass Sunnyboy sich direkt angesprochen fühlte.

Zwar ist unser Gehirn eher imstande Sachen zu erfassen die so zu sagen klassifiziert sind, zugeordnet sind – das weiß man aus der Neurobiologie – aber genau auf die Gefahr die daraus entstehen kann, weist du hin. Wir benutzen nämlich Kategorisierungen nicht nur als Stützpunkt, als Zuordnungshilfe, nein – wir bleiben dabei und mit der Zeit ist auch die Zuordnung von Eigenschaften, negative oder positive, automatisch gebunden an Kategorien.

Das Individuelle verschwindet dabei – damit auch das, was uns eigentlich ausmacht.
Die Kategorie die nur zum leichteren Erfassen, zur sprachlichen Zuordnung dienen sollte, wird zum Cliché – unser Denken über eine Kategorie, über einen Begriff ist zugleich nun ausgestattet mit vorgefassten Eigenschaften, die aber beim Individuellem keine tatsächliche Entsprechung finden.

Dass Carl von Linné eine binäre Nomenklatur der Pflanzen und der Tiere eingeführt hat, ermöglichte letztendlich auch das Entstehen der Evolutionstheorie. Aber sogar dies hatte seine Grenzen, die später von Linné auch erkannt wurden. Ich zitiere nun einfach aus Wikipedia:


Grundkonzept ist dabei die typologische Definition der Art, das heißt die Reduzierung der Merkmalsfülle auf einige wenige Schlüsselmerkmale und die Abstrahierung von den Variationsmöglichkeiten innerhalb einer Art auf einen Typus („idealistische Morphologie“). Seine Gruppierung spiegelte für die niedrigen Taxa wie Art und Gattung durchaus ein natürliches System wider - daher der Titel Systema Naturae. Doch hatte auch Linné bereits erkannt, dass seine Einteilung für höhere Taxa aufgrund der recht willkürlichen Kriterien ein künstliches System blieb. Denn bei alledem ging Linné von der Unveränderlichkeit der Arten aus...

Ende des Zitats.

Nun, sind wir nicht etwas von dieser Einfachheit der Reduzierung geprägt und schaffen auch dadurch ein künstliches System? Das wäre ja nicht so gravierend, wenn unser Denken nicht da auch stehen bleiben würde. Wenn es uns dabei immer bewusst wäre, dass wir uns der Kategorien bedienen nur als Anfang eines Gedankens, mit anderen Worten: dass danach weiterdenken zu empfehlen ist.

Liebe Grüße

Miriam


 
AW: Über Gruppen reden...

Liebe Miriam, du hast mit dem was du sagst Recht.

Das Problem in einem Internetforum, aber auch einer Zeitung oder einer Diskussion im Hörsaal oder einer Schulklasse, ist jedoch, dass man seine Erfahrungen schlichtweg in Gruppen und Kategorien einsortieren muss, um sich einen Überblick zu verschaffen und Probleme abstrakt darzustellen.

Beim Rentner-Threat hätte ich auch sagen können: Ich kenne da die Frau Schmitz, die Frau Müller, meine Tante Roswitha, Onkel Erwin... und ich hätte viele weitere Namen nennen können, aus meinem persönlichen Umfeld und aus Äußerungen betreffender Personen in der Öffentlichkeit. Und andere, mit ähnlichen Erfahrungen hätten weitere Namen aufzählen können, Namen, die dir und mir im Zweifel überhaupt nichts sagen. Und am Ende hätten alle "Aha, Onkel Erwin ist ein Arschloch, aber Herr Huber ist ein netter Kerl." gesagt und das Probelm, von dem ich nun einmal meine, dass es existiert und was behoben werden sollte, wäre zwischen lauter Individuen untergegangen.

Eine Diskussion braucht nun einmal Struktur, sonst kann man sie sich gleich sparen. Darauf baut auch unser Rechtswesen und damit die wichtigste Säule unserer Gesellschaft. Wenn Person A Person B erschießt, dann muss der Richter beim Strafmaß sich an vorgegebene Paragraphen halten. Ja, er hat einen Bewegungsspielraum, dennoch hat dieser Spielraum Grenzen- es macht einen Unterschied, ob Person A aus Eifersucht im Affekt oder aus Habgier geschossen hat. Dennoch hat er dann auch Vorgaben.
Das hat jetzt nichts mit den Senioren zu tun- nicht das mir einer hier noch vorhält, ich würde Senioren auch noch kriminalisieren. :)

Eine öffentliche Diskussion (dazu zähle ich auch politische, gesellschaftliche und juristische Diskussionen- also die Diskussionen, die hier, in diesem Forum geführt werden) müssen verallgemeinern- in einem angemessenem Rahmen.
Das setzt voraus, dass die Diskussionsteilnehmer sich dieser Notwendigkeit bewusst sind. Das schlägt im Forum manchmal fehl. Anders kann ich mir nicht erklären, dass ich von einem Phänomen INNERHALB der Gruppe der Senioren spreche und andere das dann auf sich oder ihre Angehörigen beziehen. Bin ICH es dann, der nicht differenziert? Ich sage, weil es meiner Erfahrung entspricht: "Es gibt viele....." und andere interpetieren es als "Alle sind so...".

In allen Gruppen gibt es spezifische Probleme: Man wird kaum prügelnde Senioren finden (gibt es auch), aber es gibt einige Senioren, die sich frustriert von der Gesellschaft abwenden und Seelenfängern auf den Leim gehen. Das gibt es bei jungen Immigranten auch, was aber nicht das
Problem unter den (-> heißt: es gibt einige, von ihnen, die dieses Problem haben, nicht alle) Senioren relativiert. Und um diese spezifischen Probleme zu verstehen, muss man KATEGORISIEREN. Diese Kategorien sind schematisch und entsprechen nicht 100%ig der Realität, so verstehe ich Linné.

Aber zum Andenken, wie du ja auch sagst, Miriam, braucht man die Kategorie.
Der Naturwissenschaftler, der Jurist, der Geisteswissenschaftler aber auch der Laie.
Und die Dialogform in diesem Forum ermöglicht nun einmal nur das Andenken (Sofern sich keine tiefere persönliche Freundschaft entwickelt.). Die Themen vertiefen, die Probleme anpacken, das müssen wir, können wir nur im RL. Und dort, in der Begegnung mit den Menschen von Angesicht zu Angesicht, da geht es um die Differenzierung.

Lg,
Sunnyboy
 
AW: Über Gruppen reden...

@ Sunnyboy:
Dank deines Beitrags kann ich mir nun viel Arbeit ersparen. :)
Kann dir in allem zustimmen.

Zur Verstärkung betone ich hier nochmals das, was ich sinngemäß auch schon beim "Gedenk"-Thread als Antwort an Windreiter schrieb: Wer unsicher ist, wie etwas gemeint sei, der kann entweder wählen, ob es nicht besser ist nochmal nachzufragen, oder er kann sich gleich darüber empören, welche schreckliche Meinung da verzapft wird. Je nachdem wird auch die Diskussion verlaufen. :reden:

@ Miriam:
Find ich sehr gut, wie du die Kategorisierung erklärt hast. Ich setze voraus, dass das jeder selbst im Kopf hat und nicht glaubt, alles was einer Gruppe zugezählt wird, komplett über einen Kamm scheren zu können. Das ist vielleicht manchmal zu voreilig. Ich werde zukünftig verstärkt dran denken.
:blume1:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Über Gruppen reden...

Hallo Sunnyboy, Miriam und Lilith!

Herzlichen Dank für eure Antworten. Ich bin wirklich froh, dass dieses Thema bei euch auf Interesse stösst.

Ich bin einverstanden damit, dass wir die Dinge kategorisieren, um sie auf diese Art zu vereinfachen und somit besser verstehen zu können. Und sicherlich hilft es dabei, ganz komplexe Dinge erst einmal überhaupt in Worte fassen zu können damit ein Dialog darüber stattfinden kann.

Die Schwierigkeit, die ich dabei jedoch habe: Wenn wir komplexe Dinge auf diese Weise vereinfachen, dann haben wir bereits zu Anfang solcher Diskussionen ein riesengrosses Problem, denn diese Konstrukte und Vereinfachungen stimmen eben eigentlich nicht mit der Realität überein sondern sind nur ein ganz grob verzerrtes Bild eines sehr kleinen Teiles dieser Realität.

Wie wollen wir aber dann zu sinnvollen Lösungsansätzen für die konkreten Probleme kommen?

Ich möchte euch ein Beispiel nennen, um zu illustrieren, was ich meine:

In der Schweiz haben wir, trotz im Europäischen Vergleich sehr tiefer Arbeitlosigkeit, eine sehr angespannte Situation für junge Menschen, die eine Lehrstelle suchen oder eine erste Arbeitsstelle nach Abschluss ihrer Ausbildung. Das heisst also, die Gruppe der Jugendlichen hat ein gemeinsames Problem. In dieser Gruppe sind insbesondere Jugendliche mit Migrationshintergrund betroffen. Die gleiche Gruppe also, die auch ein besonderes Problem mit Gewaltbereitschaft und Kriminalität hat.

Das ist nun also die vereinfachte Version vieler einzelner Schicksale, die man da zusammenfasst.
Man sagt: Jung, männlich (hatte ich vergessen zu erwähnen), Migrationshintergrund = Gefährdet für Arbeitslosigkeit, Gewalt, Kriminalität.
Jetzt sucht man nach Lösungen für diese Gruppe, nach besonderen Förderprojekten. Das ist schön und richtig so, aber die Probleme, welche die einzelnen Individuen haben werden dabei nicht wirklich verstanden, denn die unterscheiden sich in sehr grossem Mass von einander.
Es gibt Jugendliche, die nie wirklich von ihrem Elternhaus gefördert werden konnten. Es gibt Jugendliche, die immer mal wieder mit Fremdenfeindlichkeit konfrontiert wurden und dadurch eine ablehnende Haltung gegenüber dieser Gesellschaft eingenommen haben. Es gibt Jugendliche, die einfach keine Lust haben, sich anzustrengen. Es gibt Jugendliche, die psychische Probleme haben, deren Ursachen ebenso unterschiedlich und komplex sind wie die Jugendlichen selber. Es gibt Jugendliche, die sind hochbegabt und motiviert und stossen doch immer wieder auf Vorurteile, nur weil sie einen ausländischen Namen haben. Und so weiter, ich könnte jetzt noch lange weiter aufzählen und das sind jetzt bloss Beispiele, die ich ganz persönlich kenne.

Ach ja, es gibt die Mehrheit der Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die eigentlich gar keine Probleme haben, aber ständig beweisen müssen, dass sie, obwohl sie zu einer problematischen, gefährdeten Gruppe gehören einfach nur ganz normale Jugendliche sind.

Ich denke mir, es gibt keine einfachen Lösungen für komplexe Probleme.
Auch nicht, wenn wir die Probleme zwecks besserer Übersicht vereinfachen.
Es gibt keine Lösungen für "Gruppen", denn es gibt diese Gruppen nicht.
Es gibt bloss individuelle Hilfen für Individuen, die Hilfe benötigen.

Das allergrösste Problem der oben erwähnten Jugendlichen ist meiner Ansicht nach genau das, dass sie als Gruppen zusammengefasst werden und man von dieser Gruppe ganz einfach erwartet, dass sie Probleme haben/machen.

Deshalb meine ich, dass diese Art der Vereinfachung mehr schadet als nützt.
 
AW: Über Gruppen reden...

Nun, sind wir nicht etwas von dieser Einfachheit der Reduzierung geprägt und schaffen auch dadurch ein künstliches System? Das wäre ja nicht so gravierend, wenn unser Denken nicht da auch stehen bleiben würde. Wenn es uns dabei immer bewusst wäre, dass wir uns der Kategorien bedienen nur als Anfang eines Gedankens, mit anderen Worten: dass danach weiterdenken zu empfehlen ist.

Holla, hallo Miriam. Das iss´n Ding dies so in Worten umzusetzen.

Das Weiterdenken beinhaltet das sich selbst Bewusstwerden drüber. Indem man desöfteren in sein eigens Spiegelbild Dinge erfasst und gar nicht immer anschauen mag, warum man da jetzt etwas in gut, schlecht und gewisse Graustufen einordnet.

Gerade was Gruppen betrifft, ist es ja nicht immer die eigene Lebenserfahrung, aus der gesprochen wird. Desöfteren wird sich brav an die allgemeingesellschaftlich prägende Meinungsbildung gehalten und praktisch unbewusst papageiisch nachgesprochen.

Ein sich eigenes Bild machen - oder Klappe halten ist ja auch oft ein mühsamer Bestandteil des Lebens, was manchmal eher unangenehm und beschwerlich sein mag - jedoch ein Stückchen eigene Freiheit wieder zum Vorschein bringen kann. Da regt man sich dann weniger über dies und das auf und wird eher etwas gelassener.

Lacuna
 
AW: Über Gruppen reden...

Ja, nun muss ich mit einem sehr kunstvollen Gedicht erstmal anfangen:

Holla holla Trallala,
Lacuna ist wieder da…​

Dann zitiere ich dich:
Lacuna schrieb:
Gerade was Gruppen betrifft, ist es ja nicht immer die eigene Lebenserfahrung, aus der gesprochen wird. Desöfteren wird sich brav an die allgemeingesellschaftlich prägende Meinungsbildung gehalten und praktisch unbewusst papageiisch nachgesprochen.

Du hast Recht in deiner Feststellung, meine Absicht aber war eben auf das Weiterdenken hinzuweisen – das bedeutet den allgemeinen Pfad mal zu verlassen und selber denken.
Doch ohne Grundbegriffe, ohne Konventionen auf die wir uns geeinigt haben um zu wissen über was wir überhaupt reden, geht das nicht.

Am Anfang steht also zwangsläufig das, was Ela die vereinfachte Version nennt.

Nun, je älter ich werde und wenn man dabei seine Birne nicht abgeschaltet hat, desto mehr irritieren mich die vereinfachten Versionen die nicht als Basis, nicht als Fundament zählen, sondern als Inhalt selbst. Da spielt wieder diese verdammte Zeitbeschleunigung eine Rolle, (darüber habe ich heute auch etwas geschrieben), und ich habe den Eindruck, dass ich keine Zeit mehr habe mir so etwas anzuhören.

Nein, in diesen Fällen besitze ich noch nicht die weise Gelassenheit von der du sprichst.

Aber du sprichst auch über die eigene Lebenserfahrung. Deswegen richtet sich meine Ungeduld nicht gegen diejenigen die diese noch nicht besitzen, sondern gegen diejenigen die etwas älter, zu bequem waren mal selber nachzudenken.

Ich hoffe liebe Lacuna, dass du dich nun im DF öffters zu Worte meldest.

Liebe Grüße :)

Miriam

 
AW: Über Gruppen reden...

...danke Dir für die lieben Worte :)

da erlaube ich mir etwas aus Ela´s Worten wiederzugeben - ich denke, da ist von meiner Seite nichts mehr hinzuzufügen.

Es gibt keine Lösungen für "Gruppen", denn es gibt diese Gruppen nicht.
Es gibt bloss individuelle Hilfen für Individuen, die Hilfe benötigen.

Die allgemeine Kategoriesierung und dahingehende Hilfe/Diskussion, Veröffentlichung eines (gesellschaftlichen) Problems in Bezug einer "Gruppe" kann der Öffentlichkeit als Beruhigungsmittel dienen - jedoch niemals zur eigentlichen Ursachenaufklärung, bzw. - auflösung für Hilfe eines einzelnen Menschen beitragen. Schon gar nicht, wenn man es statistisch erfasst und schubladentechnisch pauschalisiert.

Man darf in dem ganzen Dilemma ja nicht vergessen, dass Presse mittlerweile die höchste Gewalt in den Ländern geworden ist. Sie bestimmt, wohin die Aufmerksamkeit der Konsumenten gerichtet wird. Man kann innerhalb von 2 Tagen eine ganze Nation dazu bringen, sich Gedanken zu machen, warum unsere Jugend heutzutage so gewalttätig ist - und morgen ist dann schon wieder die Brittney als Ablenkungsmanöver da. Übermorgen wird dann wieder über Wahlen in sonstwo diskutiert.

Was beinhaltet also dieses Kasperltheater ? Jeder darf selbst irgendwann mal feststellen oder "sehen" was nun wichtig im eigenen Leben ist, ohne sich jeder äusseren Manipulation mit eigener Energie hingeben zu müssen, bzw. die Möglichkeit dazu hat, sich im Einzelnen einbringen kann - oder "in Anführungszeichen" nur gewillt dazu ist, für sich und damit alles weitere was folgen wird... weiterzudenken.

Lacuna
 
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AW: Über Gruppen reden...

hallo, forianer!

ich weiß noch nicht genau, ob dieser thread die klischeebildung und die vorurteile vieler menschen zum thema hat, oder ob er von gruppen als sozialen konstrukten redet, die wirklich vorhanden sind?
 
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