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Negatives Bild der Naturwissenschaft

R

Robin

Guest
Unser Verhältnis zu Naturwissenschaft und Technik scheint ambivalent zu sein. Niemand kann bestreiten, dass wir der Wissenschaft viel zu verdanken haben: Dass wir zum Beispiel hier kommunizieren können; dass wir lange leben; dass unsere Babys mit hoher Wahrscheinlichkeit die Geburt überleben; dass wir ferne Länder bereisen können usw.
Dennoch spürt man oft eine latente Geringschätzung oder gar offene Ablehnung. Entzauberung, Entmenschlichung, Kälte, Seelenlosigkeit verbinden wir mit Wissenschaftlern und ihrer Profession.
Dabei besitzt die Wissenschaft im Gegensatz zu anderen Bereichen der Gesellschaft (z.B. Religion, Politik) einen relativ gut funktionierenden Selbstkontrollmechanismus: eben die wissenschaftlichen Kriterien, die zwar nicht unfehlbar sind, aber auf Dauer Ausuferungen, Betrug und Scharlatanerie vermeiden.

Ist es nicht an der Zeit, uns mit der Naturwissenschaft entgültig anzufreunden? Ist es nicht die Institution, die uns wirklich Fortschritt gebracht hat - im Gegensatz zu den Utopien, den Religionen, der Politik - vielleicht sogar der Kunst?
Und sollten nicht Philosophen und Denken sich mehr auf die Wissenschaft zubewegen - statt sich in Spiegelfechterei von ihr abzugrenzen?
 
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Robin schrieb:
Unser Verhältnis zu Naturwissenschaft und Technik scheint ambivalent zu sein. Niemand kann bestreiten, dass wir der Wissenschaft viel zu verdanken haben: Dass wir zum Beispiel hier kommunizieren können; dass wir lange leben; dass unsere Babys mit hoher Wahrscheinlichkeit die Geburt überleben; dass wir ferne Länder bereisen können usw.

Die Naturwissenschaften erforschen nun mal die Natur und versuchen, unser Leben mit der Natur zu erleichtern. Da sind Gefühle und "Seele" nicht relevant.

Deshalb ist deine Aussage

Dennoch spürt man oft eine latente Geringschätzung oder gar offene Ablehnung. Entzauberung, Entmenschlichung, Kälte, Seelenlosigkeit verbinden wir mit Wissenschaftlern und ihrer Profession.
für mich eine ganz logischen Konsequenz.

Wenn du schreibst
Dabei besitzt die Wissenschaft im Gegensatz zu anderen Bereichen der Gesellschaft (z.B. Religion, Politik) einen relativ gut funktionierenden Selbstkontrollmechanismus: eben die wissenschaftlichen Kriterien, die zwar nicht unfehlbar sind, aber auf Dauer Ausuferungen, Betrug und Scharlatanerie vermeiden.
dann kann sich das nur auf das Materielle beziehen.

Ist es nicht an der Zeit, uns mit der Naturwissenschaft entgültig anzufreunden? Ist es nicht die Institution, die uns wirklich Fortschritt gebracht hat - im Gegensatz zu den Utopien, den Religionen, der Politik - vielleicht sogar der Kunst?
Was mich betrifft, ich war und bin kein Feind der Naturwissenschaften, soweit sie sich mit ihren Schlussfolgerungen nicht über ihre Grenzen hinausbegibt, sondern bei der Beobachtung und Erforschung dessen WAS IST bleibt.

Und sollten nicht Philosophen und Denken sich mehr auf die Wissenschaft zubewegen - statt sich in Spiegelfechterei von ihr abzugrenzen?
Ich stimme dir insofern zu, als ich Spiegelfechterei als reine Energieverschwendung betrachte.

Vor kurzem habe ich ergendwo den Spruch gelesen: "Der Mensch ist ein spirituelles Wesen, das auch fühlen und denken kann!"
Daraus entsteht evtl. das schlechte Gefühl mit den Naturwissenschaften, denn die können uns nicht erklären, wo der Ursprung des Lebens ist bzw. was es mit "Gott" auf sich hat. Aber wir haben eine Sehnsucht in uns, die uns immer wieder sagt, das was in den Wissenschaften erklärt wird, ist doch nicht alles?

Und da ist gerade die Auseinandersetzung mit unseren Spiegelbildern, genau das, woran wir uns selber erkennen können.
Die reinen Denkkonstrukte, die in der Philosophie gebaut werden, bleiben oft nur als Ideen übrig und werden nicht in die Tat umgesetzt, wenn sie nicht in Zusammenhang mit den wirklichen Ereignissen und Anforderungen unseres irdischen Lebens in Zusammenhang gebracht werden. Ohne Vergleich mit der Wirklichkeit, ohne Bezug auf die alltäglichen Anforderungen eines Lebens, bleibt der Mensch unbefriedigt zurück.
Durch die Naturwissenschaften kriegt er Antworten darauf, wie er sich in seiner Umwelt zurechtfinden kann. Aber nicht mehr.

Darauf weise ich auch in meinen Beiträgen immer wieder hin, wenn ich sage, ich muss in der Betrachtung der Welt von MIR aus gehen, ich muss alles ganz persönlich nehmen.
Wenn ich Systeme oder "die Gesellschaft" anklage oder kritisiere, dann tu ich so, als ob ich nicht dazugehören würde.

Wenn ich mich über Missstände beklage oder mich darüber empöre, dann ändert das gar nichts. Wenn ich allerdings nachschaue, warum ICH über gewisse Dinge empört oder verärgert bin, dann lerne ich wieder ein bisschen was von mir selbst kennen.

Insofern sind Natur und Geist (wissenschaftlich oder in der Praxis) in dauerndem Austausch.

Ich brauche mich ja nur selbst zu fragen, warum ich lieber dem Elend der Welt zuschaue, als etwas zum Besseren beizutragen. Wenn ich mir eine ehrliche Antwort gebe (weil ich meine Bequemlichkeit liebe z.B.), dann kann ich davon ausgehen, dass es anderen auch so geht.

Denken sollte daher mMn zum Handeln führen, sonst erschöpfen wir uns wirklich nur in Spiegelfechtereien.

herzlich
lilith
 
Hallo Robin,

persönlich freue ich mich sehr, dass du dieses Thema ansprichst. Ein wenig haben wir es schon gestreift, z.B. wie wir über Einstein sprachen (dank sei dafür Hartmut gesagt - hoffentlich schaut auch er hier vorbei).
Auch wenn jetzt einige erwarten, dass ich sehr kritisch über unseren Umgang mit den Wissenschaften, bzw. Naturwissenschaften schreiben würde - auch dies werde ich sicherlich später tun - möchte ich in erster Linie auch einiges über die allgemeine Tendenz die heute die Naturwissenschaften aufweisen, sagen.

Dabei möchte ich hier den Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer erwähnen (ich tat es auch in anderen Beiträgen), der für ein anderes Verständnis, für eine andere Denkart in den Wissenschaften plädiert. Kurz zusammengefasst, ist der Hauptkritikpunkt von Fischer, das reine Nützlichkeitsdenken in der heutigen Wissenschaft. Es ist tatsächlich eine Entfernung von den eigentlichen Ziel das angestrebt werden müsste zu beobachten, und dies leider in fast allen Bereichen.
Dieses Hauptziel nennt sich schlicht und ergreifend:Mensch. Doch all zu oft verlieren sich die Naturwissenschaften in Bereichen auf denen sie, wie es Fischer nennt, ohnmenschlich werden.

Vielleicht ist auch die extreme Spezialisierung einer der Gründe der die Wissenschaften allgemein, bzw. die Naturwissenschaften für viele unbegreiflich, intransparent, macht. Ich hatte versucht in einem früheren Thread dies aufzuzeigen und schrieb dabei über Alexander von Humboldt, den ebenfalls Ernst Peter Fischer erwähnt - als den Inbegriff, als das Vorbild welches auch heute noch gültiges ist, einer humanen Wissenschaft.

(Dazu könnte man auch einiges im Thread "Zwei gegensätzliche Tendenzen" <Philosophie Allgemein>, lesen)

Dies waren natürlich nur Argumente um diese Spaltung zu erklären, dort die Wissenschaften, da die Gesellschaft. Doch das Problem ist nur unvollständig angeschnitten auf dieser Weise.
Es gibt auch bei vielen die sich durchaus auf die Erkenntnisse der Wissenschaften einlassen könnten, ein Nichtbeachten dieser Fakten - wir merken es auch hier in einigen Diskussionen.
Da denke ich manchmal, dass die Naturwissenschaften, würde man ihre Erkenntnisse zur Kenntnis nehmen, den Weg zu manch wilder Spekulation einfach versperren würde.

Gruß von Miriam

Liebe Lilith,

erst jetzt sehe ich, dass du dich hier auch zu Worte gemeldet hast - ich möchte vorläufig meinen Beitrag so stehen lassen, aus einem einfachen Grund: ich habe noch nicht gegessen!

Lieben Gruß

Miriam
 
Robin, ich meine nicht, dass die Naturwissenschaften abgelehnt werden oder dass es da eine Geringschätzung gibt, aber wie Lilith schon treffend ausgeführt hat, sind die Naturwissenschaften eben nur ein Aspekt und haben daher ihren eigenen Platz.

Der Umstand, dass du hier eine Geringschätzung siehst, kann eigentlich nur darin begründet liegen, dass du den Naturwissenschaften einen zu hohen Stellenwert gibst.

Negativ mag sich jedoch auswirken, dass sich die Naturwissenschaften selbst zu hoch einschätzen und auch die Kontrollmechanismen als Religion betrachten. Einen besonders schlechten Ruf genießen die Naturwissenschaften wohl auch deshalb, weil sie sich weitgehend im Schatten der Industrie bewegen und entsprechende Ergebnisse erzeugen. Sieht man sich einmal an, wer da was bezahlt, dann sind die meisten Naturwissenschaftler nicht frei in ihrer Arbeit.

Aber auch die Kontrollmechanismen sind eine Mähr, den die Naturwissenschaften verwenden selbst haarsträubende Annahmen, die jeglicher Prüfung entbehren, um dann jedoch zu einem Ergebnis zu kommen, das man wiederum als Wahrheit verkauft. Selbst Einstein griff eben mal zu einer kosmischen Konstante, damit die Gleichungen zum gewünschten Ergebnis kommen. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn man das Ganze dann nicht als Tatsache verkaufen würde.

Ganz wichtig für die Stellung der Naturwissenschaften scheint mir jedoch der Punkt von Lilith zu sein, dass sie eben nichts für den Inhalt des Lebens liefern, nichts, das unseren Drang nach Sinn oder Erklärung erfüllt. Und die Wissenschaften, die sich mit diesen Themen beschäftigen, werden dann in sehr arroganter Art abgetan, obwohl man selbst keine besseren Fakten aufweisen kann.

Nimm das Beispiel „intelligent design“ vs Evolution. Die Wissenschaft kann weder das Entstehen des Universums, noch Zeit und Raum genau erklären und bei der Frage, warum und wie genau erstes Leben entstand, versagt sie total und verwendet statt dessen Wahrscheinlichkeiten im Bereich von 10 Stellen hinter der Null. Doch bleibt man hart und lehnt schon Gedanken an ein ID ab.

Doch Zahlen und Theorien der Naturwissenschaften tragen nichts zu unserem Lebensverständnis bei und sind daher eben nicht für jeden von besonderer Bedeutung.
 
Louiz30 schrieb:
Nimm das Beispiel „intelligent design“ vs Evolution. Die Wissenschaft kann weder das Entstehen des Universums, noch Zeit und Raum genau erklären und bei der Frage, warum und wie genau erstes Leben entstand, versagt sie total und verwendet statt dessen Wahrscheinlichkeiten im Bereich von 10 Stellen hinter der Null. Doch bleibt man hart und lehnt schon Gedanken an ein ID ab.

Louiz, wahrscheinlich wolltest du sagen, dass die Naturwissenschaften, in dem was sie uns zur Entstehung des Lebens bzw. des Universums lehren, für dich keine Gültigkeit hat. Das wäre eine angebrachte Relativierung - aber doch nicht eine allgemein gültige Wahrheit. Nun werde ich mich nicht in Erläuterungen dazu verlieren - die Literatur dazu ist für jeden zugänglich.

Doch was mich richtig erstaunt ist, dass du hier praktisch das Intelligent Design als eher annehmbare Erklärung erwähnst. Meinst du das ernst? Eine engstirnige Pseudotheorie, die rein politisch motiviert ist?
Wir haben uns schon in einigen Threads darüber unterhalten - ich werde also nur sehr kurz auf die Beweggründe und die Befürwortet eingehn. Es ist einfach der Versuch die Religion in die Naturwissenschaften einzubringen, die bis heute gültigen Theorien wie die von Darwin z.B., dadurch vom Tisch zu fegen. Und was genug schlimm ist: aus den Unterricht in manchen Staaten der USA.
Während noch bei den Kreationisten ein Nebeneinander von religiöser Lehre und Naturwissenschaft denkbar war, ist die Tendenz des Intelligent Design deutlich zu erkennen: hier werden die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse, durch Religion ersetzt.

Nun, die katholische Kirche war noch nie in der Avantgarde der Naturwissenschaften anzutreffen. Aber dass hier ein rein politisches Ziel, das völlig ins Konzept der Bush-Regierung passt, verfolgt wird, darüber haben wir schon einige male im Forum geschrieben. So geht die Tendenz diesbezüglich sogar weg von der Linie die die offizielle katholische Kirche seit Papst Pius XII vertritt: dass Christentum und Evolution miteinander vereinbar sind.

Kritik betreffend Kreationismus sowie des Intelligent Design lässt sich nicht nur aus den Reihen der Naturwissenschaftler vernehmen, sondern auch von Seiten z.B. der christlichen Anthropologie.
Angesichts dieses religiösen Fundamentalismus weist der christliche Anthropologe Jörg Splett darauf hin, dass dabei auch der Charakter der Bibel verkannt wird. Denn, so Splett, ginge es der Heiligen Schrift eigentlich um die Sinnfrage des Menschen und nicht um die Lösung der Rätsel der Naturwissenschaften:

Wörtlich schreibt Jörg Splett, es ginge darum:
"was Gott für den Menschen bedeutet und was Mensch und Welt im Lichte Gottes bedeuten".

Kurz nun die Frage an dich, Louiz: wieso vermengst du hier diese zwei Ebenen?

Miriam
 
Miriam, sei so gut und benenne mir eine These oder Theorie, die nach den Regeln der Wissenschaft erklären kann, wie sich aus einer chemischen Suppe die erste RNA/DNA und damit die erste Zelle entwickelt hat.

Ich habe mir hierzu Artikel in vielen Seiten amerikanischer und europäischer Universitäten angesehen, die alle sagen, dass dies nicht genau erklärt werden könne. Die ganze Wissenschaft geht von der Zeit nach der Entstehung aus und dann haben wir ja Darwin und die Evolution. Doch die Frage, wie aus lebloser Materie einfach lebende Biologie wird, bleibt allgemein offen.

Auf welche Quellen berufst du dich?
 
Zuletzt bearbeitet:
Miriam, lese auch bitte meinen Beitrag genau und versuche nicht politisch zu werden. Es geht mir um die Toleranz und die Naturwissenschaften lassen selbst dann nichts Religiöses oder Philosophisches gelten, wenn sie selbst keine Antwort haben.

Darum geht es.

Bleib also bei deiner Kritik bitte bei den Tatsachen und führe deine Behauptungen und Verdrehungen nicht hier weiter.
 
ich würde "geringschätzung" in "angst" umwandeln

die kraft bzw macht der naturwissenschaften ist jederzeit bemerkbar; sie als gering oder unwichtig einzustufen geht einfach nicht
angst finde ich im unverständnis begründet
welcher durchschnittsbürger kann denn schon verstehen, was sich da in der naturwissenschaftlichen forschung abspielt ?
also ist sie für die meisten eine mächtige black box, die schwer einzuschätzen ist
was mächtig ist und man nicht abschätzen kann, macht angst, und angst macht mitunter aggressiv

andererseits haben einige zu viel von der naturwissenschaft erwartet
alte fragen der menschheit (woher komme ich, wozu sind wir da, gibt es einen gott, etc...) konnten und können auch von der naturwissenschaft nicht beantwortet werden
die reaktion ist dann enttäuschung, ablehnung und mitunter wut

sicher ist, dass uns die naturwissenschaften weiterhin fortschritt bescheren wird
wohin dieser fortschritt geht, und ob im detail gut oder schlecht, ist ungewiss
jedoch hat uns jener fortschritt bislang mehr gutes als schlechtes gebracht, und ich denke, so wird es auch weiterhin sein
ich sehe auch keinen grund, etwas anderes anzunehmen

lg,
Muzmuz
 
Muzmuz, deinem Beitrag kann man weitgehend zustimmen. Ich möchte dich jedoch gerne fragen, was du unter Fortschritt verstehst und darunter, wie wir „alle“ davon profitieren?

Die naturwissenschaftlichen Errungenschaften haben auch zur Atombombe geführt, zur Umweltverschmutzung und vor allem zu Waffen, die allesamt nur Leben vernichten. Sicher, das liegt nicht unbedingt an den Ergebnissen der Naturwissenschaften, aber man könnte den Gedanken aufgreifen, dass philosophische, moralische, religiöse und andere Aspekte mehr Anteil am künftigen Überleben der Menschheit haben werden als viele Erfindungen. Denn auch die medizinischen Errungenschaften belassen noch immer die große Mehrheit ohne eine solche Versorgung und Menschen sterben schon deshalb, weil simple Antibiotika nicht zur Verfügung stehen.
 
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Sollten wir nicht zu allererst versuchen zu klären, was Wissenschaft überhaupt ist, überhaupt sein kann?

Ich mache dazu einmal einen ganz abstrakten Vorschlag:
Jede Wissenschaft ist ein axiomatisches System, innerhalb dessen versucht wird, widerspruchsfrei zu argumentieren.

So gesehen sind nicht nur Philosophie, Justizerei, und Medizin (wobei die Medizin für die Naturwissenschaften steht) sondern auch Theologie eine Wissenschaft. Die „innere Kontrolle“ einer jeden Wissenschaft ist ihre innere Widerspruchsfreiheit. Die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit beruht darauf, wie sie ihre innere Widerspruchsfreiheit gewährleisten kann.

Dazu gibt es zwei „menschliche“ Möglichkeiten:
Die eine, die wissenschaftliche, ist die Aufspürung des Widerspruchs und der Beseitigung des Widerspruchs durch Anpassung der Axiome

Die andere, nichtwissenschaftliche, die („nicht einmal“) Ignorierung des Widerspruchs.

Naturwissenschaften als experimentelle Wissenschaften haben in diesem Sinne allerdings keine „Axiomatik“ sondern eine „Modellvorstellung“. Hier wird ein „Verhalten der Welt“ nicht aus Axiomen abgeleitet, sondern aus einem Modell. Da können sich Widersprüche sowohl logischer Art, wie auch experimenteller Art ergeben. Logische Widersprüche "erledigen" das Modell von alleine.

Bleiben Widersprüche experimenteller Art. Diese sind die aller interessantesten, weil sie allein den Fortschritt in den Naturwissenschaften, also der Verfeinerung des „Weltmodells“ ermöglichen! Daher werden in den Naturwissenschaften nur jene Aussagen akzeptiert, die sich prinzipiell widerlegen lassen. Alle anderen Aussagen werden aus dem naturwissenschaftlichen Bereich als nicht naturwissenschaftlich verwiesen. Ja, selbst „Fragen“ die eine unwiderlegbare Antwort verlangen, werden in den Naturwissenschaften als unerlaubte Fragen erachtet.

Das heißt, die absolute Wahrheit ist dort nicht zu finden, allein schon weil naturwissenschaftliche Wahrheit prinzipiell veränderbar sein muss. Wer absolute Gewissheit braucht, ist in den Naturwissenschaften völlig verloren, der muss sich an Religionen wenden.

Wer also diese absolute Gewissheit braucht, wird sich mit den Naturwissenschaften auch niemals anfreunden können, vor allem, weil er den naturwissenschaftlichen Wahrheitsbegriff gar nicht versteht, da er ein rein basisdemokratischer, ein „konsensualer“ ist; sowohl in horizontaler (wir einigen uns) wie auch in vertikaler (unsere „Kinder“ verändern ihn ganz legitim) Hinsicht. Für eine große Anzahl von Menschen ist so eine veränderliche Wahrheit inakzeptabel. Trotzdem aber konnten mit diesem veränderlichen Wahrheitsbegriff die Völker im Altertum ihre Schiffe durch die Meere steuern und können wir unsere Raumsonden in andere Welten schicken. Andere Wissenschaften ermöglichen das nicht, trotz ihrer unveränderlichen Wahrheiten.

diethelm
 
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