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Gewalt in der Schule

Georg

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Registriert
22. Juli 2003
Beiträge
254
Gewalt in der Schule

Die Massaker an den Schulen von Littleton/ Colorado/USA (April 1999) und Erfurt (April 2002) sind traurige Wahrheit. Diskussionen über Konsequenzen finden keinen Konsens, weil Politik, Justiz, sowie Eltern, Lehrer, Sozialarbeiter und Schüler unterschiedliche Ursachen für die Amokläufe sehen oder einfach nur ratlos sind. Doch die Gewalt beginnt früher. Dass es sich bei Auseinandersetzungen häufig nicht um harmloses Schulhof- Gerangel handelt, zeigt die folgende kurze Auswahl an Beispielen:

Stefan (10) aus Dortmund wird ein Schuljahr lang in den Pausen regelmäßig von der „Schulhof- Gang“ drangsaliert, mißhandelt und gedemütigt. Nicht selten landet er dabei im Müllcontainer. Lapidares Statement des „Bandenchefs“: „...sein Gesicht passt uns nicht! “.

Zwei fünfzehnjährige Mädchen aus Hamburg mißhandeln eine gleichaltrige Mitschülerin massiv und rauben ihr (schon fast gewohnheitsmäßig) Taschengeld und Wertsachen. Erst als der Vater des Opfers die Polizei einschaltet, werden die jungen Täterinnen zur Verantwortung gezogen.

Ein Siebzehnjähriger aus Chemnitz grüßt auf dem Pausenhof des Gymnasiums einen Klassenkameraden und wird von diesem ohne Vorwarnung brutal attackiert. Der Täter hatte 2,0 Promille Alkohol im Blut und fügte dem Opfer schwere Augenverletzungen zu.

Mehrere Schülerinnen einer Realschule in Esslingen malträtieren die gleichaltrige Lisa und drücken ihr eine brennende Zigarette auf dem Arm aus.

Wer schürt diesen Haß, der sich in Gewalt entlädt? Die Opfer bestimmt nicht, sie sind oft einfach nur unsicher oder fühlen sich fremd. Meist wird ihnen lediglich zum Verhängnis, dass sie Schwäche zeigen. Woher kommt die Gleichgültigkeit gegenüber der alltäglichen Gewalt? Vielleicht sind Lehrer mit der Pausenaufsicht wirklich überfordert, aber die geschilderten Straftaten gehen im seltensten Fall völlig diskret vor sich. Hinzukommt, dass ein beträchtlicher Anteil der Gewalttaten auf dem Schulweg verübt wird. Offensichtlich ist das „Wegsehen“ zur weit verbreiteten Verhaltensnorm geworden. Und was ist mit der Gewaltbereitschaft? Sicher stimmt es, dass Kinder und Jugendliche noch nicht die Reife Erwachsener besitzen. Aber dass sich Schüler vor dem Gang in die Schule regelrecht bewaffnen, kann wohl nicht nur eine vorübergehende Mode sein. Sie lässt einerseits darauf schließen, dass eine konkrete Bedrohung vorliegt und zum anderen Gewalt oftmals als einzige Lösung des Konflikts gesehen wird.

Welche Trends in der Gesellschaft rufen diese Zustände hervor? „Die Jugend ist verwöhnt, will immer nur haben und nichts geben“ sagen die einen, andere meinen : „Es wird zu wenig in ein modernes Bildungssystem investiert“ oder „Das kommt alles nur von der Gewalt im Fernsehen“. Und wieder andere sehen in der Gesetzgebung zum Waffenrecht die Wurzel allen Übels oder prangern die oberflächlichen Ideale der Gesellschaft an, in der „Schein mehr gilt als Sein“.

Was meint Ihr?

Gruß
Georg
 
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Hallo Georg!
Wieder so ein Thema, bei dem man weiche Knie bekommt;) , aber sehr interessant und hochaktuell (leider:( ).
Ich wohne hier in einer eher kleinen Stadt und dachte immer, hier gibt es soetwas noch nicht. Bis vor kurzem in einem Dorf etwas ausserhalb eine Jugendliche von zwei anderen Mädchen krankenhausreif geprügelt wurde, einfach so:rolleyes: .
Wenn ich vormittags mal in die Stadt gehe und die Kinder so auf den Pausenhöfen sehe, denke ich nur Hilfe, sind die aggressiv. Wenn ich selber ein Kind hätte, würde ich es auf eine Privatschule schicken und wenn ich dafür mein letztes Geld zusammenkratzen müsste. Diese Gewaltbereitschaft, dieses Skrupellose ist bei den Kindern vorhanden, viele sind hyperaktiv, dazu kommen diese Banden und wohl so eine Art gruppendynamischer Effekt. Wer ein Opfer ist in deren Augen wird es sehr schwer haben. Es gibt immer schwächere, bzw. sensiblere in unserer Gesellschaft und auf die wird dann rumgehackt.
Ich war früher auch ein eher stilles und zurückgezogenes Kind, aber ich war immer mit einer, zwei oder mehreren Freundinnen zusammen, wir klebten wie Kletten zusammen und somit waren wir uninteressant für Pöbeleien, aber das auf Schwächere rumgehackt wurde, war schon immer so, ich habe es selber auch miterlebt. Aber was heutzutage in den Schulen los ist, ist teilweise hochkriminell und viele sehen weg. Schutzgelderpressungen, Rauschgifthandel, Angst und Schrecken. Die Lehrer scheinen teilweise machtlos zu sein, wahrscheinlich haben sie selber Angst. Es gibt keine Disziplin, viele schreien herum und machen was sie wollen. Manche Kinder können noch so gut erzogen werden, wenn sie in die falsche Schule kommen, haben sie verloren. Durch das ganze Umfeld werden sie keine guten Leistungen bringen und sich ihre ganze Zukunft verbauen. Nicht in allen Schulen geht es drunter und drüber, aber in vielen. Und es sind immer die aggressiven, die gewaltbereiten und die lauten Kinder, die die sich durchsetzen können (es in ihrer Kindheit wohl mussten), die das Oberwasser haben. Was aus ihnen später mal wird, steht in den Sternen geschrieben, aber in der Schule vergiften sie und ihre Bandenmitglieder das Klima für alle.
Schuld ist m.M. nach ein schlechtes Elternhaus, viele Kinder dürfen zu Hause machen was sie wollen, sie werden nicht gut, bzw. gar nicht erzogen. Jedes Kind braucht eine Erziehung, ganz individuell auf seinen Charakter abgestimmt. Eine Erziehung mit viel Liebe und Verständnis, aber auch eine Erziehung, in denen z.B. kleinen Rüpeln gezeigt wird, dass es eine Grenze gibt. Damit meine ich nicht, dass Kinder gehauen werden sollen, aber sie müssen wissen, bis zu einem bestimmten Punkt dürfen sie gehen und weiter geht es nicht. Ausserdem müssen Kinder lernen vor Menschen und anderen Lebewesen Respekt zu haben. Hier wurde vor kurzem in einer Telefonzelle ein mit einem angezündeten Tetrapak ein toter, halbverkohlter Igel gefunden. Ich komme da immer noch nicht drüber weg, so dermassen schrecklich finde ich soetwas, selbst die Polizei war geschockt über so viel Grausamkeit von Menschen.
lG
 
Das Sozialverhalten unter Kindern und Jugendlichen ist gewaltbereiter als früher.
Die Frage ist, was sich gegenüber früher verändert hat? Die Frage ist, was für Ursachen diese Gewalteskalation hat:

1. antiautoritäre Erziehungskonzepte?
2. verschiedene Erziehungskonzepte, die aufeinander prallen?
3. verschiedene Ethnien, die aufeinander prallen?
4. Gewalt im Fernsehn?
5. soziale Verarmung durch Computerspiele?
6. Unterrichtsüberforderung?

Ich weiß es nicht.

Das Massaker in Erfurt durch den Robert Steinhäuser hatte jedoch EINE offensichtliche Ursache: Ein falsches Schulsystem: Robert schaffte das Abi nicht, und aufgrunddessen hätte er GAR KEINEN Abschluss gehabt. Obwohl er es doch bis zur 11. Klasse schaffte! Nicht mal einen Hauptschulabschluss.
Das war eine bundesrepublikanische fatale Besonderheit. Gott sei Dank jetzt abgeschafft.

Gysi
 
Von Nina
Wenn ich selber ein Kind hätte, würde ich es auf eine Privatschule schicken. ......Manche Kinder können noch so gut erzogen werden, wenn sie in die falsche Schule kommen, haben sie verloren. Durch das ganze Umfeld werden sie keine guten Leistungen bringen und sich ihre ganze Zukunft verbauen.

Ich würde auch allen Eltern raten, die Schule in die sie heutzutage ihre Kinder schicken, vorher genau unter die Lupe zu nehmen.
In Berlin gibt es einige Schulen (mit 70-80% Ausländeranteil), wo viele Kinder bei der Einschulung noch nicht mal deutsch sprechen können bzw. verstehen, weil zu Hause z.B. nur türkisch gesprochen wird.

Auf den U-Bahnhöfen treiben schon Kinder- und Jugendbanden ihr Unwesen. Sie bedrohen wehrlose Passanten mit Messern und manche probieren das, was sie gerade in ihrem Kampfsport-Club gelernt haben (z.B. in den Rücken treten) ebenfalls an wehrlosen Passanten aus.

von Nina
Schuld ist m.M. nach ein schlechtes Elternhaus, viele Kinder dürfen zu Hause machen was sie wollen, sie werden nicht gut, bzw. gar nicht erzogen. Jedes Kind braucht eine Erziehung, ganz individuell auf seinen Charakter abgestimmt. Eine Erziehung mit viel Liebe und Verständnis, aber auch eine Erziehung, in denen z.B. kleinen Rüpeln gezeigt wird, dass es eine Grenze gibt.

Sehe ich genauso.

Aber es gibt tatsächlich auch Eltern, die nicht gerade die unterste Bildungsstufe haben, die es aus idealistischen Gründen richtig finden, ihre Kinder nicht zu erziehen.
Ich habe schon mitbekommen, wie 5 jährige "Rüpel" auf ihre Mutter einschlugen, sie es über sich ergehen ließ und es nicht unterbunden hat.

Gruß
Georg
 
Hey, endlich mal wieder ein spannendes Thema im Denkforum! Ich fand bei Euch einn paar sehr bemerkenswerte Sätze, die man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte...

Wo liegt das entscheidende Defizit in der Erziehung gegenüber früher? Gewalt in den Schulen hat es schon immer gegeben. Sozial Schwächere kompensieren das Elternhaus, indem sie Macht ausüben. "Schutzgelder" betrachtet jemand aus ärmeren Verhältnissen vermutlich als ausgleichende Gerechtigkeit, damit er nicht ohne Markenklamotten als "asozial" abgestempelt wird. Auch sehe ich "alleinerzogene" Kinder als Problem an. Wenn der Vater fehlt, sucht sich jemand andere Vorbilder... wenn die Mutter fehlt oder wenig Zeit opfert, dann fehlt es an "Urvertrauen"

Hauptursache für die "Gewalteskalation" (Gysi) ist m.E aber der Verlust von Werten und einem tieferen "Sinn" des Lebens. Wenn ich überzeugt bin, durch Gewaltausübung materielle und soziale Vorteile zu genießen, dann fehlt mir Respekt und Liebe! Ich stimme Dir, Georg, nicht zu, daß durch Kampfsport grundsätzlich Gewalt gefördert wird. Das Gegenteil ist der Fall: durch Judo und Karate lernst Du Selbstbewußtsein und Deinen eigenen Wert besser kennen. Ich hätte das schon mit 10 Jahren anstatt mit 20 lernen sollen, dann hätte ich Konflikten in der Schule nicht immer aus dem Weg gehen müssen, sondern offener mit den Mitschülern umgehen können. Ich selbst habe mich in 13 Schuljahren fast nie geprügelt. Vielleicht eher ein Fehler, denn mein "sozialer Status" als Junge war dadurch deutlich geschwächt. Es fängt erst bei sinnloser Gewalt an, kritisch zu werden: ein Tier brutal zu quälen ist ein Warnzeichen. Als nächstes wird er sich (schwächere!) Menschen aussuchen...

Rudhi
 
Original geschrieben von Gisbert Zalich
Das Sozialverhalten unter Kindern und Jugendlichen ist gewaltbereiter als früher.

Ist das ein Faktum? Ich vermag das nämlich nur schwer zu beurteilen.

Die Frage ist, was sich gegenüber früher verändert hat?

Kann es wirklich die sog. antiautoritäre Erziehung sein? Wird "heute" so erzogen? Ich dachte die antiautoritäre Erziehung war eine Idee der 60er die vielleicht einige in den 70ern oder meinetwegen auch 80ern ausprobiert haben, aber heute? Wie wird denn heute erzogen? (wenn man überhaupt so pauschalisieren sollte).
 
Von Rudhi
Ich stimme Dir, Georg, nicht zu, daß durch Kampfsport grundsätzlich Gewalt gefördert wird.

Das habe ich auch nicht behauptet.

Es sind leider lediglich Fakten, daß in Berlin Kinder- und Jugendbanden, die sich manchmal schon auf dem Schulhof formieren, umherziehen und ihre Kampfsportkenntnisse mißbrauchen.

Es ist vielleicht auch so unfaßbar, daß man es sich eigentlich gar nicht vorstellen kann.

Gruß
Georg
 
Original geschrieben von walter
Ist das ein Faktum? Ich vermag das nämlich nur schwer zu beurteilen.
Es ist mein Eindruck. Und offensichtlich nicht nur meiner.

Kann es wirklich die sog. antiautoritäre Erziehung sein?
Nee, das glaube ich auch nicht. Ich hatte die Idee nur als Frage in den Raum geworfen, weil es diese Überlegung gibt.
Aber unsere Welt ist eine andere als vor 30 Jahren. Und ich habe den unbedingten Eindruck, dass unsere Kinder die notwendige Obacht und Leitung entbehren. "Teacher leave us kids alone. ..." Wenn das Gemeinschaftsleben der Kinder aus den Fugen gerät, brauchen wir eine entsprechende Ursachenforschung und ein entsprechendes Durchgreifen und Interaktion zwischen Eltern und Lehrerschaft. Leher sollten den Mut und die Berechtigung dazu haben, Eltern mit zweifelhaften Erziehungskonzepten mal die Meinung zu blasen... Kinder sind nicht nur zum Faktenpauken auf der Welt, Sozialverhalten und später, als Teenager, Erziehungslehre sollten Pflichtfächer in der Schule sein. Die Lehrer sollten in das Leben der Kinder rein gehen und DORT die wirklichen Lehrer (des Lebens) sein.
 
Dass die Schule in unseren Breitengraden grundverkehrt läuft, damit rennst Du bei mir offene Türen ein. Statt die wirklich wichtigen Dinge zu lehren wie Lernen(!), Verantwortung, Sozialverhalten, etc wird jahrelang Wissen in die Kinder gepresst das diese bei der ersten besten Gelegenheit sofort wieder vergessen. Ein Trauerspiel.

Ein zweites Thema ist meiner Meinung nach die Einstellung der Gesellschaft zu Gewalt überhaupt. Wenn Kinder rundherum nur Gewalt sehen und lernen, dass man sich mit Gewalt durchsetzen kann und dass das auch toleriert wird dann ist es kein Wunder wenn Sie Gewalt auch selber einsetzen.

Ein drittes Thema ist für mich Zivilcourage - es ist mir unverständlich dass so viele Menschen wegsehen. Auch Lehrer.

Und als Randthema fällt mir noch ein dass die Polizei sich immer mehr aus dem öffentlichen Leben zurück zieht und nicht präsent ist. Sie kann natürlich nicht übrall sein, aber gerade an Gefahrenpunkten wirkt physische Präsenz wunder. Hier wird an der falschen Stelle gespart.
 
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Original geschrieben von Rudhi
Hey, endlich mal wieder ein spannendes Thema im Denkforum!
Hier gibt es viele gute Themen...:)
Hauptursache für die "Gewalteskalation" (Gysi) ist m.E aber der Verlust von Werten und einem tieferen "Sinn" des Lebens.
Was für Werte? Kinder machen sich keine Gedanken um "Werte". Sie brauchen Orientierung und Angenommensein. Und sie dürfen nicht überfordert werden.

Gysi
 
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