In meinen Augen ist der Kleinaktionär und „Fondsparer“ in gewissem Maße daran beteiligt, dass die Nachbarstochter oder vielleicht in Kürze er selbst von Arbeitslosigkeit betroffen sein wird. Warum.
Große wie kleine Anteilseigner wollen in erster Linie verdienen. Die langfristiger orientierten, beziehen den Zins oder die Dividende, als Überschussbeteiligung in ihre Überlegungen ein, der kurzfristiger Handelnde zielt eher auf Kursdifferenzen ab. Kurse sind im Grunde eingepreiste Gewinnerwartungen (von Unternehmen).
Die aktuelle Unternehmenskultur hat sich von der langfristig und auf Namen, Ansehen und Familientradition basierenden Personengesellschaft zur Kapitalgesellschaft gewandelt, die im wesentlichen auf kuriosen Beteiligungsstrukturen, (steuerwirksamen) Gewinnverschiebungsmodellen und zeitlich befristeten Managerverträgen basiert. Sie ist vorrangig daran interessiert, die Kennzahlen hinzubekommen und den Gewinn zu maximieren. Kapitalgesellschaften handeln durch die Prämisse der Gewinnmaximierung und der relativ kurzfristigen Unternehmensziele, indem sie neben der Erweiterung der Märkte und dem Kreieren von Bedarf vorrangig Kosten senken, durch Einsparung von Materialkosten und Lohnkosten.
Neuerdings betrifft dies vorrangig die „gekauften“ Kapitalgesellschaften, in denen die Mutter wiederum zu einem Aktionär wird und „rausholen“ will. Jeder kennt die Auswüchse des „Kaputtsanierens“. Damit wird dem von Jürgen Schrempp propagierten Begriff des „Shareholder Value“ nachgekommen. Die Firmenleitung ist letztlich den Aktionären Rechenschaft schuldig. Auch der Kleinaktionär sollte sich dessen bewusst sein, dass er in Fonds das Stimmrecht an Banken delegiert und damit auch in gewisser Weise die Verantwortung abgibt und sein Interesse auf reine Zahlen reduziert. Die bösen Fonds setzen (auch) sein Interesse um.
Wo bleibt mein Gewinn. Gewinn, der sich in der Dividende und Kursdifferenzen wiederfinden sollte. Indem die kurzfristig orientiert eingestellten Manager Arbeitskräfte freisetzen oder Produktionen in Billiglohnländer verlagern oder Druck auf Zulieferer ausüben, die ihrerseits dann Kosten sparen, kommen sie ihrerseits dem „Druck von oben“ nach...die Zahlen stimmen.
Was man hier noch erwähnen kann ist, dass ein Arbeitnehmer, der Aktien an seiner oder anderen AG´s hält, sich einerseits als Mini-Unternehmer fühlt und andererseits eine gewisse Ambivalenz verspürt, wenn er in seiner oder andere in „seiner“ Firma streiken oder sich gewerkschaftlich organisieren. Nicht nur der eine ist neidisch auf den anderen, wenn der streikt, sondern „der solle sich gefälligst zusammenreißen“, denn das ist alles mein Geld (was er mir mit deinem Streik wegnimmt). Der Kleinaktionär wird damit in gewisser Weise an das System gefesselt und gräbt sich und anderen Mitbestimmungsrechte, Handlungsspielraum und Arbeit ab. Damit ist der Kleinaktionär am Verlagern der Arbeit ins Ausland und der Brutalisierung des Arbeitsmarktes auch Schuld.
...und das alles, weil er dem regenbogenfarbigen Schimmer des Gewinns und dem Glanz, der mit dem Titel "Aktionär“ auf seine Persönlichkeit fällt zum Opfer fiel.
Viele Grüße
Bernd