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"Was uns nicht umbringt, macht uns hart"

Irrungen und Wirrungen

Eigentlich, um bei Nietzsches Aussage zu bleiben, heißt es:
Was mich nicht umbringt, macht mich stärker, was wiederum meiner Interpretation von "hart im Nehmen" entspricht.

Robin, dein Vergleich mit den "behüteten Kindern" und dass das Gefühl von Watte irgendwann schmerzt, gefällt mir sehr gut.
Aber wie kann es angehen, dass manche Menschen Schicksalsschläge, zumindest nach außen hin, einfach "so mit links" wegstecken und nach einer gewissen - meist sehr kurzen - Zeit wieder zur Tagesordnung übergehen, während andere wiederum, die vorher keineswegs in Watte gepackt waren, sehr viel länger für die Zeit des Aufarbeitens oder Verdauens brauchen?

Ich habe natürlich noch keine Kinder, aber ich überlege heute schon, was und wieviel an Realität ich ihnen von kleinan vermitteln würde/sollte/müsste, damit sie, trifft sie irgendwann mal ein Schicksalsschlag oder Negativereignis, entsprechend gewappnet oder vorbereitet sind.
Nun kommt mal wieder eines meiner üblichen blöden Beispiele:
Ich habe einen Cousin, der im Juni 18 geworden ist, also etwas älter ,9 Monate, als ich ist.
Als seine Mutter, also meine Tante, damals erfuhr, dass ich mit ca. 13 oder 14 Jahren im Kino den Film "Titanic" gesehen habe - und das noch im Beisein meines Vaters - kam von ihr nur ein Entsetztes: "Diesen Film würde ich meinem Sohn in diesem Alter niemals zumuten."
Das soll nichts heißen, aber es zeigt doch deutlich die unterschiedlichen Standpunkte auf, die Eltern in puncto Erziehung haben.

Kleine Wolke, wieso läßt uns nur das Weiche leben???
Das Weiche, das wir im Leben erfahren, ist sicher das, was uns das Leben angenehm erscheinen lässt. Aber am Harten, da wachsen oder verrecken wir.
Auch wenn dieser Spruch Nietzsches seiner "Kriegsschule des Lebens" entstammt, so hat er auch heute noch Gewicht, bzw. ist diskussionswürdig.

Der Illusion, der du dich hingibst, dass es die Zeit mit sich bringt, dass unsere Seelen irgendwann mal wieder frei atmen können, stehe ich eher kritisch gegenüber. Das ist für mich eher etwas aus der Sparte "science fiction".

Erfahren, akzeptieren, nicht verzweifeln, daran zu wachsen oder zu kapitulieren, das ist die Maxime.

Rhona
 
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sorry

Sorry, Britt, Marianne, Kleine Wolke,

wir schrieben wohl alle Drei zeitgleich und daduch hat sich wohl einiges überschnitten.

Da ich aber jetzt unbedingt ins Bett muss - der Wecker klingelt unbarmherzig um 6 Uhr - werde ich morgen antworten, ok?

Liebe Grüße
Rhona
 
Das soll nichts heißen, aber es zeigt doch deutlich die unterschiedlichen Standpunkte auf, die Eltern in puncto Erziehung haben.

Ich bin der Meinung, die beste Erziehung ist bedingungslose Liebe. Und will man dem Kind etwas beibringen, etwas Grundlegendes, das das Leben betrifft, dann halte ich die Vorbildrolle als die empfehlenswerteste Methode. Ich selbst hatte das Privileg einer sehr guten Erziehung, in dem Sinne, dass ich unheimlich viel Liebe bekommen habe. Die Vorbildrolle meines Vaters war etwas meiner Meinung nach sehr Entscheidendes für mein Leben und das obwohl er zum Alkoholiker wurde, da war ich vielleicht 4 Jahre alt. Trotz dem und dem Umstand, dass sich meine Eltern bald darauf scheiden ließen, kann ich dennoch sagen, dass ich ein gutes Elternhaus genossen habe. Mein Vater, hoch intelligent, sehr sensibel und vor allem je liebend mir gegenüber gewesen. Mein Vater konnte uns (mir und meinen Geschwistern) nicht einmal vorschreiben, wann wir zu Bett gehen sollten oder wann wir unsere Aufgaben machen sollten oder wann wir uns waschen sollten. Was ich von ihm bekam war immer nur ein guter Rat, den er selbst auch befolgt hatte. Darin erkannte ich, dass mein Vater vieles besser wusste als ich.
Ich bin der Überzeugung, nichts kann ein Kind besser auf Schicksalsschläge vorbereiten als die wahre Liebe von den Eltern (bzw. der Umgebung). Die einprägsamsten und damit wichtigsten Jahre sind die ersten, in denen ich glücklicherweise sehr viel Liebe bekam. Ich denke, man muss es selbst erfahren, was es heißt jemanden zu haben, wo man weiß, er kann niemals auf einem böse sein. Mein Vater war mir so ein Mensch. Egal was ich auch tat oder was geschah, ich musste niemals die Reaktion meines Vaters fürchten. Diese Basis des Vertrauens und das so starke Gefühl geliebt zu werden, was immer die Bedingung sei, waren sehr entscheidend für mich. Was ich rückblickend, als mein schönstes Geschenk im Leben betrachte.

mit freundlichen Grüßen
Ben
 
Rhona schrieb:
Ich habe natürlich noch keine Kinder, aber ich überlege heute schon, was und wieviel an Realität ich ihnen von kleinan vermitteln würde/sollte/müsste, damit sie, trifft sie irgendwann mal ein Schicksalsschlag oder Negativereignis, entsprechend gewappnet oder vorbereitet sind.

Hallo Rhona!
Bin auch noch ein Nachtschwärmer!

Also ich würde den Kindern soviel Geborgenheit und Liebe mitgeben/vermitteln, wie jedes einzelne benötigt!
Ich habe selbst vier Kinder, je nach Reife und Alter nehmen sie es auf ihre Art mit der Welt auf, für Rückschläge und dgl. können sie zu Hause Dampf ablassen, so quasi hier "ist Boot" = sicherer Ort. Auch eine Art Auftankstelle.
Denke mal, diese Geborgenheit( und hat man sie auch nur kurz erlebt) ist das Rüstzeug für das Verarbeiten von Negativerreignissen.

Ich halte meine Kinder nicht von Negativerlebnissen fern , die machen sie so oder so. Die schweren Schicksalsschläge kann ich ihnen leider auch nicht ersparen, ich kann mir momentan nur nicht recht vorstellen, wie ich sie davor wappnen oder vorbereiten könnte (außer die Ereignisse sind vorhersehbar)!

lG Klapotetz
 
Persönlich halte ich nichts davon, Kinder total in Watte einpacken zu wollen – aber auch nichts davon, Kinder mit allen Härten des Lebens zu konfrontieren, jedenfalls nicht bewusst. Wenn ein Kleinkind laufen lernt, fällt es auch mal hin. Wenn ich das Kind nur auf dem Arm herum trage, kann es nicht laufen lernen. Eltern möchten natürlich ihre Kinder immer gerne vor allen Gefahren des Lebens schützen, aber ich kann mir gar nicht vorstellen, dass das überhaupt möglich sein sollte – Eltern können ja gar nicht wissen, was alles auf dem Kind zukommen könnte.

Deshalb glaube ich auch nicht, dass Kinder auf alle Negativerlebnisse vorbereitet werden können. Niemand kann weder sich selbst noch den Kindern im Vornherein vor allem wappnen, was das Leben so mit sich bringen kann/könnte. Dann wären wir ja hellseherisch...

Ich glaube nicht daran, dass Menschen Schicksalsschläge „einfach so mit links“ wegstecken. Wer versucht es zu tun, oder nach außen hin so den Anschein gibt, wird vielleicht noch viel länger daran zu knabbern haben, als diejenigen, die zugeben, dass die Schicksalsschläge sie bis auf den Grundmauern erschüttert haben. Alle Schicksalsschläge hinterlassen Narben – manche verheilen schnell, andere brauchen länger, bis sie verheilt sind. Egal wie schnell/langsam sie verheilen, sie hinterlassen immer Spuren. Und diese Spuren sind es (vielleicht), die Einem mit der Zeit auch „stärker“ machen können..

@Benjamin: Liebe und Vorbildrolle setze ich voraus, mit alldem was ich hier geschrieben habe. Mit Liebe allein kann ich aber meinen Kindern nicht auf das Leben vorbereiten. Sie werden sich eher daran orientieren, was ich ihnen vorlebe. Aber auch das ist nur meine Erfahrung – mit meinen eigenen Kindern, und mittlerweile auch mit meinem Enkel.
 
Rhona schrieb:
Eigentlich, um bei Nietzsches Aussage zu bleiben, heißt es:
Was mich nicht umbringt, macht mich stärker, was wiederum meiner Interpretation von "hart im Nehmen" entspricht.

Liebe Rhona!
Vielleicht kann man "stärker" auch gleichsetzen mit "gelassener". "Hart im Nehmen" klingt nach abprallen lassen, oder, sich nicht nicht berühren lassen. Stärker werden bedeutet ja auch, dass das Vertrauen, mit schwierigen Situationen umgehen zu können, wächst. Das hat eigentlich nichts mit Härte zu tun.

In diesem Sinne ist der Spruch ein Hinweis darauf, dass mit jedem Schicksalsschlag die Lebenserfahrung wächst. Du lernst wieder ein Stück von dir selbst kennen und weißt, wie du reagierst. Nebenbei lernst du auch kennen, dass du vielleicht anders als deine Mitmenschen damit umgehst. Da gibts kein richtig oder falsch. Du bist wie du sein kannst.

herzlich
lilith
 
Rhona schrieb:
Aber wie kann es angehen, dass manche Menschen Schicksalsschläge, zumindest nach außen hin, einfach "so mit links" wegstecken und nach einer gewissen - meist sehr kurzen - Zeit wieder zur Tagesordnung übergehen, während andere wiederum, die vorher keineswegs in Watte gepackt waren, sehr viel länger für die Zeit des Aufarbeitens oder Verdauens brauchen?

Das sind genau so die Fragen...
Vermutlich ist hier das Leben komplexer als jede Beschreibung.
Aber ein paar Hinweise kann ich schon geben:
Vielleicht ist man vorher schon verhärtet? Weil man z.B. mit sich unzufrieden ist, sich um sich selbst dreht und das außen weniger wahrnimmt?
Man kennt doch die Leute, die Schicksalsschläge nur wieder zum Anlass nehmen, die Ungerechtigkeit der Welt auf sich selbst bezogen anzuprangern. Aber diese Menschen haben dann einen gleichmäßigen Level an Leiden, ähnlich einem Alkoholiker, der einen Dauerpegel Stoff im Blut braucht - im Endeffekt gibt es weder Höhen noch Tiefen.
Dann gibt es diejenigen, die alles in sich reinfressen. Glaubt man der (Populär)wissenschaft, sind dies vor allem Männer, die Leiden einfach nicht sozial ausagieren können (also kommunizieren), dann aber verstärkt z.B. psychosomatisch erkranken oder Selbstmord begehen.
Schließlich gibt es Gefühlsarmut als Veranlagung. Ein umgekehrtes Beispiel hörte ich gerade im Radio: Ein mir bekannter Journalist neigt dazu, emotional ständig überzusprudeln, als säßen die Gefühle immer kurz unter der Oberfläche und brächen bei der geringsten Wallung durch - übrigens eine Eigenschaft, die ihn nur bedingt sympathisch macht. Das umgekehrte Extrem gibt es auch und auch dafür hat die Wissenschaft schon einen Namen gefunden. DIese krankhafte Gefühlsarmut tritt scheinbar auch verstärkt bei Männern auf, wobei auch hier auf eine Wechselwirkung von Erziehung und Veranlagung zu schließen ist.

Generell gebe ich zu bedenken: Wer fähig ist zu leiden, ist besser dran, als der, der in Lethargie, Teilnahmslosigkeit, Lustlosigkeit versinkt. Denn das sind Anzeichen von Depression.
Vielleicht kennt ihr den paradoxen Effekt, gut, ja geradezu euphorisch drauf zu sein - und dann gerade im Kino bei der geringsten Szene fast zu heulen oder sich von Leid der Welt aufwühlen zu lassen. Das ist zwar ein Zeichen für Egozentrik - natürliche Egozentrik - aber im Prinzip ein gesunde Sache, wie ich finde...
 
Rhona schrieb:
Kleine Wolke, wieso läßt uns nur das Weiche leben???
Das Weiche, das wir im Leben erfahren, ist sicher das, was uns das Leben angenehm erscheinen lässt. Aber am Harten, da wachsen oder verrecken wir.
Auch wenn dieser Spruch Nietzsches seiner "Kriegsschule des Lebens" entstammt, so hat er auch heute noch Gewicht, bzw. ist diskussionswürdig.
Rhona
Mit dem Weichen meinte ich das Leben selbst. DAs im LAufe des Lebens verhärten kann...denn was sonst verhärtet als das was weich ist?

Wenn das HArte das ist andem "wir wachsen oder verrecken" spiegelt das ja gerade die illusionslosigkeit von dem worüber du schreibst.

Rhona, ich schrieb nichts gegen FN sondern ließ ihn bei meiner Aussage erstmal draussen vor. Klar ist das disskusionswürdig ...wie man sehen kann.

Der Illusion, der du dich hingibst, dass es die Zeit mit sich bringt, dass unsere Seelen irgendwann mal wieder frei atmen können, stehe ich eher kritisch gegenüber. Das ist für mich eher etwas aus der Sparte "science fiction".
Ich meinte nicht das es die Zeit mitsich bringt sondern das es an der Zeit ist...das müssen wir schon selber tun.
DArf man deine Kritik erfahren?

Wenn das was du als Illusionshingabe beschreibst nicht Grund im Realen findet so ist das der Ausdruck der entfremdeten Seele die weder ein noch aus weiss ...und sich aus ihrer erworbenen verhärtung nicht glaubt befreien zu können. Die perspektivlosigkeit ist für mich gerade ein Zeichen dafür wie veränderungswürdig das ist von dem wir uns verhärten lassen müssen um nicht unterzugehen. Ist es nicht so das wir die Illusion oder Perspektive die Aussicht auf besseres in uns tragen als lebendige Wesen? Ich meine ja und daher nehme ich auch das Vertrauen das es anders werden wird, weil es das leben selbst ist das hier drängt gegen das tote und mechanische was uns hier zu befangen scheint.

Erfahren, akzeptieren, nicht verzweifeln, daran zu wachsen oder zu kapitulieren, das ist die Maxime.
Dem möchte ich mich anschliessen bis auf wachsen oder kapitulieren. Die kapitulation ist vielleicht mehr wachsen als das versteinern des lebendigen.
Ich meine es stellt sich nicht die Zweiseitige Alternative wachse oder geh unter (wenn ich das mal so deuten darf) sondern hier äußert sich die Stimme des Lebendigen das sich beschreibt in seiner Not. Dieses stirb oder werde ist für mich der Ausdruck der Seelenlosigkeit die seit Nitzsches Zeiten nicht abgenommen hat. Die Schrecken des 20. JAhrhunderts sind noch allgegenwärtig aber sie werden nicht bleiben eben weil das wachsen auch das sterben beinhaltet. Nicht als Alternative sondern als unabdingbare vorraussetzung der lebendigen Entwicklung selbst.

lg v kW
 
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zu diesen thema fätt mir spontan der lebenslauf buddhas ein...(wer siddharta gelesen hat, es vermittelt die selbe botschaft) er war ein indischer prinz und immer wurde ihm alles leid erspart.. so ging er eines tages davon um seinen eigenen weg zu finden.. er geht zu den asketen usw....
bis er endlich die erleuchtung findet.

ich bin der meineung das wir uns teilweise ja selbst die steine in den weg legen um sie zu überwinden. wir machen unweigerlich eine entwicklung und wenn wir ímmer im "weichen" leben und nichts anderes kennen, dann werden wir mal ordentlich auf die fresse fallen!

mfg fabi
 
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