PhilippP
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AW: Was genau ist Philosophie
Hallo EarlGrey,
bei der Letztbegründung handelt es sich - kurz gesagt - um die Ansicht, dass man sicheres Wissen nur dann gewinnen könne, wenn man dieses von einem selbst nicht mehr weiter hinterfragbaren/bezweifelbaren (also somit letztbegründeten) Punkt aus ableitet. Für Descartes war dies bspw. die berühmte Feststellung 'cogito ergo sum': ich denke, also bin ich.
Es handelt sich bei der Idee der Letztbegründung also um eine Position der Erkenntnistheorie, die in verschiedenen Philosophien ganz unterschiedliche Ergebnisse zeitigte. Apel nun möchte - stark vereinfachend gesagt - an Kants transzendentale Philosophie anknüpfen und jene zugleich (wie könnte es auch anders sein) erweitern, resp. die Schwächen derselben umgehen: das Subjekt wird durch eine intersubjektive Perspektive ersetzt, die dann das sogen. 'Apriori der Kommunikationsgemeischaft' darstellt: jede Kommunikation greift auf Diskursbedingungen (Bedingungen zur Möglichkeit von Kommunikation) zurück.
War das so halbwegs verständlich?
Ich verstehe was Du meinst und das bestreite ich auch keineswegs. Aber der Begriff 'Geist' gefällt mir nicht sonderlich, das kommt mir wie eine Dopplung (Pleonasmus) vor: die inneren Zustände, die Geist sind, kommunizieren mit dem Geist, also mit sich selbst. Für mich ist hierbei wichtig herauszustellen, dass der Prozess der Kommunikation (als beobachtbares und somit der Reflexion zugängliches Phänomen) zu trennen ist von dem, was diesem Prozess (also dem Diskurs) vorausgeht, was ihn bedingt. Jene Bedingung sehe ich nicht - wie Apel das offenbar unternimmt - im Phänomen des Diskurses selbst, sondern in neurologischen Strukturen, die in einem evolutiven Prozess entstanden sind und damit garnicht plausibel letztbegründet, sondern - so vermute ich - nur anhand eines Entwicklungsprozesses reflexiv nachvollzogen werden können.
Es "kam" also vermutlich nicht "von außen", wie Du schreibst, sondern es ist ein spezifischer Teil - um im Bilde zu bleiben - des Außen. Die Trennung innen/außen ist ja wohl nur eine Hilfestellung (ein Modell), um das, was geworden ist, im konkreten phänomenalen Zustand erklären/beschreiben zu können. Begreift man das Denken hingegen als sich entwickelndes Wechselwirkungsgeschehen, dann erübrigt sich eine Aufspaltung in Welt und Denken, denn dann ist das Denken ein Teil der Welt, der als Grundlage nicht sich selbst hat, sondern vielmehr jene Entwicklungsprozesse, die den Prozess als solchen konstituiert haben.
Wenn Du mit 'geistiger Interaktion' meinst, dass im Gehirn der Geist mit sich selbst kommuniziert - siehe oben -, dann muss ich zu bedenken geben, dass das eine Hypothese ist und also auch so gesehen werden sollte. Natürlich können wir ein gedankliches Selbstgespräch als Hinweis dahingehend sehen, dass das Gehirn - als Beispiel - mit sich selbst kommuniziert. Aber ich wage zu behaupten, dass das wiederum beileibe nicht alles ist, was innerhalb neurologischer Gehirnstrukturen stattfindet. Schließlich ist 'Geist' auch nur ein abstrakter Begriff, der keinesfalls als konkretes Phänomen behauptet werden sollte. Kommunikation bezieht sich als Begriff i.d.R. auf soziale Prozesse, die also empirisch erfassbar und analysierbar sind. Du siehst: der Unterschied ist für mich also keinesfalls "fließend".
Das verstehe ich so nicht. Wenn es egal ist, "wo und wie" der Prozess der Kommunikation stattfindet, was wird dann beim Blick auf den Prozess stattdessen erfasst? Und überhaupt: was soll mir das "Cloud Computing" Beispiel nun bezogen auf unsere Fragestellung sagen?
Das wird von mir nicht bestritten. Das Problem ist ja gerade - soweit ich das beurteilen kann - dass die Evolution in der Diskursethik eines Karl-Otto Apel keinen Platz einnimmt. Jedenfalls sehe ich das bisher noch nicht. Wenn Du sagst, dass "wirkliche Entwicklung nicht im einzelnen Menschen steht", dann grenzt Du - so finde ich - vorschnell einen Bereich der Evolution (Ontogenese) aus, der durchaus im Blick bleiben sollte.
Und das lässt sich so prüfen? Kann man tatsächlich bereits exakt feststellen, welche Rolle ein einzelnes Neuron im Gehirn spielt? Des Weiteren halte ich es für fraglich, dass das Phänomen der Individualität vereinzelt wird. Schließlich ist - als Beispiel - jeder Mensch ein Individuum und wirkt als solches; es wäre ein Fehlschluss, würde man meinen, dass die Individualität belanglos sei, da der Einzelne kaum in der Lage ist, die Wirklichkeit nachhaltig zu beeinflussen. Zudem: auch jene Behauptung ist schon oft genug durch die Menschheitsgeschichte in Frage gestellt worden.
Mit Verlaub, aber das halte ich für wenig plausibel. Natürlich spielt der Kontext, in dem ein Denker sich befindet, eine wichtige Rolle für sein Denken. Aber es ist ein Unterschied wenn ich behaupte, dass der Mensch (Denker) lediglich ein Behälter ist, in den der jeweilige Zeitgeist/Zeitidee einfließt und ausfließt. Hier wird der Mensch zum bloßen Spielball einer übergeordneten Seinsmacht, wobei wir wieder beim Historismus angelangt wären, der nicht grundlos stark kritisiert wurde.
Es grüßt Dich,
Philipp
Hallo EarlGrey,
Hallo zusammen,
ja- irgendwie stört mich der artikel auch.
kannst su mal 2-3 sätze zur "letzt" begründung sagen - mir ist der begriff leider nicht geläufig...
bei der Letztbegründung handelt es sich - kurz gesagt - um die Ansicht, dass man sicheres Wissen nur dann gewinnen könne, wenn man dieses von einem selbst nicht mehr weiter hinterfragbaren/bezweifelbaren (also somit letztbegründeten) Punkt aus ableitet. Für Descartes war dies bspw. die berühmte Feststellung 'cogito ergo sum': ich denke, also bin ich.
Es handelt sich bei der Idee der Letztbegründung also um eine Position der Erkenntnistheorie, die in verschiedenen Philosophien ganz unterschiedliche Ergebnisse zeitigte. Apel nun möchte - stark vereinfachend gesagt - an Kants transzendentale Philosophie anknüpfen und jene zugleich (wie könnte es auch anders sein) erweitern, resp. die Schwächen derselben umgehen: das Subjekt wird durch eine intersubjektive Perspektive ersetzt, die dann das sogen. 'Apriori der Kommunikationsgemeischaft' darstellt: jede Kommunikation greift auf Diskursbedingungen (Bedingungen zur Möglichkeit von Kommunikation) zurück.
War das so halbwegs verständlich?
nun ja - kommunikation ist ja nicht nur eine interaktion zwischen innen und aussen -selbst das "innere" denken ist ja nicht s anders wie eine kommunikation des geistes mit seinen eigenen zuständen. es wird wohl auch überwiegend nicht im inneren enstanden sein sondern kam von aussen.
Ich verstehe was Du meinst und das bestreite ich auch keineswegs. Aber der Begriff 'Geist' gefällt mir nicht sonderlich, das kommt mir wie eine Dopplung (Pleonasmus) vor: die inneren Zustände, die Geist sind, kommunizieren mit dem Geist, also mit sich selbst. Für mich ist hierbei wichtig herauszustellen, dass der Prozess der Kommunikation (als beobachtbares und somit der Reflexion zugängliches Phänomen) zu trennen ist von dem, was diesem Prozess (also dem Diskurs) vorausgeht, was ihn bedingt. Jene Bedingung sehe ich nicht - wie Apel das offenbar unternimmt - im Phänomen des Diskurses selbst, sondern in neurologischen Strukturen, die in einem evolutiven Prozess entstanden sind und damit garnicht plausibel letztbegründet, sondern - so vermute ich - nur anhand eines Entwicklungsprozesses reflexiv nachvollzogen werden können.
Es "kam" also vermutlich nicht "von außen", wie Du schreibst, sondern es ist ein spezifischer Teil - um im Bilde zu bleiben - des Außen. Die Trennung innen/außen ist ja wohl nur eine Hilfestellung (ein Modell), um das, was geworden ist, im konkreten phänomenalen Zustand erklären/beschreiben zu können. Begreift man das Denken hingegen als sich entwickelndes Wechselwirkungsgeschehen, dann erübrigt sich eine Aufspaltung in Welt und Denken, denn dann ist das Denken ein Teil der Welt, der als Grundlage nicht sich selbst hat, sondern vielmehr jene Entwicklungsprozesse, die den Prozess als solchen konstituiert haben.
ob eine geistige interaktion nun als kommunikation oder als denken bezeichnet wird ist fließend.
Wenn Du mit 'geistiger Interaktion' meinst, dass im Gehirn der Geist mit sich selbst kommuniziert - siehe oben -, dann muss ich zu bedenken geben, dass das eine Hypothese ist und also auch so gesehen werden sollte. Natürlich können wir ein gedankliches Selbstgespräch als Hinweis dahingehend sehen, dass das Gehirn - als Beispiel - mit sich selbst kommuniziert. Aber ich wage zu behaupten, dass das wiederum beileibe nicht alles ist, was innerhalb neurologischer Gehirnstrukturen stattfindet. Schließlich ist 'Geist' auch nur ein abstrakter Begriff, der keinesfalls als konkretes Phänomen behauptet werden sollte. Kommunikation bezieht sich als Begriff i.d.R. auf soziale Prozesse, die also empirisch erfassbar und analysierbar sind. Du siehst: der Unterschied ist für mich also keinesfalls "fließend".
die physikalische lokalisation ob es nun innerhalb der körpergenzen stattfindet oder auch ausserhalb ist relativ belanglos. zbsp wird es immer moderner in der IT, programme nicht nur lokal laufen zu lassen sondern zusehends über diverse rechner verteilt und ohne dass der bediener etwas davon mitbekommt. man spricht hier von Cloud Computing
die lokalisation wird auf eine abstrakte internet -wolke geschoben deren reale lokalisation niemanden mehr wirklich interssiert. im blick ist nur noch der prozess selber. wo und wie er miteinanderwirkt/kommuniziert ist tertiär .
Das verstehe ich so nicht. Wenn es egal ist, "wo und wie" der Prozess der Kommunikation stattfindet, was wird dann beim Blick auf den Prozess stattdessen erfasst? Und überhaupt: was soll mir das "Cloud Computing" Beispiel nun bezogen auf unsere Fragestellung sagen?
ich denke auch in der philosophie sollte dieses paradigma langsam fuss fassen.
dass wirkliche entwicklung nicht im einzelnen menschen steht sondern als prozess über jegliche individualgrenzen hinweg.
Das wird von mir nicht bestritten. Das Problem ist ja gerade - soweit ich das beurteilen kann - dass die Evolution in der Diskursethik eines Karl-Otto Apel keinen Platz einnimmt. Jedenfalls sehe ich das bisher noch nicht. Wenn Du sagst, dass "wirkliche Entwicklung nicht im einzelnen Menschen steht", dann grenzt Du - so finde ich - vorschnell einen Bereich der Evolution (Ontogenese) aus, der durchaus im Blick bleiben sollte.
unsere eigene individualität spielt hier keine grössere rolle wie ein einzelnes neuron es in bezug auf kleine gedankengänge innerhalb unseres gehirns - nämlich eine veschwindend geringe !
Und das lässt sich so prüfen? Kann man tatsächlich bereits exakt feststellen, welche Rolle ein einzelnes Neuron im Gehirn spielt? Des Weiteren halte ich es für fraglich, dass das Phänomen der Individualität vereinzelt wird. Schließlich ist - als Beispiel - jeder Mensch ein Individuum und wirkt als solches; es wäre ein Fehlschluss, würde man meinen, dass die Individualität belanglos sei, da der Einzelne kaum in der Lage ist, die Wirklichkeit nachhaltig zu beeinflussen. Zudem: auch jene Behauptung ist schon oft genug durch die Menschheitsgeschichte in Frage gestellt worden.
philosophie sollt erfasst werden als die summe dieser transindividuellen prozesse oder ideen. sie hat eine eine eigenen wesenheit und dynamik. die einzelnen "grossen" philosophen waren nicht viel mehr als die sprachmedien ihrer idee bzw ihrer zeit.
Mit Verlaub, aber das halte ich für wenig plausibel. Natürlich spielt der Kontext, in dem ein Denker sich befindet, eine wichtige Rolle für sein Denken. Aber es ist ein Unterschied wenn ich behaupte, dass der Mensch (Denker) lediglich ein Behälter ist, in den der jeweilige Zeitgeist/Zeitidee einfließt und ausfließt. Hier wird der Mensch zum bloßen Spielball einer übergeordneten Seinsmacht, wobei wir wieder beim Historismus angelangt wären, der nicht grundlos stark kritisiert wurde.
Es grüßt Dich,
Philipp
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