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Warnung: nicht kaufen, schon gar nicht lesen!

Corsario

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6. Dezember 2007
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248
:haare:Unter dem Titel "Philosophie ohne Ballast?" warnt die heutige Wochernend-Ausgabe der Neuen Zürcher Zeitung vor der Lektüre des UTB-Bandes "Basiswissen Philosophie":

>Die Philosophie ist grosszügig, langmütig und unverwüstlich. Sie hat schon manche Geistesschwäche ihrer Adepten verkraftet. Deswegen braucht sich eigentlich niemand um ihren guten Ruf zu sorgen - auch nicht in Anbetracht eines Taschenbuches mit dem Titel «Basiswissen Philosophie in 1000 Fragen und Antworten». Die Stirn runzeln darf man gleichwohl, wenn in der roten «UTB»-Reihe, die ja doch der höheren, der universitären Bildung dienen soll, ein Dokument lapidarer Geistlosigkeit erscheint. Elmar Waibl und Franz Josef Rainer haben die nicht etwa 999 oder 1002, sondern exakt 1000 Fragen und 1000 Antworten auf knapp 200 Seiten zusammengestellt.

Einige Kostproben in voller Länge: «Was sind <Sprachen>? Sprachen sind Zeichensysteme.» - «Worin besteht Carnaps metaphysikkritisches Programm? In der <Überwindung der Metaphysik durch logische Analyse der Sprache>.» - «Was sagt Ludwig Feuerbach (1804-1872) über den Dialektiker? <Der Denker ist nur darin Dialektiker, dass er sein eigener Gegner ist.>» - «Worin besteht für Arthur Schopenhauer (1788-1860) die Erlösung vom Leiden? In der Aufhebung des Wollens.» - Befinden wir uns in einer Quizsendung? Nicht auszuschliessen.

Die Verfasser preisen das Erzeugnis ihrer buchhalterischen Leistung, das an voraufklärerische Gepflogenheiten des Einbimsens und Nachsprechens von Lehrsätzen erinnert, munter als «innovativen Lernbehelf für die Studieneingangsphase» an, «der es den Studierenden ermöglicht, sich mit den grundlegenden philosophischen Sachverhalten auf eine neuartige Weise bekanntzumachen». Lehrreich ist dieses «Basiswissen»-Werk zumindest insofern, als es kurz und bündig vor Augen führt, wie die Informationsgesellschaft Wissensaneignung mit Datentransfer verwechselt und Begreifen mit Contain-Management. Konsequenterweise sprechen Waibl und Rainer an einer Stelle auch von «Basisinformationen» statt von «Basiswissen».

Immerhin könnte mit Ernst Bloch eingewandt werden (der Philosoph der Hoffnung hat es allerdings zu keinem Eintrag gebracht): Auch aus nichts wird etwas. Auch dieses Buch könnte ein Anfang sein. Die es benutzen, könnten von dem einen oder anderen Zitat dazu angeregt werden, tatsächlich das zu tun, was in der Studieneingangsphase am dringendsten zu empfehlen ist: die Werke der philosophischen Klassiker in die Hand zu nehmen, sie aufzuschlagen und sich in sie hineinzuversenken. Doch leider wird keines der Zitate nachgewiesen und keines der zitierten Werke in einer Bibliografie aufgeführt. - Das entspricht nicht einmal Wikipedia-Standards. Nachlässigkeit ist dafür freilich nicht die Ursache. Die Autoren halten Quellenangaben schlicht nicht für Basiswissen, ja nicht einmal für Basisinformationen - und sie halten sich den Verzicht darauf zugute; es gelte, liest man, «jeglichen Ballast» zu vermeiden.

Einen kurzen Moment zögern die Basisinformationsvermittler in dieser ihrer Schwerelosigkeit. Zumindest greifen sie in ihrem zweiseitigen Vorwort die Frage auf, «ob Philosophie <erlernbar>» sei. Die Zweifel, die diesbezüglich gehegt worden seien, scheinen sie zu teilen. Für «sicherlich möglich» erachten sie es indes, «sich die Voraussetzungen dafür anzueignen». Die Voraussetzungen dafür, Philosophie zu erlernen, soll dieses Kompendium schaffen. Bloss wie? Durch das Auswendiglernen von 1000 Fragen und Antworten? Konträr! - So könnte man, noch einmal mit Ernst Bloch, ausrufen. Diese 1000 Fragen und Antworten sind selbst der Ballast, den abzuwerfen, besser noch: erst gar nicht an Bord zu nehmen sich empfiehlt.

Eine Frage sei davon ausgenommen, Frage Nummer 13; Leser des Vorworts (s. o.) kennen sie schon: «Kann man Philosophie lernen?» Die - diesmal richtige - Antwort kommt von Immanuel Kant (1724-1804): «Es gibt keine Philosophie, die man lernen kann, man kann nur lernen zu philosophieren.» - Hätten die Autoren in ihrer eigenen Studieneingangsphase sich eingehender mit Kant befasst, hätten sie womöglich mitbekommen, warum man mit einem solchen Kompendium von Definitionen und Informationen nicht zu philosophieren lernen kann - und sie hätten das Diktum aus der «Kritik der reinen Vernunft» (B 865 f.) dann vielleicht nicht nur sinngemäss und ungefähr, sondern auch noch korrekt zitiert.

Bliebe nur noch die 1001. Frage, auf die die richtige Antwort nicht allzu schwer zu geben sein dürfte: «Sollen Studierende dieses Buch kaufen?»

Uwe Justus Wenzel<

Elmar Waibl, Franz Josef Rainer: Basiswissen Philosophie in 1000 Fragen und Antworten. Facultas/UTB, Wien 2007. 224 S., Fr. 23.-.
 
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AW: Warnung: nicht kaufen, schon gar nicht lesen!

ein kurzes und prägnantes Fazit im Bereich Philosophie zu ziehen,
ist durchaus sinnvoll,
solange der Zusammenhang gesehen und gefunden wird

in unserer Medienwelt fehlt dieser Zusammenhang

deshalb kann man Klimahysterie betreiben
(Demo gegen neue Kohlekraftwerke)

deshalb kann man behaupten,
daß die Einführung des Mindestlohnes Arbeitsplätze gefährde
 
AW: Warnung: nicht kaufen, schon gar nicht lesen!

bezugnehmend auf den titel klingen die auszüge auch nicht schlecht
es geht ja um BASISWISSEN, nicht um tiefgreifende philosophische erörterungen

ist jemand der philosophie geneigt und nähme sich zu beginn einen schweren wälzer vor, könnte es passieren, dass er nach jedem 2. satz googlen oder anderweitig nachschlagen muss, um zu begreifen, was da überhaupt geschrieben steht

andererseits ist es für interessierte laien angenehm und weniger abschreckend, wenn sie sehen, dass man nach wenigen sätzen zumindest eine ahnung haben kann, wenn schon nicht den vollen durchblick

ähnlich sehe ich es mit populärwissenschaftlichen zeitschriften oder büchern
oft verteufelt als falsch, naiv, irreführend oder sonstwas, bringen sie der wissenschaft enorm viel
der profi mag über manche veranschaulichungen schmunzeln oder sie sogar als falsch erkennen, aber er ist nicht die zielgruppe
die zielgruppe sind geneigte laien, bei denen interesse geweckt oder wach gehalten werden soll
letztendlich entscheiden ja die überzahl an laien, in welche richtung es geht

der mond wurde besucht, nicht, weil einige techniker und wissenschafter geil darauf waren, sondern weil die breite bevölkerung das wollte und mit der finanziellen unterstützung es ermöglichte
ebenso setzten sich philosophische richtungen nicht durch, weil nur einige geistig onanierten, sondern weil sich deren gebilde in der bevölkerung durchsetzen konnte
mit sicherheit gab es auch im mittelalter einige philosophen wie kant, descartes, etc.....nur war die breite bevölkerung noch nicht bereit, derlei gedankengut anzunehmen, sofern sie überhaupt davon erfuhren
(der großteil endete wohl am scheiterhaufen, bevor er sich verbreiten konnte)

so denke ich, wird sich der geneigte philosoph auch später, beim wälzen gewichtigerer lektüre, ab und zu sich des "basiswissens" als nachschalgewerk
bedienen

lg,
Muzmuz
 
AW: Warnung: nicht kaufen, schon gar nicht lesen!

@Muzmuz: Was populärwissenschaftlichge Darstellungen angeht, gebe ich Dir völlig recht! Man mag ja über das Bildungsniveau in Amerika dies und jenes maulen - aber dass es da zum guten Ton gehört, dass renommierte Fachwissenschaftler ihre Forschungsergebnisse in allgemeinverständlicher Sprache fürs große Publikum darstellen, ist ein Vorzug, auf den die jebildeten Europäer neidisch sein können.
Bezogen auf die Philosophie: Kein Neuling wäre gut beraten, sich (ohne Lese-Helfer) allein über die philosophischen Primärquellen herzumachen. Nicht, weil er so viel falsch verstehen müsste - da führt sowieso kein Weg drum herum. Sondern weil er womöglich NIX verstehen würde und gelangweilt die Sache bleiben lässt. Auch eine (noch so gute) Einführung kann eigentlich nur zu so und so vielen Missverständnissen führen; aber das sind dann schon Missverständnisse in der Thematik! Das Entscheidende ist, einen Zutritt zu den Problemen zu finden. Reorientieren muss man sich im Lauf der Zeit ohnehin immer wieder, da kommt's auf einmal mehr oder weniger nicht an.

Wenn ich's recht verstehe, bezieht sich die Kritik am vorliegenden 'Stellen'-Digest (ohne Stellenangaben) darauf, dass er gerade die Illusion erweckt, positives philosophisches Wissen häppchenweise verabreichen zu können und an der Mühsal des Selber-nach-Denkens vorbei zu führen.
 
AW: Warnung: nicht kaufen, schon gar nicht lesen!

:haare:Unter dem Titel "Philosophie ohne Ballast?" warnt die heutige Wochernend-Ausgabe der Neuen Zürcher Zeitung vor der Lektüre des UTB-Bandes "Basiswissen Philosophie":

>Die Philosophie ist grosszügig, langmütig und unverwüstlich. Sie hat schon manche Geistesschwäche ihrer Adepten verkraftet. Deswegen braucht sich eigentlich niemand um ihren guten Ruf zu sorgen - auch nicht in Anbetracht eines Taschenbuches mit dem Titel «Basiswissen Philosophie in 1000 Fragen und Antworten». Die Stirn runzeln darf man gleichwohl, wenn in der roten «UTB»-Reihe, die ja doch der höheren, der universitären Bildung dienen soll, ein Dokument lapidarer Geistlosigkeit erscheint. Elmar Waibl und Franz Josef Rainer haben die nicht etwa 999 oder 1002, sondern exakt 1000 Fragen und 1000 Antworten auf knapp 200 Seiten zusammengestellt.

... Befinden wir uns in einer Quizsendung? Nicht auszuschliessen.

Die Verfasser preisen das Erzeugnis ihrer buchhalterischen Leistung, das an voraufklärerische Gepflogenheiten des Einbimsens und Nachsprechens von Lehrsätzen erinnert
....

Die Zweifel, ...
Bloss wie? Durch das Auswendiglernen von 1000 Fragen und Antworten? Konträr! ...
Wird also Bücherverbrennung anempfohlen:dontknow::schnl:
 
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