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Von Relativismus bis Konstruktivismus

R

Robin

Guest
Mit Denkmodellen, die nicht nur das Vorhandensein einer absoluten Wahrheit, sondern gar einer absoluten Realität bezweifeln, ist wohl jeder schon einmal konfrontiert worden.
Das geht über die Alltagsphilosophie des "Es gibt so viele Wahrheiten wie Menschen" über die Kritik des Papstes an einer Beliebigkeit des Glaubens, über existentialistische Philosophie, die den Menschen auf sein eigenes Sein zurückgeworfen sieht und ihm dann doch universelle Verantwortung aufbürdet, über kulturelle Modelle wie die Postmoderne und das "Anything goes", über den radikalen Konstruktivismus, der jede Realität verneint, die nicht die Realität einer Wahrnehmung ist, bis hin zum operativen Konstruktivismus der Systemtheorie, die sich von jeder onthologischen Weltauffassung verabschiedet und Realität nur noch als jeweils verschiedene Wirklichkeitskonstruktion von verschieden operierenden Systemen (Gesellschaft, Bewusstsein) auffasst.
Da wir die Systemtheorie schon mal in einem Thread behandelten, liegt mein Interesse in diesem Thread zunächst in der fast schon persönlichen Frage, wie ihr mit der "anti-intuitiven" Idee umgeht, dass Realität eben nicht gleich Realität ist. Wieviel davon ist in eurem Denken angekommen, wieviel lasst ihr zu, wo geht ihr Kompromisse ein, was lehnt ihr ab?
 
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AW: Von Relativismus bis Konstruktivismus

wenn ein Mann nur dann einen Samenerguß bekommt,
wenn er eine Frau erdrosselt,
(siehe Hitchcock: Frenzy)

dann ist das eine Realität

daß dabei eine Frau ermordet wird,
ist auch eine Realität

Wieviel davon ist in eurem Denken angekommen, wieviel lasst ihr zu, wo geht ihr Kompromisse ein, was lehnt ihr ab?

das ist die Frage nach dem Naturrecht

hat ein Mann das Recht,
eine Frau dahingehend zu benutzen, daß ihm einer abgeht?
oder
hat die Frau von Natur aus ein Recht darauf,
zu entscheiden,
mit wem sie was tun will?

KONSTRUKTIVISMUS

dieses Wort ist problematisch

die Ökologie lehrt nämlich,
daß es gar nicht so viele Konstruktionen gibt,
um einen Lebensraum dauerhaft besiedeln zu können
(Stichwort: ökologische Konvergenz)

wikipedia
In geographisch getrennten, jedoch mit ähnlichen abiotischen Bedingungen versehenen Gebieten lebende Arten, besetzen oft ähnliche Nischen (Stellenäquivalenz). Dies führt dann zum Phänomen der Konvergenz/Analogie, da beide Arten unabhängig voneinander in Anpassung an ihre Lebensweise einen ähnlichen Körperbau entwickeln, obwohl sie nicht miteinander verwandt sind.

gebraucht wird das Wort aber meist im Zusammenhang mit Relativismus

so viele Köpfe, so viele Meinungen
 
AW: Von Relativismus bis Konstruktivismus

das ist die Frage nach dem Naturrecht

hat ein Mann das Recht,
eine Frau dahingehend zu benutzen, daß ihm einer abgeht?
oder
hat die Frau von Natur aus ein Recht darauf,
zu entscheiden,
mit wem sie was tun will?

Also bitte, das dürfte wohl klar sein:

Niemand hat das Recht etwas zu benutzen, das dem Anderen schadet.
Es ist auf keinen Fall ein menschliches Naturrecht. Bei den Tieren ist es so, dass es sich das holt, was es zum Überleben braucht. Das würde ich als Naturrecht bezeichnen.

Der Mann, aber auch die Frau, haben nicht das Recht einen Geschlechtspartner zu benützen, der es nicht will. Das wäre nicht nur ein Vergehen gegen ein menschliches Naturgesetz, sondern auch gegen jedes von Menschen eingesetztes Recht (Paragraphen), besonders aber gegen jede Sitte und Moral.

suche
 
AW: Von Relativismus bis Konstruktivismus

...über den radikalen Konstruktivismus, der jede Realität verneint, die nicht die Realität einer Wahrnehmung ist

Das stimmt so nicht. Ich denke das fasst du den Begriff Realität zu einseitig.
 
AW: Von Relativismus bis Konstruktivismus

Das stimmt so nicht. Ich denke das fasst du den Begriff Realität zu einseitig.
Von mir habe ich gar nicht geredet. Ich habe nur verschiedene Formen/Abstufungen konstruktivistischer Phänomene (oder deren Ablehnung) zusammengefasst und gefragt: Kommt das bei euch an und wenn ja, wie?

Scheinbar können die bisherigen Diskutanten mit der Fragestellung wenig anfangen, was auch schon eine Art Antwort ist...;)
 
AW: Von Relativismus bis Konstruktivismus

Hallo SUCHE

wenn etwas klar ist,
dann stellt sich die Frage nach Relativismus bzw. Konstruktivismus (im relativistischen Sinne) nicht

dann ist Relativismus bzw. Konstruktivismus (im relativistischen Sinne) der Versuch,
eine Kulturstufe zu entschuldigen,
in der die Mächtigen ihre Triebe ungezügelt befriedigen dürfen
 
AW: Von Relativismus bis Konstruktivismus

bei amazon.de ist es erwünscht,
daß die Käufer der DVD, CDs, Bücher ... eine Kritik verfassen,
die dann veröffentlicht wird
(bzw. daß sie sich einer der bereits vorhandenen Kritiken anschließen)

zur Erklärung sich widersprechender Kritiken könnte man sagen:

1) die Geschmäcker sind eben verschieden
das wäre Relativismus​
2) die Geschmäcker konstruieren sich verschieden aus ihrer Ecke heraus
das wäre Konstruktivismus​

dadurch würde aber übersehen,
daß nicht alle Rezensenten das kulturelle Niveau des Kunstwerkes erkennen

bestimmte Kritiken sind mehr wert als andere
 
AW: Von Relativismus bis Konstruktivismus

Halo Robin !

Wieviel davon ist in eurem Denken angekommen, wieviel lasst ihr zu, wo geht ihr Kompromisse ein, was lehnt ihr ab?
Grundsätzlich verunsichert mich die Erkenntnis und führt manchmal zu einer erneuten Analyse. Zum anderen fördert es meine Toleranz im sozialen Umfeld. Es erleichtert neues Wissen aufzunehmen, da ich mein jetziges Wissen relativiere.
Tiefeingebrannte persönliche Wahrheiten (z. b. Ich habe ein Bewusstsein, Ich lebe ...), sind unberührt von diesem Denken. Ich kann dieses Wissen nur theoretisch relativieren, aber aus der Ich-Perspektive bleiben sie für mich immer wahr.

Hoffe es ist verständlich.
Fussel
 
Unmaßgebliche Überlegung von mir

An sich habe ich kaum wirklich Ahnung von den verschiedenen Paradigmen, Definitionsansätzen , die in der Wissenschaft mit dem Begriff Konstruktivismus verbunden werden.

Aber ich denke, alle Konstruktfüllungen - halt die, die ich nachgelesen habe - oder der Konstruktivismus in der Politikwissenschaft, der mich einmal sehr beschäftigte - haben eines gemeinsam.
Irgendetwas wird erklärt - etwas, das schon vorhanden und beobachtbar ist. Und irgendwie werden Handlungen immer als Ergebnisse interaktiver, einander bedingender Vorgänge verstanden.

Und wenn Du nun fragst, Robin, wie wir uns diese Erkenntnis zusammen mit dem Relativismus denken, fällt mir zunächst einmal folgendes ein.

Konstruktivistische Erkenntnisse sind nicht so leicht zu relativieren, denn die Gruppe, die an feste Strukturen gebunden ist, ist größer - es stehen ihr andere Größen gegenüber, die mehr oder weniger heftig aufeinander reagieren. Hatte man früher - ich bleibe bei dem, was ich am meisten verstehe - nach streng marxistischem Vorbild in der Geschichte eine Geschichte von Klassenkämpfen gesehen, in der es des so genannten dialektischen Sprungs bedurfte, um von der unterdrückten Schicht zur ökonomisch herrschenden aufzusteigen ( Bsp: Lehenswesen ( keine Geldwirtschaft) zum Frühkapitalismus ( Geldwirtschaft - Aufstieg des Bürgertums ) , so sieht der Prozess aus der Sicht des Konstruktivismus so aus, dass diese Form sich zusammen entwickelte: Adel und Bürgertum beeinflussten sich gegenseitig, verschmolzen zu einer Oberschicht. Gleichzeitig entstand wieder eine neue Unterschicht, die von Anfang an auch die Oberschicht mitprägte. Denn mit der Herrschaftsform, die sich allmählich wandelte, wandelten sich auch Wertvorstellungen, soziale Formen des Zusammenlebens usw.
Der Konstruktivismus ist als Methode der Geschichtswissenschaft gut geeignet, Wandel zu erklären - allmählichen Wandel. Ob sie aber geeignet ist, Vorhersagen zu machen ???
Aber ich glaube, dieser Irrglauben, in der Geschichte Vorhersagen machen zu können, ist spätestens seit der Russischen Oktoberrevolution als solcher entlarvt worden.
Und so erscheint es mir irgendwie paradox: wir können mit konstruktivistischer Methode zwar srukturmäßig vieles erklären - aber kaum Vorhersagen machen. Und das liegt nicht an der Relativierbarkeit der Erkenntnis, sondern an der Prozesshaftigkeit der Abläufe in einander bedingenden Systemen. Der Irakkrieg ist ein schönes Beispiel. Wir können heute Ursachen, Abläufe erklären - aber die Folgen wagt keiner mehr zu prognostizieren: es geschieht jeden Tag dort Neues, das wiederum etwas anderes Neues evoziert.
 
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AW: Von Relativismus bis Konstruktivismus

Ja, Robin, da du nach persönlicher Erfahrung gefragt hast, werde ich hier nur indirekt Bezug auf (de-)konstruktivistisch Denkende, bzw. ihr Denken nehmen.
Und ein wichtiges Wörtchen oder vielmehr seine „Bedeutung“ in diesem Zusammenhang, nämlich das des „Prozessierens“, hat sich gewissermaßen ein Stück weit in mich eingeschrieben *lol*. Beispielsweise wenn ich einen (literarischen) Text lese, so begreife ich ihn oftmals als Prozession von Signifikanten, also letztlich von bedeutungskonstruierenden Systemen. Sprich ich lese ein Buch eigentlich nicht mehr als (vermeintlich) abgeschlossenes Kunstwerk eines "Autors", aus dem ich eine konkrete Intension, eine „Botschaft“ o.ä. extrapolieren könnte. Vielmehr begebe ich mich in einen Prozess frei fluktuierender Sinnkonstituenten, deren Inhalte keineswegs für alle Zeiten feststehen, sondern die während des Lesens und bei jedem Lesen erneut „Bedeutung“ erfahren. Und zwar in einem Spannungsverhältnis aus Autor, Text und mir als Lesendem oder „Beobachter“ (um mal den in diesem Zusammenhang oft gefallenen Begriff zu benutzen), in dem sich die vermeintlich klar gezogenen Grenzen zwischen diesen Instanzen aufzulösen beginnen.
 
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